ist nunmehr wieder die einzige im Bezirk erscheinende Zeitung.

Aus Welt und Zeit.

München, 31. März. Die geschiedene Frau des Stein­metzmeisters East suchte letzteren gestern mit ihrem fünfzehn­jährigen Sohne auf und machte ihm Vorwürfe. Als sie von dem Manne mit der Hundepeitsche bedroht wurde, zog sie einen Revolver. Der Mann flüchtete. Beim Ueberstcigen eines Zauns rief ihn die Frau an und schoß ihm eine Kugel ins Gesicht. Jetzt stürzte sich der Mann von neuem auf die Frau. Da ergriff der Sohn zur Verteidigung seiner Mutter den Revolver und schoß seinem Vater zwei Kugeln in den Leib. Der Schwerverletzte wurde in ein Kranken­haus gebracht. Mutter und Sohn stellten sich selbst der Polizei.

Frankfurt a. M., 31. März. Der achtzehnjährige Lehr­ling Karl Steuernagel der Bankfirma A. Mumm u. Co., der mittels eines gefälschten Schecks bei der Reichsbank 80 000 erhob und dann flüchtete, wird jetzt steckbrieflich verfolgt.

Offenbach, 1. April. Gestern nacht hat der 24jährige Lederarbeiter Lembke seine Geliebte, ein 23jähriges Mäd­chen, erschossen und dann sich selbst das Leben genommen. Beide waren gemeinsain in den Tod gegangen, weil die El­tern des Mädchens die Heirat nicht zugeben wollten.

Elberfeld, 1. April. Der Mädchenhändler Lorenz Win­kelmann wurde von der Strafkammer zu 3 Jahren 3 Mona­ten Zuchthaus, 5 Jahren Ehrverlust und Stellung unter Polizeiaufsicht bestraft, während seine Frau mit 9 Monaten Gefängnis davonkam.

Berlin, 1. April. Die Angelegenheit des Pächters Sohst hat jetzt eine befriedigende Lösung in der Weise gefunden, daß durch Vergleich Herr Sohst am. April freiwillig das Vorwerk räumt und dafür 120 000 -K und den Kronenorden 4. Klasse erhält.

Berlin, 29. März. Der Eesamtverband der Evange­lischen Arbeitervereine Deutschlands hat im letzten Jahre um mehr als 130 Vereine zugenommen. Seine nächste Tagung hält er in der Pfingstwoche zu Brom­berg. Hauptthema ist Kleinwohnungswesen und innere Kolonisation. Referenten sind Oberinspektor Lieber- Bielefeld und ein Herr aus dem Osten. Außerdem wird über die Volksversicherung verhandelt werden.

Stettin, 1. April. Bürgermeister Trommel (Usedom), der vor einem Jahre verschwunden war und, von Paris kommend, wieder in sein Amt eingesetzt wurde, ist wieder seit Freitag voriger Woche verschwunden, wo er der Kreis­sitzung in Swinemünde beigewohnt hatte. Von dort ist er nach Berlin gefahren. Der Magistrat von Usedom hat die Kreisbehörde von Usedom informiert. Sonnabend telegra­phierte Trömmel seiner Frau, daß ein Beigeodneter ihn ver­treten solle, da sein Schwager, Kaufmann Richter, schwer erkrankt sei.

Küstrin, 1. April. Das alte, angesehene Bankhaus Gustav Puppe hat Konkurs angemeldet. Es handelt sich um Mil­lionen, die verloren sind. Viele kleine Leute und Offiziere haben ihr ganzes Vermögen eingebüßt, aber auch größere Geschäftsleute sind in Mitleidenschaft gezogen. Der In­haber, der zahlreiche Ehrenämter bekleidete, ist mit seinem Sohne entflohen. Ueber das in später Abendstunde ver­breitete Gerücht, Vater und Sohn hätten in Berlin Selbst­mord verübt, war eine sichere Nachricht noch nicht einzuziehen.

Wien, 31. März. In der vergangenen Nacht näherten sich dem Wachtposten eines Pulvermagazins in Graz zwei Männer, die aus den Anruf nicht stehen blieben. Der Wachposten gab drei Warnungsschüsse ah,

worauf einer der Männer die Flucht ergriff. Der zweite ging auf den Posten zu und wurde durch einen vierten Schuß ins Herz getroffen. Er war sofort tot. Der Getötete ist der 55 Jahre alte Tagelöhner Veith, der nach den angestellten Ermittlungen schwerhörig ist und zudem betrunken gewesen sein soll.

