* Die BcsotSungsuoveLe gescheitert. Ter

Reichstag trat am Montag in später Stande dem Kom­promißvorschlag der KonstroarEeu, Nativnalliberalen und Fortschrittler nicht bei. Tie Besoldungsvorlage war da­mit gescheitert. Das gab den Anlaß zu einem Ge­rücht, die Regierung denke daran, den Reichstag auf- zulösen. Wie die Tinge liegen, ist das sehr unwahr­scheinlich, die Besoldungsvorlage allein kann nicht als hinreichender Grund für eine Auflösung des Reichstags angesehen werden und darüber, ob der gegenwärtige Au­genblick, in dem sich angeblich ein Zug nach rechts be­merkbar machen soll, für eine Auflösung besonders gün­stig erscheint, läßt sich auch streiten. Im Reichstag verlautete am Montag mit großer Bcstimmthnt, daß der Reichstag am Mittwoch geschlossen, nicht vertagt, werden soll. Tie neue Session soll Mitte November ihren Anfang nehmen.

* Herabsetzung des internationalen Brief­portos. Ter Petit Parisien will wissen, daß im Septem­ber die Konferenz des Weltpostvereins die Herabsetzung des internationalen Briefportos aut 15 Centimes geneh­migen werde.

* Der Wehrbeitrag Krupps beträgt 8 607 000 Mark. Davon entfallen 6 900 000 Mark auf das Ehe­paar Krupp von Bohlen und Halbach, 847 000 Märk auf die Firma Krupp und 860 000 Mark auf Frau Geheim­rat Krupp. Insgesamt zahlt Krupp 57« des Wehrbei­trags des Stadt- und Landkreises Essen.

* Hansi des Hochverrats angcklagt. Gegen dm bekannten elsässischen Nationalisten Walz hatte der Staatsanwalt in Colmar Klage erhoben wegen des BuchesMan Village", das Walz, genannt Hansi, ver­faßt hatte. Im Verlauf der Verhandlung wurde aber Anklage wegen Hochverrats erhoben. Ter gegen I. Walz ergangene Gerichtsbeschluß lautet:Täs Ge­richt hat sich davon überzeugt, daß das Wälzsche Werk auf die gewaltsame Loslösung Elsaß-Loth­ringens vom Deutschen Reiche hinarbeitet. Seine Handlung stellt sich daher als ein Verbrechen gegen die ZZ 85 und 86 des Reichsstrafgesetzbuches dar. Deshalb erachtet sich die Strafkammer für unzuständig und verweist die Sache wegen Verdachts fortlaufender Handlungen zu hochverräterischen Unternehmungen vor das Reichsgericht." Da ein Verbrechen in Frage steht, wurde die Verhaftung des Walz ausgesprochen und l tzwrer sofort in Untersuchungshaft abgefnhrt.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 19. Mai.

,Am Bundesratstifch Staatssekretär Tr. Lisco. Präsident Tr. Kämpf eröffnet die Sitzung um 10.15 Uhr. Zunächst wird eine Reihe von Petitionen und Rech­nungssachen ohne Debatte erledigt.

Es folgt die dritte Beratung des Konkurrenz­klauselgesetzes, das nach kurzer Debatte in der Fassung der zweiten Lesung gegen die Stimmen der So­zialdemokraten endgültig angenommen wird. Das Gesetz tritt am 1. Januar 1915 in Kraft.

Darauf werden das Spionagegesetz, das Dnellgesetz und die Gebührenordnung für Zeugen und Sachverständige in dritter Beratung ohne Debatte endgültig angenommen.

Es folgen Wahlprüfungen. Die Wahl des Abg. Alpers (Welfe) wird an die Kommission zurückver- wiesm. Bei der Wahl v. Massow (kons.) wird Beweis­erhebung beschlossen, ebenso bei den Wahlen der Abgg. Basis ermann (natl.) und Graf v. Schwerin-Löwitz lkons.). Die Wahlen der Abgg, Rogalla v. Biberstein

>ps folgt die dritte Lesung des Etats.

Abg. Ledebour (Soz.): Es entspricht nicht der Würde des Hauses, daß niemand weiß, ob die Regierung beabsichtigt, den Reichstag zu vertagen oder zu schließen. Ein Stillstand in der Sozialpolitik ist nicht zu leugnen. Tatsächlich ist Herr Delbrück kein Staatssekretär für, sondern gegen soziale Reformen. Das Stichwahlsystem muß aufhören. Wir wären mit dem Proporzsystem durch­aus einverstanden. Wir sind die wahren Freunde des Vaterlandes, da wir nicht Feindschaft sondern Freund­schaft mit allen Völkern wünschen. (Beifall bei den Soz.)

