Rundschau.

Das Kaisermanöder.

Das Kaisermanöver hat heute Montag seinen Anfang genommen, es wird am Mittwoch bereits beendet sein.

Bei dem diesjährigen Kaisermanöver, das in Schlesien zwischen Janer, Bolkenhain, Waldenburg, Schweidnitz, Neumarkt stattfindet, operiert das 5 gegen das 6. Armeekorps, und das Hauptquartier des Kaisers befindet sich in Salzbrunn. Die betei­ligten Truppenverbände dürften der Zahl nach ge­ringer als im Vorjahre sein, sind aber durch Re- servisten-Einziehungen auf möglichst kriegsmäßige Stärke gebracht worden. Tie Idee des Kaisermanö­vers wird natürlich geheim gehalten, sie wird erst kurz vor Eröffnung der Hebung den Heerführern bekannt gegeben.

Ter Kaiser für eine Annäherung Deutschlands' und Frankreichs«.

Anfang Juli weilte der Kaiser auf dem Damp­ferImperator". Zur Leitung der Küche hatte damals das Carlton-Hotel in London den bekann­ten französischen Küchenchef Escoffier gesandt, der bei jener Gelegenheit vom Kaiser empfangen wchrde. Im Septemberheft der Pariser gastronomischen Zeit­schriftL'Art cnlinaire" plaudert Escoffier über jenen Empfang und teilt dabei folgendes Gespräch mit. Er hatte den Wunsch geäußert, daß noch un­ter der Regentschaft Kaiser Wilhelms die Annäher­ung Deutschlands und Frankreichs verwirklicht wer­den möchte. Ueber die Aufnahme dieses Wun­sches erzählt er: Der Kaiser gab mir die Ver­sicherung, daß dies sein größter Wunsch sei und daß er hieran viel arbeite, aber daß es unglück­licherweise sehr schwer und recht selten sei, seine besten Absichten getreulich interpretiert zu sehen. Ich erlaubte mir, ihm zu sagen, daß eine gewisse Presse, wie es mir v scheine, bedauernswerte Ge­fühle entfache. In der Tat, gab er mir zur Ant­wort, die Presse, oder vielmehr ein Teil der Presse, ist guten Ideen nicht immer zugänglich: trotzdem hege ich große Hoffnung, meinen Wunsch ^ ver­wirklicht zu sehen, und ich wünsche dies von gan­zem Herzen.

Fremde und Deutschtum in der Schweiz.

Albert Oeri-Basel erörtert soeben das Verhält­nis der deutschen Schweizer zum Deutschen Reich in einem bedeutungsvollen Artikel derSüddeut­schen Monatshefte". Er weist darauf hin, daß von den 3 741 971 Einwohnern der Schweiz 565 296, also 15,1 Prozent Ausländer sind, und daß diese Ausländerquote in Zürich auf 32 Prozent, in Basel lauf 38 Prozent und in Genf auf 40 Prozent steige. Von diesen 565 296 Staatsfremden seien über ,200000 bereits in der Schweiz geboren und er­logen, aber nicht eingebürgert. Es werde ein poli­tischer Ausgleich dieser für ein Staatswohl über­großen Zahl von Fremden, wenn nötig im Wege der Zwangseinbürgerung, über kurz oder lang er­forderlich werden. Hierzu sei freilich das Einver­ständnis der Nachbarstaaten unumgänglich.

Deutsche Sprache und Kultur liefen in der Schweiz keine Gefahr. Das deutsche Sprachge­

Bet' oft, so wirst du Glauben halten, Dich prüfen und das Böse scheu'«,

In Lieb' und Eifer nicht erkalten Und gern zum Guten weise sein.

Ei« Geniestreich.

Novelle von Rudolf Zollinger. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)

S. Kapitel.

Mabel erwies sich als eine vortreffliche Schau» spielen», und Artur Wyndham konnte mit ihrem Ver­stellungstalent vollauf zufrieden sein. Als ihr George am nächsten Mittag von seiner bevorstehenden großen Reise sprach, verriet sie mit keinem Wort und mit keiner Miene, wt« gelegen ihr diese Reise kam. Sie nahm sie vielmehr ein unvermeidliches Mißgeschick, das man ertragen Müsse, ohne viel darüber zu klagen, und sie zeigte im übngen in ihrem Benehmen gegen den Verlobten kein» Veränderung, die ihn Hütte mißtrauisch machen können.

