ten starken Beben vom 20. 7. 1,8. aus unserem. Schwäbischen Erdbebengebiet hier ausgezeichnet wurde. An zahlreichen Orten des Albtraufs ist der Stoß lebhaft gespürt worden, so besonders in Ebingen, Balingen und Hechingen. Nach den bis jetzt vorliegenden Berichten ist aber nirgends Schaden entstanden.
Obstbautag.
js Stuttgart, 2. Febr. Im großen Saale des Bürgermuseums hatte sich heute vormittag der Ausschuß mit den Vertrauensmännern und Freun den des Württ. Obstbauvereins zu einer gemeinschaftlichen Besprechung verschiedener Fragen aus dem Gebiete des Obstbaus und zur Vorbereitung der Generalversammlung e'ingefunden. lieber das Ausstellungswesen erstattete Vereinssekretär Schaal Bericht: daran anschließend stellte er besondere Anleitungen für die Aussteller auf. Auf die Anregung, nicht nur für die Landes-, sondern auch für die Bezirksausstellungen die Ltaatsme- daille zu gewähren, erklärte Direktor v. Sting, daß eine solche Gewährung den Wert der Medaille herabsetzen und Konsequenzen für Ausstellungen anderer Art nach sich ziehen würde. In der weiteren Besprechung wurde besonders auf die Wichtigkeit der O b stb au mm ä r kt e, die reelle Lieferung und gute Verpackung Wert gelegt- In der Folge kamen verschiedene Vereinsckngelegenheiten zur Sprache. Die Notwendigkeit der MerbuW weiterer Mitglieder und die Förderung des Obstbaus durä> Verbesserung der Baumwürterverhältnisse. Regierungsdirektor v. Sting gab bekannt, daß das Ministerium die von der Zentralstelle eingebrachten Besserungsvorschläge in dieser Hinsicht einer Prüfung unterzogen habe, deren Ergebnisse dem Verein in nächster Bälde mitgeteilt würden. .Gartenbau- inspektor Schelle-Tübingen wies auf das große vergangene Mißjahr hin: Die Einnahmen aus dem Weinbauertrag hätten diesmal eine Summe von nur 527077 Mk. ergeben, denen in guten Jahren eine Einnahme von 15 Millionen entgegenstünde. Solche Unglücksjahre würden einem nationalen Unglück gleichkommen. Das Verhältnis des Wein- und Obstbaus verhalte sich wie 1:2 einviertel; dieses Verhältnis werde sich in Zukunft immer näher und zu Gunsten des Obstbaus gestalten. Auch den Obstbauzüchtern sollte daher eine bessere Unterstützung von Seiten des Staates nicht abgesprochen werden. Der Wcinbauversuchsgnstalt in Hohenheim sollte eine Obstbauversuchsanstalt angegliedert werden. Durch Ausdehnung des Obstbaues könne den schlechten Weinbauerträgnissen abgeholfen werden. Es sei vielleicht gut, wenn gn sämtliche Abgeordnete beider Kammern eine Denkschrift über die Sachlage des Obstbaues gerichtet werde. Wir dürfen von den Nachbarländern hinsichtlich der Förderung des Obstbaues nicht überholt werden. Vorstand Fischer machte die Forderung geltend, daß an die vom Reich dem Deutschen Pomolvgenvereins bewilligten 30000 Mk. die Bedingung geknüpft werde, daß der Betrag aus die einzelnen Länder umgelegt werde. Regierungsdirektor v. Sting gab die Versicherung, daß die Regierung die große Bedeutung des'Obstbaues bisher nicht verkannt habe, daß er aber die Vergleichung zwischen O b st - u n d W e i nb au nicht für glücklich halte. Tausende von Weingärtnern gründen ihre Existenz auf den Weinbau. Man käme vom Regen in die Traufe, wenn es in Zukunft neben Wein-
__ ^°öswN'üer''"g'Me! HD verfehlt,
wenn man die staatliche Unterstützung nach den Erträgen der Produktion bemessen wolle; man müsse vielmehr eine solche Unterstützung lediglich nach dem Bedürfnis bemessen, und da sei der Obstbau bis jetzt nicht zu kurz gekommen. Der nächste Obstbautag wird in Eßlingen abgehalten werden. Auf der sich nachmittags anschließenden Generalversammlung gab Vorstand Fischer den Rechenschaftsbericht des Ausschusses bekannt. In seinem Vortrag brachte Obstbauinspektor Winkelmann-Ulm verschiedene obstbauliche Lehren des Jahres 1913 unnter besonderer Berücksichtigung der Frost- und Sturmschäden in Vorschlag.
