Landesnachrichten.
Klteurteis, 2 . Oktober 1814.
Wie bringen wir «ns durch den Krieg? Diese Frage legt sich jetzt manchen Familien nahe. So lange die Geschäfte gingen, wars eine einfache Sache; vielleicht zu einfach! Man lebte von der Hand in den Mund und hoffte das Beste vom kommenden Tage. Manches hätte mit mehr Häuslichkeit einen Spar- und Notpfennig gar wohl aus die Seite legen können. .Doch es soll jetzt nicht gerechtet werden; die Not ist jetzt da, und man darf niemand verkommen und verhungern lassen. Das Schlimme ist, daß nicht bloß die Armen, welche vorher schon in öffentlicher Unterstützung standen, in Mangel geraten. Nein, es sind gerade auch fleißige und betriebsame Leute, welche infolge des Stockens der Geschäfte und der mangelnden Kauflust in die größte Verlegenheit kommen, Leute, die nie daran gedacht haben, jemals fremde Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Das ist der Krieg! Was ist da zu machen? Da über diese Frage noch wenig Klarheit herrscht, möchte ich versuchen, wenigstens auf eine Seite der vorhandenen Hilfsaktionen kurz hinzuweisen. Das ist die Tätigkeit der Zentralleitung für Wohltätigkeit in Württemberg. Diese Einrichtung bestand schon seit lange; jetzt aber gewinnt sie eine besondere Wichtigkeit. Es flnßen ihr in Gemeinschaft mit dem Landesverein vom Roten Kreuz jetzt große Mittel zu; nämlich alle die hin und her im Land gemachten Geldsammlungen, soweit deren Mittel nicht unmittelbar für das Rote Kreuz benötigt sind. Diese Mittel sollen in planmäßiger Weise für das ganze Land verwendet werden. Die Zentralleitung, welche ihren Sitz in Stuttgart hat, kann natürlich nicht überall zugleich sein. Daher arbeitet sie durch eine Vermittlungsstelle in jedem Oberamt. Diese ist der in jedem Oberamt gegründete Bezirksniohttätig- keitsverein. Durch denselben sollen die Bitten aller derer, welche in Not geraten sind, behandelt werden. Der Beziiks- wohltäligkeitsverein hat in jedes Ort an den betreffenden Ortsausschuß für Kriegshilfe Anleitung und Fragebogen hinausgegeben, nach welchen die bei den Ortsausschüssen anzubringenden Gesuche beurteilt werden sollen. Wenn der Ortsausschuß ein Gesuch für begründet, hält, füllt er den Fragebogen aus und gibt das Gesuch an den Bezirkswohltätigkeitsoerein in der Oberamtsstadt ein. Wird das Gesuch dort für begründet geachtet, so verwilligt der Bezirkswohl- tätigkeitsverein eine einmalige, in dringenden Fällen auch eine zu wiederholende Unterstützung. Die Gelder dazu fließen ihm von der Zentralleitung in Stuttgart zu. Auf diese Art werden die ersammelten Gelder in gegenwärtiger Notzeit in gleichmäßiger Weise und nach den gleichen Grundsätzen denen zugeleitet, welche bedürftig sind und bei ihrem Ortsausschuß darum einkommen. Nur in besonders dringenden Fällen, wo ein augenblickliches Eingreifen nicht zu umgehen ist, kann auch vom Ortsausschuß aus den in der Gemeinde ersammelten Misteln eine vorläufige Hilfe gewährt werden; doch ist dem Bezirksausschuß alsbald davon Mitteilung zu machen, wenn nicht der Ortsausschuß der Hilfe vom Bezirksausschuß, ohne de« er sicher seinen Ausgaben während einer längere« Kriegszeit nicht Nachkommen kann, verlustig gehen will. Von den Grundsätze«, nach welchen die Beihilfe gewährt wird, sei Folgendes mitgeteilt. Unterstützung tritt nur ein, wo die Not nicht in eigener Kraft überwunden werden kann und nur in Ergänzung der reichsgesetzlichen Leistungen. Sie beschränkt sich auf das zum Lebensunterhalt Erforderliche. Der Unterstützung mit Naturalien soll der Vorzug gegeben werden. Bei dem großen Umfang des Notstandes sind die Unterstützungen in bescheidenen Grenzen zu halten. Für vorher schon unterstützte Familien ist die Armenpflege zur Hilfe -verpflichtet. Es ist alles zu vermeiden, was als Anreiz dazu dienen könnte, statt auf die eigene Kraft und auf die gegenseitige Aushilfe untereinander sich lediglich auf die Unterstützung Dritter zu verlassen. Beim Aufsuchen der Familien sollen besonders Frauen hilfreich Mitwirken. — Hier ist also !
