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Samstag,
Aus Höhen und Tiefen.
- Des Einsamen Abendlied.
Freundlich locken Abendglocken
Durch den Busch am Bergeshang.
Finstere Gewalten Halten
Ach zurück den Sehnsuchtsdrang!
Doch es falten Sich die Hände,
Es begleiten bis zum Ende Durch das betende Gelände Herzensschreie Elockenklang.
Still ist's wieder.
Und hernieder
Aus dem Himmel steigt die Ruh!
Nicht die finstermächt'ge Nächt'ge,
Die da preßt die Augen zu.
Nein, die prächt'ge Lichtgetränkte,
Uns von Gottes Thron geschenkte,
In den ird'schen Lärm versenkte,
— Mondscheinklarer Frieden du!
O das selig Tal! Allmählig
Wie es heimatschimmernd blinkt!
Armes Herz, die Weide,
Heide,
Daß sie Abendfrieden trinkt!
Ach mit Leide Ich alleine
Stehe friedensarm und weine,
Denn mein Tag ist hin und keine Heimat gibt es, die mir winkt.
Adolf Schmitthenner.
Laß die Blumen stehen. Im Juliheft des „Türmer" lesen wir folgende, gerade jetzt in den Sommermonaten besonders angebrachte Mahnung aus der Feder von Paul Weiß. Aus einer Großstadt war ich just zurückgekehrt in die bergumschlossene Neckarstadt,' bei meinem ersten Ausflug in den Wald überraschte mich etwas: An einem Baume hing eine schlichte tiefrote Holztafel in der bekannten „Marterl"form. Ich trat näher und schaute: Ein weißer Blütenkranz ins Dreieck gemalt, darunter der Spruch:
Laß die Blumen stehen Und den Strauch;
Andere, die vorübergehen,
Erfreun sich auch.
Also eine Mahnung — nicht, als ob sie neu wäre — gegen den Egoismus, gegen das „Alles-selbst-haben- > Wollen und Andern-nichts-Gönnen", eine Mahnung, unserer lieben Nächsten zu gedenken. Aber ich glaube, daß dem „Die-Blumen-stehen-Lassen" noch auf andere Weise beizukommen ist. Muß denn die Rücksicht auf unsere Mitmenschen nur die Triebfeder dazu sein? Ich weiß es im voraus, welches Bild sich mir.bietet, wenn ich in den kommenden Wochen an Sonntagen durch den Wald wandere: Auf dem Wege liegen die absichtlich und unabsichtlich verlorenen Blumen, am Rande stehen die geplünderten, zerrissenen Bäume — kein erquickendes Bild für Augen, die sich an der Fülle und Harmonie der Natur laben wollen. Es gibt eine Klasse Menschen, denen alles, was grünt und blüht, vogelfrei dünkt. Wehe der Blütenmatte, Uber die sie geraten, und wehe dem Obstbaum, der einen blühenden Zweig über den Zaun hängen läßt! Ob sie den Baum verunzieren oder schädigen, was fragen sie darnach!^siur haben wollen, haben müssen! Müssen wir überhaupt Pflanzen pflücken? Wer draußen eine schöne Blume findet und seine Freude an ihr hat, reiße sie einmal nicht gleich ab, sondern strecke sich neben sie ins Gras und betrachte sie lange und genau: da wird er sie besser und schöner kennen lernen, als wenn er eine Handvoll gedankenlos pslückt. Er wird aufstehen und sie unbehelligt lassen: sie wird ihm vielleicht „zu leid" tun. Und er hat ein wenig die schöne Kunst gelernt: Das Genießen, ohne
Zweites Blatt zu Nr. 154.
zu besitzen. Wer Blumen auf diese Art lieb gewonnen hat, wird bald dem „Strauß" die Fehde erklären und nur noch lebendige Blumen und Pflanzen um sich dulden. Denn er wird zugleich das Unbefriedigende dieses Besitzes empfinden: er genießt die vollendete Schönheit — ein unzulänglicher Ersatz für die Freude, eine Pflanze wachsen, sie Knospen treiben und ihre Blüten entfalten zu sehen: das mag manchen Strauß auswiegen. Ich weiß wohl, Blumen erfreuen sich des Vorzugs, das beliebteste und „sinnigste" Geschenk zu sein. Aber ein Blumenstrauß ist eine nichtswürdig anspruchslose, gedankenlose Gabe. Man sagt: „Oh, die schönen Blumen," und stellt sie ins Wasser und sagt: „Ach, die armen Blumen!" und wirft sie weg. Darum: „Laß die Blumen stehen!"
