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kuriose Sammlung/!' Tie Örtspolizei mußte hier einer alten, alleinstehenden Jungfrau das Wohnhaus ansräumen, weil sie es so voll getragen hatte mit alten Sachen wie Blechbüchsen. Schach­teln. Papierfetzen. Lumpen, alte Kleider allerlei Haus- und Küchengeräte, verschimmeltes Brot, kürz allem möglichen, was sie gerade auf der Straße fand oder von mildtätigen Leuten erhielt. Sogar Geld in kleineren Beträgen wurden an verschiede­nen Stellen gefunden. Sie konnte zuletzt selbst nicht mehr ins Zimmer, viel weniger ins Bett und mußte sich unter der Zimmertür zum Schlafen Hintegen. Ta dies nun in dieser Jahreszeit nicht mehr ratsam erschien und die Gemeindebehörde in Sorge war, sie könne erfrieren, mußte zur zwangsweisen Räumung der Wohnung geschritten werden. Einige Wagen voll mußten ans den Auf­füllplatz geführt und ein Paar Leiterwagen voll Lumpen wurden verkauft.

* Rottenburg, 18. Jan. (Russische Rehe.) Von den Jagdpächtern der hiesigen städtischen Wal­dungen wird eine größere Anzahl russische Rehe eingesetzt.

st Rottweil, 19. Jan. (Brand.) Im benach­barten Zimmern o. R. ist gestern nachmittag Feuer ausgebrochen, dem die zusammengebauten Anwe­sen der Bauern Andreas Bihl und Andreas Menk völlig zum Opfer fielen.

st Tübingen, 19. Jan. (Relegiert.) Ter" schon seit langem hier nicht mehr dagewesene Fall einer Relegierung (Ausschlusses von sämtlichen deut­schen Hochschulen) ist hier zu verzeichnen: laut An­schlag am schwarzen Brett der Universität wurde der Kandidat der Philosophie K. durch Beschluß des kleinen Senates relegiert. Und das zu Rechten. Tenn der Mann hatte es nicht unter seiner Würde gehalten, sich mit Kuppelei und Zuhälterei zu be­fassen.

st Tuttlingen, 19. Jan. Steigende Holz- Preise.) Die Holzpreise, die vor dem neuen Jahr mäßige waren, haben mit Eintritt strengerer Kalte angezogen. Für buchenes Scheiterholz wurden letzte Woche 11 Mk. Per Rm. und darüber bezahlt. Langholz galt bis zu 126 Prozent der Taxe, Pa­pierholz 10,20 Mk. per Rm.

* Warmbronn, 17. Jan. Bei der am 14. ds. Mts. hier vorgenommenen Ortsvorsteherwahl ha­ben von 120 Wahlberechtigten 111 abgestimmt. Stadtschultheißenamtsassistent Eugen Stumpf in Bad Liebenzell erhielt 72 Stimmen und ist als gewählt zu betrachten. Gemeldet hatten sich 4 Kan­didaten.

st Stuttgart, 19. Jan. (Vom Hofe.) Die Königin ist gestern abend nach Arolsen abgereist

st Stuttgart, 19. Jan. (Selbstmord.) Ge­stern vormittag 10 einviertel Uhr wurde im Ha­senbergwald ein 17 Jahre alter Baugewerkschüler erschossen aufgefunden. Es liegt Selbstmord vor.

st Stuttgart, 19. Jan. (Von der Turn er - schaft.) Der Kreisausschuß der Schwäbischen Tur- nerschaft hat im Auftrag des Reutlinger Kreis- turntages den bisherigen Kreisvertreter, Stadtrat Otto Hofsmeister in Ludwigsburg, zum Ehrenkreis­vertreter des Turnkreises Schwaben ernannt. Der Kreisausschuß hak ferner festgestellt, daß die Aus- trittsbewegung wegen des korporativen Anschlusses der Deutschen Turnerschaft an den Jungdeutschland­bund in Württemberg 42 meist ländliche und in der Umgebung von Industriestädten befindliche Ver­eine umfaßt. Dagegen sind 12 Vereine neu ein­getreten. Am 10. Juli wird das Kreisturn-

tember oder Oktober in Stuttgart einWetturnen der besten Geräte turn er des Landest, am 15. November gleichfalls in Stuttgart ein ordent­licher Kreisturntag mit der Wahl eines neuen Kreisvertreters an Stelle des zurückgetretenen Hoff­meisters abgehalten.

