Landesnachrichten.

* Martinsmoos, 24. Nov. Hier wurde ein Kohl­rabi geerntet, der das stattliche Gewicht von 18 Pfund auf w eist.

- Calw. 25. Nov. Bei der gestern stattgesunde- nen. Versteigerung der Konkursmasse des Fuhr­manns Beck wurden 4000 Mk. über den Voranschlag für Gebäude und Liegenschaft erlöst. Dadurch gibt sich der gewiß seltene Fall, oaß bei diesem Kon­kurs nicht nur alle Gläubiger vollbefriedigt wer­den, sondern daß dem Schuldner Beck noch etwa H000 Mk. herausbezahlt werden können. Bei Be­rücksichtigung aller Umstände hätte somit ein Kon­kurs vermieden werden können.

si Rottenburg, 25. Nov. (Großfeuer.) Die am linken Neckarufer stadtabwärts gelegene Oet- tinßer'sche Mühle ist niedergebrannt. Das Feuer scheint durch Heißtaufen eines Lagers an der Hauptwelle im zweiten Stock entstanden zu sein. Die Feuerwehr mußte sich darauf beschränken, das Feuer von der nur durch den schmalen Mühlkanal getrennten großen Diener'schen Mühle abzuwehren. Die vierstöckige Oettinaer'sche Mühle glich bald von unten bis oben einem riesigen Flammenherd.

si Stuttgart, 25. Nov. (Erinnerungsme­daille. 31 Krieger- und Militärvereine, die dem württembergischen Kriegerbund 25 Jahre an­gehören, haben in diesem Jahre vom König dlie Er­innerungsmedaille 1870/1895, die an der Fahne befestigt wird, erhalten.

ff Waiblingen, 25. Nov. (Junge Lebens­retterin.) Als gestern beim städtischen Schüler­bad der 3 Jahre alte Knabe des Gottlieb Enz ins Wasser gefallen war, befand sich außer der 13 Jahre alten Fanny Mittoni und den kleinen Ka­meraden des ins Wasser Gefallenen niemand in der Nähe. Mit Mut und Umsicht sprang das Mädchen dem Kind in das ziemlich tiefe Wasser nach und entriß es dem Tode.

st Vaihingen a. Enz. 25. Nov. (Die Samm­ln n g s ü r M ü h l h a u s e n. Nicht viel über 16 000 Mark hat die im ganzen Lande veranstaltete Sammlung für die Opfer des Mordbrenners Wag­ner und ihrer Hinterbliebenen in Mühlhausen bis jetzt erbracht. Die Sammlung soll in den nächsten Tagen abgeschlossen werden.

si Neuffen, 25. Nov. (W e i d m a n n s P e ch.)' Der Pächter der hiesigen Gemeindejagd hatte das Unglück, einen Treiber aus Frickenhausen anzu­schießen, dessen Zustand besorgniserregend ist.

Göppingen, 25. Nov. (Tödlicher Un­fall. Beim Heben eines Kessels riß der Fla­schenzug entzwei. Der Maurer Rudolf Köller von Kleinsüßen wurde getroffen und erlitt eine töd­liche Schädelverletzung.

si Ulm, 25. Nov. (Ter G a t t e n m ö r d e r.) Aus Göppingen ist gestern hier der Gattenmörder Reick vom Waldeckhof ins Untersuchungsgefängnis eingeliefert worden. Seine Aburteilung wird in der nächsten Schwnrgerichttaaung erfolgen.

j s Weingarten, 25. Nov. (Die Wurstvergif­tung.) Sämtliche an Wurstvergiftung erkrankt ge­wesenen Mannschaften des 2. Bataillons, etwas über 100 an der Zahl, sind wieder dienstfähig und aus der Revierbehandlung entlassen. Es soll sich um Vergiftung durch Leberwürste handeln, von denen Proben "zur chemischen Untersuchung gegeben

M Lerekrucbt. M

Erfüllen muß die Menschheit ihre Sendung Im ruhelosen Streben nach Vollendung;

Du aber siehst, anstatt ihr Vorwärtswallen,

Ost nur der Menschheit Schatten rückwärts fallen.

Die beiden Tubus.

Erzählung von Hermann Kurz.

Fortsetzung.

