land (N) erklärte sich namens seiner Fraktion' ebenfalls für den Ausschußantrag, doch forderte sein Parteifreund Mülberger eine gesonderte Abstimmung über die Spannung von 7 Prozent, die er für unannehmbar erklärte. Nach weiteren Bemerkungen von Herbster und Andre (Z.) beantragte Reichel (S.) eine Einschaltung in den Ausschußantrag, wonach die Festsetzung des angemessenen Preises erfolgen soll unter Zugrundelegung der für das betreffende Handwerk bestehenden Tariflöhne oder, falls solche nicht bestehen, der berufsüblichen Löhne. Nachdem Hiller (BK.) für den Ausschußantrag eingetreten war, äußerte der Minister des Innern von Fleischhauer Bedenken gegen die Festsetzung von 7"/o. Die Hauptsache sei, daß das organisierte Handwerk die einzelnen Handwerker zur richtigen Handhabung des Kalkulationswesens erziehe. Liesching (V.) erklärte als Berichterstatter den sozialdemokratischen Zusatzanlrag für überflüssig, den Keil (S) im Interesse der Arbeiter verteidigte, wogegen Andre (Z.) und Baumann (N.) dem Standpunkt des Referenten beitraten. Nachdem dies auch noch von Seiten der Abgg. Hiller und Andre geschehen war, wurde die Abstimmung auf morgen vormittag 9 Uhr vertagt und um 1st8 Uhr abgebrochen. Auf der Tagesordnung steht ferner der vierte und fünfte Nachtragsetat. Im Einlauf befand sich heute auch eine kleine Anfrage Köhler (Z.) Ueber die UeÄer- schwemmungsschäden im Jllertal.
Deutsches Reich.
Verhaftet.
Frankfurt a. M,. 10. März. Großes Jus sehen erregt hier das Verschwinden des Direktors Dr. Gei- senberg von der Chemischen Fabrik Griesheim „Elektron". Er soll Unterschlagungen und Urkundenfälschungen begangen haben.
Wiesbaden, 10. März. Dfer verschwundene Direktor Dr. Geisenberg von der Chemischen Fachrik Griesheim „Elektron" wurde hier verhaftet. Er ist geständig, der Griesheimer Baug-esellschaft etwa 100000 Mark unterschlagen zu haben.
Bei einer Feuersbrunst 5 Menschen verbrannt.
Dresden, 10. März. In der Buntpapierfäbrik der Gebrüder Weigandt in Bautzen brach Feuer aus. Das Gebäude wurde vollständig eingeäschert. Unter den Trümmern wurden 5 verkohlte Leichen gefunden. Ein Schornsteinfeger wird vermißt. Diie Ursache des Brandes ist noch nicht festgestellt.
Tie Südameritafahrt der Prinzen Heinrich.
Gestern Dienstag lichtete der Dampfer „Cap Trafalgar" der Kamburg-Südamerilanischen DamPf- fchifsahrtsgesellschast die Anker, um mit dem Prinzen Heinrich, dem Bruder des Kaisers, und der Prinzessin Heinrich von Preußen, zur Südameritafahrt in See zu gehen. Der Zweck der Reife ist, wie Prinz 'Heinrich soeben erst anläßlich des Hamburger Lie- besmahles alter „Ostasiaten" ausdrücklich erklärt hat ein ausschließlich privater; das Prinzenpaar will Land.und Leute der großen südamerikanischen Republiken aus eigener Anschauung kennen lernen. Nichtsdestoweniger kann es dem Ansehen Deutschlands nur dienlich sein, wenn die Südamerikaner den Generalinspekteur der deutschen Marine persönlich kennen lernen.
Das Ziel der Reise ist zunächst Buenos! -Aires. Die Regierung Brasiliens hat angeordnet, daß zwei ihrer Großlinienschiffe und zwei Küstenpanzerschiffe dem „Cap Trafalgar" zur Begrüßung entgegenfahren, trotzdem dadurch die Manöver der brasilianischen
Flotte unterbrochen werden müssen. Es ist übrigens nicht das erste Mal, baß Prinz Heinrich!, der von allen zur Zeit lebenden preußischen Prinzen bei seinen Marinefahrten die meisten Weltreisen gemacht hat, südrtmerrkanischen Boden betritt; als junger Seeoffizier unternahm er schon 1882 an Bord des ehemaligen Kreuzers „Olga"' eine 18monatige Reise nach der Ostküste Amerikas- Der Prinz wird also den Aufschwung, den die südameriranischen Staaten in den letzten Jahrzehnten genommen haben, .aus eigener Anschauung kennen kernen und beurteilen können. — Den „Cap Trafalgar" führt Kapitän Langerhanß. Der Passagierdampfer ist kein Riesen^ dampfer von den Abmessungen eines „Imperator" . aber er hat für die Reise des Prinzenpaares eine gediegene Ausstattung seiner Räume erhalten. Schöry geflammtes Birkenholz ist zu Möbeln und Wandbe-- kleidung verwandt worden, den Möbelbezug bildet violette Seide. Prächtige GewächsWuser und Baderäume sind gleichfalls an Bord, für. abendliche Unterhaltung sorgt sin Musikzimmer,, das sogar eine ^ kleine Bühne enthält.
