Nicht nur mir oen Waffen gilt es, das Vaterland zn verteidigen und den Sieg erringen zu helfen, auch rn der Heimat find große und wichtige Aufgabe n zu erfüllen, und gerade die akademisch gebildeten Kreise sind in erster Linie dazu berufen. Zu den Opfern vorr Blut und Leben kommen alle die mannigfachen Entbehrungen in der Gegenwart und der sorgende Alls--' blick in die Zukunft. Nicht umsonst spricht man von Kriegspsychose und bezeichnet damit die seelischen Erscheinungen, die der Krieg auszulösen pflegt. Bei unseren Feinden tritt sie auf in Form eines an Wahnsinn grenzenden Hasses vor allem gegen T entsch-, land, eines Hasses, der sich in unerhörten Schmähungen alles dessen laut machet, was uns wert und heilig ist. Bei uns dagegen äußert die Kriegspsychose ihre Wirkung vor allem nach innen, in der Verstärkung der Neigung zur Kritik, die nun einmal dem Mutschen eigen ist, und die sich mit Vorliebe gegen die Regierung und ihre Maßnahmen wendet, und in der Verschärfung der Parteigegensätze.
Und darin liegt zweifellos eine Gefahr. Unsere Feinde träumen von einem bevorstehenden inneren Zusammenbruch. Sie bauen darauf ihre Siegeshoffnungen und verlängern um dessentwillen den Krieg. Wir brauchen ein einheitliches, festes Zusammenstehen von Kaiser und Reich, Regierung und Volk, so daß es auch nach außen deutlich in Erscheinung tritt. Hierzu beizutragen durch Beispiel und Belehrung ist Pflicht eines jeden, der durch Beruf, Bildung und Stellung dazu in der Lage ist.
Ein ganz kurzes Wort über die militärische f Lage. Vor allem ein Wort rückhaltloser Bewunderung i für die fast übermenschlichen Leistungen der . Armee in der vergangenen Woche. Sodann darf ich sagen, daß unsere Oberste Heeresleitung die j Lage mit voller Ruhe und Zuversicht an- j sieht, auch wenn sie sich ans strategischen Gründen - veranlaßt gesehen hat, unsere Linien an mehreren Stellen zurückzulegen. Wir haben den Krieg vom ersten Dag an als Verteidigungskrieg geführt. Wir haben ihn in Feindesland getragen, um dort unsere Grenzen zu verteidigen und die Heimatfluren zu schützen. Wir werden dort weiterkämpsen. Unsere herrlichen Truppen werden ' sortfahren, den gewaltigen Ansturm feindlicher Massen ! zurückzuschlagen, bis die Gegner einsehen, daß sie uns ; nicht vernichten können, und daher auch zu einer Verständigung bereit sind. Und dieser Tag wird kommen, weil er kommen muh, soll nicht Europa verbluten und die europäische Kultur in Elend und Barbarer versinken.
Lord Cecil begründete in einem Interview seine Zuversicht auf den militärischen Endsieg mit einem beständigen Zuströmen amerikanischer Truppen. Abgesehen voir diesenr offenen Bekenntnis zum Militarismus, erinnert mich diese Hoffnung an die vergangenen Jahre dieses Krieges, in denen zuerst das treulose Italien, dann Rumänien den Endsieg bringen sollte. Lord Cecil vergißt aber dabei, daß wir jetzt mit Rußland und Rumänien Frieden geschlossen haben, und somit unsere Streit- kräste im Westen ganz erheblich verstärken konnten. Ter andere Punkt ist die Behauptung Cecils, die Entente könne nicht Frieden schließen, so lange Deutschland von ! den Alldeutschen regiert werde. In Deutschland regiert bekanntlich der deutsche Kaiser in verfassungsmäßigem s Zusammenwirken mit Bundesrat und Reichstag. Diese , zu vertreten ist meine Pflicht und wird es bleiben. s
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Ter 73. Geburtstag des Reichskanzlers. s
Berlin, 31. Aua. Ter Kaiser sandte au den Reichskanzler Grafen Hertling ein herzliches Glückwunschtelegramm, worin er ihm für die aus Vater- ürndsl.ebe erfolgte Uebernahme und treue Führung des
veraunvertungsreichen Amtes tu schwerer Zeit dankt und den Wunsch ausspricht, daß das Lebenswerk des! Grafen durch einen das Vaterland sichernden Frieden gekrönt werden möge. Der Kaiser übersandte eine kostbare Vase als Angebinde. !
