Stuttgart, 6. Juni. Eine Abordnung des Würt- tembergischen Ulanenregiments 1, bestehend aus dem Regimentskommandeur Obersten Freiherrn v. Crailsheim, je einem Rittmeister, einem Ober­leutnant und einem Leutnant, trifft morgen, Sonn­abend, in Berlin ein, um dem Kaiser im Namen des Regiments die Glückwünsche zum Regierungsjubi­läum zu übermitteln. Die Abordnung wird als Gast des Kaisers im Hotel Adol wohnen.

Aus dem Unwettergebiet.

Horb, 6. Juni. Allmählich verdichten sich die bis­her unübersichtlichen Nachrichten über den durch den Sturm am Mittwoch abend angerichteten Schaden in den am meisten betroffenen Orten Mühlen, Baisin­gen, Eutingen usw. zu bestimmteren Schätzungen, die bisaneineMillion heranreichen, worin frei­lich nicht nur der Gebäude-, sondern auch der Flur- Schaden und der furchtbare auf 16 000 Festmeter be­rechnete Windbruch (60 Hektar Wald) in den Wal­dungen einberechnet wird, und namentlich der volle Wert der zwei- bis dreitausend zerstörten Obstbäume in Anschlag gebracht wird. In letzterer Hinsicht hat besonders die als Obstort berühmte Gemeinde Bai­sin g e n gelitten, wo allein gegen 2000 Obstbäume entwurzelt und abgebrochen wurden und ein Schaden von mindestens 300 000 -ll entstand. Der Staats­anzeiger bringt folgende Schätzungen: In Baisingen beläuft sich der Gebäudeschaden auf zirka 100 000 -ll, der Flurschaden (worunter die Obstanlagen) auf 200 000 bis 300 000 -ll ; in M ll h l e n der Gebäude­schaden auf 60 000 -ll, der Flurschaden aus 10 000 -st; in Eutingen-Bahnhof der Gebäudeschaden auf zirka 16 000 -ll, der Materialschaden auf 60 000 bis 80 000 -ll; in Eutingen-Ort der Gebäudeschaden auf 5000 -/st, der Flurschaden auf 10 000 bis 20 000 -st; in Rohrdorf der Gebäudeschaden auf 6000 -ll, der Flurschaden auf 10 000 -ll. In den Wäldern der Markungen Ahldorf, Mühlen, Eutingen und Rohrdorf ist eine Fläche von 60 Hektar Wald mit zirka 15 000 Festmetern dem Sturm zum Opfer ge­fallen. Für Dachdeckungsmaterial, das für die durch den Wirbelsturm vom 4. Juni 1913 Geschädigten in Ahldorf, Baisingen, Eutingen b. Horb, Mühlen a. N. und Rohrdorf (O.-A. Horb) befördert wird, werden auf den württembergischen Staatsbahnen bis 31. August 1913 folgende V e r gll n st i g u n ge n ge­währt: Freiwillige Gaben, die unter der Adresse eines Hilfskomitees oder einer sonstigen Sammelstelle mit dem Vermerk aus dem FrachtbriefFreiwillige Gaben für die vom Wirbelsturm Geschädigten" zur Eisenbahnbeförderung aufgegeben werden, werden frachtfrei befördert, wenn sie als gewöhnliches Fracht­gut ohne Angabe des Interesses an der Liefernug und ohne Nachnahmebelaftung aufgeliefert werden. F>K andere Sendungen, die käuflich an die Geschädig­ten abgegeben werden, werden 60 Prozent der tarif­mäßigen Fracht berechnet, wenn der Frachtbrief den Vermerk trägt:Angekauft für die vom Wirbelsturm Geschädigten".

Plochingen, 6. Juni. Mit den Eindeckungs- und Reparaturarbeiten an den beschädigten Häusern geht es rasch vorwärts. Der Schaden stellt sich nun doch höher heraus, als man anfangs angenommen hatte. Nach der gestern beendigten amtlichen Schätzung be­trägt er an den privaten Gebäuden allein etwa 130 000 -ll, der Schaden an Gärten und Obstbäumen dürfte 30 000 -ll betragen, der an Staats- und Ge­meindegebäuden beträgt etwa 60 000 -ll.

