»4§ 70.
Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw.
88. Jahrgang.
«LÜ^rtrlUNgSweife: »mal wöchentlich. Eln-eizenpretr : Im OberamtS- sür die -insp-ltig- B-rgisz-U- 10 Ps»-°uberh-lb de^-Iben12 Psg^ «MWK«» 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittag«. Telefon 8.
Donnerstag, den 27. Marz 1913
Bezugspreis: In der Stadt mit TrLgerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich. Post-
bezugSpreiS für den Ort«- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.S0. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich «2 Pfg,
EiMung zm Bezug des Elin er TGlaltes.
Das erste Vierteljahr des Jahres 1913 geht seinem Ende zu. Aus diesem Anlaß fordert das Calwer Tagblatt seine verehrten seitherigen Leser auf, auch im kommenden Vierteljahr Bezieher des Blattes zu bleiben, und richtet an alle diejenigen, welche die Zeitung noch nicht halten, die Bitte, mit einem Probeabonnement aus ein Bierteljahr einen Versuch zu machen. Der gediegene, sorgfältig ausgewählte Inhalt der Zeitung wird auch sie zu ständigem Bezug veranlassen.
Ohne auf ein politisches Programm eingeschworen zu sein, behandelt das Calwer Tagblatt alle ernsten Zeit- und Streitfragen freimütig, es dient durch seine unbefangene Beurteilung inner- und außerpolitischer, sozialer, religiöser und kirchlicher Zustände in seinem Teile gegenseitigem Verständnis der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen untereinander.
Dabei steht dem Calwer Tagblatt die Pflege des
lokalen Teils
obenan. In dem Bewußtsein, daß es nie Ersatz für eine Großstadtzeitung werden kann, bemüht es sich, ein Spiegel des sozialen und geistigen, des geschäftlichen und wirtschaftlichen Lebens unsres Oberamts zu sein. Dazu dient ihm u. a. die Mitarbeit angesehener, mit ihrer Heimat eng verwachsener Männer, deren Ullerb Überall beachtet und gewürdigt wird.
Die ernste Zeitlage, die vielerlei wichtigen Aufgaben von Oberamt und Stadt sollten auch den jetzt wieder mehr und mehr von Feldgeschäften überhäuften Landmann nicht abhalten, für kurze Zeit am Tage einem Blatt Aufmerksamkeit zu schenken, das über die wichtigen Vorgänge innerhalb und außerhalb des Bezirks stets gut unterrichtet, wie auch die in der weiten Welt, im eigenen Land und in fremden Reichen zuverlässig behandelt.
Das Calwer Tagblatt kostet im Vierteljahr:
in der Stadt durch die Trägerin frei
ins Haus.1,25
durch die Post bezogen im Orts- und
Nachbarortsverkehr.1,20 „
im Fernverkehr.1,30 „
mit Bestellgeld mehr.—,30 „
Redaktion und Verlag des Calwer Taqblattes.
Amtliche Bekanntmachungen.
Kurse im Metallfärben.
An der Königl. Fachschule für Edelmetallindustrie in Gmünd werden im Fall genügender Beteiligung in der 2. Hälfte des Monats April d. I. 2 Kurse im Metallfärben abgehalten. Der 1. Kurs ist von ötägiger Dauer und für solche Teilnehmer bestimmt, die noch keine weitergehende Erfahrung im Metallfärben haben. Der andere Kurs ist von 3tägiger Dauer und für Teilnehmer bestimmt, die eine praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Metallfärbens Nachweisen können. Zu den Kursen werden in erster Linie im Land ansässige selbständige Gewerbetreibende und ältere Gehilfen zugelassen.
Näheres im „Eewerbeblatt" vom 22. d M. Nr. 12.
Calw, den 25. März 1913.
die Gesellenprüfungen noch später zu Ende gehen,
bis 26. April d. I. einzusenden. Die Benachrichtigung über die etwaige Nichtzulassung erfolgt bis zum 24. April und in den Fällen, in denen die Gesellenprüfungen nach dem 20. April beendet worden sind, bis zum 29. April. Die Einsendung der Arbeiten, die nicht abgewiesen worden sind, hat in der Zeit ooin 28. April bis 3. Mai zu erfolgen. Die Ausstellung wird voraussichtlich vom 22. Mai bis 8. Juni d. I. dauern.