„Brol — und Butter — und Fleisch — und Kakao — und Wein — man kann's ja gar nicht zählen. Aber es ist wohl auch sehr lustig zugegangen. Da liegt ja noch ein zerschlagenes Weinglas — und draußen in der Küche sieht » bunt aus."
„Stürmt es draußen noch?" fragte ich, um den Redestrom der Frau abzulenken.
„Stürmen? — Wunderschön ist's, und Sie sollten man auch aufstehen und hinausgehen. Das ist was für die reichen Leute, das lange Jm-Bett-Liegen, und die haben alle möglichen Krankheiten davon. Die Wege sind freilich nicht schön — es war eben gestern zu arg. Wunder, daß trotzdem das Wirtshaus so voll war, wie Sutzko redete."
„Ja — ich sah, daß es sehr voll war."
„Voll? — Das ganze Dorf war da. Ra, verstanden hat man grad die Hälfte, aber schön war's doch. Nur hätte der Bvzar den Obersten nicht gerade an dem Tag herbringen sollen, an dem Sie auch sprachen. Nachher ist er nicht einmal gekommen. Es heißt, er hat wieder seinen Anfall gehabt. Ja, ein bißchen zwickt der Teufel eben die schon bei Lebzeiten, die er nachher haben soll."
Ich kannte die Meinung hinlänglich, die das durch jahrhundertelange Knechtung und Unterdrückung mißtrauisch gemachte, indolente Landvolk von den reichen Adligen hatte, und ich ersparte es mir, auf ihre letzte Bemerkung zu antworten. Eins aber mußte ich doch fragen.
„Die Prinzessin Potesci war dort — nicht wahr?"
„Die Prinzessin? — Freilich war sie da. Die meint'» «och gut mit uns. Gar nicht stolz ist sie, und immer ist sie da, wo es etwas zu helfen gibt. Ja, wenn sie alle jo wären l — Da würde, es wohl bester aussehen bei uns."
„Die Prinzessin ist hier geboren?"
„Wie soll sie wohl? — Der Groß-Bojar — Gott verzeih ihm seine Sünden! — hat ja fast nie hier gelebt. Da unten bei Galatz soll er große Güter haben, na, und dann ist er ja auch viel in Bucuresci (Bukarest). Erst seit einem Jahr leben sie dauernd hier — wer weiß, weshalb! Bei uns armen Leuten ist doch nicht viel zu holen. Und das Land — na. Sie wissen ja, wie's ist! Sein Land hier Hst den Groß-Bojaren gewiß nicht reich gemacht."
l für solche, welche in Not geraten sind, ein Ausweg gegeben,
I von dem jedes Gebrauch machen soll, das durch seine mißlichen Umstände dazu genötigt wird. Soweit es überhaupt möglich ist, zu helfen, wird geholfen werden. Sich einer unverdienten Notlage zu schämen, wäre verfehlt. Die Gaben, welche von der Zentralleitung durch die Bezirksausschüsse verwilligt werden, sind ja durchaus nicht als Almosen oder Armenunterstützung zu betrachten, sondern als Ausdruck organisierter Nächstenliebe in einer außerordentlichen Notzeit. Hg.
Bekanntmachung betr. Liebesgaben. Die vom Roten Kreuz eingerichteten Sammelstellen im Königsbau und Mar- stallgebäude in Stuttgart sind zugleich militärische Sammelstellen für die im Felde stehenden Truppen und für die militärischen Reservelazarette. Die dort eingelieferten Liebesgaben stehen zur Verfügung der Militärverwaltung und werden durch militärisch organisierte Kraftwagenkolonnen ooer durch die Etappenbehörden den Truppen zugeführt werden.
