Der englische Bericht.
WTB. London. 31. 3an. Englischer Heeresbericht vom 31. 1f morgens: Während der Nacht griff eine unserer Patrouillen «it Erfolg einen deutschen Posten nordöstlich Havricourt an und Mete einen Teil »er feindlichen Besatzung. Den Rest na.M sie
e fange».
Der Ausstand.
Berlin, 31. Jan. Der Ausstand ist hier überall int Abflauen. Wenn mich in einzelnen Fabriken die Zahl der Feiernden zugenommen hat, so sind die zur Arbeit Zurückgekehrten bei weitem in der Ueberzahl. Die Streikenden haben nach russischem Muster einen Ar- beiterrat gebildet, der ans 500 Personen besteht, die ihrerseits wieder einen sogenannten Handlungsausschuß von 16 Personen eingesetzt haben, dem die Abgeordneten Scheidemann, Ebert und Braun von der alten, und Haase, Ledebour und Dittmann von der unabNnüigenffoäialdemvkratischen Partei angeboren. Llucks eine Frau gehört dem engeren Ausschuß an. Der Oberbefehlshaber in den Marken hat dem Streikausschnß verboten zu Tagungen zusammenzukommen, ebenso sind alle Versammlungen untersagt, in denen über den Ausstand und öffentliche' Angelegenheiten geredet werden soll. Der '„Vorwärts" wurde wegen der Aufforderung zum Massen- Kreit verboten. Der „Üokalanzeigcr", die „Bolkszeitung", das „Berl. Tageblatt", die „Morgenpost" sind am 29. Januar morgens nicht erschienen, abends blieben die „Post", die „Voss. Zrg." und die „Nationalztg." aus. Bisher ist die öffentliche Ordnung nicht gestört worden. — In der Artilleriewerkstätte Süd in Spandau, wo 4000 Arbeiter im Ausstand waren, hat sich die Zahl der Streikenden erheblich verringert.
Der Oberbefehlshaber in den Marken hat den Streikausschuß aufgelöst und jedes weitere Zn- stnnmentreten sowie die Bildung eines neuen Ausschusses verboten. Die Gewerkschaftsbeamten wurden cmfgc- tzordert, das Gewerk-chaftshaus zu verlassen. Als sie sich weigerten, das Haus zu verlassen, wurde das Haus polizeilich umstellt.
In Berlin herrschte starker Nebel, der den Verkehr außerordentlich schwierig gestaltete.
Ein Reichstagsabgeordneter schreibt im „Berl. Tageblatt", sollte das Wirtschaftsleben weiter durch den Streik bedroht werden, so sei das weitere Zusammengehen der Regierung wie des Zentrums und der Fortschrittlichen Volkspartei, im Reichstag schwer geschädigt, nachdem die .sozialdemokratische Partei am Ausstand sich beteiligt hat. Me Regierung sei entschlossen, der Scheidemannschen Streikvolpik keinen Schritt entgegenzukommen, auch wenn Hie künftig auf d»e Unterstützung der Sozialdemokraten verzichten müßte.
Hamburg, 31. Jan. Wegen des Ausstands der .Werftarbeiter hat das steklv. Generalkommando deS H. Armeekorps den verschärften Kriegszustand Wer Hamburg, Altona und Wandsbeck verfügt. Die Zahl der Feiernden beträgt 'etwa 25000, die Kriegsbetriebe werden unter militärische Leitung gestellt. Arbeiter, die bis zum 31. Januar nicht zur Arbeit zurückgekchrt sind, werden zum Heeresdienst ein gezogen.
München, 21. Jan. Auf Betreiben des Schriftstellers Kurt Eisner wurde eine Vertrauensmännerversammlung verschiedener Betriebsausschüsse einberufen. Die unabhängigen Sozialisten setzten es gegen die Stimmen des christlichen Metallarbeiterverbandes durch, daß der Streik auf 3 Tage beschlossen wurde. Die Unabhängigen sind meist Arbeiter, die durch die Uebersied- lung eines Teils der Krnppwerke nach München kamen. Die alte Münchner Arbeiterschaft steht dem Ausstand überwiegend gleichgültig gegenüber. . f
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München, 31. Ja«. Kn der basier. Kammer der Abgeordneten teilte Abg. Dr. Schlittenbauer (Ztr.Z mit, er und Dr. Heim seien im Großen Hauptquartier von Hindenburg und Ludendorff empfangen worden. Als davon gesprochen wurde, die Oberste Heeresleitung werde beschuldigt, das Kriegsende hinanszuzögern, erwiderte Lndendorff: „Glaubt denn irgend ein vernünftiger Mensch, daß wir beide, auf deren Schultern eine so ungeheuere Verantwortung liegt, auch nur einen Tag länger diese Verantwortung tragen wollten, wenn es nicht die Sicherheit des deutschen Volkes und die Lebensinteressen deS Reichs verlangen würden?