Durch ein Uebermaß von Zärtlichkeit hatte sie den «Uten George ja niemals verwöhnt, und er war schon va^in gelangt, ihre gelegentlichen Launen als eine Be» londerheit ihres Wesens geduldig hinzunehmen. Froh, baß sie ihm wegen seines Wortbruchs nicht zürnte, war er meilenweit von jedem häßlichen Argwohn entfernt und würde einen Einsturz des Himmels für wahrscheinlicher gehalten haben, als einen schmählichen Verrat.

Al» ihn Artur Wyndham nach dem Mittagessen ein Tsttzck Wege» begleitete, dankte er ihm noch einmal für

biet wachse auf Kosten des vrhätoromanischen in den Bündnerbergen zum großen Kummer der Dante- Alighieri-Gesellschaft. An der französischen Sprach­grenze sei dort, wo die französisch-schtvieizerischs Uhrenindnstrie vordringe, ein leises Weichen des Deutschen bemerkbar. Aber die Eröffnung der Lötschbergbahn, die das deutsche Oberwallis mit dem deutschen Berner Oberland verbinde, und der neue Klradurchstich Münster-Grenzen, der eine starke deutsche Diaspora dem deutschen Zentrum annähere, ließen wieder auf eine Verstärkung des Deutschen hoffen. Die Möglichkeit einer Unterstützung, dieser günstigen äußeren Umstände durch rege sprach­liche Propaganda dürfte nur nicht durchUeber- treibnng von Alldeutschen" beeinträchtigt werden.

Landesnachrichten.

Wtenrtelg, 8 September 1913.

* Kirchenkonzert. Das gestern im Anschluß an den Vormittagsgpttesdienst von unseren Ulmer Fe­riengästen in der Stadtkirche veranstaltete Konzert wies ein reiches Programm auf. Der gesangliche Teil, den die jugendl. Sängprin Frl. Kauffmann-Ulm, die über eine prächtige Stimme verfügt, übernommen hatte, wie die Cello- und Orgelvorträge der Herren Professor Weller-Ulm und Hauptlehrer Feucht- Altensteig, waren Mte Leistungen, die alle Aner­kennung verdienen und den Zuhörern einen will­kommenen u. dankbar ausgenommenen Genuß boten.

* Mtnrnen. Das Abturnen des hiesigen Turn­vereins konnte, wenn das Wetter auch gerade nicht sehr schön war, unter den Eichen abgehalten wer­den. Unter den Klängen der Musik marschierten die Turner zum Stadtgarten, wo sie ihr Können vor dem Publikum zeigten. Es waren wieder recht schöne turnerische Leistungen die man zu sehen bekam und besonders erfreulich ist es immer zu sehen, wie die älteren z. Tl verheirateten Tur­ner noch immer gern mit machen und ihren Mann stellen. Der Nachwuchs fehlt «etwas und es wäre zu wünschen, daß die Lücke bald ausgefüllt würde. Deshalb: herbei ihr jungen Männer zum frisch- fröhlichen Turnen, zur Stählung des Körpers, zur Erfrischung des Geistes. Abends schloß sich an die Turnübungen in derTraube" eine musikalische Unterhaltung mit Tanz.

jf Von der Landwirtschaftsausstellung in Stratz- burg. Trotzdem daß die viehreichsten Oberämter Biberach, Laupheim, Leutkirch und Waldsee auf der 28. Wanderausstellung der deutschen Landwirt­schaftsgesellschaft wegen der Maul- und Klauen­seuche nicht ausstellen durften, hat die württember- gische Landwirtschaft recht gut abgeschnitten. Auf der Butterausstellung entfielen 7 erste, 13 zweite und 8 dritte Preise auf Württemberg. Das prozen­tuale Verhältnis der 28 Preise zu den 39 Pro­ben beträgt 72 Prozent, dasjenige der gesamten Ausstellungsergebnisse beträgt 59 Prozent. An 11 württembergische Aussteller mit 35 Käseproben wur­den 2 erste, 3 zweite und 6 dritte Preise vergeben. Es sind dies Zahlen, mit denen sich die würt­tembergische Milchproduktion allenthalben sehen las­sen kann.

