Abend unterschrieben in der „Neuen Welt" 582 Anwesende die Kirchenaustrittserklürung, die Zahl der Gesamtaustritte an diesem Abend betrug 1328. Gegenüber diesen Ausführungen trit eine Rede des Monistenführers Geheimrat .Ostwald in den Hintergrund. Es ist aber vorerst wohl noch sehr zweifelhaft, ob der sozialdemokratische Pareitag jene Losung zu der seinen machen wird.
Verteilung der Nativnalspende für ev. Missionen.
Tie dem Kaiser zum RegierungDjubiläum dargebrachte Nationalspende zugunsten der christlichen Missionen in den deutschen Kolonien und Schutzgebieten, die auf ev. Seite 3 einhalb Millionen betrug, ist durch kaiserlichen Erlaß vom. 29. Oktober verteilt worden. Dis Beträge für die Missionsgesellschaften, die insgesamt 2 825 000 Mk. erhalten, sind zu 80 Prozent nach der Kopfzahl ihrer Berufsarbeiter, zu 20 Prozent nach der Zahl ihrer Schulen und Schüler in den Kolonien zugeteilt, wobei besondere Verhältnisse berücksichtigt wurden. U. a. erhalten die Basler Missions-Gesellschaft 455 095 Mk., Berliner Missions-Gesellstbast 497 640 Mark, Barmer Missions-Gesellschaft 235 626 Mk., Missions-Gesellschaft der Brüdergemeinde 218 269 Mark, Leipziger Missions-Gesellschaft 202 422 Mk., Breklumer Missions-Gesellschaft 104 449 Mk., Bielefelder Missions-Gesellschaft 167 540 Mk., Allgem. Evang.-Protest. Missionsverein 118 126 Mk., Neuen- dettelsauer Missions-Gesellschaft 149 732 Mark. 1/5 000 Mark sind zu Einrichtungen bestimmt, di? allen oder mehreren Missionsgesellschasten gemeinsam dienen: hiervon ist mit 100-000 Mk. "bedacht das Deutsche Institut für ärztliche Mission in Tübingen. Mit dem Nest der Spende soll ein? dauernde Organisation der deutschen evangelischen Missionsarbeit geschaffen werden.
Deutsches Bürgerrecht.
Die Kunde, daß ein neues Gesetz neue Möglichkeiten für den Erwerb der deutschen Reichsund Staatsangehörigkeit eröffnet, ruft allenthalben, besonders in den Kreisen ehemaliger Reichsanrje- höriger erwartungsvolle Bewegung hervor. So Mancher, der vor vielen Jahren Deutschland verlassen und, oft ohne es zu wissen, sein deutsches Bürgerrecht verloren hat, der aber im Herzen doch deutsch geblieben ist — so Mancher, der einst seine Entlassung aus dem heimatlichen Staatsverbande erwirkte, um von Pflichten frei zu werden, dem aber inzwischen die bittere Erkenntnis aufge,gan- gen ist, daß er damit auch seine Rechte und fein Vaterland verloren hat — so manche Frau, die einem Ausländer in die Ehe gefolgt ist und nun als Witwe mit ihren Kindern vor verschlossenen Türen steht — so mancher Fremde, der in deutschem Wesen und deutscher Bildung groß geworden ist und sehnlichst gewünscht hat, Deutscher zu werden — sie fragen jetzt voll Wunsch und Hoffnung nach dem Inhalt des neuen Gesetzes- Allen diesen zu raten und nach Möglichkeit zu helfen, erachtet der Verein für das Deutschtum im Ausland als seine vornehmlich«, im Rahmen seiner Aufgaben liegende Pflicht. Die bei der Geschäftsstelle Berlin W. 62, Kurfürstenstr. 105 bereits einge-gangene große Zahl von Anfragen und Anträgen, besonders aus Amerika, England, Oesterreich-Ungarn, Rußland und der Türkei, auch aus dem deutschen Reiche läßt erkennen, wie dringend notwendig die
rerelrucdi.
Zwischen heut und morgen Liegt eine lange Frist; Lerne schnell besorgen,
Da du noch munter bist.
Goethe.
Dom Guten das Beste.
Erzählung von A. Hottner-Grefe. sFortsetzung.f sNachdruck verbotenst
Vas klang so einfach, just so, als wären sie erst gestern voneinander gegangen.