Nürnberg, 31. Jan. Die sozialdemokratische Partei und 'die Freien Gewerkschaften haben sich mit den Unabhängigen geeinigt, die Ausstandsbewegung einheitlich durchzuführen. Auf dem Egidienberg fand eine Versammlung unter freiem Himmel statt, die von über 60000 Personen besucht war. Die Versammlung forderte die sofortige Einberufung des Reichstags, die unverzügliche Einleitung der Friedensverhandlungen auf allen Fronten, volle Bereitwilligkeit der Friedensunterhändler, mit offenen Karten zu spielen, Selbstbestimmungsrecht aller Völker, Verzicht aus alle offenen und versteckten Annexionen und Entschädigungen. — Nach zweitägiger Dauer wurde der Ausstand gestern beendet.
Mannheim, 31. Jan. Von den hiesigen Metallarbeitern (etwa 20000) legte gestern die große Mehrheit die Arbeit nieder. Im Nibelungensaal fand eine von 6000 Personen besuchte Versammlung statt. Reichstags- abg. Geck (unavy. Soz.) schob die Schuld am Streck auf die Vaterlandspartei.
Berlin, 31. Jan. Wie bekannt wird, hat der englische Abgeordnete und Gewerkschaftsführer Powermann einen vor allem für die deutschen und österreichischen Sozialdemokraten bestimmten Aufruf an die Sozialisten aller Länder gerichtet zum Kampf gegen den Imperialismus und für das Selbstbestimmungsrecht der Völker.
Kassel, 31. Jan. Eine Arbeiterversammlung beschloß, morgen den Streik auf sämtliche Rüstungsbe- triebc übergehen zu lassen. Alsdann würden mehr als 200 000 Arbeiter und Arbeiterinnen streiken. .Heute abend wurden 2300 Streikende gezählt.
Der Arrsstarrd in Amerika.
Washington, 31. Jan. Die Regierung der Vereinigten Staaten hat den allgemeinen Streikausschuß in Philadelphia, her zum Generalstreik aufforderte, verhaften lassen und ihn dem Bundesgericht zur Aburteilung übergeben.
Brest-Litowsk 30. .Jan. Heute vormittag fand unter dem Vorsitz des Großpesirs Talaat Pascha eine Vollsitzung statt. -Staatssekretär v. Kühl mann teilte mit, daß die bayerische Staatsregierung von einem ihr vertragsmäßig znstehenden Recht Gebrauch Machte und :m Einverständnis mit dem Kaiser und dem Reichskanzler dem Kgl. bayerischen Staatsminister Grasen Podcwils-Dürnitz als ihren Vertreter zu den Verhandlungen nach Brest-Litowsk entsandte.
Trotzki gab darauf die Erklärung ab, daß in der Zusammensetzung w.r russischen Abordnung zwei Veränderungen vorgenommen worden seien. Eine Aenderung sei rein persönlicher Natur, indem an den weiteren Verhandlungen auch der Volkskommissar für das Staatseigentum, Karelin, teilnehmen werde. Die
s andere Veränderung träge einen staatsrechtliche« u,ch sioffT i tischen Charakter. Sie betreffe die Einreihung von zwei Mitgliedern der ukrainischen Volksrepublik «,
: die russische Abordnung.
? Die ukrainischen Räte der Soldaten-, Bauern- und s Arbeiterabgeordneten führen in der ganzen Ukraine eine« i entschiedenen Kampf gegen die Kiewer Rada. Das ganze E Kohlenbecken des Donez-Gebiets, das ganze BergwerM- s gebiet von Jekaterirwslaw und die Gouvernements Chäv- s kow und Poltawa seien in der Gewalt der ukrainische» i Sovjets. In anderen Teilen gehen der Einfluß der Kieioe»
^ Rada stetig zurück. Am Tage der Abreise Trotzkis aus Petersburg sei aus Kiew gemeldet worden, daß das Kiewer Generalsekretariat zurückgetreten sei. Die wirkliche Regierung der Ukraine seien die (bolschewistischen^' Wolksräte und Sovjets in Charkow, nicht die Nada i«i Kiew. Wenn die Abordnung des Herrn Holubowitsch nach wie vor ein Mandat des Kiewer Sekretariats habe, so erhebe er keinen Einspruch gegen deren fernere Teilnahms an den Verhandlungen, jedenfalls werden aber nur solche Abkommen mit der Ukraine anerkannt, die durch die Regierung der Bundesrepublik Rußland bestätigt werden. — Darauf erklärte der in Brest-Litowsk zurückgewie-- ^ jene Vertreter der ukrainischen Volksrepublik Lew it- > sikyi, die Stellungnahme der ukrainischen Abordnung ! bleibe bis zum Eintreffen der Abordnung Vorbehalten.