Furchtlose Kinderherzen. Eine Stuttgarter Dame schreibt dem „Neuen Tagblatt":- Als'ich neulich abends bei einem heftigen Gewitter am Fenster stand, versunken in die grauenhafte Schönheit dieses Naturschau- spiels, sah ich auf einmal auf der Straße, von einem flammenden Blitze grell beleuchtet, zwei Kindergestalten. Ich erkannte bald die beiden blondlockigen Kleinen eines in der Nähe wohnenden Milchhündlers. Sie hatten, anstatt schon im Bettchen zu liegen, ausnahmsweise ihrer Mutter geholfen, Milch au'szutragen. Erstaunt darüber, daß sie nicht furchtsam vor den rasch auseinanderfolgenden Blitzen und Donnerschlägen eilig nach Hause gingen, rief ich ihnen zu, sic sollten rasch heimgchen. Vergnügt aber antworteten sie mir, sie möchten das wunderschöne Feuerwerk sich ansehen. Und jeder Blitz, der die dunkle Wolkenwand zerriß, wurde namentlich von dem vierjährigen Buben mit Hellem Jubel begrüßt. Ich aber, für die Kleinen bange geworden, wiederholte energisch.meine Aufforderung, nach Hause zu gehen. Nach einigem Widerstreben gehorchten sie mir, nachdem mich der kleine Junge gefragt hatte, wer denn das Feuerwerk loslasse. Auf meine Antwort, dies sei der liebe Gott, zog er mit seinem Schwesterlein befriedigt der elterlichen Wohnung zu, immer noch jauchzend bei jedem niederfahrenden Blitze. — Glücklich, wer mit solchem Sinne vor den Schrecken und Sorgen des Lebens steht!
Das Jubiläumsgeschenk der Bundesfi'irsten an den Kaiser. Das bei dem Empfang im königlichen Schloß überreichte Geschenk der Bundesfürsten an den Kaiser ist das Modell eines von Professor Fritz v. Miller in München künstlerisch entworfenen Prunkaufsatzes. Das Original, ein Symbol der engen Zusammengehörigkeit der deutschen Bundesstaaten und des Reichsgedankens, kann, da noch nicht ganz vollendet, erst in einigen Monaten übergeben werden. Nach dem Modell läßt sich über das kostbare Werk nach dem Berliner Lokal- Anzeiger folgendes berichten: Auf schwarzem Marmoruntergrund baut sich das 1,25 Meter hohe Prunkstück auf. Der Unterbau ist eine schwarze Marmorplatte, auf der sich schwarze. Marmorsäulen erheben. Diese tragen eine große Onyxplatte, auf der sich der silberne Aufsatz erhebt. Die Ecken der Onyxplatte, in deren Mitte sich die Widmung befindet, sind reich mit Edelsteinen und Email geziert. Der silberne Mittelteil des Aufsatzes ist mit Elfenbein umrahmt. Auf den Längsund Breitseiten befinden sich zwischen goldenen Karyatiden emaillierte Eichen- und Lorbeerkränze. Diese umschließen die in Rubinen ausgeführten Inschriften, welche die Faktoren im Staats- und Völkerleben nennen, die der Kaiser unter Mitwirkung der von den gleichen Bestrebungen beseelten Bundesfürsten während seiner 25jährigen Regierung geschützt und gefördert hat: Religion, Rechtspflege, Handel, Gewerbe, Industrie, soziale Fürsorge. Kunst, Wissenschaft. Landwirtschaft, Heer und Marine. Auf goldenem Grund befinden sich oberhalb dieser Symbole die Bildnisse der Geber dieses Ge schenks, als Kameen geschnitten. Für die freien und Hansastädte sind deren Wappen angebracht. Als Bekrönung des ganzen Aufsatzes steht auf einer Lapislazuliplatte, die stilisierte Wellen zeigt, ein silbernes, feuervergoldetes Schiff. Es soll keinen bestimmten Typus und keine bestimmte Zeit darstellen, sondern symbolisiert durch die in Emaille angebrachten Wappen der Bundesstaaten die Einigkeit, das feste Bündnis der Fürsten und soll die Reichsidee zum Ausdruck bringen. Das Schiff, dessen am Mast sich blähendes, in Silber gefertigtes Segel in Emaille den Reichsadler zeigt, drängt vorwärts. Auf der Spitze des Mastes wehen die Reichs
6. 3uli 1913
flagge und der Wimpel. Auf dem hochaufstrebenden Heck der Steuerseite ragt über das Schiff in gediegenem Gold die mit Edelsteinen reich besetzte Kaiserkrone, die umgeben ist von in Emaille ausgeführten Girlanden als Zeichen der Ju- biläumssreude. Die Widmung lautet: „Seiner Majestät dem deutschen Kaiser Wilhelm II., König von Preußen, zum 25. Jahrestage des Regierungsantritts gewidmet von den deutschen Bundcsfürsten und den Senaten der Freien Städte. 1888 bis 1913."
