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275. Amts- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw. 87. Jahrgang.

Srschelnungrweis«: 6mal wLchentUch. Anzeigenprei»: Im OberamtS- bkztrk Lalw für die einspaltige Borgiszctle 10 Pfg.. außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen 2S Pfg. Schluß für Jnserarannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.

Freitag, de» 22. November 1S12.

Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1L5 vierteljührttch, Post- bezugspreis für den Lrts- und Nachbarortsverkehr Mk. ILO, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich L Pfg.

Der Balkankrieg.

Konstantinopel, 21. Nov. 5 Uhr 55 nach­mittags. Die Pforte hat die bulgarischen Vorschläge nicht angenommen. Nasim Pascha erhielt die An­weisung, den Kampf fortzusetzen.

Wien, 21. Nov. Wien. K. Ko Bureau. In den von den 4 Balkanstaaten gestellten Bedingungen für den Waffenstillstand und für den Friedensschluß wird der Verzicht auf die ganze europäische Türkei, Konstantinopel ausgenommen, verlangt.

Berlin, 21. Nov. Die Nachricht, daß die serbische Regierung in der Streitfrage der Behandlung der österreichischen Konsuln endlich den berechtigten Be­schwerden Oesterreichs nachgegeben hat, wird hier begrüßt und als ein weiteres Zeichen der Entspan­nung derLage betrachtet. Dieser Zwischenfall darf nunmehr als erledigt angesehen werden, und der Bo­den zu den weiteren Verhandlungen zum Ausgleich der schwebenden Differenzen ist damit wieder ge­ebnet. Inzwischen stehen die Verhandlungen über den Waffenstillstand vor Tschataldscha im Vorder­grund des Interesses, und namentlich die Frage, ob die Bulgaren auf. den in verschiedenen Meldungen angedeuteten harten Bedingungen bestehen werden. Soweit wir unterrichtet sind, wird die Türkei sich zu solchen Bedingungen schwer verstehen. Man darf aber annehmen, daß auch in diesem Falle nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht ist. Die letzten Tage haben gezeigt, daß die Sache der Türken nicht so schlecht und die der Bulgaren nicht so gut steht, als daß nicht über annehmbare Bedingungen eine Eini­gung erzielt werden könnte. Der hiesige türkische Bot­schafter Osman Nisami Pascha steht im Begriffe, zur Teilnahme an den Beratungen über Waffenstill­stand und Frieden nach Konstantinopel abzureisen. Die österreichischen Konsuln erfreuen sich bei den Serben einer sehr rücksichtslosen Behandlung. Der in Prisren tätige Konsul namens Prohaska hat in Privatbriefen an seine Familie die Greuel der serbi­schen Kriegführung geschildert. Diese Briefe wurden abgefangen und Prohaska von den Serben gefangen­gesetzt. Einem seiner Kollegen erging es ebenso. Er entfloh aber. Prohaska hat nun, neueren Nachrich­ten zufolge, den Heimweg antreten können. Aus Prisren schrieb er, er befinde sich wohl und reise nach Uesküb. Den Serben kann ihr herausforderndes

Verhalten der Großmacht Oesterreich gegenüber unter Umständen gefährlich werden. Eine gute Seite für die Öffentlichkeit hat die Zurückhaltung der österreichischen Konsuln. Man erfährt jetzt, wie wild die Serben im Feindesland Hausen. Und man sieht voraus, welche Schandtaten und Barbareien erst aufgedeckt werden, wenn der Friede geschlossen und die Zeitungsberichterstatter in ihrer Heimat, nicht mehr behindert durch die Zensur, den Gang und Ver­lauf des Krieges beschreiben können. Grausen faßt auch den Unerschrockensten, wenn er liest, was ein serbischer Unteroffizier selbst einem Berichterstatter erzählt:Es ist gäßlich, wie unsere Komitadschi in Kossowo Hausen. Alle albanischen Dörfer in Klein- Kossowo sind niedergebrannt und mit den Dörfern die gesamte Ernte. Was an Albaniern über zehn Jahre angetroffen wird, wird niedergemacht, ganz gleich, ob bewaffnet oder unbewaffnet. Ich sage Ihnen nicht zuviel, wenn ich behaupte, daß zwischen Prischtina und Uesküb jede Nacht Tausende hingemordet und sofort eingegraben werden. Ich habe auf meinem Wege von Prischtina nach Kat- schanik manchen gerettet, indem ich ihm riet, zu fliehen, den ich konnte das Morden nicht mehr mit onsehen."