Stuttgart, 31. März. Der Ochsenfleischpreis hat um 2 Pfennig auf eine Mark aufgeschlagen. Fettes Schweinefleisch ist von 90 auf 85 Pfennig im Preise herabgesetzt worden.

Haag, 31. März. Am 14. d. M. wurden die In­seln Siaos, Tangi und Taland im ostindischen Archipel von einem Erdbeben heimgesucht. Die Ortschaft Me­nelos wurde vollständig zerstört. In einer anderen wurden 107 Einwohner unter den Trümmern begraben. Der durch die Zerstörung der Wege, Brücken und Häuser angerichtete Schaden ist groß, die Zahl der To­ten ist jedoch nicht bedeutend. Ein Kriegsschiff ist nach der heimgesuchten Gegend abgegangen.

Paris, 30. März. Der Vorsitzende der Armeekommission, Lannes, fordert in einem Zusatzantrag zur Militärvorlage der Regierung folgende Festlegung der Stärke der französi­schen Truppeteile, unter die nur mit besonderer Einwilligung der Kammer heruntergegangen werden darf: Eine Jnfan- teriekompagnie soll zählen im Frieden 140 Mann, im Kriege 200; eine Jägerkompagnie im Frieden 160, im Kriege 200 Mann; ein Kavallerieregiment im Frieden 740, im Kriege 810 Mann; eine Batterie Fußartillerie im Frieden 105, im Kriege 130 Mann; eine Batterie Feldartillerie im Frieden 140, im Kriege 160 Mann.

Rom, 31. März. Der amerikanische Finanzmann und Multimillionär Pierpont Morgan ist hier an einem Herzleiden gestorben. Seine Leiche wird einbal­samiert und nach Amerika iibergefiihrt werden.

Der Balkankrieg.

Konstantinopel, 1. April. Die lleberreichung der Ant­wort der Pforte an den österreichisch-ungarischen Botschafter Pallavicini, als dem Doyen des diplomatischen Korps, er­folgte um 11 Uhr vormittags durch den türkischen Minister des Aeußeren Hali! Pascha. Die Note, die ziemlich kurz ist, erklärt, daß die Pforte die angebotene Friedensvermittlung und die mitgeteilten Bedingungen annimmt. Sie wurde sofort vom österreichischen Botschafter den übrigen Botschaf­tern zur Kenntnis gebracht.

Berlin, 1. April. Zu der Flottendemonstration vor Antivari, an der sich Oesterreich-Ungarn, England und Deutschland beteiligen, hat letzteres den kleinen Kreuzer Breslau" entsandt.

Wien, 1. April. Die zur Teilnahme an der internatio­nalen Flottendemonstration an der montenegrinischen Küste bestimmten Kriegsschiffe sind bereits ausgelaufen.

Wien, 1. April. DieNeue Freie Presse" meldet aus Eattaro: Gestern liefen hier mehrere österreichisch-ungarische Kriegsschiffe in der Richtung nach Antivari aus. Sie stehen unter dem Kommando des Kontreadmirals Njegowan. Eine Kreuzerdivision, die ebenfalls ausgelaufen ist, steht unter dem Kommando des Kontreadmirals Fiedler.

Malta, 1. April. Der britische PanzerkreuzerDefence". der heute hier eingetroffen ist, hat den Befehl erhalten, morgen mit dem Chef des Marinekriegsstabs, Kontreadmi­rals Troubidge an Bord, mit der Bestimmung, nach Osten in See zu gehen. Man glaubt, daß der Kreuzer mit den anderen bereits im Osten befindlichen Kriegsschiffen an der gegen Montenegro geplanten Flottendemostration teilneh­men wird.

Der heftige Zwist

zwischen König Friedrich von Württemberg und Kaiser Napoleon l. im Januar und Februar 1813.

Von Professor Karl Baude r.

Nachdruck verboten.

(Fortsetzung aus Nr. 72.)