Stellv. Generalkommando XIII. (K.W.) Armeekorps.
Unter Bezugnahme auf die vorstehende Bekanntmachung des stellvertretenden Generalkommandos und die schon am 29. v. Mts. in den Tagesblättern erschienene Veröffentlichung wird nochmals darauf aufmerksam gemacht, daß nur durch Zusammenfassung der Sammlung und durch die Versendung der Liebesgaben seitens der Militärverwaltung es sich erreichen läßt, alle im Felde stehenden Truppen gleichmäßig und zur richtigen Zeit mit Gaben zu versehen. Es wird daher gebeten, die Sammlungen für einzelne Truppenteile, wie sie von Städten und Privatpersonen in letzter Zeit vielfach vorgenommen wurden, zu unterlassen und diese Gaben den Stuttgarter Sammelftellen zuzuführen. Die Vorräte der letzteren bedürfen dringend der Ergänzung, nachdem mit Ausnahme einiger weniger Truppenteile, denen in allernächster Zeit Liebesgaben zuzeführt werden, alle im Felde stehenden Truppen durch den Landes rerein vom Roten Kreuz einmal mit umfassenden Sendungen bedacht worden sind. Die von der Militärverwaltung aufzustellenden Lastkraftwagen-Kolonnen werden aus militärischen Lastkraftwagen und aus solchen Kraftwagen zusammengesetzt, die durch die dankenswerte Vermittlung des Königl. Württemb. Automobilklubs zur Verfügung stehen.
* Feldpostpakete bis zu 300 Gramm. (W.T.B. Amtl.) Vom Montag den 5. Oklbr. bis einschließlich Sonntag den 11. Oktbr. werden versuchsweise Feldpostsendungen im Gewicht von 250 bis 500 Gramm gegen eine Gebühr von 20 Pfennig angenommen. Die Gebühr für Feldpostsendungen im Gewicht von über 50 bis 250 Gramm wird gleichzeitig dauernd aus 10 Pfennig herabgesetzt.
ss Liebesgaben für die Flotte. Aus den Kreisen der Mitglieder und Freunde des Württ. Landesverbandes des Deutschen Flottenvereins sind zur Pflege der Verwundeten der Marine bereits mehr als 16 000 Mk. bare Gelder eingegangen. Die Leitung des Deutschen Flottenvereins bittet jedoch, neben der Sammlung von Beiträgen für die Lazarette auch Liebesgaben für die Matrosen zu sammeln. Die Gaben nimmt der Würit. Landesverband in Stuttgart zur Weiterleitung nach den Kriegshäfen in Empfang.
* Das Eiserne Kreuz. Bis jetzt sind über 38 000 Eiserne Kreuze verliehen worden. Gegründet in den Befreiungskriegen wurde das Eiserne Kreuz wieder im deutsch-französischen Feldzug 1870/71 erneuert und damals an 48 574 Kombattanten ausgeteilt. Das Eiserne Kreuz hat 3 Grade: das Großkreur, das am schwarz-weißen Bande um den Hals getragen wird, das Eiserne Kreuz I. Klasse, das ohne Band auf der Brust angeheftet und das Eiserne Kreuz II. Klaffe, das am schwarzweißen Band im Knopfloch des Waff nrockes getragen wird. Wer das Eiserne Kreuz I. Klaffe erhallen soll, muß zuvor in dem Besitz des Eisernen Kreuzes II. Klaffe gekommen sein. An Heerführer und für ganz besonders ausgezeichnete Leistungen vor dem Feind kann das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse zugleich verliehen werden. In den Befreiungskriegen wurden !
Nein, da halle pe pcyerucy recyl. L>as pepnenarnge Land um Constanta hatte wohl den ärmsten Boden in Rumänien, und namentlich im Winter war es nichts weniger als ein Vergnügen, hier zu leben. Wohl hatte die Landschaft auch ihre großen Schönheiten, aber sie offenbarten sich nur dem, der auch für zarte Luftstimmungen und für die befreiende Größe der einförmig ebenen Steppe Sinn und Verständnis hat.