Belgrad, 21. Nov. Aus amtlicher serbischer Quelle. Die Regierung hat die volle Respektierung der nach internationalem Brauch den Konsuln zu­kommenden Gerechtsame für das von den serbischen Truppen neu okkupierte Gebiet beschlossen.

Stadt, Bezirk und Nachbarschaft.

Calw, 22. Nov. 1912.

VomRathaus.

Öffentliche Sitzung des Gemeinderats unter dem Vorsitz von Stadtschultheiß C o n z am Donners­tag, 21. Nov. von nachmittags 5 Uhr ab. Anwesend sind 12 Eemeinderäte.

Eine Rechnung über vierundzwanzig 16kerzige Osramlampen gibt G.-R. Schön len Veran­lassung anzufragen, ob diese Ißkerzigen Lampen überhaupt vom Städt. Elektrizitätswerk montiert werden dürfen. Der Stromverbrauch dieser Lampen sei derartig schwach, daß der Zähler auf die einzeln brennende Lampe nicht reagiere. Gemeinde­rat Staudenmeyer findet es unnötig, daß man 24 Lampen herlegt, solange es nicht entschieden

ist, ob sie überhaupt verwendet werden können. Stadlpfleger Dreher gibt die Auskunft, daß diese Lampen probeweise montiert sind in der neuerbauten Zigarrenfabrik und in der 'Neuen Höheren Handels­schule. Einzeln ist noch keine derartige Lampe mon­tiert, sodaß der einwandfreie Nachweis, auf eine einzelne reagiere der Zähler nicht, noch nicht erbracht ist. Wo mehrere zusammenbrennen, zeigt der Zähler an. Der Gemeinderat will noch weiter warten. Aus der Hermann Wagnerschen Schul­st i f t u n g werden Heuer erstmals die Zinsen gemäß der Bestimmung des Stifters v erwendet. Ent­sprechend dem Anschaffungsplan des Rektorats wer­den 155.25 für Lehrmittel am Realgymnasium mit Realschule ausgeworfen. Die Stiftungsgelder, die der Volksschule zukommen sollten, können nicht im vollen Umfange für Unterstützungen zur Bezahlung des Schulgeldes verwendet werden, weil dieses z. T. schon bezahlt wurde. Im Einverständnis mit dem Stifter verbleibt die noch nicht ausbezahlte Summe der Stiftung und der übrigbleibende Betrag der Schule zur Anschaffung von Lehr- und Lernmitteln. Der Vorsitzende versäumt nicht, die segensreiche Wir­kung dieser Stiftung warm anzuerkennen und findet die allseitige Zustimmung des Gemeinderats. Für 75 Kirschbüume vom Walkmühle-Weg sind bei der Versteigerung 16,50 .ü erlöst worden. Der Vezirksrat stellte an den Gemeinderat das Gesuch, wieder, wie im vorigen Winter, mit für Beschäfti­gung für die Wanderer der Wand erw­arb ei ts st ätte besorgt sein zu wollen. Die Stadt will auf dem Auffüllplatz am Jnselweg die Leute Steine schlagen lasten zum Straßenbau. Von einzelnen Vorgesetzten Dienstbehörden sind Entscheidungen eingelaufen über Ver­pflichtung oder '^ichtverpflichtung Beamter zum Feuerwehrdienst be^ ziehungsweise Feuerwehrabgabe. Die Domä- nendirektion kann in einem Fall eines Beamten der Bauinspektion über die Pflicht oder Nichtpflicht nicht verfügen, da ein Befreiungsgrund nicht gel­tend gemacht werden kann. Das Landgericht aner­kennt die Dienstpflicht zweier am Amtsgericht hier angestellter Gerichtsschreiber (Sekretäre) nicht und setzt dem Gemeinderat eine Sportel von 6 Mark an. Diesen Sportelansatz aber findet der Gemeinde­rat ungerechtfertigt, es handle sich in diesem Falle

kichtenstein.

86) Romantische Sage von Wildelm Hauss.

Drum winkte er den tapferen Württembergern nach der steilern Seite des Hügels hin, die zum Neckar führte. Sie stutzten,' es war zu erwarten, daß unter zehn immer acht stürzen würden, so jähe war diese Seite, und unten stand zwischen dem Hügel und dem Fluß ein Haufen Fußvolk, das sie zu erwarten schien. Mer ihr junger, ritterlicher Führer schlug das Visier auf und zeigte ihnen sein schönes Antlitz, aus welchem der Mut der Blegeisterung sie anwehte; sie hatten ihn ja noch vor Wochen eine holde Jungfrau zur Kirche führen sehen, durften sie an Weib und Kinder denken, da er diesen Gedanken weit hinter sich geworfen hatte?"