* Pfalzgraserttveiler, 8. Sept. D»r hiesige Rad- fahrer verein feierte gestern sein drittes Stift­

ungsfest, das einen ordnungsmäßigen, schönen Ver­lauf nahm und sowohl den hiesigen Verein, als auch die zum Fest von auswärts erschienenen Rad­ler voll befriedigte. Aber auch die zahlreich her­beigekommenen Zuschauer kamen auf ihre Rechnung. Im Korsofahr tzn kamen die Preise an die Ver­eine wie folgt zur Verteilung: 1. Preis Walddors, 2. Egenhausen, 3. Beihingen, 4. Rotfelden. Im Langsamsahren erhielt den 1. Preis Ludwig Schmid-Effringen, 2. Wagner-Metzingen, 3. Mül­ler-Stuttgart, 4. Hoffmann-Stuttgart, 5. Gaiser- Friedrichstal. Im Vereinsschulfahren erhiel­ten die Preise: 1. Preis Gg. Rauschenberger, 2. Karl Klenk, 3. Ehr. Schund, 4. Wilhelm Lutz und 5. Gottl. Lehmann hier. Ein Ball gab , dem Stift­ungsfest einen gemütlichen und schönen Abschluß,.

- Nagold, 7. Sept. Bei dem heute hier statt­gehabten Bezirksmission sfest sprach nach dem Eingangswort von Dekan Pfleiderer, das sich an 1 Joh. 5,4 hielt, zunächst Missionar Stahl aus> Calw, der die Arbeiten der Mission und ihre Er­folge in Kamerun an einzelnen Beispielen erläu­terte, sodann Missionar Seeger von hier, der das! Feld der Basler Mission in China und Indien nach den neuesten Errungenschaften der Mission zeichnete und zuletzt Pfarrer Widmann von Gült- lingen im Anschluß an Ev. Joh. 12,42. Nach den Aufzeichnungen der Bezirksmissionskasse sind im Oberamt Nagold im letzten Jahre durch die Halb­batzenkollekte 5117 Mk. nebst Naturalgaben und für die Nationalspende zu Gunsten der ev. Mis­sionen in den deutschen Kolonien 4760 Mk. einge­gangen. > '

jf Neuenbürg, 6. Sept. (Sprung aus dem F enster.) Ein junger an Typhus im hiesigen Bezirkskrankenhaus liegender Mann sprang im hohen Fieber zum Fenster hinaus. Er starb bald darauf. Unter dem Verdacht, den vor einigen Tagen im Gasthaus zum Hirsch in Grunbach ent­standenen Brand gelegt zu haben, ist der 31 Jahre alte Zimmermann Ludwig Walz von Grunoach ver­haftet worden.

st Bon der Hornisgrinde, 6. Sept. (Rast­haus.) Das durch seine Nähe die Aussicht vom neuen Hornisgrindeturm auf den Mummelsee stö­rende geräumige Unterkunftshaus ist fast ganz fer­tiggestellt. Der Gipfel des Berges wird von Herbst­wanderern in großer Zahl besucht, doch ist die Aussicht gegenwärtig schlecht.

st Oberndorf, 7. Sept. (Pensionierung.) Die bürgerlichen Kollegien nahmen gestern zu dem Pensionierungsgesuch des Stadtschultheißen Sulz­mann Stellung. Nach Verlesung des Gesuchs und der beiden ärztlichen Zeugnisse wurde einstimmig beschlossen, daß, nachdem durch die beiden Zeug­nisse, die an die Pensionierung geknüpften Be­dingungen des Art. 5 Ziffer 2 des Körperschaftspen- sionsgefetzes zutreffen, gegen die Pensionierung nichts einzuwenden sei. Zum Amtsverwessr wurde Privatier Erb gewählt. Bürgerausschußobmann Bauer hatte abgelehnt.

st Rottweil, 7. Sept. Heute wurde hier eine Gartenbau ausstellung eröffnet. Sie ist wirk­ungsvoll arrangiert und darf mancher großstäd­tischen Veranstaltung zur Seite gestellt werden. Einige Kabinettstücke moderner Blumenbindekunst und die Erzeugnisse gärtnerischen Fleißes zeugen von dem hohen Stand der Gartenbaukunst ' im