Balingen, 6. Juni. In Pfeffingen gab es eine Submissionsblllte, wie sie wohl noch nicht zu sehen war. Letzte Woche kam ein Herr von Tailfingen dorthin und vergab die Maurerarbeiten für das wie­der zu erstellende Wirtschaftsgebäude zum Rößle einem Konsortium von Gipsern und Maurern, die folgende Offerte eingereicht hatten:2 Prozent bil­liger als jeder andere". Nun weiß man nicht, wen man mehr tadeln soll: Leute, die solche Offerten ein­geben, den Vergeber, der eine solche Offerte nicht in den Papierkorb wirft, oder den Berater des Bauherrn, der die Sache gemacht oder mit ge­macht hat.

Ravensburg, 7. Juni. In einer Kiesgrube bei Zogenweiler wurde der 22 Jahre alte Arbeiter Rüther und sein 17jähriger Kamerad Vogler durch herabstür­zende Erdmassen verschüttet und getötet. Ein dritter Arbeiter konnte sich mit knapper Not retten.

Sigmaringen, 6. Juni. Ein junger Metzgermei­ster aus Heidelberg, der zur Ableistung einer Reserve- Übung auf dem Truppenübungsplatz Heuberg ein­berufen war, glitt auf dem Gelände aus und fiel so unglücklich auf die Patronentasche, daß ihm durch den Anprall die Gedärme verletzt wurden. Nach einer Operation stellte sich noch eine Bauchfellentzündung heraus, der der junge Reservist erlag. Er hinterläßt eine Frau und zwei kleine Kinder.

Aus Welt und Zeit.

Berlin, 6. Juni. Die Budgetkommission beschloß heute die Heranziehung der Einkommen von 5000 und mehr Mark zu dem Wehrbeitrag unter Zu­grundelegung eines 6- bis 12fachen Betrages der Steuerveranlagung. Einkommen unter 5000 -ll wer­den nur dann berücksichtigt, wenn sie einem beitrags­pflichtigen Vermögen hinzuzurechnen sind. Vermögen unter 10 000 -ll bleiben ganz frei. Vermögen von 10000 bis 30 000 -st werden bei einem gleichzeitigen Einkommen von 5000 -st, Vermögen von 30 000 bis 50 000 -st bei einem gleichzeitigen Einkommen von 3000 -st besteuert. Des weiteren nahm die Budget­kommission eine Bestimmung an, daß für die Ver­anlagung des Wehrbeitrages das Vermögen beider Ehegatten zusammengerechnet wird. Für Familien mit 3 und mehr Söhnen, die ihrer Militärpflicht genügt haben oder genügen sollen, tritt eine Er­mäßigung von 10 Prozent ein. Ein Antrag, der für Junggesellen von 35 Jahren ab oder für Männer, die nicht im Heer gedient haben, eine zehnprozentige Erhöhung des Beitrags einfllhren will, wurde ab­gelehnt. In der Nachmittagssitzung setzte die Kom­mission einstimmig als Maßstab für die Beitrags­pflicht und die Ermittlung des Vermögenswertes den Stand vom 31. Dezember 1913 fest und beschäftigte sich dann mit der Heranziehung der landwirtschaft­lichen Grundstücke zum Wehrbeitrag.

Berlin, 6. Juni. Die deutschen Bundesfürsten haben mit Ausnahme des durch sein hohes Alter ver­hinderten Herzogs von Sachsen-Meiningen ihr Er­scheinen zu der Jubiläumsfeier des Kaisers am 16. Juni zugesagt. Prinzregent Ludwig von Bayern wird an der Spitze der Vundesfürsten eine Ansprache an den Kaiser halten.

Berlin, 5. Juni. Die Firma Stumm besitzt seit 30 Jahren Eisenerzgruben in der Nähe von St. Pri­vat. Die Firma ließ diese unberührt, so lange es ging; da aber alle anderen Quellen jetzt erschöpft sind, mußte sie auch an die Ausbeutung dieser Felder Herangehen. Ende April fand unter den Augen des Kaisers eine Uebung der Metzer Garnison auf den Schlachtfeldern von St. Privat statt. Da sah der Kaiser, wie zwischen den Gräbern, die die Soldaten der preußischen Garde decken, Schachtarbeiten unter­nommen werden. Der Kaiser war von dieser Wahr­nehmung so lebhaft ergriffen, daß er unmittelbar darauf die Besitzer des unterirdischen Geländes um einen Jmmediatbericht ersuchte. Die Mitglieder der Firma Stumm erstatteten, wie der Lokalanz. berich­tet, dem Kaiser persönlich Bericht; seitdem schweben Verhandlungen über diese Angelegenheit. Es han­delt sich bei diesem übrigens recht friedfertigen Kon­flikt zwischen dem Kaiser und der Firma Stumm um einen Kampf zwischen Ehrfurcht vor den Toten und dem Recht der Lebenden. Der Kaiser vertritt den ehrlichen Standpunkt der Scheu vor den Toten des großen Kriegs, während die Firma Stumm ge­zwungen ist, den nüchternen Realitäten zu folgen. Das Haus Stumm sah diesen Widerstand voraus.