Staatssekretär v. Kühlmann schlug namens de« Verbündeten vor, die Erörterung über die Darlegungen Trotzkis bis nach dem Eintreffen der Abordnung der Kiewer Rada auszuschieben. Der Vorsitzende der russischen Abordnung habe seinerzeit mit keinem Worte angedeutet, daß neben der Abordnung des Herrn Holub- s wytsch noch eine andere Körperschaft vorhanden sei, die Anspruch erhebe, namens der Ukraine zu sprechen. Die Lage scheine ihm zu sein, daß das Bestehen der freien ukrainischen Volksrepublik von keiner Seite in Frage gestellt, daß aber zwei konkurrierende Körperschaften behaupteten, berechtigt zu sein, die internationale freie ukrainische Volksrepublik zu vertreten. Die verbündeten Abordnungen würden diese wichtige Frage mit Gründlichkeit prüfen.
Graf Ezernin regte an, bis zum Eintreffen der' Kiewer Abordnung solle der Ausschuß für die Gebietsfragen seine Arbeit wieder aufnehmen. Trotzki kam auf das gefälschte Telegramm aus Petersburg zurück. Er habe die Sache untersuchen lassen und müsse feststellen, daß die Petersburger Telegraphen-Agentur das Telegramm nicht abgeschickt habe. Er überlaffe es den interessierten Stellen, nachzuforschen, woher die Fälschung , stamme.
j Neues vom Tage.
Ehrung HindswSilrgs im-Lir-err-orffs.
Posen, 31. Jan. Die gestrige Stadtverordnetenversammlung hat beschlossen, dem Ersten Generalquartier- mcister Ludendorff das Ehrenbürgerrech,i der Stadt zu ^leihen und dem Generalfeldmarschall von' Hindenburg das Restgut Goleneien zum Geschenk zu machen. Bisher sind zu diesem Zweck 130000 'Mark gezeichnet, von der Stadt Posen selbst 30000 Mk., der Rest wird von Privaten, Kommunen, Prvvinzial- verbänden usw. aufgebracht werden. Der Unterhalt des Gartens und der baulichen Anlagen des Gutes Wirt- ans so lange Zeit übernommen, als der Generalfeldmarschall Eigentümer des Gutes ist. i
LandtagsersaHwahl.
Halle,,«. S„ 30. Jan, Bei der Landtagsersatz?
M r->ekr«cbl. M
Die Rose wellt wohl über Nacht,
Vergänglich ist der Erde Pr«cht,
Nur was du liebst, o Herz, ist dein.
Das soll dein Trost im Sterben sein.
R. Pmtz.
MLchtiger als Gold.
Roman von M. Wsthe.
-Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
22. Kapitel.
Es war am Vorabend des Balltages, als im Privat- 'abinett von Doktor Krönings Anwaltskanzlei die Klingel des Telephonapparates ertönte. Der Iustizrat nahm den Hörer und erkannte sofort. Hollmanns Stimme. ' ,
„Nun?" fragte er. „Haben Sie mir etwas Wichtiges Mitzuteilen?"
„Etwas sehr Wichtiges I Haben Sie Zeit für mich?" I
„Wenn es der Mühe wert ist — gewiß! Obwohl ich' nicht verhehlen will, daß ich gerade heute stark in An- fpruch genommen bin. Glauben Sie etwa, eine Spur gefunden zu haben?"
„Mehr als bloß eine Spur, Herr Iultizrat! Aber ich kann mich darüber am Telephon unmöglich des näheren auslassen. Am besten wäre es wohl, wenn Sie mir die El,re gäben, mich sogleich m meinem Bureau aufzu- fuchen."
„Ist es denn wirklich so drinaend? — Eine An- oeutuug könnten Si« wir doch wohl schon jetzt machenl*
„Ich bedaure unendlich. Da man niemals sicher ist. Laß ein Telephongespräch unbelauscht bleibt, hätten. Sie guten Grund, mir zu zürnen, wenn ich Ihrem Verlangen nachkäme."
Eine seltsam unbehagliche Empfindung wollte sich in .Krönings Herzen regen. Diese Geheimniskrämerei mußte einen triftigen Grund haben, und es beunruhigte ihn, daß er diesen Grund nicht zu erraten vermochte.
„Gut also!" sagte er kurz. „Ich werde kommen."