Deutsches Reich.
Zaberner Versetzungen,
* Straßburg, 2. Febr. Kreisdirektor Mahl in Zabern wurde von heute ab nach Thann in Oberelsaß und Kreisdirektor Dr- Beyerlein von Thann nach Zabern versetzt.
st Berlin, 2. Febr. Oberst v. Reuter, Kommandeur des zweiten oberrheinischen Infanterieregiments Nr. 99 ist als Kommandeur des Grenadierregiments Prinz Karl von Preußen nach Frankfurt an der Oder versetzt worden. Gleichzeitig wird bekannt, daß Leutnant Freiherr von Forstner in das Infanterieregiment "Gras Schwerin 3. Pommersches 14. nach Bromberg versetzt ist.
Die Versetzung der beiden Ossiziere nach anderen Garnisonsorten ist an sich nur vernünftig,
doch kann etwa von einer Art Strafversetzung!
hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil! Der
Oberst von Reuter ist zum Kommandeur des Grenadier-Regiments Prinz Karl von Preußen (2. Brandenburgisches) Nr. 12 ernannt worden, das in Frankfurt a. O. in Garnison steht, und zum 3. Armeekorps gehört. Dieses alte Grenadier-Regiment gilt als eines der besten der preußischen
Armee, und die Verleihung seines Kommandos' bedeutet sogar eine gewisse Auszeichnung! Der verstorbene General von Hahnke war lange Jahre sein Chef; der jetzige Chef ist der Armeeinspektor Generaloberst von Bülow, der frübere Kommandeur des 3. Armeekorps. Die Garnison Frankfurt isö wegen der Nähe von Berlin und des zahlreichen 'Landverkehrs wegen sehr gesucht. Die Versetzung gewinnt auch noch dadurch einen besonderen Charakter, daß auch der Vater des Obersten v. Reuter Kommandeur des Regiments war. Er wurde an der Spitze des 1- Bataillons am 6. August 1870 beim Sturm auf den Roten Berg in der Schlacht bei Spichern tödlich verwundet.
st Straßburg, 2. Febr. Die Straßburger Neue Zeitung meldet aus Colmar: Oberlandesgerichtspräsident Molitor, der zum Justizminister in Elsaß-Lothringen berufen werden sollte, hat den Posten abgelehnt, angeblich des Altersunterschiedes halber zwischen ihm und dem neuen Staatssekretär. Molitor steht im 58. Lebensjahr.
st Ttraßburg, 2. Febr. Staatssekretär Graf Rödern und Unterstaatssekretär Freiherr von Stein sind aus Berlin heute Vormittag 11 Uhr ! hier eingetrofsen. Beide Herren wurden bereits > um 12 Uhr von dem Statthalter empfangen.
Tie Bestattung der Opfer auf Zeche Achenhäch!.
st Dortmund, 2. Febr. Heute Nachmittag wurden die 22 Opfer der Grubenkatastrophe aus Zeche Achenbach unter riesiger Teilnahme der Bevölkerung und der offiziellen Organe zur letzten Ruhe bestattet. Im Trauergefolge befanden sich u. a. der Oberpräsident der Provinz Westfalen, der Regierungspräsident von Arnsberg, die Spitzen der Behörden, die Häupter des Landkreises und der Stadt Dortmund, die Beamten der Zeche Minister Achenbach, ein großer Teil der Belegschaft und /auch zahlreiche Mitglieder der Familie Stumm, der die Zeche gehört, u. a. Generalleutnant Exzellenz von Schubert, Gesandter von Stumm und Major a. D. v. Stumm. ,
Ein Parseval-Luftschiff in England.
st Bitterfeld, 2. Febr. Als fünftes, für England in Deutschland bestelltes Luftschiff hat die englische Regierung bei der hiesigen Luftschisswerft ein Wasserluftschiff, System Parseval, bestellt, das im Frühjahr geliefert werden soll. Die Gondel des Luftschiffes wird so konstruiert, daß sie im Notfälle schwimmfähig ist.
Ausland.