Mittlerweile stellte er alle noch vorrätigen Schätze seines Geistes aus, um den fürstlichen Gast würdig zu unterhalten. Durch seinen Aufenthalt in den nördlichen Staaten Deutsch­lands mit der Residenz desselben und ihren Verhältnissen einigermaßen bekannt, zog er die dortigen Beziehungen, wie sie ihm beistelen, eine nach der anderen ins Gespräch, und die Gewandtheit, mit der er dies tat, erfüllte ihn selbst, den so lange von der Welt Abgeschiedenen, innerlich mit Erstaunen, besonders im Gegensätze zu seiner Frau, die gleichsam nur in halber Lebensgröße umherging, da sie vor ehrfurchtsvollem Schrecken beständig wie in den Boden gesunken war.

Er sah sich bereits in * *' aus weithin sichtbarem Posten angestellt, ein Monument der Blindheit seiner engeren Heimat, die eine ihrer besten Kräfte nicht zu schätzen gewußt. Die schon halb eingerostete Technik seines einst so beweglichen Kopfes kam immer besser in Gang er sprühte sprühte vielleicht etwas zu stark für einen ermüdeten und von dem erlittenen Unfall noch angegriffenen Reisenden, der nicht bloß Fürst, sondern auch Mensch war und zuletzt mit melan­cholischer Energie zu Bette verlangte, so daß das Geistes-

wurden. lieber die Herkunft der Würste ist immer noch nichts Genaues bekannt.

st Hechingen, 25. Nov. .(Die zärtkiche Gat­tin.) Die wegen Mordversuchs an Wrem Ehemann steckbrieflich gesuchte Frau Pfister von Gruol ist jetzt ins hiesige Untersuchungsgefängnis eingelie­fert worden. Sie ist offenbar von ihrem Mann seit Jahren recht schlecht behandelt worden und hat dann in einer plötzlichen Anwandlung ihm die Beilhiebe, aber nicht mit dem Beil selbst, sondern mit dem Stiel, verabreicht. Dann versteckte sie sich aus dem Heuboden und traute sich erst wieder hervor, als sie es vor Hunger nicht mehr aus- halten konnte.

st Ettishofen, 25. Nov. (Brand.) Heute Nacht 12 Uhr brannte das Sägewerk des Wilhelm Rei­chert bis auf den Grund nieder. Sämtliche Holz­vorräte konnten noch rechtzeitig gerettet werden.

Das Geständnis der Kindsräuberim.

st Stuttgart, 25. Nov. Im Laufe des heute vormittag vorgenommenen Verhörs hat die Kinds­räuberin Anna Grein endlich ein Geständnis abgelegt. Anna Grein hatte am 4. Juni ein uneheliches Kind bekommen und verbrachte die Wochenbettzeit bei einer Hebamme in Fürth. Nach neuntägigem Aufenthalt daselbst wollte sie sich zu ihren Eltern begeben, die sie jedoch angeblich nicht aufnahmen, indem sie ihr schrieben, sie dürfe nicht nach Hause kommen. Sie will sich das so Zu Herzen genommen haben, daß sie, nachdeiw sie einen Vormittag und einen Nachmittag lang mit dein Kinde in Fürth nmhergeirrt war, in an-geblicher Verzweiflung ihr eiaenes uneheliches Kind auf einer Wiese in der Nähe von Fürth! getötet und beseitigt hat. Am 7. Juli fand dann Anna Grein eine Stellung als Dienstmädchen in Stuttgart. Im August und September wurde bei ihr wiederholt amtlich ungefragt, wo das uneheliche Kind fei. Um ihre Schuld zu verheimlichen und sich dem Bor­mundschaftsgericht gegenüber ausweisen zu können, raubte sie dann am 11. Oktober in Stuttgart das Kind, brachte es nach Fürth und meldete es dort an. Die Kriminalpolizei kam dem Kind auf die Spur und verhaftete die Räuberin. Heute früh sind die Eltern des Kindes, die Mechaniserseheleute Maier, nach Fürth gereist, um ihr Kind zu holen.

Deutsches Reich.