I s Niederstetten, 19. Jan. (Im Eis ertrun­ken.) In Elpersheim Oberamt Mergentheim ver­gnügte sich eine größere Anzahl Kinder mit Schlittschuhlaufen auf dem Eise der Tauber. Plötz­lich brach ein lljähriger Knabe ein. Trotz sofort herbeigeeilter Hilfe gelang es nicht, ihn zu retten.

st Welzheim, 19. Jan. (W a s s e r bet r u g.) D-em Besitzer einer Schnapsbrennnerei im Welzheimer Bezirk, der seinen Wasserbedarf von der Gemeinde­wasserleitung bezog, kam der Wasserzins immer zu hoch vor. Um dem abzuhelfen, ließ er ein Leit­ungsrohr vor der Wasseruhr anbringen. Ein Ar­beiter. der es wußte und wegen einer Auseinander­setzung mit seinem Dienstherrn entlassen worden war, hat Anzeige erstattet. Es stellte sich nun heraus, daß der Wasseruhrenköntrolleur. ein Schmied, das Leitungsrohr vor die Uhr anmontiert hatte. Beide werden sich nun vor Gericht zu verantworten haben.

st Von der bayrischen Grenze, 19. Jan. (Jäm­merlicher Tod.) Zwischen Großkissendorf und Rieden unweit Nen-Ulm fand der Ulmer Bote Anton Schick eine junge Frau anscheinend erfroren auf. Es stellte sich heraus, daß es die an Epilepsie leidende 29 Jahre alte Taglöhnerin Barbara Mül­ler von Langeneusnach war. Sie hatte mit einem beim Straßenbau beschäftigten Taglöhner in einem kleinen Wohnwagen zusammengelebt und war vor­mittags fortgegangen, um nach Bühl zu petzen. Un­terwegs erlitt sie einen Anfall, siel mit dem Ge­sicht in den Schnee und erstickte.

deutscher Reichstag.

Deutsches Reich.

Ordensverleihung an Oberst v. Reuter.

st Berlin, 19. Jan. Aus Anlaß des gestrigen Ordensfestes ist dem Kommandeur des Infanterie­regimentes Nr. 99. Oberst von Reuter, der Rote Adlerorden dritter Klasse mit der Schleife ver­liehen worden.

Zivilklage gegen Oberst v. Reuter, st Straßburg i. E., 19. Jan. Die Zivilklagen gegen den Oberst v. Reuter wegen widerrechtlicher Freiheitsberaubung usw. sollen wie verlautet, be­reits in der nächsten oder übernächsten Woche vor dem Zaberner Landgericht verhandelt werden, das nach Z 70 Abs. 2, Ziffer 2 des Gerichts-Verfassungs­gesetzes zuständig ist.

Zabern-Jntcrpellationen im Reichstage, st Berlin, 19. Jan. Die Besprechung der Za- bern-Jnterpellationen im Reichstage ist für den nächsten Donnerstag in Aussicht genommen.

Elsaß-Lothringischer Landtag * Straßburg, 19. .Jan. Die Erste Kammer des elsaß-lothringischen Landtages beschäftigte sich heute mit der Interpellation über Zabe rch. Tie Interpellation wurde in einer Rede von Dr. Cutius begründet und Staatssekretär Zorn v. Bu­lach erklärte namens der Regierung, daß sie von der in Aussicht gestellten Nachprüfung der preu­ßischen Dienstvorschriften die nötige gesetzliche Klar­heit erwarte.

fs Berlin, 19. Januar.

Tagesordnung: Etat des Reichsamts des Innern. Aus Vorschlag des Abg. Bassermann (natl.) die am Samstag erfolgte Trennung der Aussprache in den sozialpolitischen und wirtschaftlichen Gegenständen wieder aufzuheben, da sich die Trennung praktisch nicht durchführen läßt. Abg. Mayer (Ztr.): Die deutsche Volkswirtschaft steht vor einer Depression der Konjunktur. Diese ist international und man hofft, daß sie nicht lange anhält. Auf dem Anleihemarkt zeigt sich ebenfalls eine tiefe Depression. Das Kohlensyndikat trägt die Schuld daran, daß die Kohlenpreise in Deutschland die höchsten in der Welt waren. Amerika hat neuerdings eine unfreundliche Haltung gegen Deutschland gezeigt, die wir uns^ nicht gefallen lassen dürfen. Abg. Keinath (natl.): Gefährlicher als das Wirken der deutschen Verbände scheint uns das Eindringen von Trusts mit amerikanischen Ge- schäftsgewohnheiten zu sein. Erfreulich ist, daß die Jugend­pflege energisch gefördet wird. Die Bekämpfung der Tuber­kulose muß noch wirksamer als bisher unterstützt werden. Redner wünscht dann reichsgefetzliche Regelung des Sub­missionswesens und erklärt, das lebhafte Interesse seiner Partei für die Sozialpolitik. Abg. v. Grafe-Göstrow: spricht sich gegen eine übereilte Sozialpolitik aus. Sie dürfe nicht nur die Arbeiterfürsorge im Auge haben, sondern auch den Ausgleich aller Wirtschaft!, sozialen Interessen. Für die Jugend­fürsorge sei auch seine Partei. Redner wendet sich auch zu den Sozialdemokraten, denen er unlogisches Verhalten vor» wirft. Denn sonst müßten sie für den Schutz der Arbeits­willigen eintreten. Weiter wendet sich Redner gegen den Warenhandel der Beamten und tritt zum Schluß für eine besonnene Sozialpolitik ein. Dienstag 1 Uhr Anfragen, Weiterberatung.