Rücktritt des Vize-Königs! von Indien.
st London, 2. Febr. Aus Bombay und Kalkutta wird telegraphiert, daß der Rücktritt des Lord Hardinge von seinem Posten als Vizekönig von Indien direkt bevorstehe und daß aller Wahrscheinlichkeit nach Lord Kitchener zu seinem Nachfolger ernannt werden wird.
Ein Fliegernnglück.
st Paris, 2. Febr. Nach einer Meldung aus' Bourges stürzte heute Nachmittag auf dem Flugfelde von Avord der Leutnant Delvert, der den Hauptmann Mquet als Fluggast an Bord seines Zweideckers hatte, aus beträchtlicher Höhe ab. Beide Offiziere waren auf der Stelle tot.
Eine Kollektivnote an die Worte, st Konstantinopel, 2. Febr. Tie Vertreter der Großmächte haben der Pforte eine Kollektivnote überreicht, in der sie deren Aufmerksamkeit aus verschiedene in der letzten Zeit vorgekommene Verletzungen des internationalen Rechts hinlenken und der Hoffnung Ausdruck geben, daß die nötigen Maßnahmen ergriffen werden, um ähnliche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Dieser Kollektivschritt wurde hauptsächlich dadurch veranlaßt, daß vor etwa 10 Tagen die Polizei zwecks Verhaftung des früheren Abgeordneten Basri Bey unter Verletzung des internationalen Rechtes in die holländische Gesandtschaft eindrang und Basri Bey trotz des Widerstandes des eingeborenen Polizisten festnahm, was einen Protest des niederländischen Gesandten zur Folge hatte.
Verlustreiche Kämpfe der Spanier, st Madrid, 2. Febr. Nach einem Telegramm aus Tetuan ist die Brigade des spanischen Generals Berenguer von starken eingeborenen Streitkräften angegriffen worden. Es fanden blutige Kämpfe statt in denen 5V Eingeborene getötet, M verwundet und zahlreiche zu Gefangenen gemacht wurden Tie Verluste der Spanier betrugen ein Major, ein Leutnant und 16, Maut» an Toten. Ein Major, ein Hauptmann, '3 Offiziers-Aspiranten und 22 Mann wurden verwundet.
Revolution und Stierkampf.
Einen lebendigen Einblick in die dem Europäer an Rätseln so reiche mexikanische Volksseele gewährt der gegenwärtig in Mexiko weilende berühmte italienische Journalist Luigi Barzini in einer im „Corriere della Sera" veröffentlichten Schilderung seiner Beobachtungen und Impressionen. Seit 3 Jahren ist die Stadt der Mittelpunkt der schwersten politischen Erschütterungen, jede andere Großstadt der Welt sähe unter solchen Umständen ihr Leben gelähmt; aber es scheint, daß die Atmosphäre dieses Landes wie von selbst jedes Unbehagen ausscheidet; alles erscheint hier einfach, leicht und natürlich. Die Kaufleute klagen, daß sie weniger Geschäfte machen, aber Geschäfte machen sie doch; das Publikum kauft, das Geld rollt, und der Bürgerkrieg erscheint als ein normaler, wenn nicht sogar idealer Zustand der Republik. Mexiko spürt nichts von den Wunden eines Bruderkampses. Die Kämpfe der Revolution werden von den Indianern ausgefochten, von den „Pelados", die nichts besitzen, nichts zu verlieren haben und froh sind, daß sie statt des Tagelohns von 30 Centavos in Revolutionszeiten das Vierfache als Sold verdienen. Sie lieben das Abenteurerleben, bei dem Plünderungen winken; um welche Sache sie sich schlagen, ahnen sie nur dunkel, und so erklärt sich die Endlosigkeit der Unruhen von selbst aus der unbestreitbaren Tatsache, duß sie weder dem Gefühl noch den Interessen der großen Masse der Eingeborenen widersprechen. In der Stadt Mexiko sieht man heute weniger „Pelados" als sonst, das ist der einzige Unterschied. Interessant aber und bezeichnend für die Verhältnisse bleibt die Art, wie man die Kämpfer .anwirbt", wie man Rekruten gewinnt. Auf dem großen Platze werden Konzerte veranstaltet, Musik lockt, von allen Seiten strömen
die kleinen Leute herbei, und wenn genügend „Pelados" beisammen sind, sperrt mau die Straßen ab und treibt die Umzingelten in die Kaserne. Die Rekrutierung ist fertig. Am nächsten Tage schon treibt man diese „Milize" fort zum Kriegsschauplatz. Jetzt freilich zieht der Trick mit dem Konzert nicht mehr, die Indianer der Hauptstadt sind gewitzigt worden, und wenn sie Musik hören, verschwinden sie schleunigst; aber dafür ereilt sie ihr Schicksal in den „Pulquerias", den Kneipen, in denen sie den Pulque, dieses wenig verlockende mexikanische Nationalgetränk, schlürfen. Von Zeit zu Zeit sperrt plötzlich Militär diese Kneipen, und die Gäste schleppt man zur Kaserne, wo sie schleunigst eingekleidet werden. Unter der Fahne dienen zu müssen ist eben ein Schicksal, von dem man immer bedroht ist, ein unglücklicher Zufall, den man hinnehmen muß nicht anders als eine Polizei- oder Geldstrafe. Aber was schadet das alles? Die Stadt hat weniger Indianer, das kümmert sie kaum, ihr friedliches, behagliches Leben ändert sich nicht, das Schicksal der Pelados ist nicht das Schicksal Mexikos. Man spricht von nichts anderem als von Ganoa und von Belmonte. Von Ganoa, dem Koloß, und von Belmonte, dem Phänomen, von Ganoa, dem Löwen, von Belmonte, dem Panther.