Er nahm die Finger und preßte seine Lippen darauf. Etwas entgegnen konnte er nicht. Sie sprach auch schon weiter:
„Ich kann nicht lange dableiben — gerade eine Stunde und zwanzig Minuten, dann muß ich zurück, denn ich muß mittags in Wien sein, zu Hause noch nachschauen und so schnell als möglich zum Nordbahnhof. Ich fahre mit dem Zweiuhr-Schnellzuge nach Krakau. Gestern abend kam ein Telegramm Herberts: Felix hat einen neuen Anfall gehabt, es geht — nach menschlicher Voraussicht — zu Ende."
„Zu Ende?"
Frank Weltin sah sie fassungslos an. Er hatte früher immer gehört, daß Felix von Laßwitz sich körperlich ziemlich wohl befinde. Nun erschütterte ihn diese Nachricht tief.
Sie neigte den kleinen Kopf.
„Eine Erlösung von furchtbarem Leiden," sagte sie. »Seit einem halben Jahre hat er Unsägliches durchge-
gesetzgeberische Neuregelung der Sraatsangehöria- keitsfragen war und welch' leb.eudiaes Bedürfnis zur Wiederaufnahme in den einstigen Rechtsverband mit dein alten Vaterlande besteht.
Französische Matrosen von einem deutschen Dampfer gerettet.
Ein Telegramm aus Hamburg, meldet: Nach einem bei der Hamburg-Ämerika-Linie einaelaü- fenen Funkentelegramm hat der von Mexiko kommende Dampfer der Hamburg-Amerika-Linie „Kronprinzessin Cecilie" Donnerstag, 3 Uhr morgens, auf 43 Grad 50 Minuten nördlicher Breite "und 20 Grad 50 Minuten westlicher Länge 22 Mann Von der Besatzung der durch Sturm verschlagenen französischen Bark „Patrie" aus Fecamp an Bord genommen. Drei Mann der Besatzung der Bark, welche vom Fischfang bei Neufundland zurückkehrte, sind ertrunken. „Kronprinzessin Cecilie" bringt die Geretteten nach Havre. Das Wrack ist in Brand gesetzt worden.
Landesnachrichten.
* Berneck, 2. Nov. Zu gunsten der Erneuerung unserer Kirche wird der derzeitige Ortsgeist- liche, Stadtpfr. Akbrecht Werner, am Donnerstag,. 13. Nov. in der Stuttgarter Liederhalle einen Liederabend geben. An dem Abend wirken auch Frau Dagmar Benzinger und Prof. Benzinger mit. Das Protektorat über die Veranstaltung hat I. Kgl.. H. Frau Prinzessin Max zu Schaumburg-Lippe übernommen.
* Fünsbronn, 2. Nov. Vom ev. Oberschulrat wurde eine hiesige ständig? Lehrstelle dem Schulamtsverweser Otto Hasenmaier in Rotenbach OA. Neuenbürg übertragen.
- Nagold, 2. Nov. (Hauptkonferenz.) Letzten Freitag versammelten sich die Lehrer des gesamten Schulbezirks Nagold im Festsaal des hiesigen Seminars. Der Vorsitzende, Schulrat Schott, leitete die Hauptkonserenz mit Worten der Erinnerung an die verflossene Jahrhundertfeier von 1813 ein, und die Lehrer bekräftigten dieselben mit dem altniederlündischen Dankgebet von Kremser. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand die „Arbeitsschule" als neue, moderne Unterrichtsmethode. Oberlehrer Otterbach-Ebhansen legte ihre Entstehung und ihren Begriff prinzipiell und wissenschaftlich dar. Die praktische Verwertung und Gestaltung der „Arbeitsschule" zeigte Oberlehrer Dagenbach-Haiterbach in einer Lehrprobe (Naturwissenschaft) und in einem Vortrag. Die übrigen Verhandlungen bezogen sich auf einen Mädchen- tnrnknrs, den Mittellehrer Sandler-Nagold abhalten wird und auf eine einheitlichere Gestaltung der Vakanz.
- Nagold, 2. Nov. (Kirchenkonzert.) Das Kirchenkonzert, das heute Abend in der hiesigeü Stadtkirche vom hiesigen Seminar veranstaltet wurde, lag in den bewährten Händen des Seminaroberlehrers Schund. Außer dem gemischten Chor und dem Orchester des Seminars, das durch Bläser der Kapelle des Reg. 180 in Tübingen verstärkt wurde, wirkten noch Frl. Leuze-Stuttgart als Violinkünstlerin, Konzectsänger Ackermann-Stuttgart u. Stadtpsarrer Werner-Berneck als rühmlichst bekannter Baritonist sowie Seminarlehrer Nicht als vor-.