Die Frau und das Inserat.
In seinen grundlegenden Studien über: „Das Verhältnis der Frau zur Zeitung", die größtenteils auf umfangreichen und erschöpfenden Umfragen bei allen Kreisen der Bevölkerung beruhen, behandelt der englische Philosoph Morres auch die wichtige Frage, wie sich die Frau zu dem Zeitungsinserat stellt. Hat es für sie Bedeutung? Werden Inserate gelesen? Mßi sie ihnen einen Wert bei und richtet sie sich danach? Nach diesen drei Gesichtspunkten wird die Frage von dem Philosophen behandelt. Er kommt aus Grund de> Mitteilungen, die er von Frauen aller Kreise erhalten hat, zu der Ueberzeugung, daß die Inserate einer Zei tung für die Frauen durchaus nicht nur eine Zugabe zu dom unterhaltenden Text darstellen, sondern eine große Bedeutung haben. Die Anschauung, "P dem Roman die Inserate die interesi '-'.teste i- einer Zeitung bilden, kehrt in den meisten Antw.^rn : der Frauen wieder. Alle stimmen darin überein, daß die Inserate von ihnen aufs eifrigste studiert werden. Manche Frauen legen den größten Wert auf die Familienanzeigen in weiterem Sinne, d. h. nicht nur auf die Heiratsgesuche und -Anzeigen, sondern auf alle Inserate, die mit dein Hauswesen in irgend einer Beziehung stehen. Ob die Anzeigen die Küche und den Keller oder andere Wirtschaftsgegenstände betreffen, ist gleichgültig. Ein anderer Teil der Frauen legt wieder größeren Wert auf Anzeigen, welche die Toilette der Frau betreffen. Interessant ist dabei die Feststellung, daß die Geschäfte, deren Namen in den von den Frauen gelesenen Zeitungen wiederholt Vorkommen, nach Aussagen der Frauen ihnen allmählich auch dann vertraut und gleichsam befreundet werden, wenn sie bis dahin die betreffenden Firmen persönlich noch gar nicht kennen. Auf Grund dieser Anschauungen ist es ganz klar, wie die Beantwortung der dritten Frage lautet, ob die Inserate für die Frauen Wert haben. Die meisten Frauen erklärten sich in ihren Antwortschreiben dahin, daß sie ihre Einkäufe fast ausschließlich nach den in ihren Zeitungen enthaltenen Anzeigen richten. Viele bemerkten dazu sehr fein, daß die Anzeigen für sie darum so interessant sind, weil sie in gewissem Sinne ihre Phantasie anregen. Eine Menge Verschönerungen der Häuslichkeit, auf die die Frauen von selbst nicht verfallen wären, verdanken sie den Inseraten, durch die sie daraus aufmerksam gemacht worden sind. Gerade um die Weihnachtszeit wird darum die Zeitung von den Frauen am meisten studiert, weil der Inseratenteil ihnen der beste Helfer und Berater auf dem schwierigen Gebiete der Geschenke ist. Die Zeitung ist eben nicht nur ein Führer des Lebens durch die darin enthaltenen lehrreichen und unterhaltenden Artikel, sondern auch durch die Ankündigungen, die zwischen der kleinen Welt der Frau im Hause und der ganzen großen Welt da draußen ein inniges Band geschaffen. Für diesen Umstand zeugen die Antworten der Frauen, die sich dahin aussprachen, daß sie trotz des Zeitmangels, der sie hindert, sich in der Welt umzusehen, mit allen Erscheinungen der Neuzeit durch die Lektüre des Anzeigenteils mitleben. Darum ist ihnen das Lesen der Geschüftsanzeigen täglich aus den man nigfachen Gründen ein großes Bedürfnis. Diese Darstellung, die zum ersten Male in psychologischer Weise das Verhältnis der Frau zu einem Teil des Zeitungswesens in erschöpfender Form festlegt, ist aus dem Grunde doppelt interessant, weil sie gleicherweise zur Kenntnis des Zeitungswesens und seiner Bedeutung, wie zur Kenntnis der Fraucnseele viel Stoff bringt.
Für die Schrijtleitung verantwortlich: Paul Kirchner Druck und Verlag der A. Oelschliigcr'sche» Buchdruckerel.