Ich war des Geschwätzes der Frau müde, und ich sagte deshalb:
„Wenn Sie zunächst in der Küche aufräumeu wollen, will ich versuchen, mich anzuziehen. Ich bin zwar eigent- sich krank, obwohl ich kein reicher Mann bin und des Morgens nicht lange im Bett liege. Aber ich kann mir den Luxus des Krankseins nicht gestatten."
„Ich meine auch, man kommt über sowas am ehesten weg, wenn man sich nicht darum kümmert. Mein Seliger ging ins Wirtshaus und trank sich einen Rausch an, wenn er krank war — das brachte ihn allemal wieder auf die Beine. Aber für Sie ist's wohl nichts damit."
Ich hätte diese eigenartige Kur in der Tat wohl mit geringerem Erfolge angewendet als der selige Herr Cara- ceanu. Vorerst aber wünschte ich dringend, allein zu sein; und die Frau entschloß sich denn auch nach einigem Herum- wirtschaften endlich, sich in die Küche zu verfügen. Da tröstete sie sich über die Unmöglichkeit, zu schwatzen, durch einen mehr energischen als wohllautenden Gesang. Natürlich bekam ich auch etliche Male das bei den rumänischen Bauern leider noch so populäre Lied zu hören:
„Ulsob ou tvroa, vis ob vu oiawts»:
IlurLL noo intrs nos!--
(„Nicht» mit dem Türke», nicht, mit dem Deutsch«»:
Nur wir unter uns!-")
Ziemlich mühsam Neidet« ich mich an; denn wenn ich mich jetzt auch fieberfrei glaubte, so waren meine Glieder doch bleiern schwer, und um meinen Kopf schien «in Ring
j 16103 Personen des Soldatenstandes durch das Eiserne > Kreuz ausgezeichnet.
' Offiziere von hohem Atter. Ter Rekord des ältesten Leutnants ist bereits mehrfach geschlagen worden. Ein Herr von Konarski, der den Feldzug von 1870 71 als junger Leutnant mitmachte und sich dabei das. Eiserne Kreuz holte, steht jetzt im Alter von 65 Jahren als Hauptmann einer Festungskompagnie in Mainz. — Der Hauptmann Wittich, Kompagniechef in einem kriegsstarken Landsturmbataillon in Gonsenheim bei Mainz, der ebenfalls als Offizier 1870 mitgekämpft hat, ist sogar noch 2 Jahre älter. Um das Höchstalter dürsten sich aber die zwei folgenden Offiziere streiten: Der Rittergutsbesitzer Theodor Seidler, der aus Darkehmen (Ostpreußen) vor den Russen geflohen war und sich nunmehr der Militärbehörde als Kriegsfreiwilliger zur Verfügung gestellt halte, ist beim Bekleidungsamt in Graudenz im Alter von 75 Jahren als Leutnant eingestellt worden. Der Oberleutnant und Kompagnieführer Richard Blümcke aus Mannheim, der 1870 71 als Einjährig Freiwilliger beim Garde- Füsilier-Regiment mitgemacht halte, ist als Führer der 3. Kompagnie des 1. Landsturm-Jnfanterie-Ersatz-Bataillons Nr. 1 aus Mannheim ausgerückt.
' Die deutschen Turner im Kriege. Nach einer Berechnung stellt die deutsche Turnerschast ungefähr eine halbe Million aktive Soldaten, Reservisten und Landwehrleute unter die Fahnen. Rechnet man noch ungefähr 100 000 Kriegsfreiwillige und Landsturmleute hinzu, so stehen an die 600 000 körperlich und geistig durch das Turnen geschulte Mitglieder im Dienste des Vaterlandes. Im Jahre 1913 allein sind rund 50 000 Rekruten ins Heer eingetreten.
js Horb, 1. Okc. (Spende.) Der in Amerika lebende Schmiedmeister H. Rebmann von Bildechingen hat dieser Gemeinde zur Anschaffung einer Kirchenuhr 1600 Mark gespendet.
js Stuttgart, 1. Okt. (Neue Verwundete.) Heute früh 5 Uhr ist wieder ein Transport von 350 Verwundeten hier eingetroffen, darunter war auch eine Anzahl leichtverwundeter Franzosen, die in Straßenbahnwagen am Bahnhof abgeholt wurden.
