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»HS 115.

Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw.

88. Jahrgang.

m Oberamts­elben lSVfg-,

N)ÄIeM«N 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahnie 10 Uhr vormittags releson g.

8sSgi4«ung»weife: Sm-I wöchentlich. «»zeigenprei« .- JqM Stilw für dt« einspaltige Borgiszeile 10 Pfg.^ außerhalb de?

Mittwoch, den 21. Mai 1913.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.2S vierteljährlich, Post« bezugSpreiS für den OrtS- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. I.M. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg,

Amtliche Bekanntmachungen.

K. Oberamt Calw.

Bekanntmachung.

betreffend die Bornahme der diesjährigen Vormusterung des Pferdebestands und der kriegsbrauchbaren Fahr­zeuge im Bezirk Calw.

In Abänderung des oberamtlichen Erlasses vom 14. ds. Mts., Calwer Tagblatt Nr. 112, wird hiemit be­kannt gegeben, daß sich die Vormusterung der Pferde auch auf die kriegsbrauchbaren Fahrzeuge erstreckt.

Die Herren Ortsvorsteher werden daher beauftragt, die ihnen zugehenden Fahrzeuglisten in doppelter Aus­fertigung anzulegen und dafür Sorge zu tragen, daß die in ihren Gemeinden vorhandenen kriegsbrauchbaren Fahrzeuge rechtzeitig aufgestellt werden.

Die Fahrzeuglisten mit Vorgang sind zur Vormuste­rung mitzubringen.

Den 21. Mai 1913.

Regierungsrat Binder.

Die Ortsbehörden

werden an die alsbaldige Vorlage der im letzten Vier­teljahr aufgerechneten Quittungskarten, soweit dies noch nicht geschehen ist, erinnert.

Calw, den 20. Mai 1913.

K. Oberamt (Versicherungsamtj.

Amtmann Rippmann.

Deutschlands Friedenspolitik.

In einer politischen Pfingstbetrachtung in der Straßburger Post führt der Reichstagsabgeordnete Bas­sermann folgendes aus: Für die nüchterne Betrach­tung ergibt sich als unbestreitbare Tatsache, daß das Zusammenwirken der deutschen und englischen Politik für die Erhaltung des Weltfriedens von hoher Bedeu­tung war. England konnte, seiner eigenen Interessen wegen, einen Weltkrieg, welcher den Bestand des Drei­verbandes bedrohte, nicht wünschen. In diesem Wunsche, den Weltkrieg zu hindern, vereinigte sich die englische Politik mit der deutschen Diplomatie, welche von An­beginn an das Ziel im Auge hatte, die friedliche Ent­wirrung der mannigfaltigen Streitfragen zu fördern. Während England mäßigend und dämpfend auf das

unruhige Frankreich einwirkte, und sehr zum Unbe­hagen französischer Chauvinisten darüber Klarheit schaffte, daß die Balkanwirren nicht dazu bestimmt sein könnten, französischen Revanchegelüsten Lust zu machen, ließ anderseits Deutschland darüber keinen Zweifel, daß es nicht den Frieden um jeden Preis erstrebe, sondern nur einen solchen Frieden, der sich mit Oesterreichs Ehre verträgt. Man wird es der deutschen Politik als Ver­dienst anrechnen müssen, daß diese beiden großen Linien: Erhaltung des Weltfriedens und entschlossene Vertre­tung der österreichischen Lebensinteressen, konsequent festgehalten worden sind. In der Entwicklung, wie sie sich vor unseren Augen vollzogen hat, liegt Ge­währ und Zuversicht für die Zukunft. England hat erkannt, daß die deutsche Politik frei von jeder Aben­teuerlust ihre Wege geht, anderseits wurde der Welt gezeigt, daß Deutschland entschlossen ist, das Schwert zu ziehen, wenn seine oder seiner Bundesgenossen Lebens­interessen dies erfordern. Ruhe und Festigkeit deut­scher Politik werden auch in Zukunft die beste Sicherung des Weltfriedens sein. Die Festigkeit deutscher Politik aber wird ihrerseits wieder um so sicherer und ent­schiedener sich geltend machen können, wenn sie gedeckt ist durch den entschlossenen Willen der Nation, ihre Wehrkraft durch Einstellung aller Tauglichen voll aus­zunützen. Die schwere Last muß getragen werden, weil eine starke Rüstung allein die Weltsiellung Deutsch­lands, aber auch den Weltfrieden verbürgt. Darüber mutz jeder Zweifel schwinden, daß ein schwaches Deutsch­land eine direkte Friedensgefährdung bedeutet. Was Bismarck aussprach, daß in dem Augenblick, in dem Frankreich die Ueberzeugung des Sieges über Deutsch­land gewinnt, die Kriegsgefahr eine unmittelbare sein wird, gilt heute genau so wie damals. Wenn als wei­teres Ergebnis der Balkanwirren aus Grund englischer Erkenntnis der friedlichen Orientierung deutscher Po­litik sich die Beziehungen zwischen England und Deutsch­land dauernd verbessern, so wäre eine solche Entwick­lung nur freudig zu begrüßen. Gerade aus der W eh r- Vorlage mit ihren großen Opfern wird England er­kennen, daß der Schwerpunkt der deutschen Politik auch in Zukunft auf dem Festlande liegt, und daß die deut­sche Flotte lediglich als Ergänzung unserer Festlands­wehr defensiven Zwecken dient und jeden Angriffs­charakters entbehrt. Reife Völker werden aus solchen schweren Zeiten, in denen der Weltfrieden so oft be­droht war, ihre Folgerungen ziehen. Deutschland ist