; züglickwr Orgelspieler mit. Es war sine schwierige ! Aufgabe, die Oberlehrer Schund in der Wiedergabe dreier Bach'schen Kantaten sich und der ihm unterstellten Künstler- und Schülerschar gestellt hatte, aber er hat sie mit Anstrengung aller Kräfte glücklich gelöst und der zahlreichen Zuhörerschaft, die ihm dafür von Herzen Dank weiß, einige genußreiche Stunden bereitet. Besonders schön war die Kantate.„Herr, wie du willst" und die Choralmelodien, die sich durch dieselbe zogen.
* Pfrondorf, 31. Ott. (F e l d b e r ei n i g n n g.) Durch Erlaß der Zentralstelle für die Landwirtschaft, Abteilung für Feldbereinignng, wurde das Ergebnis der Abstimmungstagfahrt vom 26. Juli 1913 endgültig dahin festgestellt, daß die Ausführung des vom Gemeinderat in Pfrondorf beantragten Unternehmens einer Bereinigung der Gewände „Kirchenweg, Geigeräcker, Ried, Berg, Bo- taien, Nagolder Gasse, Eßlmger, Sparren, Agnese, Am Wasser, Bronnkolben, Bändle und Edelmann" der Markung Pfrondorf durch 82 von 86 Stimmen, also durch mehr als die Hälfte der Beteiligten, auf welche von dem Gesamtgrundsteuer- Kapital von 3954,78 Mk. der Betrag von 3651 Mt. 02 Psg., also mehr als die Hälfte, entfällt, beschlossen worden ist, und die so beschlossene Feldbereinigung genehmigt.
K Freudenstodt, 2. Nov. Der hiesige Verschönerungsverein, dem unsere Lustkurstadt einen wesentlichen Teil ihres Aufschwungs mitzuverdanken hat, hielt gestern Samstag: abend im Hotel Herzog Friedrich seine heurige Hauptversammlung ab, welche Stadtschultheiß Hartranft mit einer zündenden Begrüßungsansprache eröffnete, worin er die: Aufgaben des Vereins in 'markigen Worten schilderte und Hervorhob, daß das Interesse für denselben bei Einheimischen und Fremden von Jahr zu Jahr wachse. In dem sich anschließenden Geschäftsbericht führte der Vorsitzende aus, daß im letzten Jahr eine Reihe größerer Arbeiten, welche die Plenarversammlungen der letzten Jahre beschäftigten, znm Abschluß gebracht worden seien: Herstellung eines schönen Eingangs zum Teuchelweg, Vollendung der Altfriedhofanlage durch Erstellung der Wandelhalle mit Musikpavillon, Einbeziehung des Marktplatzes in den Kurbetrieb durch die Marktplatzanlagen mit 2 Lawn-Tennisplätzen, durchgreifende Verbesserung, der HartranftsanlageN, Schaffung der Schöllkopfanlagen mit dem Laufer- brnnnen. Neben diesen Geschäften seien dis lausenden Arbeiten, bestehend in der Unterhaltung der Anlagen, Wege, Anbringung von Sitzbänken re. nicht versäumt worden. Der Verein habe in der Zeit seines 38jährigen Bestehens aus eigenen Mitteln rund 80 000 Mk. verausgabt und zu einer Reihe von Schöpfungen und Verbesserungen Anregung gegeben, welche dann von der Stadtgemeinde ausgeführt worden seien. Nach dem von Bankier Knapp gegebenen Kassenbericht betragen die für Heuer verfügbaren Mittel rund 1000 Mk., über deren Verwendung hierauf Beschluß -gefaßt wurde. Die Verlängerung der beiden Lawn-TeNniZ- plätze auf dem Marktplätze wurde vorgesehen; Die Verbesserung des Wegs nach Dietersweiler und die Erneuerung des Gelags der Teuchelesbrücke soll bei der Stadtgemeinde angeregt und im Teuchel- wäld ein Verbindungsweg nach dem „Langenwaldsee" angelegt werden. Zur Anlage eines autofreien Wegs nach dem Kniebis dem Forbach entlang sol-
macht. Also ich fahre sofort hin, Venn er fcyetnl hie unv da ganz lichte Momente zu haben und nach mir zu begehren. Es ist natürlich, nicht wahr, daß in seinen letzten Stunden mein Platz neben ihm ist."