Straßburg, 5. Juni. In der Angelegenheit der zur Kenntnis desMatin" gelangten elsaß-lothringi­schen Ausnahmebestimmungen verlautet, daß die wider-^ rechtliche Publikation in Straßburg erfolgte. Man be-i sitzt Anhaltspunkte dafür, daß Unterbeamte des Mini­steriums von den Unterlagen Abschriften anfertigten und dem Vertreter des Pariser Blattes übergaben. Zwei Beamte wurden bereits eidlich vernommen.

Essen, 6. Juni. Dem früheren Verbandssekretär Meer, der in dem bekannten Meineidsprozeß Schröder freigesprochen wurde, wurde als Entschädigung für die vorher unschuldig verbüßte Zuchthausstrafe von 4 Jahren der Betrag von 21153 -ll und vom 1. April 1913 ab eine Jahresrente von 1980 -4t bis zum 65. Lebensjahre zugesprochen.

Stettin, 6. Juni. Eine schwere Bluttat, die zu großen Straßenkrawallen führte, spielte sich gestern in dem Vorort Frauendorf ab. Der in einer Zicho­rienfabrik beschäftigte, aber streikende Arbeiter Kühl wurde nach einem Wortwechsel von dem nichtstrei- kenden Arbeiter Brandenburg erstochen. Vor der Fabrik sammelte sich eine nach Tausenden zählende Menschenmenge an, die die Herausgabe des Branden­burg verlangte und schließlich die Fabrik stürmte. Als etwa 300 Schutzleute in Automobilen aus Stet­tin ankamen, begann ein regelrechter Kampf, in des­sen Verlauf etwa 10 Schutzleute und 60 Zivilpersonen verletzt wurden.

London, 6. Juni. In der gestrigen Sitzung der Votschaftervereinigung wurden beträchtliche Fort­schritte erzielt. Es erscheint als wahrscheinlich, daß die Lösung der Fragen der Aegäischen Inseln und der südalbanischen Grenze voneinander abhängen. Die Entscheidungen der Mächte hinsichtlich der Aegä­ischen Inseln würden an Griechenland übergehen außer den beiden den Dardanellen am nächsten lie­genden. Bulgarien würde Thasos erhalten. Man wird von Griechenland Garantien verlangen, daß die Kleinasien benachbarten Inseln nicht als militärische oder Flotten-Stützpunkte verwendet werden. Die

von Italien besetzten Inseln werden der Türkei über­geben werden, sobald die aus dem Friedensschluß von Lausanne hervorgehenden Verpflichtungen der Tür­kei an Italien erfüllt sind. Die Mächte werden sodann dahin wirken, daß die Inseln Griechenland übergeben werden. Die nächste Sitzung findet am Montag statt.

London, 5. Juni. Im Unterhause erklärte heute Lord Churchill, daß infolge Versagens der kanadischen Regierung beim Bau dreier Kriegsschiffe die englische Regierung die für März 1914 bestimmt gewesenen drei Schiffe sogleich bauen wird.

Paris, 5. Juni. Im Monat Mai haben sich allein im Werbebureau von Mazieres 20 Personen, darunter 13 Deutsche, 4 Belgier, 2 Oesterreicher und 1 Luxem- burger, für die Fremdenlegion anwerben lassen.

Gerichtssaal.

Heidelberg, 5. Juni. Eine kriegsgerichtliche Ver­handlung fand lautHeidelb. Ztg." in der Kaserne gegen den Reservisten Nebel aus Neunkirchen statt. Nebel hat nach der Kontrollversammlung einem Un­teroffizier der Reserve mit den Worten:Wenn du auch Unteroffizier bist, haue ich dir doch eine Ohr­feige hin" eine Ohrfeige gegeben. Nebel erhielt wegen tätlichen Angriffs auf einen Vorgesetzten 1 Jahr, und wegen Beleidigung 1 Tag, zusammen 1 Jahr 1 Tag Gefängnis. Nebel ist verheiratet und hat 3 Kinder.

Straßburg, 5. Juni. Die Strafkammer verur­teilte den verantwortlichen Redakteur desJournal d'Alsace-Lorraine", Karl Lutz, der in einem Artikel die nach dem Kriege eingewanderten alldeutschen Be­amten als Parasiten bezeichnet hatte, zu einem Mo­nat Gefängnis.