Damit schließt die Generaldisknssion. Tie Etats des Reichstages, des Reichskanzlers und der Reichskanzlei werden ohne Debatte erledigt. Es folgt der Ekat des Auswärtigen Amtes.

Abg. Basserma n n (natl.): Durch die Presse ging die Mitteilung, daß in Marokko der Schutz der deutschen Angehörigen aufgehoben wurde. In weiten Kreisen ist das niit großer Besorgnis ausgenommen worden. Wester soll in Marokko eine Verletzung des Madrider Abkom­mens hinsichtlich der öffentlichen Ausschreibungen vor- gekvmmen sein.

Zimmermann: T-ie erste Frankreich beabsichtigt, die Mad- zu beobachten, sofern es sich um Körperschaften, im vorliegenden Wir Haber: amtliche Vorstellungen

Unterstaatssekretär Nachricht ist unrichtig, rider Konvention nicht Anlagen für städtische Fall um Fez, handelt.

erhoben. Die Verhandlungen schweben noch. Eventuell wird die Frage zur schiedsgerichtlichen Entscheidung kommen.

Der Etat wird bewilligt. Es folgt der Etat des Reichsamts des Innern.

Wg. B a n e r - Breslau (Soz.): Tie schleunige Aus­gabe von Mustersatzungen der Reichsversichcrungsord- nnng ist notwendig.

Abg. Schiffer-Borken (Z.): Im Reichsamt des Innern muß eine Zentralstelle zur Förderung der-Tarif­verträge errichtet werden und diese in ein Reichseinig- nngsamt ausgestaltet werden.

Vizepräsident Dove teilt mit, daß über einen in­zwischen eingegangenen Antrag auf Wiederherstel­lung der Ostmarkenzulage namentlich abgestimmt werden solle.

Nach unerheblicher Debatte werden die Resolutionen angenommen. Bei den allgenieinen Fonds tritt der Abg. Trendel (Z.) dafür ein, daß die Aufwandsentschädi­gungen an solche Familien, von denen mehrere Söhne ihrer Dienstpflicht genügen, auch ans die Geschwister aus­gedehnt werden, sobald Eltern und Großeltern nicht mehr am Leben sind. Beim TitelReichskommissariate" empfiehlt Abg. Schiffer-Magdeburg (natl.) eine Kom- promißrefolntion, in den nächstjährigen Etat angemessene Beträge zur Gewährung von Beihilfen an das preußische Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht einznstellen. Tie Kompromißresolution wird angenommen und der Etat des Reichsamts des Innern bewilligt.

Es folgt der Militäretat.

Abg. Schöpflin (Soz.): Neuerdings ist wiederum ein Selbstmord eines Unteroffiziers wegen schlechter Be­handlung vorgekommen. An dem amtlichen Stenogramm hat der Kriegsminister eine Aenderung vorgenommen.

Generalmajor Langermann v. Erlencamp: lieber den Fall des Unteroffiziers sind die Akten eingefordert worden.

Abg. Müller-Meiningen (F. Vp.): Durch die Aenderung des Stenogramms hat der Kriegsminister seine Ausführungen in den gegenteiligen Sinn verwandelt. Aber aucy das Kröchen will gelernt sein. (Große Heiter­keit.

sinngemäß inscheint" umgeivandelt habe. Jedenfalls wollte ich es so verstanden haben. Das geht aber auch aus den nachfolgenden Worten hervor.

Abg. Bassermann (natl.) empfiehlt einen An­trag auf Wiederherstellung der Forderung des Nach­richtenamts in der Fassung der Regierungsvorlage (mit einem aktiven Stabsoffizier).

Abg. Liesching (F. Vp.): Tie Bewilligung eines Nachrichtenamts mit einem pensionierten Stabsoffizier findet unsere Zustimmung.

Beide Anträge werden nach längerer Debatte ab­gelehnt, der letztere durch Auszählen mit 173 gegen 146 Stimmen. Der Etat wird bewilligt.

Beim Etat der Reichsjustizverwaltung wird auf An­trag des Abg. Spahn (Z.) der 6. Reichsanwalt durch Auszählen mit 161 gegen 136 Stimmen abgelehnt.

Ohne Debatte werden erledigt der Etat des Reichs­schatzamts und die Etats der Schutzgebiete. Hierbei wird ein Antrag der Fortschrittlichen Volkspartei angenom­men, daß mit dem Ban der Owambobahn erst begonnen werden soll, wenn sichergestellt ist, daß die Anlieger zu den ihren Interessen an der Bahn entsprechenden Lei­stungen zugunsten des Schutzgebietes herangezogen wer­den. Ebenjo werden die Etats der Schutzgebietschuld und das Etatsgesetz für die Schutzgebiete erledigt.

