za r-ar i-l. ucic'H'-. l.iaut:nL>oü'n71O
Glauben auch in den Tagen der tiefsten Erniedrigung nicht verlor.
* Hausierware. Seit einigen Jahren werden unseren Landwirten von landfremden Hausierern schon zu Anfang des Jahres Sensen zu Preisen verkauft, zu welchen sonst — namentlich in der geringen Ausführung d er Hausierer'— .2 Stück erworben werden können. Diese Hausiererware ist um nichts besser als andere Sensen; der Glaube einer besonders guten Qualität wird nur durch den hohen unreellen Preis erweckt. Ein Beweis, was für ein einträgliches Geschäft dieser Handel mit den sogenannten Garantiescheinen bildet, ist seine riesige Ausdehnung, die er in den letzten Jahren angenommen hat. Immer mehr Leute drängen sich herzu, die auf solch bequeme Weise unseren gutmütigen Bauern ihre sauer verdienten Groschen für eine ganz gewöhnliche Ware ablocken wollen, statt sich wie diese mit ehrlicher und harter Arbeit durchs Leben zu schlagen. Wer also kein Geld zum Wegwerfen hat, weise künftig diesen unbekannten Herren die Türe und kaufe die altbewährten Marken um's halbe Geld bei den ortseingesessenen Händlern.
* Walddorf, 27. Jan. Die Amts ein setz -
ung unseres neuen Ortsvorstehers Rentschler findet kommenden Dienstag, den 3. Februar, statt. — Für den seitherigen langjährigen Schultheißen Walz fand am Sonntag in Verbindung mit einer Kaisergeburtstagsfeier ein Abschied statt, bei der ihm Hauptlehrer Tomppert im Namen der Schule, Gemeinderat ^Schüler in Namen der bürgerlichen Kollegien und der Gemeinde, I. und M. Kirn für den Kriegerverein und Sängerabteilung den Dank zum Ausdruck brachten. Zum Schluß widmete Pfarrer Haller dem scheidenden Ortsvorsteher herzliche Worte und die besten Wünsche für seinen Feierabend. ( !
ss Calw, 26. Jan. (R o d e l u n fa l l.) In Neuweiler kamen die Kinder des Pfarrers Maier beim Rodeln unter einen Fuhrschlitten und sind unter den Pferden hervorgezogen worden. Beide Mädchen sind verletzt.
st Unterreichenbach, OA. Calw, 26. Januar. (Selbstmord.) Der 20 Jahre alte ledige Goldarbeiter Wilhelm Bohnenberger hier schoß sich eine Kugel in die Brust. Statt in das Herz, traf er Hie Lebergegend und durchlöcherte sich die Gedärme. Er liegt im Spital in Pforzheim im Sterben. Der Beweggrund ist unbekannt.
st Oberndorf, 26. Jan. (Selbstmord.) Im Verlauf von Wirtshaushändeln hat sich heute nacht ein 22 Jahre alter Mechaniker erschossen. Er hatte in der Wirtschaft wiederholt einen Gast bedroht. Als dieser endlich wegging, um die Polizei Zu holen, verließ der Mechaniker das Lokal und erschoß sich hinter dem Gasthaus.
st Stuttgart, 26. Jan. (Keine Staatsanleihe.) Die württ. Finanzverwaltung hat mit der Stuttgarter Lebensversicherungsbank (Alte Stuttgarter) einen für beide Teile aus 10 Jahre unkündbaren Darlehensvertrag über 3 Millionen Mark geschlossen. Sie ist dadurch, wie das Neue Tagblatt berichtet, in der Lage, auf die Ausgabe einer Anleihe, der sich bekanntlich erhebliche Schwierigkeiten in den Weg stellten, vorderhand zu verzichten.
st Stuttgart, 26. Jan. (Unglück.) Aus dem Bahnsteig 1 des Hauptbahnhofs ist in 'der Nacht
Ärst" TkUjährige Gepäckschgfsner
Schlichtenmaier, als er gerade vom Postwagen abgestiegen war, von einer Lokomotive erfaßt worden, die ihm beide Füße abdrückte. Er wurde noch lebend in ein Krankenhaus geschafft. i
st Nürtingen, 26. Jan. (Brand.) Dicht neben der Stelle, wo vor 4 Wochen drei Häuser abgebrannt sind, ist nunmehr das Anwesen des Gerbers Grüninger vollständig niedergebrannt. Man glaubt, daß ein Brandstifter am Werke war.