im Begriffe, sie in der Wehrvorlage zu ziehen, die Som­mertagung des Reichstages wird und muß vollenden, was unter dem Eindruck des Valkankrieges und der Ge­fahren, welche dieser Krieg für den Weltfrieden jäh und grell enthüllt hat, gefordert worden ist. Die allge­meine Wehrpflicht soll durchgeführt werden. Was Scharnhorst erstrebt hat, soll Wahrheit werden. Ein ebenso einfaches wie großzügiges Programm, das der Reiskanzler vorgelegt hat, harrt der Annahme durch das Parlament. Es muß gefordert werden, daß in diesem Sommer die Wehrvorlage Gesetz wird.

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft

Talw, 21. Mai 1913.

Aus dem Voranschlag des städtischen Haushalts für 1913.

Anschließend an den in Nr. 111 und 112 des Calwer Tagblatts veröffentlichten Bericht über die Etatsbera­tung der bürgerl. Kollegien bringen wir in den folgen­den Nummern einen Auszug aus den einzelnen Ein­nahme- und Ausgabeposten, aus denen sich der Vor­anschlag des Eemeindehaushalts zusammensetzt. Wir beginnen mit dem Stadtpflegehaushalt und fahren fort mit Auszügen aus den dem Hauptvor­anschlag beigegebenen Beilagen über die Rechnung der Städt. Betriebswerke, der Schulen, der Hoch- und Tief­bauten usw. Der Stadtpflegeetat beginnt mit dem Voranschlag der Einnahmen der AbteilungGemeinde- Vermögen". Als Einnahmen aus Grundstücken für Mietzinse und Sonstiges sind angegeben 9 650 für Pachtzinse, Obsterlöse usw. 8100 ^l, aus den Waldungen für Holzerlöse 53 000 ^l. Die Fischerei soll 270 Pacht einbringen, die Schafweide 600 -4l. Aus dem Eeldvermögen der Stadt sind 3632 Zinse aus Ka­pitalien (desgl. Zinsersatz) berechnet. Das Gaswerk liefert der Stadtkasse 8000 Zuschuß. Unter der Ab­teilungSteuern und Abgaben" sind an Einnahmen aufgezählt 25100 -4l, die sich ergeben aus 7 500 Ee- meindekapitalsteuer, 2950 -4l ^Lohnsteuern und Abgaben der nicht in der Gemeinde wohnenden Bürger (sog. Rekognitionsgebühr), 2500 Erundstücksumsatzsteuer, 200 lll Zuwachssteuer, 9000 Verbrauchsabgabe von Vier, 2800 Hundeabgabe, 150 Wandergewerbe­steuer. Die Gemeindeverwaltung rechnet mit insgesamt 71842 Einnahmen. Diese verteilen sich in der Hauptsache auf 600 Vergütung des Staates für Ein-

Das Wirtshaus im Spessart.

12) Erzählung von Wilhelm Hauff.