Beim Kolonialetat entspinnt sich eine Debatte zwi­schen dem Abg. Tr. Frank (Soz.) und dem Staatssekretär Tr. Sols wegen der Verhaftung des Sekretärs Tin aus Grund einer Anklage wegen Hochverrats. Ter Ko­lonialetat wird dann bewilligt. Eine Reihe anderer Etats passieren ohne Debatte. Beim Postetat beantragt die Sozialdemokratie außerordentliche Zulagen für die ge­hobenen Unterbeamten in den Etat einznstellen. Staats­sekretär Kühn wendet sich dagegen, ebenso die Mgg. Spahn (Z.) und Fischbeck (Vp.). Nach längerer Polemik zwischen volksparteilichen und sozialdemokratischen Red­nern wird der Antrag abgelehnt, ebeüso der auf Wieder­herstellung der Ostmarkenzulage. Eine Reihe weiterer Etats werden debattclos erledigt. Nächste Sitzung mor­gen 10 Uhr: Militärstrafgesetznovelle, Micklage der Be­rufsgenossenschaften, Abstimmung über den Etat. Schluß l/rO Uhr.

Amerika n»d Mexiko.

Präsident Wilson hat den amerikanischen Vertre­tern auf der Niagarakonfereuz mitgeteilt, daß die Regie­rung die endgültige Beilegung der Streitig­keiten in Mexiko als Bedingung für eine Zrückziehung der amerikanischen Truppen aus Veracruz ansehe. Der Präsident hat den Dielegierten keine besonderen Instruktionen mitgegeben, sondern sie ersucht, sich ab wartend zu verhalten und Vor­schläge entgegenzunchmen. Er fügte jedoch hinzu, daß der Friede ihm von der Entfernung Huertas und der Auf­richtung einer strengen und gerechten Negierung abhängig zu sein scheine, die bereit sei, unbeeinflußte Wahlen vlor- zunehmen.

Tie Abgesandten Huertas erklärten sich be­reit, den Rücktritt Huertas zu empfehlen unteh der Bedingung jedoch, daß zuvor eine endgültige Ent­scheidung über die Art der Regierung getroffen werdet die dann folgen solle.

Die militärische Lage in Mexiko bereitet der amerikanischen Regierung Sorge, da sie einen, plötzlichen Ausbruch von Feindseligkeiten gegen die amerikanischen Truppen oder in Tampwo be­fürchtet, der die Lage ändern könnte.

Art läßt nicht von Art.

Roman von H. Hill.

(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

4. Kapitel.

Die weiche Luft des Iuniabends war schwer von den süßen Düften, mit denen sie gesättigt schien. Wenigstens hier, in dem sogenannten Rosengarten des Donnersberger Schloßparks, der mit seiner t m Blütenfülle seinem Namen wahrlich alle Ehre machte.

Die von hohen, mauerdichten Taxushecken eingefaßte Anlage befand sich in einiger Entfernung vom Schlosse und war in ihrer Abgeschlossenheit ein sehr einladendes Plätzchen für Leute, die aus irgendwelchen Gründen den Wunsch hegten, sich allzu neugierigen Blicken zu entziehen. Die Herrschaften, die nach dem unlängst beendeten Diner drinnen an den Whisttischen saßen, hätten auch mit den schärfsten Gläsern nicht mehr erspähen können, was hier hinter dem Schutz der diskreten Taxushecken vorging, und es mochte wohl mit Rücksicht auf diesen besonderen Um­stand geschehen sein, daß Komtesse Edith und Doktor Rudolf Odemar auf ihrem Parkspaziergang die Schritte gerade hierher gelenkt hatten. Wenigstens benahmen sie sich in diesem Augenblick so, als ob sie sich vor jeder Beob­achtung vollkommen sicher wüßten. Der dunkle Kopf des jungen Mädchens ruhte an der Schulter ihres Begleiters, und sie sah mit einem Blick zu ihm auf, der über die Natur ihrer Empfindungen wahrlich nicht den allergeringsten Zweifel lassen konnte.

In der Tat handelte stch'e hier um nichts anderes, als um ein glückseliges junges Liebespaar, dessen Glück aller­dings bis zur Stunde noch niemandem bekannt war als ihm selbst.

Diese Heimlichkeit war der Gegenstand des recht ernst- dasten Gespräches, das sie eben miteinander führten.

