Ausland.

Eine SchiWikatastrophe.

Triest, 14. Aug. Der Dampfer Baron Gautfh ist gestern auf dem Weg nach, Triest gesunken. Er hatte 246 Passagiere und 64 Mann Besatzung, -also zusammen 310 Personen. 179 Mrßonen, darunter viele Frauen, wurden gerettet.

Aus Albanien.

Kiel, 15. Aug. Eine brieflich in Triest eingegangene Meldung aus Durazzo besagt: Die Kontrollkommission hat dem Fürsten *1 Million Kronen bewilligt. 3 holländische Offiziere sind nach Holland abgereist, die noch gefangen ge­haltenen beiden Offiziere folgen nach ihrer Freilassung. Die Rebellen sind zum Frieden bereit.

Sonntags-Gedanken.

Opfersinu.

Jede Tätigkeit, die auf einem freiwilligen Opfer beruht, gibt den Menschen einen höheren Wert.

v. Ketteler.

Im Opferbringen für das Gemeinwesen liegt die erste Pflicht, aber auch die beste Kapitalanlage, die ein Volk und jeder einzelne gute Volksgenosse machen kann.

Adolf Wagner.

Meiner Ansicht nach und meiner Erfahrung nach sind die Menschen, die helfen, wenn das Unwetter kommt und der Sturm heult und harte Arbeit getan werden muß, solche, die glauben, daß sie Werkzeuge in der Hand des Höchsten sind. Ramsay Macdonald.

Es ist nicht nötig, daß ich lebe, wohl aber, daß ich meine Pflicht tue und für mein Vaterland kämpfe.

Wahlspruch Friedrich des Großen.

Kein Zagen und kein Klagen,

Nicht Unlust, Weltschmerz, Spott,

Ein frisch und fröhlich Wagen,

Und Kraft in bösen Tagen Will unser treuer Gott.

Im Herzen Demut trage,

Zeig hohen Sinn der Welt,

Durchs Leben kühn dich schlage Und wage, nie verzage!

Den Starken Gott erhält.

Otto Weddigen.

Den Frauen.

Die Fahnen flattern im Winde hoch,

Sturm kündet vom Rhein das Geläute,

Zum Lebewohl eine Träne noch,

Ihr Mütter und Weiber und Bräute!

Dann wieder schnell Das Auge hell!

Fernab schon klirren die Waffen

Nun gilt es für euch, zu schaffen!

Nun emsig die zarten Hände gerührt,

Bald klaffen die roten Wunden!

Die Hand, die das tödliche Schwert nicht'führt Hat immer am besten verbunden.

Den Flitter entzwei,

Verband herbei!

Rach dem Sieg wird er besser euch kleiden!

Nun weg mit dem Band aus dem lockigen Haar, Nun weg mit des Schmuckes Flimmer!

Wenn die Schwerter blitzen, der Scheiden bar,

Gilt Goldesgefunkel nimmer.

In schlichtem Gewand,

Mit sorgender Hand

So steht ihr im Herzen geschrieben Den fernen, den kämpfenden Lieben.

Und die reinen Herzen zu Gott empor!

Er hört auf die deutschen Frauen;

Zieh'n eure Gebete den Fahnen vor.

Wem sollte im Kampf noch grauen!

So geht es geschwind Wie Gewitterwind!

So geht es zum heiligen Kriege,

Mit Gott und mit euch zum Siege!

Karl Weitbrecht (Kriegslieder 1870.)

Das Glöcklein des Glücks.

Roman von Ludwig Roh mann. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

Wahrhaftig nicht," sagte Ulrich warm.,Ich Wbe freilich nicht gewußt, daß Sie mir so freundschaft­liches Interesse bewahrt haben, sonst würde ich ge­radenwegs- hereingeritten sein, ohne erst eiine Nö­tigung abzuwarten."

Vermischtes.

ßGold gab ich für Eisen". In Wien wurde am Mittwoch dem HilfskomiteeGold gab ich für Eisen" der SOOOste Ehering zum Einschmelzen übergeben.

8 Kriegsregeln Mr di« Zuhausebleibenden. Nicht nur das Schlachtfeld, auch deine vier Wände wollen Helden sehen.

Zahle deine Rechnungen.

Erhalte dich und die Deinen gesund, damit ihr niemanden zur Last fallt.

Gib Gelegenheit zum Verdienen, wo du kannst.

Halte das Deine in Ordnung, damit du jederzeit Opfer bringen kannst.

Ueberlege dir, was du kannst, und verlaß dich nicht auf ander e.

Rechne nicht mit lauter Siegen und setze deinen Kopf doppelt steif in den Nacken, wenn einmal eine Schlappe kommen sollte.

Jeder kann jeden Tag etwas! besonders Gutes tun, und wäre es nur ein freundlicher Händedruck.

Kopflosigkeit im Inland ist schlimmer, als eine verlorene Schlacht im Feld.

Laß deine Kinder diese hohen Stunden miter­leben und führe keinen Hauskrieg.