seinen freundschaftlichen Beistand und teilte ihm zugleich mit, daß er in längstens einer Woche zur Abreise fertig sein würde. Das Goldfieber brannte so heiß in seinem , Blute, daß er am liebsten schon am nächsten Tage ge- s fahren wäre. Aber die eigentliche Triebfeder seiner raschen Handlungen und seiner ungeduldigen Wünsche war doch immer nur das Verlangen, seinem künftigen Glück an der Seite des geliebten Mädchens eine möglichst sichere Grundlage zu geben. Jedes seiner in arglosem Vertrauen gesprochenen Worte mußte dem anderen ein Beweis dafür sein, daß Mabels Treulosigkeit einen geradezu vernichten­den Schlag für den guten George bedeuten würde. Aber es'hatte nicht den Anschein, als ob diese Erkenntnis Artur Wyndhams Gewissen auch nur im geringsten zu beunruhigen vermöchte.

Fast unmittelbar, nachdem r» pcy von dem jungen Techniker getrennt hatte, bestieg er einen Wagen und ließ sich nach dem Hause der Frau Grey zurückfahren. So hatte er es mit Mabel verabredet, da ihnen gerade diese Stunde, in der die Mutter ihr Nachmittagsschläfchen machte, besser als irgendeine andere gestattete, sich ungestört und unbelauscht dem Glück ihrer jungen Liebe hinzugeben.

Mabel hatte Sorge getragen, daß die Dienerschaft nichts von seiner Ankunft bemerkte, und sie ließ ihn sogleich in ihr abseits gelegenes Zimmer eintreten, wo sie keine Ueberraschung zu fürchten hatten. Mit einer Leiden­schaftlichkeit, die dem ruhigen und immer beherrschten Wyndham beinahe ein leises Unbehagen bereitete, hielt sie sich in stürmischen Liebkosungen schadlos für den Zwang, den sie sich vorhin in Gegenwart ihres Verlobten hatte auferlegen müssen. Als sie dann mit dem feinen Instinkt des liebenden Weibes wahrnahm, daß Artur ihre Zärt­lichkeiten nur mit einer gewissen Befangenheit und Zer­streutheit erwiderte, fragte sie ihn mit rasch erwachtem Mißtrauen sofort nach der Ursache.

Verzeih' mir, liebst« Mabel," sagte er.Ich mutz «Ute wirklich ein wenig an deine Nachsicht appellieren, enn ich begreif« wohl, daß die verdrießliche Geschichte,

mir beständig im Kopf herumgeht, mich zu einem sehr unliebenswürdigen Gesellschafter macht."

Eine verdrießliche Geschichte? Doch hoffentlich nichts Ernsthaftes?"

Nun, wie man's nehmen will. Für einen Kaufmann ist es immer sehr ärgerlich, wenn er sich ein gutes Ge­schäft gewissermaßen im allerletzten Augenblick entschlüpfe« sieht, zumal wenn es, wie in meinem Fall, nur ein« geringfügige Kleinigkeit ist, die den Erfolg vereitelt."

Kannst du mir nicht erzählen, um was es sich handelt? Ich nehme einen so innigen Anteil an allem, was dich betrifft, daß es mich gewiß interessieren würde.*

Du würdest es kaum verstehen, Liebste, und wir können unsere Zeit wirklich besser hinbringen, als damt, daß ich dich in alle Geheimnisse des Börsengeschäfts ein­weihe. So viel nur kann ich dir, ohne dich zu lang­weilen, verraten, daß ich wahrscheinlich eine recht hübsch« Summe verdienen würde, wenn ich imstande wäre, ein an das Bankhaus Baring Brothers gerichtetes Telegramm zu enträtseln, das der Zufall in meine Hände gespielt hat.*

Und warum kannst du das nicht? Ist es denn so schwer verständlich?"

E^ für mich wie für jeden anderen Uneinge­weihten ein Buch mit sieben Siegeln. Mit Hilfe des von der Firma und ihren auswärtigen Agenten benutzten De- peschenschlüfsels könnte ich es freilich innerhalb wenige» Minuten entziffern. Aber dieser Schlüssel wird natürlich als «in Geheimnis gehütet, und nur die Gefälligkeit «ine« Angestellten könnte ihn mir verschaffen.*

Mabel wurde nachdenklich.Sagtest du nicht, es handle sich um da» Bankhaus Baring Brothers ?"

Allerdings!*

Dann solltest du Mister Tooke bitten, dir den De­peschenschlüssel zu besorgen. Er ist ja in jenem Hause an- gestellt.*

F.'r'sty!.-::..: f-4::

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