Mit diesen Waldgeistern soll einmal ein junger Schwarzwälder eine sonderbare Geschichte gehabt haben, die ich erzählen will. Es lebte nämlich im Schwarz­wald eine Witwe, Frau Barbara Munkin; ihr Gatte war Kohlenbrenner gewesen, und nach seinem Tod hielt sie ihren sechzehnjährigen Knaben nach und nach zu dem­selben Geschäft an. Der junge Peter Munk, ein schlanker Bursche, ließ es sich gefallen, weil er es bei seinem Vater auch nicht anders gesehen hatte, die ganze Woche über am rauchenden Meiler zu sitzen oder, schwarz und berußt und den Leuten ein Abscheu, hinab in die Städte zu fahren und seine Kohlen zu verkaufen. Aber ein Köhler hat viel Zeit zum Nachdenken über sich und an­dere, und wenn Peter Munk an seinem Meiler saß, stimmten die dunkeln Bäume umher und die tiefe Wal­desstille sein Herz zu Tränen und unbewußter Sehn­sucht. Es betrübte ihn etwas, es ärgerte ihn etwas, er wußte nicht recht was. Endlich merkte er sich ab, was ihn ärgerte, und das war sein Stand.Ein schwarzer, einsamer Kohlenbrenner!" sagte er sich. Es ist ein elend Leben. Wie angesehen sind die Elas- männer, die Uhrmacher, selbst die Musikanten am Sonn­tag abends! Und wenn Peter Munk, rein gewaschen und geputzt, in des Vaters Ehrenwams mit silbernen Knöpfen und mit nagelneuen roten Strümpfen erscheint, und wenn dann einer hinter ihm hergeht und denkt:

wer ist wohl der schlanke Bursche? und lobt bei sich die Strümpfe und meinen stattlichen Gang sieh, wenn er vorübergeht und schaut sich um, sagt er gewiß: ach, es ist bloß der Kohlenmunkpeter."

Auch die Flözer auf der andern Seite waren ein Gegenstand seines Neides. Wenn diese Waldriesen her­überkamen, mit stattlichen Kleidern, und an Knöpfen, Schnallen und Ketten einen halben Zentner Silber auf dem Leib trugen, wenn sie mit ausgespreizten Beinen und vornehmen Gesichtern dem Tanz zuschauten, holländisch fluchten und wie die vornehmsten Mynheers aus ellenlangen, kölnischen Pfeifen rauchten, da stellte er sich als das vollendetste Bild eines glücklichen Men­schen solch einen Flözer vor. Und wenn diese Glück­lichen dann erst in die Taschen fuhren, ganze Hände voll großer Taler herauslangten und um Sechsbätzner würfelten, fünf Gulden hin, zehn her, so wollten ihm die Sinne vergehen, und er schlich trübselig nach seiner Hütte; denn an manchem Feiertagabend hatte er einen oder den andern dieserHolzherren" mehr verspielen sehen, als der arme Vater Munk in einem Jahr ver­diente. Es waren vorzüglich drei dieser Männer, von welchen er nicht wußte, welchen er am meisten bewun­dern sollte. Der eine war ein dicker, großer Mann mit rotem Gesicht und galt für den reichsten Mann in der Runde. Man hieß ihn den dicken Ezechiel. Er reiste alle Jahre zweimal mit Bauholz nach Amsterdam und hatte das Glück, es immer um so viel teurer als andere zu verkaufen, daß er, wenn die übrigen zu Fuß heim­gingen, stattlich heraufsahren konnte. Der andere war

der längste und magerste Mensch im ganzen Wald, man nannte ihn den langen Schlurker, und diesen beneidete Munk wegen seiner ausnehmenden Kühnheit; er wider­sprach den angesehensten Leuten, brauchte, wenn man noch so gedrängt im Wirtshaus saß, mehr Platz als vier der dicksten, denn er stützte entweder beide Ellen­bogen aus den Tisch, oder zog eines seiner langen Beine zu sich auf die Bank, und doch wagte ihm keiner zu widersprechen, denn er hatte unmenschlich viel Geld. Der dritte aber war ein schöner, junger Mann, der am besten tanzte weit und breit und daher den Namen Tanzbodenkönig hatte. Er war ein armer Mensch ge­wesen und hatte bei einem Holzherrn als Knecht ge­dient; da wurde er auf einmal steinreich; die einen sagten, er habe unter einer alten Tanne einen Topf voll Gold gefunden, die anderen behaupten, er habe unweit Bingen im Rhein mit der Stechstange, womit die Flözer zuweilen nach den Fischen stechen, einen Pack mit Goldstücken heraufgefischt, und der Pack gehöre zu dem großen Nibelungenhort, der dort vergraben liegt; kurz, er war auf einmal reich geworden und wurde von jung und alt angesehen wie ein Prinz.

An diese drei Männer dachte Kohlenmunkpeter oft, wenn er einsam im Tannenwald saß. Zwar hatten alle drei einen Hauptfehler, der sie bei den Leuten verhaßt machte, es war dies ihr unmenschlicher Geiz, ihre Gefühllosigkeit gegen Schuldner und Arme, denn die Schwarzwälder sind ein gutmütiges Völklein; aber man weiß, wie es mit solchen Dingen geht: waren sie auch wegen ihres Geizes verhaßt, so standen sie doch