st Mühlacker, 26. Jan. (Brand.) Im benachbarten Niefern brannte heute nacht die große neue Ziegelhütte von Söhnle und Lützenberger ab. Sie war 40 auf 80 Meter groß. Aller Inhalt ist zu Gruude gegangen. Der Schaden beträgt 80 bis 100 000 Mk. Brandstiftung wird vermutet.
st UnterkirchSerg, OA. Laupheim, 26. Januar. (Vom Baume erschlagen.) Der 54 Jahre alte Oberholzhauer Flachner ist im Walde von einer fallenden Tannne getroffen und sofort getötet worden.
st Ebingen, 26. Jan. (Lebensrettung.) Gestern mittag brach auf dem Kuhweiher, der zur Zeit eine namhafte Tiefe hat, ein Knabe ein und kam dadurch in Lebensgefahr. Unterlehrer Müller vom hiesigen Waisenhaus, der auf der Eisbahn war uüd den Unfall bemerkte, entledigte sich rasch seiner Schlittschuhe und rettete den Knaben aus dem eisi- kalten Wasser.
st Friedrichshofen, 26. Jan. (Buben mit Pistolen.) Ein 13jähriger Knabe machte sich in Hemigkofen in einem Hause mit einer Zimmerflinte zu schaffen. Wie es scheint, wollte er den Lauf abschrauben, wobei sich das Gewehr entlud und die Kugel dem Knaben durch das rechte Auge ins Gehirn drang. Der Knabe ist auf dem Wege ins Krankenhaus seiner schweren Verletzung erlegen.
st Vom Bodensee, 26. Jan. (Eine riesige S ch litts ch u h b ah n.) Infolge der seit Jahren nicht mehr so stark verzeichneten Kälte ist Her ganze Untersee zwischen Radolfzell, Allensbach und der Insel Reichenau fest zugesrvreu und bildet eine ungeheure Schlittschuhbahn, ans der sich gestern Tausende von Läufern tummelten. Die Züge der Bahnlinie von Konstanz nach Radolfzell waren überfüllt. Auch die Bucht von Wasserburg und verschiedene Seeteile bei Lindau sind schon seit mehreren Tagen zugefroren. Die Schisfahrt Konstanz-Schasshausen ist eingestellt.
* Pforzheim, 26. Jan. Die Papierfabrik Bohnenberger in Niefern steht in Flammen.
Mordprozeß Wagner.
st Stuttgart, 26. Jan. Die Voruntersuchung gegen den Lehrer Wagner aus Degerloch ist abgeschlossen. Die Anklage lautet auf 6 vollendete Morde in Degerloch, 10 vollendete Morde in Mülhausen, 10 versuchte Morde daselbst und das Verbrechen der vorsätzlichen Brandstiftung in neun Fällen.
st Heilbronn, 26. Jan. (Zum Fall Wagner.) Falls das in den nächsten Tagen vorzulegende Gutachten der psychiatrischen Klinik in Tübingen die Zurechnungsfähigkeit des Mordbrenners Wagner ergibt, wird sein Fall in der am 4. Februar beginnenden Schwurgerichtsperiode, und zwar ziemlich am Anfang der Tagung zur Verhandlung kommen.
!
Kaufe und bestelle nichts, was Du nicht nötig hast-.
Sei vorsichtig bei einer Bestellung!