* Stuttgart, 1. Okt. Für die Notleidenden ist Ostpreußen sind dieser Tage durch Vermittlung des Hofspediteurs Paul von Maur 2 Eisenbahnwagen mit Betten, Kleidungsstücken und sonstigem Bedarf von h-er abgegangen; eine dritte Wagenladung, die unmittelbar nach Gumbinnen geleitet werden wird, soll demnächst abgehen.
Stuttgart, 1. Okc. (Württ. Kriegskreditbank.) Nachdem die Zeichnungen für die Württ. Kriegskreditbank ein über Erwarten erfreuliches Resultat ergeben haben, hat sich eine weitere Erhöhung des zuerst aus 2,5 Millionen Mark vorgesehenen Aktienkapitals als notwendig erwiesen. In der am 26. September ds. Js. abgehaltenen Generalversammlung der Gesellschaft ist nun ein entsprechender Beschluß gefaßt worden. Gleichzeitig wurden als weitere Mitglieder des Aussichtsrates gewählt die Herren E. Breuninger z. Großfürsten, Kausm., und Louis Häußermann, Metzgerobermeister, hier. Die Bank selbst hat im Gebäude Schloßstraße 26 ihren Betrieb ausgenommen und wird, wie wir hören, bereits lebhaft in Anspruch genommen.
sj Heilbronn, 30. Sepibr. (Jäher Tod.) Der in den fünfziger Jahren stehende Garnisons- und erster Stadtpfarrer an der Friedenskirche, Weitbreicht, wurde heute nachmittag am Grabe eines Soldaten vom Schlag getroffen und war sofort tot. Der Verstorbene war als Kanzelredner sehr beliebt. Große Verdienste hat er sich namentlich in der Arbeiterfürsorge und als Vorsitzender des württembergischen Landesvereins der evangelischen Arbeitervereine erworben.
ss Schrozberg, 1. Okt. (Ein kleiner Patriot.) Das Söhnlein eines h'-esigen Geschäftsmannes erhält von seinen Eitern den Auftrag, in die Apotheke zu gehen und „Englisches Pflaster" zu holen. Der kleine Mann weigert sich aber, denn den bösen Engländern will er nichts zu verdienen geben.
gelegt zu lein, der tyn zujammenorucren wollte, «et jeoer unvorsichtig raschen Bewegung ging es wie ein Stich durch mein Hirn, und bei den ersten Schritten, die ich vom Bett aus machte, taumelte ich wie ein Trunkener.
Nun brachte ich die Kur des seligen Caraceanu doch in verkleinertem Maßstabe in Anwendung: ich trank ein Glas des Bordeaux, den ich dem Obersten Sutzko zu danken hatte. Und wenn der feurige Wein meine Kopfschmerzen auch für den Augenblick steigerte, übte er doch eine kräftigende Wirkung auf mich aus. Das Haus der Obhut meiner „Wirtschafterin" überlassend — in der Gewißheit, daß sie für eine bedeutende Erleichterung des bewußten Korbes rechtschaffen Sorge tragen würde — trat ich vor die Tür und schlug ohne einen bestimmten Zweck und ohne zu wissen, wohin ich wollte, den Weg nach dem Dorfe ein.
Niemals werde ich die Glorie dieses Morgens vergessen. Kein Windhauch rührte sich mehr; in wolkenloser Klarheit strahlte der Himmel, dessen Anblick uns so lange entzogen gewesen war, und die Strahlen der Sonne hatten fast sommerliche Wärme. Die Wasserlachen, die allenthalben von den furchtbaren Unwettern zurückgeblieben waren, blinkten wie flüssiges Silber, an den Gräsern blitzte und funkelte es wie von Millionen ausgestreuter Brillanten. Die Vögel jubelten in schmetterndem Sang, al» hätte der Frühling seinen grimmen winterlichen Feind nu» wirklich aus dem Felde geschlagen. Das köstlichste aber war die Lust, diese würzige, salzgeschwängerte Seeluft, di« man zu schmecken meint wie einen erfrischenden Trunk. Meine Brust weitete sich, und meine Augen wurden klarer. Meine Sorge«, «»eine drückende Lage schienen mir leichter zu erlragen — die lachende Sonne ließ es auch in meiner Seele Heller werden.
(Fortsetzung folgt.)