Und er ließ wirklich alles stehen und liegen, um sich sogleich zu dem Detektiv zu begeben, der ihn m seinem sehr elegant ausgestatteten Arbeitszimmer mit ausfallend ernster, ja, wie es Krüning scheinen wollte, etwas verlegener Miene empfing.
- „Sie haben mich durch Ihren Anruf außerordentlich neugierig gemacht, mein Bester! Was gibt es denn eigentlich? Den Spitzbuben haben Sie ja schwerlich schon entdeckt."
„Doch, Herr Iustizrat," lautete die mit gedämpfter Stimme abgegebene Erwiderung, „mein Gehilfe und ich, wir haben das Unglück gehabt, den Urheber des Brillanten- austausches zu ermitteln!"
„Das Unglück?" wiederholte der andere mit gefurchter Stirn. „Sie haben eine sonderbare Art, meine Wißbegier zu steigern, werter Herr Hollmann."
„Ich kann mich nicht anders ausdrücken; denn von allen peinlichen Ausgaben, vor dis ich durch meinen Beruf bereits gestellt worden bin, ist die, deren Erfüllung mir in diesem Augenblick obliegt, sicherlich die peinlichste. Und wenn vielleicht Ihnen selbst inzwischen bereits eine Vermutung gekommen ist, die Sie wünschen läßt, daß dis ganze Angelegenheit ohne alle weiteren Erklärungen und Feststellungen als erledigt angesehen werde, so brauche ich wohl kaum zu versichern, daß Sie meiner und meines Gehilfen unverbrüchlicher Verschwiegenheit unbedingt gewiß sein dürfen."
Die Miene des Besuchers war immer finsterer geworden.
„Ick verstehe nicht ein Wort von dem, was Sie da sagen. Nein, mir sind bisher keinerlei Vermutungen gekommen. Und ich bin sehr weit von dem Wunsche entfernt, die Angelegenheit 'als erledigt zu betrachten. Wenn Sie der Meinung sind, etwas ermittelt zu haben, so bitie ich dringendst, es mir ohne alle Umschweife mit- guteilen."
„Nun denn, da es meine harte Pflicht ist: es war in der Tat einer Ihrer Hausgenossen, Herr Justizrat, von
Dem die MampulMwn mll dem Lcrmoanb uorgeiiommen worden ist! Die Anzeichen, die wir dafür haben, dürfen wohl mit einigem Recht als vollgültige Beweise bezeichnet werden."
„Und dieser Hausgenosse? — Er gehört zu meiner Dienerschaft?"
„Nein."
„Also zu — zu meiner Familie?"
Der Detektiv nickte zustimmend, aber er vermied es taktvoll, den Iustizrat anzusehen, auf dessen Gesicht sich in der Tat die Angst und das Entsetzen, von denen er erfüllt war, deutlich genug spiegelten. Ein paar Sekunden peinlichen Schweigens verstrichen; dann sagte der unglückliche Jurist nach einem schweren Atemzuge:
„Lassen Sie mich alles hören! Ich bin auf das Schlimmste vorbereitet. Es — es handelt sich um meine Frau?"
„Ich würde sehr viel darum geben, Herr Iustizrat, wenn ich mit ,Neiw antworten dürfte. Soweit die eigentliche Urheberschaft in Frage kommt, handelt es sich wohl allerdings mehr um Ihren Stiefsohn, als um Ihre Frau Gemahlin."
Doktor Kröning stöhnte dumpf auf. Und für einen Moment bedeckte er die Augen mit der Hand.
„Also wieder dieser unselige Bursche I" murmelte «L. „Aber das alles ist doch ganz unbegreiflich, ganz undenkbar und unmöglich! Schon die äußeren Umstände lassen es doch als vollkommen ausgeschlossen erscheinen l"
„so sollte man annehmen I Aber das ganze Manöver ist mit solcher Schnelligkeit zur Ausführung gebracht worden, und es hat so geschickte Helfer gehabt, daß nach erfolgter Aufklärung nichts Erstaunliches mehr an der Sache ist. Ich muß Ihnen jetzt — selbst aus die Gefahr hin. damit Ihren Unwillen zu erregen — gestehen, daß ich von vornherein nicht ganz frei von einem gewisser. Argwohn nach der bewußten Richtung hin gewesen bin. Und ich mußte meinen Gehilfen in diesem Sinne schon deshalb instruieren, damit er nicht etwa in seiner Ahnungslosigkeit etwas unternahm, was zu einer Kompromittierung Ihres geachteten Namens hätte führen ckönnen."
Ein bitteres Lächeln zuckte «m Krönings.Lippe«. ...