Das Stuttgarter Gemeindegericht schreibt: Laß Dich von keinem Fremden bereden, etwas zu bestellen, was Du vorher nicht entbehrt hast. Bestelle nichts von fremden Reisenden, was Dp. am Ort im Laden kaufen kannst. Du kaufst bei ihm nicht billiger. Er muß. die Prozente, von denen er lebt, aus die Ware draufschlagen. Im Laden hast Du die Auswahl und siehst, was Du bekommst; andernfalls kaufst Du die Katze im Sack. Wenn Du nicht bestellen willst und der Fremde aufdringlich wird, so ersuche ihn höflich und ruhig, aber bestimmt, weiterzugehen, etwa mit den Worten: „Ich will nichts bestellen, ich bitte Sie, wieder zu gehen." Geht er trotzdem nicht, so fügst Du wieder ruhig, aber bestimmt bei: „Wenn Sie meine Wohnung nicht alsbald verlassen, werde ich gegen Sie Strafantrag wegen Hausfriedensbruch stellen." Geht er immer noch nicht, so rufst Du die Polizei. Unterschreibe keinen Bestellschein, den Du nicht ganz gelesen oder verstauben hast. Unterschreibe nie, ehe der Bestellschein nicht ganz ausgefüllt und Unzutreffendes durchgestrichen ist. Sieh zu, ob die Zahlen und Preise stimmen. Ließ auch die kleingedruckten Stellen, sie sind manchmal die wichtigsten. Verstehst Du etwas nicht, so laß Dich ans keine Erklärungen ein, sondern verlange, daß es gestrichen wird. Unterschreibe nicht, wenn man nicht streichen will. Es gilt nur, was im Bestellschein steht. Verlaß Dich nicht auf mündliche Versicherungen, unterschreibe nicht eher, als bis alles im Bestellschein steht, was man Dir versprochen hat. Mit Reisenden fremder Firmen verhandle nur vor Zeugeu. Verlange Kopie vom Bestellschein und laß die Kopie vom Reisenden unterschreiben. Prüfe, ob Kopie und Bestellschein übereinstimmen. Unterschreibe keinen Bestellschein, wenn etwas vom Erfüllungsort oder Gerichtsstand darin steht. Verlange, daß der Satz gestrichen wird, sonst unterschreibe nicht. Du wirst sonst auswärts verklagt und durch Versäumungsurteil verurteilt, wenn Du Dir nicht einen Rechtsanwalt nehmen kannst. Hüte Dich vor Ratenzahlungen, sie sehen billiger aus, aber sie kommen teuer. Kannst Du nicht regelmäßig zahlen, so nimmt man Dir die Ware wieder ab -und von Deinen Zahlungen bekommst Du nichts wieder.
Deutsches Reich.
Kaisers Geburtstag.
ss Berlin, 26. Jan. Herzog Alb recht von Württemberg, in Vertretung des Königs von Württemberg, ist heute Mittag 4.49 Uhr auf dem Anhalter Bahnhof eingetrosfen und hat im Kgl. Schloß Wohnung genommen.
)s Berlin, 26. Jan. Heute abend fand bei dem Kaiserpaar im Elisabethsaal und in der Elisabethgalerie eins Galatasel statt, an der die zur Feier des Geburtstages des Kaisers hier eingetroffenen deutschen Bundesfürsten und Prinzen, ferner die Königin der Hellenen, der Kronprinz von Griechenland, der rumänische Thronfolger und Prinz Carol von Rumänien teilnahmen.
Ein Vermächtnis für die Marine.
ss Hamburg, 26. Jan. Wie der Hamburgische Korrespondent aus Lübek meldet, vermachte der Kunstmaler Vahldiek in Eutin dem Kaiser einhalb ! Millionen Mark zum Ausbau der Seemacht.
s—-S-»S-S S"»»> .... . ..
Prinz Napoleon.
Es ist ein eigenartiges Zusammentreffen, daß genau hundert Jahre nach dem Tage, an welchem der Kaiser Navoleon zum letzten Male seine Gemahlin Marie Luise und seinen einzigen in der Wiege schon König genannten Sohn zum letzten Male in seinem Leben sah, der Familie Bonaparte ein neuer Stammhalter geboren ist. Das bedeutet für die Franzosen, die trotz der republikanischen Staatsform auch heute noch für den Namen „Napoleon' schwärmen, ein Ereignis, auf das vielfach kaum noch gerechnet ist. Denn der Vater des kleinen Prinzen, Viktor Napoleon, ist 52, seine Mutter Klementine, die jüngste Tochter des verstorbenen Königs von Belgien, ist 42 Jahre alt. Der einzige Bruder des Prinzen V klar, Prinz Louis Napoleon, ist unvermählt. Er ist russischer General.
Die weitverzweigte Familie Bonaparte zählt noch eine ganze Anzahl von Mitgliedern aus Nebenlinien, aber als fürstlich ebenbürtig gelten nur die beiden Prinzen Viktor und Louis, die nächsten Verwandten der greisen Kaiserin Eugenie. Ihr Großvater Jerome, von 1807 -1813 König von Westfalen, war mit einer württcmbergischcn Prinzessin vermählt, und aus dieser Ehe ging Prinz Jerome der Jüngere, scherzweise Plon-Plon genannt, hervor, ein Vetter des dritten Napoleon, der rote Prinz genannt, weil er durch Hervorkehren einer radikalen Gesinnung den Kaiser zu ärgern liebte. Aus seiner Ehe mit der Prinzessin Chlotilde von Italien stammen die beiden Prinzen Napoleon.