Dieses Schreiben war noch nicht in Paris, als Napoleon unter dem 18. Januar den denkwürdigsten Brief des gesamten Briefwechsels der beiden Herrscher an König Friedrich richtete. Er umfaßt nahezu sieben enggeschriebene Seiten. Wir entnehmen ihm nur we­nige Worte. Nach dem Hinweis darauf, daß der preußi­sche General Pork durch den Uebertritt mit 20 000 Mann zu den Russen Verrat geübt habe, sagt Napoleon:

.... Wenn ich meinerseits alles tue zum Wohle der verbündeten Fürsten, so darf ich wohl hoffen, daß sie sich nicht selbst im Stich lassen und nicht ihre eigene Sache verraten werden. Sie würden Verrat an ihr begehen, wann sie nicht alle ihre Machtmittel mit mir verbinden und nicht die wirksamsten Maßnahmen er­greifen würden, um ihre Infanterie, ihre Artillerie, ganz besonders ihre Kavallerie in den besten Stand zu setzen. ... Ich habe es (ich muß es gestehen) nicht ohne Schmerz beobachtet, daß Eure Majestät in der Veröffentlichung einer neuen Steuerforderung zu ver­stehen gegeben haben, daß an den Umständen, welche diese Steuer notwendig machen, Eure Majestät keine Schuld treffe und daß auf diese Weise Eure Majestät den Eindruck erweckt haben, einen Tadel auf Frankreich werfen zu wollen. . . . Die Gefahr, gegen die man sich am meisten verschanzen muß, das ist die Aufwiegelung der Völker. Aber wie kann man hoffen, ihr zuvorzukommen, wenn die Für­sten selbst eine Sprache führen, welche geeignet ist, die Aufwiegelung zu erregen? Die Notwendigkeit des Ver­zichts auf die Mitwirkung Eurer Majestät wäre für mich eine weniger empfindliche Sache. . . . Die An­stifter der Wirren sind gleicherweise allen verbündeten Fürsten feindlich gesinnt. Ihr Haß nimmt keinen aus. Die Schaffung dessen, was sieDeutschland" heißen, ist das Ziel ihrer Anstrengungen, und sie wollen es durch Umsturz und Revolution erreichen. Ohne des Vergangenen zu gedenken, nur den Forde­rungen der Gegenwart entsprechend, verlange ich des­halb von Eurer Majestät, jeden Verkehr zwi­schen Ihren Untertanen und Rußland abzubrechen, jene Verbindungen aufzulösen, welche es nur auf Unordnung abgesehen haben, und Ihren Untertanen die Gefühle der Freund­schaft gsgon v,-in Vnlk einzuvflanzen. Auch fordere ich Eure Majestät auf, nichts zu unter­lassen, um Ihr Militärkontingent auf denselben Stand zu setzen, auf dem es vor dem Kriege war."

Das Gespenst der Revolution, das Napoleon an die Wand malte, seine mehr oder weniger versteckten Drohungen machten auf König Friedrich nicht den ge­wünschten Eindruck; er kannte den Kaiser zu genau, als daß er den durchsichtigen Zweck des geharnischten Schrei­bens nicht sofort erkannt hätte: Napoleon suchte einen Streit, um bei diesem Anlasse durch Drohungen und Einschüchterungen den König zu neuen Truppenbewilli­gungen zu veranlassen. Schon am 26. Januar geht die Erwiderung ab. Der König legt dar, daß der Kaiser eine irrige Auffassung von den Worten habe, mit denen die neuen Steuerforderungen begründet worden seien. Nachdem er auf die Verschiedenheit des deutschen und

18) Im Sturm genommen!

Roman aus den Freiheitskriegen 18131814.

Von H. E. Jahn.

karcton pour tont 1e inond, exespts pour les tarristlss ^rusmens!" brüllte ein wüster, struppiger Geselle, den Helm weit zurückgeschoben, die schwarzen, stechenden Augen von Blut unterlaufen. Er war auf den am Boden geknebelt liegenden jungen Mann zugesprungen und holte mit breiter, schwerer Klinge zum tödlichen Streiche aus. Doch auf den Wink eines Offiziers sprangen mehrere Chasseurs hinzu und hielten den Rasenden fest.

Halte! Jaques!" riefen sie.Ruison!"

Ivaioser-ie ortzvei- evtls oüaroAus!" heulte der Wütende; doch da trat der Offizier mit gezogenem Degen vor Hans hin und sagte drohend:Lb dien! -Vilor-:, 8oi<iut8! Vilo, u c-devui!" kommandierte der Offizier, und vorwärts ging es, nach Süden zu.