Näheres über die Einsendung und Eröffnung wird noch bekannt gegeben werden.
Calw, den 25. März 1913.
K. Oberamt:
Binder.
Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Viehseuchenumlage für das Jahr 1913.
1. Aus Grund der Art. 9 bis 11 des zum Viehseuchengesetz ergangenen Aussührungsgesetzes vom 8. Juli 1912 (Reg.-Bl. S. 279) wird hierdurch verfügt, daß für das Jahr 1913 zur Zentralkasse der Viehbesitzer für Entschädigung bei Viehseuchen
!. für jedes Pferd ein Beitrag von ... 10 Pfg.,
II. für einen Esel, ein Maultier oder einen
Maulesel ein Beitrag von.10 Pfg.,
III. für jedes Stück Rindvieh ein Beitrag von 50 Pfg. zu entrichten ist.
2 . Für die Aufnahme und Verzeichnung des beitragspflichtigen Tierbestandes, für die Erhebung der Beiträge und deren Ablieferung an die Ministerialkasse des Innern, sowie für die Belohnung der Gemeinden für die Besorgung dieser Geschäfte sind die KK 319 und 350 der zum Viehseuchengesetz erlassenen württembergischen Ausführungsvorschriften vom 11. Juli 1912 (Reg.-Bl. S. 293) maßgebend.
3. Die eingezogenen Beiträge sind nicht mehr an die Oberamtspflege, sondern nach Abzug der Einbringungs- und Postgebühren von den Gemeinden unmittelbar an die Ministerialkasse des Innern mittels Zahlkarte auf Postscheckkonto 3730 (bei dem Postscheckamt Stuttgart) abzuliefern.
4. Bemerkt wird, daß künftig die Viehseuchenumlage mit den alljährlich stattfindenden Viehzählungen verbunden werden soll und daß die nächste Umlage voraussichtlich erst auf 1. Dezember 1911 erfolgen wird. Die Entschädigungen, die nunmehr auch für die an Nachkrankheiten der Maul- und Klauenseuche eingehenden Rinder bezahlt werden, machen die Ansammlung eines größeren Reservefonds notwendig, weshalb die Beiträge für das Rindvieh in den nächsten Jahren etwas höher sein werden, als sie früher regelmäßig waren.
Stuttgart, den 15. März 1913.
Fleischhauer.
Den Schultheißenämtern
sind in den letzten Tagen die Formulare für die Umlage zugegangen. Die für den Vollzug der Umlage erteilten Vorschriften und Fristen sind genau einzuhalten.
Mit der Aufnahme des Viehbestandes ist eine Ermittlung der sprungfähigen Tiere zu verbinden. Hierbei hat eine genaue Zählung der Kühe und der sprungfähigen Kölbeln stattzufinden: als sprungfähig sind diejenigen Kalbeln anzusehcn, welche am Tage der Zählung so entwickelt erscheinen, daß sie zum Farren geführt werden können. Auch ist eine genaue Feststellung der Tiere nach ihrer Rasse vorzunehmen (vgl. hierzu den oberamtl. Erlaß vom 1. April 1905, Calwer Tagblatt Nr. 55). Das Ergebnis ist auf besonderem Bogen hierher anzuzeigen.
Calw, den 25. März 1913.
K. Oberamt: Binder.
Landesausstellung von Lehrlingsarbeiten 1913 .
Die Rücksicht auf den Abschluß der Eesellenprii ftingen in den einzelnen Landesteilen hat es nöti peinacht, die in der Bekanntmachung vom 20. v. M (Calwer Tagblatt vom 8. d. M., Nr. 56) vorgesehc uen Fristen zu verschieben. Die Anmeldungen sin nunmehr spätestens bis 20. April d. I.. und sowei
K. Oberamt.
___Amtmann R i p p m a n n.
Adrianopel gestürmt.
Sofia, 26. März. Die „Agence Telegraphique Bulgare" meldet: Die Bulgaren haben Adrianopel eingenommen. Schiikri Pascha hat sich um 2 Uhr nachmittags dem General Olvanoff ergeben.