In dem Glückwunschtelegramm Hindenbnrgs ^ an den Kanzler heißt es u. a.: Indem ich dankbar l der vollen Uebereinstimmnng bei unserer gemeinsamen Arbeit gedenke, spreche ich die Hoffnung i aus, daß es Euer Cxz. beschicken sein möge, in alter ' Frische noch lange als Kanzler des Deutschen Reichs » zu wirken. Deutschland steht in schtverem Kampfe. In immer sich erneuernden Anstürmen versuchten die Feinde, den entscheidenden Durchbruch zu erzwingen, ' der ihnen bisher immer mißlang. Sie werden ihn weiter vergeblich verbuchen. 'Noch st?' n schwere Kämpfe bevor. Das deutsche Volk weih, worum es geht, es weiß; daß es auf den Schlachtfeldern Frankreichs und Flandern den- heiligen Boden der .Heimat verteidigt. Die jüngsten Kündgebungen der feindlichen' Staatsmänner zeigen den nackten Vernichtun gswil- len und bringen einem jeden von uns zum Bewußtsein, welches Schicksal Deutschland erwartet, wenn es diesen Kampf nicht siegreich besteht- Ich habe das starke Vertrauen, daß die Heimat in nationaler Geschlossenheit hinter der kämpfenden Truppe steht und dem Ueber- mur unserer Feinde eine sichere Niederlage zu bereiten. Gez. Geueralfeldmarschall v. Hindenburg.
Der Reichskanzler erwiderte: Das deutsche Volk weiß, daß es unter Führung seiner großen Feld- Herrn allen Anstürmen der Feinde trotzen wird, und erinnert sich voll Darrt daran, daß 'Hindenburg und Ludendorfs schon viel ernstere Lagen während des Kriegs glücklich für unser Vaterland gewendet haben. Fester > denn je ist Deutschland entschlossen, dem feindlichen Wer- ^ nichkungswilleu die Stirn zu bieten und es wird dem Feind beweisen, daß seine Hoffnung aus unseren rum-- l ren Verfall trügerisch ist. Ich werde alle meine Kraft daran setzen, das deutsche Volk zu einem Frieden zu - führen, der Deutschlands Zukunft sichert und ihm für i alle Zeiten seinen Platz im Rate der Völker gewährleistet.! j
Auch von General Ludendorff und dem Präsidenten des Reichstags-gmg ein in herzlichen Worten gehaltenes Telegramm ein.-
T..D2 ^reignrste nu Liften.
Anschlag auf Lenin.
Moskau, 31. Aug. Gestern abend 9 Uhr wurde gegen Lenin ein Anschlag verübt- Er hatte in einer Arbeiterversammmng der Michelsohnschen Fabrik geredet. Als er die Versammlung verließ, wurde er von zwei Frauen arfg.hohen, die ihn in ein Gespräch verwickelten. -Während dieses Gespräch gab ein junges Mädchen drei Schüsse ab, durch die Lenin am Arm und am Rücken te letzt wurde. Das Mä chc:i wurde festgeuomm n. D r Zustand Lenins verursacht keine Befürchtungen. Ter Volkskommissar für innere Angelegenheiten, Uritzki, ist tot. Tie „Prawda" schreibt: Wir zweifeln nicht daran, daß d e Spuren drs Mordanschlags aus die rechten Sozialrevolutionäre, sowie auf Mietlinge der Engländer und Franzosen führen werden.
Die Attentäteriu heißt Tora Kaplan; sie ist eine bekannte Revolutionäre aus Kiew. Schon im Jahr 1907 hatte sie auf den Gendarmerieches .Nowitzki einen Mordanschlag gemacht und war damals zu 13 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden.
Moskau, 31. Aug. General Brussilow ist in Schutzhaft genommen worden; er ist der Beteiligung an der Gegenrevolution verdächtig.
M Leser rircvr.
Daheim, — daheim! Welch ein seliges Gefühl, — mie-
Aiel Wonne faßt es nicht in sich, dieses eine, einige Wort.
Roman von C. MarÜU.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
.Mi- hak Ihnen Ihr festes Arbeitspensum genommen^ sra^le Margarete, unumwunden auf ihr Ziel losgehmd.
„Ja, mein Mann ist entlassen," bestätigte Frau Lenz bitter. „Entlassen wie ein Taglöhner, weil er als gewissen^rfter Künstler die Arbeit nicht so massenhaft lieferte, wie die jungen gedankenlosen Schmierer." j Er schüttelte den grauen Kopf. „Ungerecht dürfen -avir aber auch nicht sein, liebe Frau," sagte er mild. „Für mein festes Einkommen habe ich allerdings in den letzten zwei Jahren nicht mehr die entsprechende Ar- ck geliefert, meiner Augen wegen. Ich habe das auch gesagt un um Bezahlung per Stück gebeten, aber ! der junge Herr will davon nichts hören. Nun, ihm > -cht a das Verfügungsrecht zu, wenn er auch noch nie - mündig erklärt ist, und die Testamentseröffnung - vevorstsht . . . Auf dieses Testament hoffen noch rauche von den ^*en Arbeitern draußen in Tambach, »enen cs ähnlich -'geht wie mir."