Frank wollte etwas sagen, aber die Kehle war ihm wie zugeschnüri. Alles was sie da erzählte, das richtete zwischen ihm und ihr eine Schranke auf, über die man heute nicht hinwegkonnte. Ihr Gatte litt; er sollte sterben. Davor schwiegen alle Wünsche und alle Leidenschaft wurde still.
„Weißt du," sagte die Frau — „ich komme heute zu dir, weil ich einen Freund brauche, einen treuen, ehrlichen Freund. Ich muß jemanden haben, dem ich mich anoertrauen kann. Jemanden, der mich in Wien vielleicht vertritt. Und es soll jemand sein, der Herrn Doktor Werner Mertens nahe steht. Da dachte ich an dich und an deine Schwester Iula." —
„Iula ist heute hier. Sie will mit dir etwas besprechen," entgegnen Frank Weltin. „Soll ich sie holen?"
Sie nickte nur. Und ein paar Augenblicke später trat Iula ins Zimmer.
Die beiden einstigen Iugendbekannten begrüßten sich, und dann wiederholte Elisabeth von Laßwitz das, was sie eben zu Frank Weltin gesagt hatte. Aber plötzlich unter- brach sie sich und eine Helle Röte stieg in ihr klares Antlitz.
„Wisse Iula, daß — daß wir einmal" — sie suchte nach einem Wort.
„Ich weiß, daß du die Braut meines Bruders warst," sagte Iula weich, „und daß das Leben euch auseinanderriß."
Elisabeth nickte.
„Ja — das Leben! Mir hak »« kein Glück gebracht. Nur eines hat mich in all' den Jahren stark gemacht, das Bewußtsein, daß Frank sich selbst wiedergefunden hat. Aus seinen Briefen habe ich das erkannt. Jetzt brauche ich Hilfe und ich weiß mir niemanden, den ich darum bitten möchte, als ihn."
Iula Weltin legte ihre Hand ein wenig zögernd in
Ein«
Iula
die der jungen Frau, die sich ihr entgegenstreckte.
Weile sprachen sie alle drei nicht. Dann sagte plötzlich:
„Elisabeth — hat dein Mann meine Schwester Christa lieb gehabt?"
Die junge Frau sprang auf. Sie war ganz blaß geworden.
„Ich weiß das nicht," stieß sie empor. „Ich — ich war nur einmal in Dobranie." .
„Hat dein Mann dieses Kuvert geschrieben?" fragte Iula weiter und schob der anderen das blaue Papier entgegen.
Mit einem unsicher« Blick sah die Frau darauf hin.
„Ja, ich glaube wohl. Aber daraus allein läßt sich doch nichts schließen."
„Ich schließe auch nicht daraus allein."
Frank Weltin horchte. Draußen schlug es ein Uhr.
„Rasch," sagte er. „Elisabeth muß zur bestimmten Stunde fort. Sprich nun erst du: Weshalb kommst du? Worin kann ich dir beistehen?"
Elisabeth von Laßwitz zögerte noch eine Sekunde, dann begann sie entschlossen:
„Ja — das ist eine seltsame Sache. Und ihr müßt geduldig zuhören. Also vor einem halben Jahre entfloh aus Dobranje der Hausdiener meines Schwagers, Gustav Mallinger, unter Mitnahme mehrerer Wertgegenstände- ' Darunter war ein Becher, altrussische Arbeit, Silber mit Rosenranken. Diesen Becher hat Gustav Mallinger in Wien verkauft oder versetzt. So viel hat mein Schwager Herbert durch ein Privat-Detektiv-Bureau herausgebracht. Mehr nicht. Und diesen Becher suche ich nun seit Tagen, denn — und das ist das seltsame an der Sache — denn Felix entdeckte den Abgang dieses alten Gefäßes jetzt erst und seither steigert sich sein Leiden unerhört. Sein einziger Gedanke ist dieser Becher. Weder Herbert noch ich begreifen es, weshalb." —
„Aber ich begreife es," sagte Iula laut, „denn in jenem Becher liegt Christas Herz in Wachs nachgeformt. Ihr Geburtstag ist eingraoiert und. ihr Todestag." —