Am Abend machten die Franzosen in einer sächsi­schen Bauernhütte Halt, ließen sich das Beste, was die armen Leute auftischen konnten, wohlschmecken und legten sich dann im Zimmer auf Stroh nieder. Der Offizier nahm das eine Bett in Anspruch, in das er sich mit voller Kleidung, die Stiefel an den Füßen, hineinwarf.

Im Abendgrauen-des folgenden Tages erreichte die Patrouille mit ihrem Gefangenen Dresden, und Hans wurde in ein dunkles, feuchtes Gewölbe ge­bracht, wo er schlaflos und voll Sorge um die Zu­

kunft die lange Nacht durchwachte. Draußen floß der Regen und klatschte monoton an die Mauern und die Bretterluken. Endlich sickerte Licht durch die Fenster in den kalten Raum, den Tag ankündigend. Was konnte er ihm bringen? Neue Leiden und Er­niedrigung! Viele, viele Tage aber sollte er noch in diesem Gefängnis verbringen. Er hatte sich nach und nach das Wohlwollen feines Kerkermeisters Pöre Moreau erworben, der ihm viel und gern von seinen Kriegszügen in aller Herren Länder erzählte und vomGrand iminortkl lümpereiir", den er für ein höheres Wesen hielt. So erfuhr er denn vieles über das Leben dieses eigenartigen Mannes. Voraus vor dem Wagen Napoleons ritt eine Abteilung der Wache, dann, etwa fünfzig Schritte vor dem Kaiser, zwei Offiziere, diesen folgte wieder eine Abteilung Reiter und dann die Equipage des Kaisers. Nun kamen vier Schwadronen, je eine der Chasseurs, Dra­goner, Grenadiere und Polnische Chevaulegers, an­schließend an diese die Karossen, Reitpferde der Gene­räle und des Stabes, den Schluß bilden Küchen­wagen, Maulesel, Gepäckkarren usw. Morgens trinkt der Kaiser Kaffee, etwa um 10 Uhr nimmt er ein Brötchen mit Käse und ein Glas Rotwein. Oft steigt er aus; sechs Soldaten vom Dienst mit Bajonett­gewehren treten vor, bilden einen Kreis um den Kai­ser und halten alle Neugierigen fern. Im Quartier wird zuerst das Bett aufgeschlagen, das außen mit grüner Seide, inwendig mit weißer Seide überzogen ist und weißseidene Betten trägt. Dann wird ein Tisch gebracht; ist der Raum eng, so wird er in des Kaisers Zimmer, sonst in ein Vorzimmer gestellt.

Karten werden ausgebreitet und die Stellungen der Armeen mit Nadeln, die rote und schwarze Köpfe haben, bezeichnet. Dann arbeitet der Kaiser mit seinen Generälen bis zum Essen, das immer auf Silbergeschirr serviert wird und aus Suppe, Fleisch­speise, Gemüse, Braten und Käse besteht, wozu es Rotwein gibt. Napoleon sitzt mit seinen Generälen an einer Tafel, an einer zweiten sitzen die niederen Stabsoffiziere. Der Kaiser konnte zu jeder Zeit schlafen und war, geweckt, sogleich munter, erteilte seine Befehle und schlief augenblicklich weiter. Er schnupfte stark, verstreute aber mehr Tabak, als er in die Nase führte, sehr schnell, nur zehn bis fünf­zehn Minuten duldete es ihn an der Tafel. Er hatte nur drei Pferde, die er ritt: zwei Schimmel und einen Rappen. Er ritt nur Schritt oder Galopp, nie Trab. Sein Sattel war mit karmoisinrotem Samt überzogen und mit goldenen Borten besetzt. Seine Kleidung bestand fast immer aus einer grünen Uni­form mit roten Aufschlägen, weißer Piqueweste mit gestickten Taschen, weißen Kaschmirhosen, hohen Lack­stiefeln, Hut mit schwarzer Schleife und grauem Zi­vilmantel. Auf der Brust trug er meistens den Stern der Ehrenlegion, das silberne Ehrenlegionskreuz und das Band der eisernen Krone, an der Seite einen geraden Paradedegen. Das alles erzählte Psre Mo­reau mit verklärtem Gesicht, da er als Ehrenwache beim Kaiser Dienst tat, bis ihm eine Kugel bei Groß- Görschen das Bein zerschmetterte und er in Dresden mit der Beaufsichtigung der Gefangenen betraut wurde. Doch sollte er mit dem nächsten Transport nach Frankreich befördert werden. (Forts, folgt.)