Berlin, 10. März.
Nach Beantwortung einer kurzen Anfrage durch den Unterstaatssekretär Richter betreffend die elsässi- schen Kaliwerte,wirdderKotonial.Ltat weiter beraten.
Abg. Schwarzs-Lippstadt (Zentrch führt die gute Entwicklung der Kolonien zum erheblichen Teile auf die Tätigkeit der Missionen zurück. Tfiese müßten weiter eifrig gwsördert werden. Ferner fordert Redner kleine Ansiedelungen und bessere Cingeborenenkultur.
Abg. Djr. Paasche (Natl.): kritisiert die scharfe Opposition der Sozialdemokraten gegen die Kolonial- Politik und sagt, daß in Wirklichkeit die Verhältnisse ganz anders liegen.
Mg. Dir. Naumann (Vp.).. Der Reichstag hat vor allem die Frage zu beantworten, bis zu welchem Grade er es verantworten will, Millionen für Kolonialzwecke auszugeben. 'Tier Reichstag sei ebenso wie die Gouvernementsräte nur eine begutachtende Behörde. Ein Beweis seien dis Dfiamantverträge und die Tanganyikabahn. Redner schildert dann eingehend die Behandlung der Eingeborenen, in deren Behandlung zweifellos große Fehler gemacht würden, und fordert dann neben den Missionsschulen noch Regierungsschulen.
Abg. Noske (Soz.). Dße Haussllaversi ist ein Schandfleck der deutschen Kolonialpolitit. Sie muß beseitigt werden, ebenso wie die Prügeltültur. Ais fetzigen Bahnen lebnen wir ab, weil die Regierung sich weigert, hLN Arbeitszwang zu unterdrücken und die Arbeitsverhältnisse besser zu regeln.
Abg. Erzberg^r (Zenir.). Für uns Katholiken ist es aus prinzipiellen Gründen unmöglich in eine Scheidung der Missionsgebiete nach verschiedenen Konfessionen zu willigen.
Damit schließt die allgemeine Aussprache. Sämtliche Resolutionen, die im wesentlichen eine Neurege- z luug der Arveitsberhältuisse und eine Beschränkung ! des Plantagenbaus sowie bessere ärztliche Fürsorge fordern, werden angenommen.
Der Etat des Kolonialamts ist erledigt.
Morgen 2 Uhr Etat für einzelne Schutzgebiete, > Luftvertehrsgesetz.
! Schluß 6.15 Uhr.
Schranken.
Roman aus dem Osfiziersleben von Marie Elisabeth Gebhard.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verbräm.)
„Jede Schuld rächt sich auf Erden. Aber verzeihen kann ich dem Toten doch nicht."
»Weiß Ilse denn, daß du lebst, Gaston?"
„Haben Sie es ihr denn nicht geschrieben, Herr Brandts?"
„Ich? Nein. Das überließ ich Ihnen, Herr Oekono- mierat. Und dann gibt es ja Zeitungen."
„Das beste ist, du fährst nach Steglitz zur Mutter. Am Abend treffen wir uns dann im Kaiserkeller.
In Steglitz erfuhr Gaston abermals eine Enttäuschung.
„Frau Cardellan ist Ostern fortgezogen mit der Tochter, die den Doktor geheiratet hat," sagte der Portier.
„Welche Tochter war das?"
„Die Blonde. Der Doktor war n Jude. Se haben man bloß 'ne Ziviltrauung jehabt."
„Und die andere Tochter?" unterbrach ihn Gaston ungeduldig.
„D.t weeß ich nich. Wird woll mitjezogen sind. Iott, wer iann sich um alle Mieters kümmern."
Gaston gab dem Mann ein Trinkgeld.