* Aus Kurhessen. 25. Nov. Die große Eder­talsperre geht ihrer Vollendung entgegen: zu Beginn des neuen Jahres sollgesperrt" werden. Damit der Abhaltung diesesEröffnungs"!-Tsr- mins nichts im Wege steht, muß alles verschwin­den, was sich oberhalb der Sperrmauer bei Hem­furth und Urygegend befunden hat; das große Bek- ken mußinhaltslos" sein, schon, weil ein Hoch­wasser eine frühere Eröffnung herbeiführen könnte. Das Rodungs- und Verbrennungs-Geschäft blühte; Baum und Strauch mußte umgehauen, ja jedA Maulwurfshanfen mußte sozusagenabgetragen" werden; große Strohdiemen wurden einfach ein­geäschert, weil man nicht wußte, wohin schnell damit. Von den wohlhabenden Ortschaften Berich und Bringhausen verschwand der letzte Rest. Der letzte Bericher, der die heimatliche Scholle verließ, war zugleich Dorfschulze, Posthilfsbote und Wirt.

feuerwerk seines Wirtes, der ihn nicht länger aufzuhalten vermochte, noch vor Anwendung der zündendsten Effekte unterbrochen wurde. Die Verzweiflung desselben, dem hohen Gaste ein schlechtes Nachtlager anweisen zu müssen, während modernste Matratzen, gesteppte Decken, französische Teppiche, um schweres Geld und die besten Worte aus einem berühmten Gafthofe der Umgegend gemietet, im Anzuge waren ihn ungegessen zu Bett zu schicken, während ein pfarrhäuslicher Nahrungsstand für Monate zu einem einzigen Souper homöo- pathisiert herangeflogen kam mit Worten ist diese Ver­zweiflung nicht zu schildern.

Aber auch dem Prinzen, dem ohnehin nicht auf Rosen gebettet war, folgte die Strafe für seine Ungeduld auf dem Fuße nach; denn kaum mochte Se. Hoheit eine Stunde zu ruhen gehabt haben, so war es mit der Nachtruhe gänzlich vorbei. Der erste Vortrab der Lieferungsemissäre erschien, von Viertelstunde zu Viertelstunde langten andere an, je nach den Entfernungen und den Gesetzen ihrer eigenen Bewegung, und das Getrappel und Getrampel hörte die ganze Nacht nicht auf. Die Pfarrsamilie war aufgeblieben, um die be­stellten Gegenstände, man denke sich mit welchen Gefühlen! nach und nach in Empfang zu nehmen.

Mit dem frühsten Morgen traf das fürstliche Gefolge auf dem Schauplatz ein. Es hatte seinen Herrn die Nacht hindurch nach allen Richtungen gesucht, mancherlei Aben­teuer bestanden und erst im Dämmerungsgrauen, durch einen mit leeren Händen heimkehrenden Nachzügler zurechtgewiesen, die Fährte des edlen Wildes aufgespürt. Der Prinz, froh, aus den Federn oder vielmehr aus der Spreu und dem Seegras zu kommen, eilte zu den Seinigen hinab, die ihn mit Begeisterung umringten, so daß er die Wohnstube, in der eine ganze Christbescherung ihm erzählt haben würde, wie hoch man ihn zu ehren bestrebt gewesen sei, gar nicht mehr zu sehen bekam. Er bedeutete dem nachstürzenden

Mit derMühle im Tal" machte das Battamt kür­zen Prozeß: es ließ sie anzündeü, nachdem das eingemeindete Elektrizitätswerk vowher entfernt worden war. Was an Kunstbauten im Edertal von der Niederlegunst verschont blieb, ist bloß die Brücke bei Asel; den Brücken bei Berich und Bringt- hausen wurde durch Minen ein krachender Garaus- gemacht. Die letzten ragenden Bauwerke aus der riesigen Sperrmauer sind ein Laufgang und eine Wärterstation, von der aus die zum Sperrbetriebe nötigen Geschäfte reguliert und überwacht werden.

js Berlin, 25. Nov. Die vom Reichstag seiner­zeit gestrichenen drei Kommandantenstellen in Karlsruhe, Darmstadt und Königsstein werden in dem neuen Militäretat für 1914 wieder angiS- fordert mit der Begründung, daß diese Posten aus militärischen Gründen und zur Erfüllung der in den Militärkonventioneu übernommenen Verpflich­tungen nötig seien.

Sieben Arbeiter totgesahren.

* Berlin, 24. Nov. Heute vormittag fuhr der Probezug 8353 zwischen Karlshorst und Sadowa in eine Arbeiterrotte. Es wurden hierbei getötet sechs Arbeiter und schwer verletzt zwei, von denen der eine auf dem Transport nach dem Kran­kenhause verstarb.