Drauf, wir wollen sie schlachten!" riefen die Fleischer.Drauf, wir wollen sie hämmern!" riefen die Schmiede.Immer drauf, wir wollen sie leder­weich klopfen?" riefen ihnen die Sattler nach. Drauf, mit Gott, Ulerich für immer!" rief der hoch­herzige Jüngling, drückte seinem Roß die Sporen ein und flog ihnen voran den steilen Hügel hinab. Die feindlichen Reiter trauten ihren Augen nicht, als sie den Hügel heraufkamen, die verwegene Schar gefan­gen zu nehmen, und sie schon unten, mitten unter dem Fußvolk, erblickten. Wohl hatte mancher den kühnen Ritt mit dem Leben bezahlt, mancher war

mit dem Roß gestürzt und in Feindes Hand gefallen, aber die meisten sah man unten tapfer auf das Fuß­volk einhauen, und der Helmbusch ihres Anführers wehte hoch und mitten im Gedränge. Jetzt waren die Reihen des Fußvolkes gebrochen, jetzt drängten sich die Reiter nach dem Neckar jetzt setzte ihr Führer an und war der erste im Fluß. Sein Pferd war stark und doch vermochte es nicht, mit der Last seines gewappneten Reiters gegen die Gewalt des vom Regen angeschwellten Stromes anzukämpfen, es sank, und Georg von Sturmfeder rief den Männern zu, nicht auf ihn zu achten, sondern sich zum Herzog zu schlagen und ihm seinen letzten Gruß zu bringen. Aber in demselben Augenblick hatten zwei Waffen­schmiede sich von ihren Rosten in den Fluß geworfen; der eine faßte den jungen Ritter am Arm, der andere ergriff die Zügel seines Pferdes, und so brachten sie ihn glücklich ans Land heraus.

Die Bündischen hatten ihnen manche Kugel nach­gesandt, aber keine hatte Schaden getan, und im An­gesicht beider Heere, durch den Fluß von ihnen ge­trennt, setzte die kühne Schar ihren Weg zum Herzog fort. Es war unweit seiner Stellung eine Furt, wo sie ohne Gefahr übersetzen konnten, und mit Jubel und Freudengeschrei wurden sie wieder von den Ihrigen empfangen.

Ein Teil des feindlichen Geschützes war zwar durch diesen ebenso schnellen als verwegenen Zug Georgs zum Schweigen gebracht worden, aber das

Verhängnis Ulerichs von Württemberg wollte, daß ihm diese kühne Waffentat zu nichts mehr nützen sollte; die Kräfte seiner Leute waren durch die immer erneuten Angriffe des an Zahl weit überlegenen Feindes endlich völlig erschöpft worden; die Lands­knechte hielten zwar mit ihrem gewöhnlichen krie­gerischen Feuer aus, aber ihre Anführer hatten sich schon genötigt gesehen, sie in Kreise zu stellen, um den Andrang der feindlichen Kavallerie abzuwehren; da­durch war die Linie hin und wieder unterbrochen, und das Landvolk, das man durch eilige Bewaffnung nicht zu Kriegern hatte machen können, füllte nur schlecht diese Lücken aus. In diesem Augenblick wurde dem Herzog gemeldet, daß der Herzog von Bayern Stuttgart plötzlich überfallen und eingenom­men habe, daß ein neues feindliches Heer in seinem Rücken am Fluß heraufziehe und kaum noch eine Viertelstunde entfernt sei. Da merkte er, daß er an diesem Tage sein Reich zum zweiten Mal verloren habe, daß ihm nichts mehr übrig bleibe als Flucht oder Tod, um nicht in die Hände seiner Feinde zu fallen. Seine Begleiter rieten ihm, sich in sein Stammschloß Württemberg zu werfen und sich dort zu halten, bis er Gelegenheit fände, heimlich zu ent­rinnen; er schaute hinauf nach dieser Burg, die, von dem Glanz des Tages bestrahlt, ernst auf jenes Tal herabblickte, wo der Enkel ihrer Erbauer den letzten verzweifelten Kampf um sein Herzogtum kämpfte. Wer er erbleichte und deutete sprachlos hinauf, denn