verständliches gewesen. Nun aber hat v. Heydebrand auch in Düsseldorf gesprochen. Dort äußerte er sich in bezug aus das Jesuitengesetz: „Wenn er (Heydebrand) es auch seinerseits wohl verstehen könne, daß uberzeugte Katholiken die Beseitigung des sogenannten Jesuitengesetzes forderten, so sei es doch ebenso eine Notwendigkeit, auf die Empfindungen und die historischen Erinnerungen der Protestanten Rücksicht zu nehmen, die man nicht so mit einer Handbewegung abtun könne. Wenn auf diesem Gebiete eine Verständigung eintreten sollte, dann müßten zunächst Garantien geschaffen sein, daß die von einem Teile des evangelischen Volkes befürchtete Schädigung nicht eintreten könnte/ — In weiten evangelischen Kreisen befürchtet man, daß diese Worte des konservativen Führers den Anfang einer Aenderung der Stellungnahme der Konservativen gegen das Jesuitengesetz bedeuten, und man vermutet, daß die konservative Partei bezüglich einer Vesitzsteuer mit dem Zentrum verhandelt und dieses gegen entsprechendes Entgegenkommen in der Frage der Aufhebung des Jesuitengesetzes für eine Gestaltung der Besitzsteuer in konservativem Sinne gewinnen will. Merkwürdig ist jedenfalls, daß v. Heydebrand in dieser heiklen und wichtigen Frage zweierlei Anschauungen vertritt.
Berlin, 25. Zan. Die „Germania" erklärt, auf Grund von Informationen in der Lage zu sein, die gestrige Erklärung der „Nordd. Allg. Ztg." über neue Wehrvorlagen wie folgt ergänzen zu können: Zm Kriegsministerium wird zurzeit neben der bereits vor längerer Zeit angekündigten Luftflottenvorlage eine größere Heeresvorlage ausgearbeitet. Zu diesem Zweck werden 70 Millionen Mark jährliche Mehrforderungen nötig sein. Dazu kommen für die Luftflotte 18 Mill. und außerdem 10 Mill. für kleinere Anforderungen. Die gesamten Neuforderungen belaufen sich auf rund 100 Mill. M. jährlich. Voraussichtlich wird der jetzige Kriegsminister die neuen Forderungen nicht mehr ver-j treten, sondern sein Nachfolger. Wer als solcher in ^ Frage kommt, ist noch nicht entschieden. Genannt wer- ^ den die Generale Dallwitz und Sixt v. Armin. Ueber-! Haupt dürften noch weitere Aenderungen in den Reichsämtern zu erwarten sein. Außer dem Rücktritt des Kriegsministers v. Heeringen wird bereits ernstlich mit dem Rücktritt des Reichsschatzsekretärs Kühn zu rechnen sein.
Metz, 23. Jan. Der Bezirkspräsident von Lothringen hat heute den Vers-n „Kouvonii- /Vllacüon— I.om-üiv" aufgelöst auf Grund des tz 2 des Reichs- vereinsgesetzes, wonach ein Verein aufgelöst werden kann, wenn sein Zweck den Strafgesetzen zuwiderläuft. Aus dem bisherigen Verhalten des aufgelösten Vereins und aus den während des Strafverfahrens gegen dessen Vorsitzenden beschlagnahmten Papieren'hat der Bezirkspräsident die Ueberzeugung gewonnen, daß das „Lovvonii- Kl^rrc'ü-V—I.orraiv" die Fortsetzung des früher hier bestehenden „Souvenir I'Vaiwam" ist und lediglich unter anderem Namen die gleichen Zwecke in Elsaß-Lothringen verfolgt, wie jener Verein, nämlich neben der anerkennenswerten und immer anerkannten Pflege des Andenkens an die gefallenen Krieger unter die Bevölkerung des Landes Sympathien für Frankreich zu erwecken und zu nähren, um sie dadurch dem Deutschen Reich zu entfremden und eine Loslösung Elsaß-Lothringens von Deutschland vorzubereiten. Hierin ist ein Vergehen im Sinne des 8 86 des Reichsstrafgesetzbuchs zu erblicken.