Sei stolz auf diese unvergleichliche Schicksals- stunde deines Volks- Wir haben groß begonnen. Aber die Probe kommt erst: sie darf keinen Kleinen unter uns finden. Dann werden wir der Unsrigen im Felde wert. Ein Volk, Ein Schicksal!

Abgeordneter Traub!

§ Unterschiede. In denMünchener Neuesten Nach­richten" erzählt ein Leser, daß im Gespräch über einen mög­lichen Krieg zwischen Deutschland und England ein Engländer mit der Faust auf den Tisch schlug und erregt rief:Unser Parlament würde lämpfen bis zum letzten Penny." Der Deutsche antwortete:Und unser Volk bis zumletzten Blutstro p fen."

§ Der Krieg und der Staat. In dem Augenblick, wo der Staat ruft: Jetzt gilt es mir und meinem Dasein! muß die soziale Selbstsucht zurücktreten und jeder Parteihaß schwei­gen. Der Einzelne muß sein eigenes Ich vergessen und sich als Glied des Ganzen fühlen; er soll erkennen, wie nichtig sein Leben gegenüber dem Wohl des Ganzen ist. Darin eben liegt die Hoheit des Krieges, daß der kleine Mensch ganz verschwindet vor dem großen Gedanken des Staates; die Aufopferung der Volksgenossen für einander zeigt sich nirgendwo so herrlich wie im Kriege. In solchen Tagen scheidet sich die Svreu vom Weizen. Jeder, der 1870

versteht^ was Niebuhr damals habe er empfunden,die Seligkeit, mit allen Mit­bürgern, dem Gelehrten und dem Einfältigen, ein Gefühl zu teilen und jeder, der es mit Klarheit genoß, wird sein Tagelang nicht vergessen, wie lebend, freundlich und stark ihm zu Mute war". (Heinrich v. Treitschke inPolitik. Vorlesungen gehalten an der Berl. Universität". 1. Bd. 1897.)

8 Die Bestimmung der englische« Flotte. In dem

Bismarck-Portefeuille Heinrich ' v. Poschingers (1898) fin­den sich u. a. allerlei Notizenaus der Zeit der Londoner Lehrjahre Lothar Buchers" (1850 60), von denen die fol­gende hier wiedergegeben sei:

In diesem Augenblick geht die Flottenschau vor sich. Für den Engländer ist es natürlich, daß er sich mit Stolz und Freude in der blanken Waffe spiegelt. Ebenso natürlich aber ist für das Ausland die Frage, was die Be­stimmung dieser Waffe ist und einmal werden kann. Eine Wehr gegen das Unrecht, was sie sein sollte? oder ein Richtschwert, wie dieTimes" behauptet, mit der Voraussetzung, daß irgend jemand England zum Universal­scharfrichter gemacht habe? oder ein Dolch in der Hand des Meuchelmörders? od er ein Beil in derFaust eines Wahnsinnigen? Alles hängt davon ab, wer die auswärtige Politik Englands macht ..."

8 Die belgische Siegesglocke. Die größte und be­rühmteste Glocke des alten Rathausturmes in Gent, die nach dem Erbauer des Stadthauses und des JustizpalastesRoe- landt" genannt wird, ist verstummt: ein Sprung von mehr als einen halben Meter Länge hat sie plötzlich zum Schweigen gebracht. Vor kurzem brachte man einen neuen Klöppel an, dessen kraftvollen Schlägen die altersschwache Glocke wohl nicht hat standhalten können. Sachverständige untersuchen jetzt, ob sie sich noch einmal wird reparieren lassen oder ob sie umgegossen werden muß. Die Glocke stammt aus dem Jahre 1314, mußte aber im Jahre 1659 umgegosien werden; sie weist in flämischer Sprache eine berühmte Inschrift aus; diese lautet:Mein Name ist Roeland; wenn ich dumpf anschlagend läute, ist ein Feuer ausgebrochen; läute ich festlich mit Hellem Klange, gibt es einen Sieg in Flandern . . ." Da die Glocke einstweilen nicht mehrfestlich mit Hellem Klange" läuten kann, glauben die Genter, daß für Flandern böse Zeiten kommen . . .

Voraussichtliches Wetter

am Sonntag, den 16. August: Mehrfach wolkiig und ge­wittrig, einzelne Gewitterregen mit mäßiger Abkühlung.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk.

Druck und Rerlaa der W. Rieker'schev BuLdruckerei. Alterst-'-

So ists recht. Und nun bleiben Sie auch, bis mein Mann kommt, nicht wahr?"

Ich weiß doch nicht das dauert am Ende noch lange, und man wird sich dann zu Hause, Äng­stigen. Jedenfalls wartet die Mutter auf mich, und sie hat ohnehin lange, schwere Tl^e und kurze Nächte" » ^

Das weiß Gott! Aber ein halbesStürchchen werden Sie wohl verantworten können. Mein Mann muß wirklich jeden Augenblick kommen, und es" wäre doch schade, wenn er Sie nicht bei unA begpüß-en könnte."

Eve kam mit einer Flasche und ein paar G l-äsern aus dem Hause zurück.