Wo man hinsieht, wo man hinhört, in den Zeitungen, im Theater, in den Kne'pen, überall sieht und hört man nur die beiden Namen: Ganoa und Belmonte. .Ganoa ist ein Genie, Belmonte aber ein Waghals." „Nein, Belmonte ist ein Gott und Ganoa nicht verwege"." „Belmonte weiß nicht zu töten." „Ganoa hat Angst." Die ganze Stadt hat sich in zwei große Parteien gespalten, die leidenschaftlich und mit Begeisterung einander befehden; und am Sonntag, jeden Sonntag kommen Kämpfe, Triumphe und Niederlagen. Draußen auf der Plaza de Toros spielen sie sich ab. Denn Ganoa und Belmonte sind zwei Stierkämpfer. Pocht die Revolution an die Pforten der Stadt Mexiko? Vielleicht,
wer kann es wissen; aber das wissen alle: wenn sie, die Revolution, käme, sie täte auch nichts anderes, als am Sonntag hinauszuziehen zum Stierkampf, hinaus zu Ganoa und Belmonte. Der Anblick des gewaltigen, menschengefüllten Amphitheaters ist unbeschreiblich. Das Volk gleicht einem Vulkan, nicht umsonst stehen 200 Soldaten bereit, um nötigenfalls einzugreifen, denn nicht zum ersten Male wäre es, daß die Revolver zwischen den Anhängern Ganoas und Belmontes sprechen und eine Salve des Militärs die Ordnung wiederherstellen muß. In zwei Stunden Stierkampf erfährt man mehr von der Seele des mexikanischen Volkes, als in zwei Jahren eifernden Studiums. Ungezügelt und ehrlich ist dieses Volk, ein Spielball seiner Gefühle, ein Opfer seiner Impulse und seiner Leidenschaften. Gewaltig ist es, furchtbar, veränderlich, ausschweifend, gewaltsam, großmütig, seltsam und rätselhaft. Dieses Volk kennt nur die äußersten Extreme aller Gefühle, die schrankenlose Liebe und den schrankenlosen Haß; und wen es heute liebt, kann es morgen hassen. Es zittert vor Erregung, wenn es dem blutigen Spiel in dcr Arena folgt, Zorn, Furcht und Jubel überschlagen sich, jeder Schritt des Maultieres, jede Bewegung des Kämpfers erweckt Stürme der Leidenschaft, eine Lava von zornigen Rufen oder Schreien der Begeisterung, bunte Tücher wehen und zum Orkan wird das Tosen. Eine Kleinigkeit, eine Gebärde, die von Mut zeugt, kann den eben noch Geschmähten zum bejubelten Helden machen, rätselhaft schnell und unvermittelt sind diese Gefühlsumschläge. Und so ist dieses Volk in allen Dingen, wie der Stier stürzt es auf seine Illusion und leicht ist es abzulenken. Eines aber nimmt es gefangen: Mut und Kraft. Dieses Volk hier vergötterte Profirio Diaz, so lange er herrschte, dieses Volk verlangte seinen Tod, als er fliehen mußte. Mit Verzückung empfing es Madero, mit der ganzen Wildheit des Haffes verfolgte es ihn. Wer wie der Stierkämpfer Degen und Maul-