Mainz, 22. Jan. In dem zu Museumszwecken benutzten kurfürstlichen Schloß wurde in der vergangenen Nacht eingebrochen. Ein auf mehrere tausend Mark geschätzter Becher, aus dem der Kaiser bei seinem ersten Einzug in Mainz den Ehrentrunk entgegennahm, wurde gestohlen. Zahlreiche sonstige in dem Raum untergebrachte Wertgegenstände blieben unberührt. — Die Diebe brachen ein Loch in die Mauer und gelangten so in das Innere. Der Wert des Bechers beträgt 6000 bis 70M Mark. Er ist nach Zeichnungen Holbeins aus Silber und Gold
angefertigt. Man befürchtet, daß der Becher, wie die Kölner Kaiserkette, eingeschmolzen wurde.
Der jungtürkische Putsch.
Berliu, 26. Jan. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt in ihrer Wochenrundschau: Soweit die neuen Ereignisse in Konstantinopel von der europäischen Presse mit Ernst und Einsicht gewürdigt werden, tritt überall der Gedanke hervor, das Wichtigste für die weitere Behandlung der Orientwirren sei die Bewahrung der Einigkeit unter den Großmächten und die Fortsetzung ihrer gemeinsamen Arbeit zur Wiederherstellung des Friedens. Dazu gehört vor allem das Festhalten an der bisher beobachteten Neutralität. Tatsächlich besteht kein Grund zu der Annahme, daß eine einzelne Macht das Konzert verlassen wolle, um in die Entwickelung der Dinge im Orient nach eigenem Ermessen einzugreifen. Für ein gemeinsames Auftreten Europas kommen Zwangsmaßregeln gegen die Türkei nicht in Frage. Sie würden mit den Grundsätzen der Neutralität nicht im Einklang stehen und könnten bedauerliche Folgen haben. Es bleibt im Interesse der Einigkeit unter den Großmächten nur das Weitergehen auf dem Wege gemeinsamer diplomatischer Einwirkung, um neue Feindseligkeiten zu verhüten, oder, falls dies unmöglich, sie örtlich und zeitlich einzuschränken.
Konstantinopel, 26. Jan. Gestern sind hier zwei neue Cholerafälle festgestellt worden. — Die Gerüchte, daß die Regierung die Auflösung der srühere- ren Dsputiertenkammer als ungesetzlich ansehe und sie wieder einöerufen werde, scheinen sich zu verwirklichen. Man spricht hier von der Möglichkeit einer inneren Anleihe zur Deckung dringender Ausgaben. Einflußreiche Mitglieder des Komitees wollen bedeutende Summe zur Verfügung stellen. Außerdem wird unter der Bevölkerung eine Subskription i eröffnet.
Sofia, 26. Jan. Alle Informationen aus Regierungskreisen bestätigen, daß die Regierung entschlossen ist, die weitere Entwicklung der Ereignige in Konstantinopel ruhig abzuwarten und den Großmächten eventuelle weitere Schritte zur Förderung des Friedens zu überlassen. Erst wenn das neue türkische Kabinett die Abtretung Adrianopels verweigern sollte, würden die Verhndlungen abgebrochen und der Waffenstillstand gekündigt werden.
Gerichtssaal.
Stuttgart, 16. Jan. Der Dragoner Hühner vom Regiment 26 hatte eines Tages aus Versehen kein Mittagessen bekommen. Er hatte Lohn geholt und war erst nach dem Esten in die Kaserne zurückgekehrt. Seinem Unmut machte er Luft und die Folge war, daß er wegen Beleidigung, Achtungsverletzung, Widersetzung und anderer Vergehen — die Anklage zählt deren 25 auf — in Anklagezustand versetzt wurde. Dem Kllchen- unteroffizier hatte er u. a. gedroht, er werde ihn dahin bringen, wohin er gehöre, wenn er ihn melde. Gegen das Urteil des Kriegsgerichts, das auf 1 Jahr Gefängnis lautete, hatte er Berufung eingelegt und das Oberkriegsgericht ermäßigte dann auch die Strafe auf 8 Monate Gefängnis, wovon 2 Monate Untersuchungshaft abgehen. _
Landwirtschaft und Markte.