Liebste," sagte Doktor Odemar,willst du mir wirklich noch immer nicht gestatten, mit deinem Vater zu sprechen? Der jetzige Zustand kann doch nicht bis ins Unendliche fortdauern. Ich empfinde es immer wie etwas Peinliches und Unwürdiges, daß du, meine stolze, kleine Königin, vor den Deinigen ein Geheimnis haben sollst, das dich zu allerlei Ausflüchten und kleinen Notlügen zwingt. Ich weiß wohl, daß nach den Anschauungen deiner Familie ein gewaltiger gesellschaftlicher Unterschied zwischen uns beiden besteht, aber ich kann mir nicht denken, daß das Hindernis ganz unüberwindlich sein sollte. Es ist wahr, ich bin von schlicht bürgerlicher Herkunft, und meine schriftstellerische Tätigkeit hat mir bisher noch keine Reichtümer eingebracht; aber ich habe mir bereits einen geachteten Namen erworben, und ich hoffe, daß es eines Tages ein berühmter Name sein wird. Darum schrecke ich nicht vor der Kühnheit zurück, um dich zu werben."

Edith hatte während seiner letzten Worte den Kopf erhoben, um aufmerksam in die abendliche Stille hinaus­zuhorchen.

Ich glaubte ein verdächtiges Geräusch zu hören," sagte sie nach einer kleinen Weile,aber es war wohl nur das Plätschern der Fontäne. stein, Rudolf, du darfst jetzt nicht mit meinem Vater sprechen. Noch ist der Zeit­punkt nicht gekommen, an dem wir hoffen dürfte-- ' ß er sich unseren Wünschen gefügig zeige. Ans' §

sich ja "alles so gut an. Mein Vater uar ,.eut,

deine Bekanntschaft gemacht zu haben. Ua^, er sprach vo- dir immer in Ausdrücken, die mich mit den seligsten Hoff­nungen erfüllten. Seit dieser abscheulichen Veränderung in unserem Familienleben aber"

Du meinst: feit der Ankunft deines Stiefbruders?" ergänzte Doktor Odemar, da sie zaudernd innehielt. Und die Komtesse nickte zustimmend.

Ja, seit dem Erscheinen dieses Menschen ist alles, alles anders geworden. Es mag häßlich von mir sein, mit Ausdrücken der Abneigung und des Widerwillens von ihm zu sprechen; aber ich kann mir nicht helfen, ich ver­abscheue ihn wirklich. Und ich weiß, daß er dein er­bitterter Feind ist, daß er sich alle erdenkliche Mühe gibt.

meinen Vater gegen dich einzunehmen. Welche Beweg­gründe ihn dazu treiben, ahne ich freilich nicht; denn du hast ihm ja nicht das geringste zuleide getan. Mit der raurigen Tatsache aber müssen wir wohl oder übel rechnen» und wir müssen einen günstigeren Zeitpunkt abwarten. Mein Vater ist der beste und gerechteste Mann von der Welt, und er wird bald genug den wahren Charakter dieses Sohnes erkannt haben, den wir anderen schon in der ersten Stunde seines Hierseins durchschauten. Dann wird er auch einsehen, daß er dir unrecht tat, als er sich durch die Einflüsterungen eines Verleumders gegen dich aufhetzen ließ, und er wird nicht zögern, dir Genugtuung distiU zu geben."

Doktor Odemar schien zwar nicht sehr entzückt von ' . d: .Hz auf ein weiteres Abwarten, aber er konnte

? sicy der Stichhaltigkeit der von dem geliebten Mädchen vorgebrachten Gründe nicht verschließen.

Hoffentlich gehen deine Prophezeiungen in Erfüllung» mein Liebling," sagte er zärtlich.Und da du es bist, die hier allein zu bestimmen hat, beuge ich mich deinem Willen. Uebrigens, was ich dich noch fragen wolltet; der liebenswürdige, alte Herr mit dem auffallend frischen und rosigen Geschr, der heute bei der Tafel neben deiner Mutter saß gehört er auch zu eurer Verwandtschaft? Man hat leider versäumt, mich ihm vorzustellen, und ich fand bisher keine Gelegenheit, es nachzuholen."

Du meinst den Major Vrandenfels? Ja, er ist ei« Onkel meines Stiefbruders von mütterlicher Seite. Er« yeure ist er hier eingetroffen, um morgen an der großen Festlichkeit teilzunehmen, durch die mein Stiefbruder ge­wissermaßen offiziell in die Gesellschaft eingeführt werden soll, die ja bisher ebensowenig wie meine Mama und ich etwas von seiner Existenz ahnte. Ich wünschte wahrhaftig, daß mein Bruder etwas von diesem Onkel hätte, bei dem er, wie ich hörte, seine Erziehung genoffen hat. Die Manieren des Majors mögen ja ein bißchen altmodisch sein, aber sie sind mir darum um so sympathischer. Ich habe den scharmanten alten Herrn gleich in der erste» Stunde liebaewonnen."

(Fortsetzung folgt.) ^