Ausland.

st Athen, 19. Jan. Königin Sophie ist mit dem Thronfolger und Gefolge heute Mittag nach Berlin abgereist.

Tie deutsche Militärmission.

st Paris, 19. Jan. Wie dieLiberte" aus Konstantinopel meldet, ist der türkische Oberstleut­nant des Generalstabes, Nury, an Stelle des Ge­nerals Liman von Sanders zum Kommandeur des ersten Armeekorps ernannt worden.

Ter siegreiche Essai» Pascha, st Belgrad, 19. Jan. Das Blatt ,,Balkan" mel­det: Die Truppen Essad Paschas haben Elbassan eingenommen. Ein Teil der Stadt steht in Flam­men. Ein großer Teil der Bevölkerung hat vor dem Eindringen der Truppen Essad Paschas die Stadt verlassen. Unter dem zurückgebliebenen Teil der Bevölkerung haben die Truppen ein furcht­bares Massakre angerichtet. Der Bürgermeister der Stadt soll ermordet worden sein.

Von Nah und Fern.

Ein entsetzlicher Unglücksfall. In Berlin wurde der Universitätsprosessor Frhr. Hermann v. Soden, Pfarrer an der Jerusalemer Kirche, als er aus dem Untergrundbahnhof Vodbielsli-Allee den schon in Fahrt befindlichen Zug besteigen wollte, durch eine Bewegung des Zuges weggestoßen und mit dem Kopf an die Tunnelwand geschleudert. Dr erlitt eine Gehirnerschütterung, an deren Folgen er wenige Stunden später verstarb. Professor v. Soden war am 16. August 1852 in Cincinnati

Lerekrucbt.

Beklage dich nicht auf deinem Pfad,

Daß dir's an Raum zum Handeln kehle;

Ein jeder Klang aus voller Seele Ist eine wirkungsvolle Tat.

E. Geibel.

Die Uhr als Lebensretter.

Aus den Erinnerungen eines alten Seemanns.

Von Hilde Hanns.

Während der letzten Sommerferien befand ich mich in dem reizenden D, einem kleinen Dorf aus Fischland. Die Zahl der Sommergäste, die sich hier zusammengefunden hat­ten, war nur gering; um so gemütlicher war der gesellige Verkehr. Hier an der Wasserkante konnte ich mich reichlich dem geliebten Wassersport widmen. Die edle Kunst des Segelns erlernte ich unter Anleitung eines alten Kapitäns. Dieser war ein prächtiger alter Herr, der über 40 Jahre seines Lebens auf den Schiffsblanken zugebracht und fast alle Meere befahren hatte. Behaglich sein Pfeifchen schmauchend, saß er gewöhnlich auf der Ruderbank und überließ mir die Führung des Bootes. Zuweilen gab er dann einige Schnurren aus seinem Seemannsleben zum besten. Schon lange hatte seine Taschenuhr, deren altertümliches, verbeultes Gehäuse an die .Nürnberger Eier" erinnerte, mein lebhaftes Interesse erregt, und so fragte ich ihn, als er gerade einmal nach der Zeit sah: .Diese Uhr ist wohl ein altes Erbstück?'

.Ganz recht, mein Vater hat sich schon ihrer bedient, und ich habe sie von ihm geerbt. Die Uhr ist mir ein teures Andenken, und ich werde mich wohl im Leben niemals von

ihr trennen, hat sie doch meinen Vater und auch mich vor dem sicheren Tode bewahrt.'