Der 26. März 1913 wird in der Geschichte Bulgariens als ein heiliger Gedenktag für alle Zeiten
ausgeschrieben bleiben: Auf den Wällen Adrianopels
flattern siegreich die Fahnen der bulgarisch-serbischen Belagerungsarmee. Nach genau fünf Monate währender Einschließung ist der letzte Hort der Türken, ihre beste Festung, verteidigt durch einen ihrer fähigsten Armeeführer, durch Sturmangriff gefallen und damit das militärische Ende des bulgarisch-türkischen Feldzuges ziemlich sicher herbeigeführt worden. Lange war es still um Adrianopel, erst seit einigen Tagen ließen die Nachrichten vom Kriegsschauplatz vermuten, daß es unter den Belagerern der Festung wieder lebendiger werde, und als schließlich die Einnahme der ganzen Ostfront der Festung gemeldet wurde, wußte der Kundige, daß das Schicksal Adrianopels besiegelt sei. Noch wäre es den Bulgaren nicht gelungen, diesen Schutzdamm vor Konstantinopel zu nehmen, wenn nicht eine jahrelange grandiose Schlamperei der türkischen Verantwortlichen die Herrichtung der Festung zu einer modernen versäumt hätte, und Schiikri Pascha, der tapfere Führer des tapferen Besatzungskorps, müßte heute nicht seinen Degen in des Feindes Hand übergeben. Die schätzungsweise Stärke der Adrianopel verteidigenden Truppen wird auf 8000 Mann Artillerie, 21000 Mann ausgebildete Infanterie mit etwa 9 Feldbatterien und 10 000 Mann Redifs (Unausgebil- dete) angegeben. Das Heer der Belagerer (Bulgaren und Serben) soll in Stärke von 94 000 Mann Infanterie mit 100 Geschützen, 1000 Mann Kavallerie und 3000 Mann Belagerungsartillerie den Festungsgürtel umschlossen haben. Abzüglich der Ausgewiesenen zählte Adrianopel während der Belagerung etwa 65 OM nichtmilitärische Einwohner. Kühl, vorsichtig, aber energisch zugreifend, wie die bulgarische Kriegführung während des ganzen seitherigen Verlaufs des Feldzuges, so lösten auch die Führer der Armeen vor Adrianopel ihre Aufgabe und die Achtung vor dem neuen Beweis bulgarischer Tüchtigkeit teilt sich mit der vor der Ausdauer und dem Mute des türkischen Verteidigers. — Einzelheiten über den Fall der Festung und die Stimmung in den interessierten Kreisen, wobei die Nachricht aus Petersburg besondere Beachtung verdient, geben nachstehende Eingänge:
Sofia, 26. März. Adrianopel ist gefallen, nachdem sämtliche Ostsorts gestürmt worden waren. Die Türken sprengten ihre Pulvermagazine in die Luft und setzten die Kasernen und Spitäler in Brand. Die Stadt steht in Flammen. Die Bevölkerung flüchtet in großer Aufregung. Eine Vorstadt, in die sich die Fremden zurückgezogen hatten, wurde von den Siegern verschont.
Sofia, 25. März. Die Einnahme von Adrianopel wurde durch 21 Kanonenschüsse in der Stadt verkündet und mit großer Begeisterung ausgenommen. Eine ungeheure Menschenmenge bewegte sich durch die Straßen der Stadt. Alle Kirchenglocken läuten. General Jva- noff teilt dem Generalissimus Sawoff telegraphisch mit, daß sich Schiikri Pascha und dessen Generalstab ihm ergeben haben. Sawoff habe einen Kommandanten der Stadt und Chef der Garnison bestellt, der die nötigen Maßregeln zur Aufrechterhaltung der Ordnung treffen wird. Morgen wird General Jwanoff seinen Einzug in Adrianopel halten. Im ganzen Land werden morgen für das Seelenheil der gefallenen Soldaten und zur Verherrlichung des Sieges Gottesdienste abgehalten werden.
Sofia, 25. März. Der Ministerpräsident richtete an den Generalissimus Sawoff eine Depesche, worin er ihn und die tapfere Armee zu dem glänzenden Erfolg vor Adria- nopcl beglückwünscht, der den siegreichen Feldzug Bulgariens würdig kröne. In seinem Antworttelegramm dankte Sawoff für die obigen an ihn gerichteten Glückwünsche und hob hervor, jeder, vom einfachen Soldaten bis zum General habe sich bemüht, die Aufgabe zu erfüllen, die ihm vom König und von der Rgierung anvertraut wurde. Auf diese Weise habe die Armee durch die Waffen und die Regierung durch ihre Politik ihre Pflicht gegenüber Krone und Vaterland erfüll:.