Lvndrvirtschkfl «nv Märkte.

Calw, 6. Juni. Dem heute stattgefundenen Vieh- und Schweinemarkt waren zugeführt: 4 Pferde, 292 Stück Rindvieh; ferner 255 Milchschweine (Preis 2555 -ll das Paar) und 45 Läufer (65102 -/st das Paar). Handel schleppend. Verkauft wurden: 24 Ochsen und Stiere (6871482 -ll das Paar), 32 Kühe (328 642 -ll das Stück), 69 Stück Kalbeln und Jungieh (164 478 -ll das Stück), 6 Kälber (67105 -ll das Stück).

Kirchheim u. Teck, 4. Juni. Auf dem letzten Vieh­markt betrug die Zufuhr 36 Farren mit einem Erlös von 350 650 -ll das Stück, 87 Ochsen und Stiere zu 370750 -ll, 144 Kühe zu 380780 -/st, 399 Rin­der und Kalbeln zu 175800 -ll, 28 Kälber zu 90 bis 115 -ll, 130 Läuferschweine zu 4065 -ll, 500 Milchschweine zu 2238 -ll. Trotz lebhaften Besuchs des Marktes ging der Verkauf schleppend.

Hall, 5. Juni. Dem gestrigen Viehmarkt wurden 22 Ochsen, 114 Kühe und 268 Stück Jungvieh zu­getrieben. Verkauft wurden 18 Ochsen, 78 Kühe und 180 Stück Jungvieh. Die Preise waren bei einem Paar Ochsen von 1160 bis 1400 -ll, bei Kühen von 308 bis 600 -ll, bei Jungvieh von 152 bis 580 -ll. Umgesetzt wurden 112 812 -ll.

Eiengen a. Br., 4. Juni. Viehmarkt. Zu Markt wurden gebracht 372 Stück, davon verkauft 205 Stück. Die Preise stellten sich wie folgt: 1 Paar Ochsen j 11001384 -ll, 1 Paar Stiere 680905 -ll, 1 Kuh 280640 -ll, 1 Kalbel 290670 -ll, 1 Stück Jung­vieh 260320 -ll, 1 Farren 180650 -ll. Gesamt­umsatz 74 624 -ll. Nach den angestellten Wägungen kostete der Zentner Lebendgewicht von: 1 Paar Och­sen, welche 2450 Pfund gewogen und um 1235 -ll verkauft wurden, 50,40 -ll; 1 fetten Kalbel, welche 670 Pfund gewogen und um 342 -ll verkauft wurde, 61,04 -ll; 2 fetten Farren, welche 2470 Pfund ge­wogen und um 1065 -ll verkauft wurden, 43,15 -ll. Der Zutrieb war ziemlich gut, der Handel bei Jung­vieh lebhaft, in den übrigen Gattungen flau. Mit der Bahn wurden 238 Stück in 20 Wagen abgeführt.

Biberach-Riß, 5. Juni. Wochenviehmarkt. Auf den Markt wurden aufgetrieben: 23 Farren, 18 Och­sen, 30 Kühe, 166 Kalbinnen und Rinder. Der Er­lös war durchschnittlich 300 400 -ll bei Farren, 400650 -ll bei Ochsen, 260700 -ll bei Kühen, sowie 190700 -ll bei Jungvieh. Die Zufuhr war mittelmäßig, der Handel flau. Auf der Eisenbahn kamen 23 Wagen mit zusammen 187 Stück zum Ver­sand; davon 7 Wagen nach Stuttgart-Untertürkheim, 2 nach Baienfurt, je 1 nach Jöhlingen, Weingarten- Baden, Krauchenwies, Ebingen, Eßlingen, Göppin­gen, Deggingen, Geislingen, Erbach, Laupheim, Äulendorf, Ravensburg, Weingarten und Wurzach. Kälber kamen 59 zu Markt und zum Verkauf zu 46 bis 54 Z für ein Pfund Lebendgewicht. Mastschweine wurden 2 Stück aufgetrieben und zu 554 Z für ein Pfund Lebendgewicht verkauft. Läuferschweine wurden 6 Stück aufgetrieben und 6, das Stück zu 4570 -ll, verkauft. Milchschweine wurden 414 Stück aufgetrieben und 402 Stück, zu 23 37 -ll pro Stück, verkauft. Versandt wurde von letzteren nach Berg, Tannhausen, Langau und Süßen.

Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.