Die Unsitte des Melkkübelnachschwenkens. Fast täglich werden in den Zeitungen Bestrafungen wegen Milchverfälschung veröffentlicht. In den allermeisten Fällen ist dabei die leidige Unsitte schuld, daß die Milchbauern den Melkkübel mit Master ausschwenken. Diese an sich sehr löbliche Reinlichkeit verleitet nun die Leute dazu, das Schwenkwaster nicht, wie es in der Ordnung wäre, wegzuschütten, sondern, weil es einen so schönen Schaum hat, wird es zu der Milch geleert. In vielen Fällen beruht dieses Vorgehen auf Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, in den meisten Fällen jedoch auf dem Gedanken, daß es auf dieses „bißchen Schwenkmilch" nicht ankomme und man das auch gar nicht merke,
bis diese Leute dann durch den Strafrichter eines Besseren belehrt werden. Denn nach Z 10 Ziff. 2 des Nahrungsmittelgesetzes wird bestraft, wer wissentlich Nahrungsmittel, welche verdorben, nachgemacht oder verfälscht sind, unter Verschweigung dieses Umstandes verkauft. Verfälschung ist aber jeder der Milch gegebene Zusatz, auch der geringste Zusatz von Master.
Dornstetten OA. Freudenstadt, 18. Jan. Gestern kamen aus den hiesigen Stadtwaldungen 1051 St. Langholz erster bis sechster Klasse, sowie 9 St. Klotzholz zum Verkauf. Der Revierpreis betrug 13 852 Mark, der Erlös 17 543 Mk., also im Durchschnitt 126 A. Die Käufer sind von hier und aus der Umgegend.
Gaildorf, 18. Jan. Bei dem gestern hier abgehaltenen Brennholzverkauf des Forstamts Gaildorf kamen im ganzen 874 Raummeter Brennholz zum Verkauf. Bei einem Eesamtausgebot von 4633,70 wurde ein Eesamterlös von 5982,80 Zl, das ist 129,1 Proz. des Revierpreises, erlöst. Es ist dies wohl einer der höchsten Erlöse, die in den letzten Jahren erzielt worden sind.
Unterjesingen (O.-A. Herrenberg), 20. Jan. Innerhalb X Jahren erlöste ein hiesiger Bauer von einem Mutterschwein aus zwei Würfen mit 30 Stück zirka 1000 ^l.
Herrenberg, 25. Jan. Äuf den heutigen Schweinemarkt waren zugeführt: 56 Stück Milchschweine; Erlös pro Paar 45—65 Zl. 65 Stück Läuferschweine; Erlös pro Paar 70—100 -N. Verkauf schlecht.
Pforzheim, 24. Jan. Der Schweinemarkt war befahren mit 64 Ferkeln. Verkauft wurden 40 zum Preis von 42 bis 48 pro Paar._
Für die Schriftleitung verantwortlich: Paul Kirchner. Druck und Verlag der A. Oelschläger'schen Buchdruckerei.
Reklameteil.
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Eeheimrat Exzellenz v. Leyden.
(Vortrag „Herzneurose und deren Behandlung" )
rufen, dann riß ihn die sprudelnde, gurgelnde Flut mit fort — dem Tode, dem Leben entgegen?
Feldern sah ihm verzweifelt nach, ohne auch nur die Hand zu seiner Rettung rühren zu können, denn er mußte um sein eigenes Leben kämpfen. Eine mächtige Welle entwand auch ihm die Kette. Schon glaubte er sich verloren, da erfaßten seine tastenden Hände eine Boje. Für den Augenblick war er gerettet.