Der Doktor ein Jude? Aha! Doktor Simon. Der war doch in C. Also schnell anstagen. Er fuhr zum Postamt und telephonierte nach C. nach der Krone. Aber auch dort nur die Auskunft:
Doktor Simon seit Ostern von C. verzogen. So viel man wüßte, nach Berlin.
Das Berliner Adreßbuch aber zeigte so viel Simons, von denen mehrere auch Aerzte waren, daß man für heute auf die Nachforschung verzichtete.
Niedergeschlagen kamen die beiden von ihrer Forschungsreise im Kaiserkeller an. Die Freunde erwarteten sie und suchten sie zu ermuntern.
„Uebrigens, im Adreßbuch kann er noch nicht stehen, wenn er erst Ostern hergezogen ist. Da spar' die Mühe."
„Mama sagte vorhin, sie hätte neulich etwas von einer Aufklärung Cardellan gelesen. Mama hält nämlich das Stadtblättchen aus C. noch."
„Ja, du! da hat Frida recht. Du weißt doch von dem Verdacht, der auf Ilses Vater ruhte," sagte Schwalbe.
Gaston nickte. Er dachte an Ilses Brief.
„Ja, das ist aufgeklärt. Der alte Herr war unschuldig, nur wohl etwas zu vertrauensvoll. Der Bote hat das Geld gestohlen."
„Da hat also Ilse keinen Grund mehr, sich vor dir zu verstecken."
„Nein. Die Schranke ist gefallen."
„Und sie wird sich um so weniger verstecken» als sie vermutlich nicht weiß, daß du lebst. Also, fasse Mut! Wir alle drei versprechen dir, unsere Augen und Ohren offen zu halten. Frida muß alle Familiennachrichten im Käseblatt von C. studieren, Schwalbe sowieso aufpassen und Verbindung mit den Kameraden in C. halten, und ich verspreche dir, in jedem Städtchen, über das ich mit meinem Luftschiff fliege, nach Ilse zu suchen."
„Du mußt aber selbst helfen," meinte Schwalbe. „Vor allen Dingen nicht die Geduld verlieren. Wer sich finden soll, findet sich, und wenn er aus dem Ballon direkt in die Arme seiner Zukünftigen fällt, wie neulich Leutnant Z. Am besten ist, du trittst wieder ins Heer ein, und zwar auch in Westdeutschland! Hannover oder Westfalen oder so. Und kreuzen sich eure Wege nochmal, dann zupacken und festhalten. Ich habe dir damals nicht beistehen mögen, weil ich, offen gestanden, deine Unbeständigkeit fürchtete. Jetzt aber, wo keinerlei Hindernisse, weder in noch außer euch bestehen, wo die Schranken gefallen sind, jetzt würde ich mich über ein Wiedersehen freuen."
„Ja, und wenn du nicht veim Militär bleiben kannst, dann nimmst du eben den Abschied und regierst in Iägerhof. Und am Herde steht Ilse und backt uns Waffein zum Kaffee. — Doch das ist ja noch Zukunftsmusik." —
Die chiuefischerr Räuber.
ff London, 10. März. Nach einer Meldung aus Shanghai haben Räuber in Lachskow das Missionsgebäude zerstört und einen Norweger getötet.
Nachklänge zum Balkankrieg.
ff Belgrad, 10. März. Wie das Blatt „Balkan" meldet, haben der französische und der engliche Gesandte der serbischen Regierung eine Note überreicht, in der die Rückgabe der bei der Eroberung von Monastir durch die serbischen Truppen in der dortigen Filiale der Ottomanbank beschlagnahmten 680.000 Francs gefordert wird. Bon dieser Summe sollen übrigens nur 213.888 Francs an das serbische Armeektzmmando gelangt sein.
Ein neues Tuffragetteu-Attentat»
1! London, 10. März. Eine Suffragette unternahm ein sinnloses Attentat in der Nat-onai-Galerie, das der Kunst einen unersetzlichen Verlust brachte. Sie zerhackte mit einem Beil das berühmte Gemälde von Belasguez: „Die Venus mit dem Spiegel." Es gelang den Wärtern, die fliehende Megäre festzunehmeu. Der Schaden an dem Bilde ist unrepariibar.
Der Dampfer „Zanzibar" wieder flott.
' Tanger, 10. März. Der in der Nähe der marokkanischen Küste aufgelaufene deutsche Dampfer „Zanzibar" ist wieder flott geworden; er ist nach Gibraltar abgefahren.