Margarete musste von Tante Sophie, daß ein Testament ihres Vaters vorhanden war, welches in den nächsten Tagen eröffnet werden sollte.
Mein Gott," rief sie lebhaft, „wenn Sie meinen, daß das Testament vieles ändern kann —"
„Es wird und muß vieles, ändern," fiel Frau . Lenz mit sonderbar harter Betonung und Bestimmtheit ein.
L Margarete verstummte für einen Moment, betroffen in den noch immer schönen, blauen Aug n . der alten Frau forschend — eine Art von will ec ^Genugtuung funkelte in ihnen aus. „Nun ja," setz»! äsis dann nachdrücklich, mit schwerem Vorwurf hinzu.
„wozu dann Die Grausamkeit. Vas Kinv ums Brot auf der Straße fingen zu lassen'?"
Frau Lenz fuhr empor und trat auf ihre Füße. Sie war lahm und konnte sich nur schwer fortbewegen; aber in diesem Moment schien sie von Schmerz und Schwäche nichts zu fühlen. „Grausam? Wir? Gegen unser Kind, unseren Abgott, unser alles?" rief sie wie außer sich.
Der alte Maler ergriff begütigend ihre Hand. „Ruhig Blut, liebes Herz!" mahnte er mild lächelnd. „Grausam sind wir zwei alten Menschen nie gewesen,
, gelt, Hannchen? Nicht gegen die kleinste Kreatur der ' Schöpftmg, geschweige denn gegen unseren Jungen . . . i Sie haben ihn wohl heute singen hören?" wandte er sich zu Margarete.
! „Ja, vor unserm Hause, und das Herz hat mir wehe getan. Es ist so bitterkalt — ich meinte, der Atem müsse i>«m vor dem Munde gefrieren. Er wird sich erkälten."
Herr Lenz schüttelte den Kopf. „Der kleine Bursche hat sich selbst hart gewöhnt. Da an den warmen Ofenkacheln lehnen die Hausschuhe, und in der Ofenröhre steht heißes Warmbier für unseren kleinen Kurrende- - schüler."
„Ja, es kamen ein paar fatale, ein paar schlimme Tage für uns, nachdem der junge Herr mir aufgesagt hatte," hob er wieder an. „Wir hatten die Schneider- unv Schuhrechnung für Max gezahlt, und unseren Kohlenvorrat angeschafft, und da kam ein Abend, an welchem wir nicht wußten, wovon wir am anderen Tag auch nur eine Suppe kochen sollten. ... Ich wollte gehen und ein paar von unseren Silberlösfeln verkaufen; aber das Frauchen da" — er zeigte mit zärt- i lichem Blick auf seine Frau — „kam mir zuvor. Sie inahm Stickereien und Strickereien, die sie mit ihren geschickten Händen in Mußestunden gearbeitet hatte,
> aus der Kommode und ging — so sauer ihr auch das Gehen wird — mit Max in die Kaufläden, und da brachte sie nicht nur Geld, sondern auch viel Bestellungen mit heim . . . Nun lasse ich alter Kerl mich
i von der Hand ernähren, an die ich einst den Verlobungsring gesteckt hatte, in der unerschütterlichen ; Uebsrzeugung, daß mein Mädchen das Leben einer Prinzessin an meiner Seite haben solle. — Ja, sehen Sie, das ist nun Künstlerleben und Künstlerhoffen!"
> „Ernst!" unterbrach Frau Lenz und drohte mit dem , Finger. „Willst du wirklich Fräulein Lamprecht iveis-
Vasel, 31. Aug. Dem „Basler Volksblatt" wird aus Moskau berichtet, Lenin und Trotzky haben einen Erlaß veröffentlicht, daß die orthodoxe (griechisch-katholische), die römisch-katholische und die protestantische Religion in Rußland unterdrückt werden soll
London, 1. Sept. (Reuter.) Die Unternehmung am Ussuri ist (infolge der Niederlage der Allrerten, Japaner und Tschechen. D. Sehr.) aufgegeben worden.
Kiew, 31. Aug. Die transkaspische Eisenbahn soll auf Anstiften Englands von aufständischen Banden besetzt worden sein. Die Engländer seien in Krasnowodsk (Turke- stan) eingezogen.
Moskau, 31. Aug. Am Murman wurde gegen den englischen General Pesset ein Bombenanschlag verübt.
Neues VSM Lage.
Die deutschen Bischöfe gegen die preutz.
Wahkresorrn?
Berlin, 31. Aug. Die „Germania" berichtet unter Vorbehalt, die deutsche Bischofskonferenz, besonders der Kölner Erzbischof Kardinal v. Hartmanu, habe sich gegen die preuß. Wahlreform ausgesprochen.