So, da bring' ich das beste, was unser Keller bietet. Ich Hab' einen kühnen Eingriff in des! Va­ters heilige Ecke getan. Aber ich hoffe, der feierlich« Anlaß wird mich beim Mater entschuldigen."

Sie hatte drei Gläser mit dem goldklaren, köst­lich duftenden Wein gefüllt, bot Ulrich einen der Kristallkelche dar und drückte dann der Mutter ein Glas in die zitternde Hand.

Also noch einmal: Herzlich willkommen!" sagte Frau Anna schlicht.

Eve hals ihr, das Glas zum Munde zu führen, und erst als es ungefährdet wieder auf dem Tisch! stand, ergriff sie selbst ihr Glas!:Prosit, und ein frohes Willkommen!"

Ulrich sah ihr ordentlich beglückt in das! Heiße, freudestrahlende Gesicht. Wie schön das Mädchen doch war: und wie herzerquickend frisch und na­türlich! Die Gläser klangen gegeneinander, und die strahlenden Augen trafen sich in einem langen Blick, bis Eve rot und verwirrt wurde und hastig ein Schlückchen nahm.

Ich Hab' doch wahrhaftig nicht gedacht, Haß es! mir heute noch so gut gehen könnte," sagt» Ulrich behaglich.Nun sieht auf einmal die Heimat wieder freundlich aus, und ein Stück von dem, was ich draußen von der Heimkehr geträumt habe, geht Wir freundlich in Erfüllung."

Die Heimat wird immer enttäuschen, wenn man lange fortgewesen ist," sagte Frau Anna sinnend. So recht eigentlich besitzt man sie doch nur im Herzen. Das Herz bewahrt jede Heimatfreude getreu jede Kinderwonne und all die feinen Stimmungen, die auch die reizloseste Heimat ihren Menschen schenkt. Wir lieben an der Heimat nicht nur die Natur, sondern vor allem die Menschen, die mit Uns gelebt haben. Der .Heimkehr,erche findet nun! neue Menschen, er findet die Alten Älter geworden! und verändert und er wird nie die alten Beziehungen zu dem angestammten Boden wieder finden können. Haben Sie sich sehr nach der Heimat gesehnt?"

Das ist merkwürdig: solange ich draußen war, dachte ich an die Heimat, wie an etwas, das,nicht nur weitab, sondern auch weit, weit hinter mir lag. Selbst die Menschen, die ich doch gewiß in der Er­innerung behalten habe, selbst meinen Vater und meine Mutter könnte ich mir nicht immer in greif­barer Körperlichkeit vorstellen. Nur in gewissen Stimmungen war das anders, wenn ich absoluteste! Ruhe genießen und schöne Augenblicke ganz und rest­los auskosten durfte. Dann fühlte ich mich losgelöst! von meiner Umgebung; und dann wurde mir die Heimat allem Zauber und sarbenstarker Unmittel­barkeit lebendig! Eine wirklich starke Heimatsehn­sucht habe ich sonderbarerweise erst gefühlt, als wir die Azoren hinter uns hatten und nordwärts fuhren, der Heimat entgegen. Je näher ich der Heimat kam, desto mehr wuchs meine Ungeduld, bis sie zum richti­gen Fieber gesteigert war und nun bin. Kschl einen Tag daheim und schon habe ich mich Heute wieder lebhaft nach den Fernen gesehnt, aus denen ich eben erst gekommen bin. Dg durfte ich zu,'Ihnen kommen und mich wirklich wieder ganz froh und da­heim fühlen und das will ich Ihnen nicht vergessen.^ Er hob sein Glas gegen Frau Anna:Ich gestatte mir, Frau Doktor." .

Danke!" Frau Anna hatte ihn unverwandt an­gesehen und lebhaft den wechselnden Ausdruck auf seinem Gesicht beobachtet.

Tann sah sie Eve an.

Die saß ganz still da, die Hände im Schoß ^ge­faltet und sah versonnen vor sich hin; mit einem Abglanz innerer Freude auf dem jungen Gesicht und doch befangen.

Frau Anna fühlte eine starke Rührung in sich! aufsteigen. Sie konnte so gut verstehen, was! in dem! unberührten Herzen ihres! Kindes sich regte. In einem einzigen Augenblick zog ihr eigenes' Geschick vor ihrer Seele vorüber und sie krampfte unwillkür­lich heftig die schmerzenden Finger ineinander: Gott, du großer, gütiger Gott, laß sie einem besseren Schick­sal aufgehoben sein!

Ein wirklich freier Ton wollte nicht in die Unter­haltung kommen.

Frau Anna fragte, wie es zu Hause gehe^ dann nach den Reisen und Forschungsergebnissen. Undj Ulrich antwortete: er sprach von den Freuden seine« Mutter und vom Zustande deWSfaters; danjnj überflog er d as Ganze seiner Reise und nannte einige der wichtigsten Stationen; aber die Antworten twrngen doch wie Fragen.

Man sprach von all diesen Dingen nur, weil man) von dem nicht sprechen wollte, was in den drei Menschen vorging mid was sie innerlich in diesjer Abendstunde erlebten.

(Fortsetzung folgt.) .