Demiffrv» des Kabinetts Giolitti-
! ff Rsm, 10. März. Der Ministerrat hat heute morgen ! von 10 Lhr bis 10,44 Nhr getagt und beschlossen, mit Rücksicht auf die parlamentarische Lage zu demissionieren.
Von Nah und Fern.
Ei» Arbeitslosengefecht. In Saeramento (Cali- fornienf kam es zwischen 300 Sheriffgehiifen und' 600 Arbeitslosen vom „Verband der Industriearbeiter der Welt" zu einem heftigen Kampf, nachdem der „General" Kelly, der eine Armee von Arbeitslosen führte und 18 seiner Anhänger wegen Landstreicherei verhafiet worden waren. Die Beamten verlangten nach der Verhaftung der Führer, daß die Arbeitslosen-Armee den Ort verlasst. Mehrere hundert gehorchten, doch leistete der Teil, der zu dem Verband der Industriearbeiter der Welt" gehörte?, den Beamten Widerstand. Die Sheriffgehilfen gingen mit Stöcken bewaffnet gegen sie vor und schlugen alle nieder. Mit Wasserstrahlen aus den Schläuchen der Feuerwehr wurden die Arbeiter vollends zersprengt. Viele hatten Schädelbrüche erlitten „nd lagen nack, dem Kampfe stöhnend auf.per Straße.,
Ein württew'brrgischex SchwarTkraHttWrek» ist Berlin. Kürzlich wurde in der Neichshauptstadt ein Württembergifcher Schwarzwaldverein inA Leben gerufen.
16 686 Arbeitslose — 186 Arbeitswillige! Nach einer Meldung der „Münchener Abendztg." konnte das Arbeitsamt.der Stadt München dieser Tage zum Wegschaufeln der Schnsemajfen im ganzen 180 Arbeitswillige zusammen!)rinnen, während München gegen 10 000 Arbeitslose besitzt.
„Ein Scherz". Durch einen frivolen Scherz büßte in einer Fabrik in Vorhalle bei Hagen in Westfalen der Gießer Klein sein Leben ein. In einem Arbeits--- raum hatte ein Lehrling die Türklinke mit der Starkstromleitung verbunden, um den zuerst einkretenden Arbeiter zu erschrecken. Klein der als erster die Türklinke ergriff wurde von dem elektrischen Strom ^ auf der Stelle getötet.
Und Gaston trat nach dem Manöver in ein hannoversches Infanterieregiment ein.
8. Kapitel.
Der Schnellzug Berlin—Frankfurt a. M. näherte sich der Station M. In einem Abteil dritter Klasse stand eine junge Dame am Fenster und betrachtete mit Entzücken das Panorama, das sich vor ihr aufrollte. Jetzt fuhr der Zug über einen hohen Viadukt. Nun stiegen die spitzgiebeligen Häuser der Stadt vor ihr auf. Dort in der Nähe des Schlosses, dessen Renaissancefirsten die Häuser überragten, lag ihr Heim. Drüben in den herrlichen Buchenwäldern der Berge, jenseit des Stromes, war sie schon oft mit den Freunden gewandert.
Dort hatte sie ihre Frische und Arbeitsfreudigkeit wiedergewonnen. Darum freute sie sich auch des Wiedersehens, trotzdem sie nur vier Wochen fern gewesen.
Und das Bild der Heimat stieg vor ihr > auf, des Städtchens der Berge, des Stromes fern im Osten. Kam es daher, daß man letzthin so viel davon gesprochen? Ihr war gerade so eigen erwartungsvoll zu Sinn, als damals an jenem Sonntag auf der „Steilen Wand". Da hatte das Glück sie gegrüßt. War es ihr wieder nahe? —
„Station M. Eine Minute!" rief der Schaffner.
Rasch ergriff sie dann das wenige Handgepäck und stieg aus. Auf dem Bahnsteig harrten ihrer die Hausgenossen. Mit Jubel wurde sie empfangen. Martha, der Backfisch, hakte sich gleich bei ihr ein, während Werner, der Tertianer, das Handgepäck ergriff und Erich, der Aelteste, mit Ritterlichkeit sich um die Beförderung des großen Gepäcks verdient machte.
„Nun wie geht's im Städtchen? Was Neues?" —
„O ja, Fräulein Ilse! Manöver ist hier!" —
„Ach was, Manöver. Unsere Pioniere üben mit der Infanterie von M. Brückenübergänge. Uebermorgen gehe« die Fußlatscher schon wieder weg," korrigierte Werner die Schwester. _
(3chwß fülgv)