Er sah es mir wohl an, daß ich gern mehr davon hören mochte, denn nachdem er seine Pfeife von neuem gestopft und in Brand gesetzt hatte, begann er unaufgefordert zu er­zählen :

.Es mag um das Jahr 1850 gewesen sein, als mein Vater diese Uhr von einem jüdischen Händler auf der Ham­burger Reede erstand. Er war damals zweiter Steuermann eines Vollschiffs, das seinen Kurs nach Ostindien nehmen sollte. Das Schiff warf zur Vervollständigung seiner La­dung im Hafen von Lissabon auf einige Tage Anker. Mein Vater, dem die Beaufsichtigung bei Verstaung der Ladung oblag, hatte keinen Landurlaub nehmen können. Wohl aus diesem Grunde schickte der Kapitän ihn mit einem wichtigen Schreiben an ein Lissaboner Geschäftshaus kurz vor Abgang des Schiffes an Land, und zwar mit der Weisung, innerhalb dreier Stunden wieder an Bord zu sein. Um die Zeit nicht zu versäumen, nahm mein Vater seine Uhr mit, nachdem er sie genau nach der Schiffsuhr gestellt hatte. Den Brief hatte er abgegeben. Das Antwortschreiben in der Tasche, schleuderte er langsam durch die Stadt. Trotzdem er noch Zeit hatte, wollte er sich schon dem Hafen wieder zuwenden, als ihm aus einem Weinschank Bekannte zuwinkten. Es waren Landsleute, die zur Mannschaft eines englischen Schoners gehörten, der erst vor einigen Stunden den Hafen angelaufen hatte. In üblicher Weise wurde das Wiedersehen mit einigen Schoppen Wein gefeiert. Man plauderte über Fahrt­erlebnisse und Heimatserinnerungen, die Zeit verfloß im Fluge; der genossene schwere Wein mag sein Uebriges getan haben, kurzum, vom Hasen ertönte plötzlich ein Böllerschuß, der das Auslaufen eines Schiffes anzeigte. Bestürzt sah mein Vater nach der Uhr, konnte sie aber beruhigt wieder wegstecken, denn sie zeigte ihm an, daß er noch ein Stündchen

zum Plaudern übrig habe. Es wurden noch einige Gläser geleert, bis er von neuem die Uhr hervorzog. Ein Schreck durchfuhr seine Glieder und ernüchterte ihn; denn er ent­deckte, daß seine Uhr immer noch dieselbe Stunde zeigte. Erkundigungen ergaben, daß sie vor etwa zwei Stunden stehen geblieben war. So schnell, wie ihn seine Füße trugen, eilte er zum Hafen. Es war zu spät. Das Schiff hatte seinen Ankerplatz verlassen, sein Kiel durchschnitt schon die Wogen des offenen Meeres. Die Uhr hatte durch ihr Stehenbleiben ihm aber das Leben gerettet, denn wie er nach Jahresfrist erfuhr war das Schiff in der Nähe des Kaps der guten Hoffnung bei heftigem Sturm gescheitert und mit Mann und Maus untergegangen.'

Ich möchte die Rettung Ihres Vaters eher dem Zu­sammentreffen mit seinen Landsleuten zuschreiben,' warf ich ein.Sagen Sie das nicht,' entgegnete er,was ich Ihnen jetzt erzählen werde, wird Ihnen eine andere Ansicht bei- bringen. An einem regnerischen Apriltage des Jahres 1877,' so fuhr der Kapitän fort, .verließ ich mit meinerDorothee", einer schmucken Barke, den Hamburger Hafen. Ich hatte Ladung für Rio de la Plata. Es machte damals Schwierig­keit, gute deutsche Mannschaft für ein Segelschiff zu heuern. Der fortschreitende Bau der 'deutschen Küstenverteidigung, aus der unsere heutige Kriegsflotte entstanden ist, die macht­volle Entwicklung der Handelsmarine saugten den Kern unserer Küstenbevölkerung auf. Besonders zu den Hamburger Dampfsch'ffsgesellschasten drängte sich unser Seevolk, winkte ihm doch reichlicher Verdienst, kurze Fahrt und gute Kost. Mit unfern kleinen Seglern von geringer Betonnung und monatelanger Fahrt konnten wir den Wettbewerb natürlich nicht aufnehmen. Genug davon. Der größte Teil meiner Leute hatte schon mehrere Fahrten mit mir gemacht, und es war mir gelungen, noch einige flinke Jungen zu heuem, so daß die Besatzung zur Not ausreichte. (Schluß folgt.)