Erwerbslosennnterstützung.
Frankfurt a. M., 31. Aug. Der Magistrat hat die Einführung einer Erwerbslosennnterstütznng für die Zeit der Uebergangswirtschast beschlossen.
Die leidige Polensrage.
Berlin, 31. Aug. In hiesigen politischen Krei- 'en verlautet, daß die Stellung des österreichisch-ungarischen Ministers des Auswärtigen, Grafen Äurian, erschüttert sei, da er an der austro-polnischen Lösung ter Polenfrage (Bereinigung Polens mit Oesterreich- Ungarn, indem der österreichische Kaiser zugleich König von-Polen sein soll) von seinem ungarischen Standpunkt aus festhalte, obgleich diese Lösung von deutscher Seite wiederholt, und so auch bei der letzten Besprechung im Großen Hauptquartier als unannehmbar aügelehnt wurde.
Amtliches.
K. Oberaurt Nagold Kurverkehr.
Auf den Antrag des Oberamts hat das Ministerium das Oberamt zu folgender Anordnung ermächtigt:
Der zulässige Aufenthalt der Ortsfremden zu Kur- Erholnngs- oder IBergnügungszwecken wird für den Ober« arntSbez.rt mit Wirkung vom 1. September ab auf 1 Woche festgesetzt; dieser Zeitraum darf nur mit oberamtlicher Erlaubnis, die nur auf Grund eines amtsärzlichen Zeugnisses erteilt wird, überschritten werden. Ortsfremden, die am 1. September bereits im Bezirk anwesend sind, wird der bisherige Aufenthalt, soweit er 1-1 Tage überschreitet, angerechnet.
Die Vorschrift findet keine Anwendung auf Militärpersonen, die zu Kur- oder Erholungszwecken beurlaubt sind und hierüber einen schriftlichen Ausweis ihrer Vorgesetzten Dienststelle bei sich führen, sowie auf die sie begleitenden Ehefrauen, Kinder und Eitern.
Ueberschreitungen der zulässigen Aufenthaltssrist sind strafbar.
Den 80. August 1918. Neg.-Rat Kommerell.
machen, ich sei so eine gewesen, Die sich ein Schlaraffenleben bei dir erträumt hätte? . . . Zum Faulenzen Habs ich nie Talent gehabt, dazu bin ich immer zu rasch gewesen. Schaffen und Helfen, das war stets mein Lebenselement, und die Ader hat auch Max von mir bekommen."
Sie preßte die Lippen aufeinander und sah mit seltsam loderndem, beredtem Blick durch das gegenüberliegende Fenster in die froststarrende Luft hinein. Es lag etwas Rachedürstendes in ihrem ganzen Wesen. „Das Kind ist schlecht genug behandelt worden in dem großen, stolzen Hause, seit es die deutsche Heimat betreten hat, sagte sie mit noch weggewandtsm Blick grollend, wie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. „Der Kies im Hofe war zu vornehm für wiuc Sohlen, und'der Garbntisch unter den Linden wurde entweiht durch seine Bücher, seine schreibenden Händchen. Und von dem Sarge droben im großen Saal sollte er weggescheucht werden wie —" Sie brach »b und legte die Hand über die Augen.
„Mein Bruder ist krank und deshalb keines Menschen Freund; mit ihm dürfen Sie nicht so streng ins Gericht gehen, auch andere müssen unter s er so
> großen Schroffheit leiden," tröstete Margaret, sanft.
> „Dagegen weiß ich, daß mein Vater den kleinen Max sehr gern gehabt hat, wie alle in unserem Hause. Ich weiß, daß er für seine Zukunft hat Sorge tragen wollen, und aus dem Grunde bin ich gekomvmen . - - Es würde auch ihm gewiß, wie mir, ans Herz ge? gangen sein, das prächtige Kind draußen vor der Tür stehen zu sehen, und deshalb möchte ich Sie bitten, dem kleinen Kurrendeschüler die gegebene Erlaubnis von heute ab zu verweigern und mir die Freuds zu gönnen —" Sie schob herßerrötend die Hand in die. Tasche.
„Nein, kein Almosen!" rief Frau Lenz fast wild und legte die Hand auf den Arm der jungen Dame. Sehen Sie," — sie zeigte nach einer großen Korbwanne im Fensterbogen, die bis an den Rand mit bunter Stickerei gefüllt war — „das ist lauter fertige Arbeit: Wir brauchen vorläufig nicht zu darben, und später wird Gott helfen! . . . Max soll nicht wieder auf der Straße singen, ich verspreche es Ihnen heilig und teuer! Er wird zwar jammern, aber er muß sich Hineinsinden."
Fortsetzung folgt.