An die Geburt des kleinen Napoleon knüpfen sich in Frankreich tausend Hoffnungen, mögen sie sich auch bei nüchternem Bedenken noch so aussichtslos erweisen. Der Franzose ist nun einmal Chauvinist; unter den Napolons erreichte Frankreich eine hohe Machtstellung, und das „kai
serliche Kind" ist von einem romantischen Schimmer in französischen Augen umgeben. Der Prinz Viktor Napoleon ist kein großes Licht, alle seine Eilasse und Proklamationen sind bisher gleichgiltig ausgenommen. Er hatte ja auch keinen Erben. Jetzt ist er der Vater seines Sohnes. Die Republik braucht sich nicht zu fürchten, aber der kleine Prinz Napoleon ist schon in der Wiege eine historische Person.
Napoleon des Ersten Sohn und Erbe starb als Herzog von Reichstadt in der Residenz seines Großvaters des Kaisers Franz von Oesterreich, in Schloß Schönbrunn bei Wien an der Schwindsucht. Er hat später den Namen Napoleon der Zweite empfangen, ohne je regiert zu haben. Des letzten Napoleon Sohn, Prinz Lulu, fie^ im Alter von 22 Jahren als englischer Offizier im Zulukrieg in Süd-Afrika. Er hätte Chancen (um das Jahr 1880 herum) für die Wieder-Errichtung des Kaiserreiches gehabt. Nun ist wieder ein Erbe der Napoleons da! Wer weiß, was ihm das Geschick beschert?
Die Eltern des kleinen Prinzen leben in Brüssel. Sie haben bisher keinerlei politische Repräsentation entfaltet und werden das auch jetzt nicht tun. Mer die Pariser Zeitungen werden dem „Kinde Frankreichs" sicher eine eifrige Berichterstattung widmen. Bemerkenswert ist. daß seit bald dreihundert Jahren in Frankreich kein Sohn dem Vater auf dem Thron folgte.
8 Vom starken Geschlecht. Ein norwegisches Blatt erzählt die folgende hübsche Geschichte: In Christiania, wo bekanntlich das Stimmrecht für Frauen besteht, ist eine junge Dame unterwegs, um Stimmen für einen Wahlaufruf zu sammeln. Sie gerät dabei an ein kleines Haus, wo im Innern eine fleißige alte Frau im Websiuhl sitzt. Auf ihr Pochen antwortet ein kräftiges Herein.
„Wollen Sie ihren Namen unter diesen Wahlaufruf setzen?' fragte die Dame.
„Nein, das will ich keineswegs," antwortete die alte Frau sehr bestimmt.
„Und warum nicht?'
„Das will ich Ihnen sagen, mein Kind. Es gibt in der Welt so wenig Dinge, die die Mannsleute allein besorgen können. Wenn sich also mal ein solches findet, soll man es ihnen weiß Gott auch überlassen.'
8 Der König von Spanten und die Presse. Die Madrider Journalisten haben sich jüngst zu einem Unternehmen zusammengeschlossen, das die Anlage einer Villenkolonie in der Nähe von Madrid für Mitglieder der spanischen Presse zum Zwecke hat. Der Preis jeder einzelnen Villa beläuft sich auf nur 15 000 Pesetas (12 000 Mk.). Am 14. Januar wurde feierlich der Grundstein zur ersten dieser Villen gelegt, und König Alfons ließ es sich nicht nehmen, in Begleitung des Ministerpräsidenten Dato der Feierlichkeit beizuwohnen. Bei dieser Gelegenheit unterhielt er sich in freundlichster Weise mit den Journalisten, und als diese den Wunsch aus- sprachen, die politische Information, die sie sonst jeden Tag beim Ministerpräsidenten nach Madrider Sitte einholen, heute vom König selbst zu erhalten, ging dieser mit größter Bereitwilligkeit auf den Wunsch ein. Dazu bemerkte der König dann wörtlich: „Man urteilt so oft ganz falsch über die Presse, denn die Journalisten, die ihre Pflicht erfüllen, sollten in ihrer Tätigkeit stets unterstützt werden." Diese königliche Auffassung über die Aufgaben und die Stellung der Presse beweist jedenfalls, daß die spanischen Zeitungen sich einer außerordentlichen Bewegungsfreiheit erfreuen. Auch zeigt das Madrider Villenviertel für Journalisten, daß Spanien, dem so oft Rückständigkeit vorgeworfen wird, in diesem Punkte sich in einer durchaus fortschrittlichen Bewegung befindet. Für die Stellung der Presse wenigstens dürfte es demnach heißen: Spanien voran!
- -- - - - - - . , . . . ^ ! i