Tie Kaiserreise nach Baden und Württemberg.

si Neues Palais« bei Potsdam, 25. Nov. Der Kaiser gedenkt morgen mittag eine Reise nach Schlesien, Baden und Württemberg anzutreten. Die Kaiserin wird den Kaiser nach Primkenau beglei­ten. Für den Aufenthalt in Donaueschingen, Baden und Stuttgart wird der Hofmarschall Graf von Platen durch den Hausmarschall Freiherrn v. Lynk- ker abgelöst werden. Zum Gefolge treten hinzu: die Geueraladjutanten Generaloberst v. Plessen und General der Infanterie Freiherr v. Lyncker.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 25. Nov. '

Präsident Dr. Kämpf eröfsnete die Sitzung um 2.18 Uhr und begrüßte die Abgeordneten. Er gedenkt sodann der inzwischen verstorbenen 5 Mit­glieder des Reichstages, Kohl, Klose, Lender, Graf Kanitz und Bebel und erinnert an ihre umfang­reiche und eingreifende parlamentarische Tätigkeit. Der Präsident erinnert sodann an den Untergang der beiden MarineluftschifseL. 1" undL. 2". Der Reichstag werde all diesen Männern, die dort umgekommen seien, ein ehrendes Andenken be­wahren. Das Haus hat sich von den Sitzen er­hoben. Darauf teilt der Präsident die Na­men der neueingetretenen Abgeordneten mit und verliest die eingehenden Interpellationen. Un­ter den Eingängen befindet sich der Etat, die In­terpellation der Sozialdemokraten über die Ar­beitslosenversicherung und die der Fortschrittlcr über die Vorgänge in Zabern. Das Haus tritt darauf in die Tagesordnung ein. Auf ihr stehen Petitionen. Eine Petition betr. Maßnahmen ge­gen das Ueberhandnehmen von Warsü- usern, Filialen, Konsumvereinen usw. soll nach dem Antrag der Kommission der Re­gierung als Material überwiesen werden. Der

Pfarrer, daß er jetzt doppelte Eile nötig habe, um die ver­säumte Zeit einzubringen, und da er zugleich in der Weise der Großen, die das Wort sehr geschickt von der Tat ab­zuschälen wissen, den größten Eifer bezeigte, die Dame des Hauses auszusuchen, ohne jedoch einen Fuß zu rühren, so blieb dem Pfarrer nichts übrig, als seine Frau herabzu­rufen.

Der Abschied wurde am Fuße der uns schon bekannten Freitreppe genommen. Der Prinz ging zu seinem Wagen und winkte seinen Reisemarschall heran, der nach kurzer Unterredung zu dem Pfarrer kam und ihm einige Goldstücke für die Dienerschaft* einhändigen wollte. Der Pfarrer verbeugte sich ablehnend, indem er mit anständiger Frei­mütigkeit erklärte, daß er weder Knecht noch Magd habe, und daß die Bedienung in seinem Hause rein patriarchalisch sei. Exzellenz zog sich mit Apprehension zurück und erstattete dem Gebieter Rapport, worauf der Pfarrer an den Wagen gerufen wurde. Der Prinz drückte ihm wiederholt seinen Dank in den gnädigsten Worten aus und reichte ihm sodann nach eimem verlegenen Zaudern von ein paar Sekunden aus einer Nische des Wagens sein kostbares Reisefernrohr mit der Bitte, es zum Andenken zu behalten.

Darauf kehrte er zu dem unterbrochenen Opferfeste der Gastfreundschaft zurück. Da lagen sie nun, die Kostbarkeiten alle; das meiste war gekauft und bezahlt, das wenigste konnte zurückgegeben werden. Ein Teil der Eßwaren fordert schleunigst in Angriff genommen zu werden, wenn es nicht verderben sollte. So war denn im Pfarrhause von U .. . bürg der Luxus eingezogen, freilich für ein paar Tage bloß, und in den paar teuer erkauften Tagen dachte der Pfarrer alter unnenn­barer Stunden, und ging der Frau und den Kindern ein Begriff vom Paradies der Reichen auf.

Wie aber die feinen Genüsse auch auf die Verfeinerung der Seelenvermögen, besonders der Vorstellungskraft, einwirken,