Der Kapitän versuchte mit kernigen Trostesworten die Todesmatten noch einmal aufzurichten, indem er versicherte, daß keine See, und sei sie noch so hoch, das Schiff aus seiner Lage bringen könne. Trotzdem sank der Mut der braven Seeleute von Minute zu Minute.
Sie sahen, wie die amerikanischen Schiffe „Nip- sik" und „Vandalia" das gleiche Schicksal, wie den „Eber" zu Fall gebracht, nachdem er vorher den Schoner „Lilli" in den Grund gebohrt, und in wuchtigem Stoße gegen die „Olga" angeprallt war. Die Mannschaften der zertrümmerten „Vandalia" suchten vergeblich sich auf das Wrack der „Nipsik" zu retten, die Wellen brachen mit zu furchtbarer Gewalt über das unglückliche Schiff herein. Bald erlahmten die zum äußersten angespannten Kräfte der Schwimmer, die Brandung schlug schäumend über ihnen zusammen.
Mit entsetzlicher Klarheit sah Feldern, wie die
Wellen das englische Kriegsschiff „Kalliope" erfaßten und geradewegs auf der Deutschen letzten Hort, die „Olga" zutrieben. Ein Zusammenstoß schien unvermeidlich, aber ein schützender Engel mußte die Hand über die Korvette breiten, denn auf fast wunderbare Weise entging sie dem Verhängnis. Die „Kalliope" ließ den Anker schlippen und stürmte mit voller Dampfkraft zur Bucht hinaus.
Leer war es jetzt im mastenreichen Hafen von Apia geworden, nur die „Olga" und das amerikanische Admiralschiff, der „Trenton", schaukelten noch unbezwungen auf den rauschenden Wogen. Da riß plötzlich eine hochgehende See dem Admiralschiffe das Steuer fort und nun auch rettungslos der Wut der Elemente preisgegeben, schoß der „Trenton" dahin. Haarscharf glitt er an der „Olga" vorüber, daß ihre Ankerketten krachend barsten, und des Admiralschiffs buntbewimpelte Takelage an den ragenden Masten der „Olga" hängen blieb.
Ein klaffendes Leck rannte das Vorderteil der „Olga" in des Dampfers Fallreepe und Bordseite, der nun, ein Wrack, den tötenden Riffen entgegentrieb, langsam, langsam versank sein schimmernder Stern in der schwarzbrodelnden Flut.
Die „Olga" aber, trotz zertrümmertem Bugspriet, kämpfte todesmutig weiter mit den wirbelnden Wellen, Kapitän Erhardt ließ das Schiff mit voller Dampfkraft auf den sandigen Strand von Matantu aus lausen.
„Gottlob, die „Olga" ist gerettet," seufzte Feldern, während kalte Schauer seinen Körper durchrieselten und er fühlte, wie seine Kräfte immer mehr schwanden.
„Herr, verlaß uns nicht, stöhnte er aus angstgefolterter Seele, indem er mit glanzlosen Blicken auf die an ihm vorübertreibenden Matrosen starrte, die von dem massenhaft geschluckten Seewasser die Besinnung verloren.
„Bald wird auch an mich die Reihe kommen," dachte er.
Es war Nacht geworden. Düster senkten sich ihre Schatten auf das tobende Meer. Bleischwer war die Luft, während des Himmels Schleusen sich öffneten und Regenfluten zur Erde niedersandten, wie sie das blütengeschmückte Samoa nimmer gesehen. Am Strande hielten die vom Konsulat aufgestellten Wachen und die Herren des Konsulates eilten selbst unermüdlich einher, um die Rettung der unglücklichen Mannschaft des „Adler" zu bewerkstelligen.
Grauenvoll war die Nacht. Endlos, wie die Qualen der Verdammnis, erschien sie den Verzweifelten, die sich mit dem Aufgebote der letzten Kräfte an das Wrack klammerten. Endlich aber nahte die Erlösung. Langsam legte sich die Wut des Orkans, ruhiger gingen die wildbewegten Wogen.