Ufer zu gewinnen. Die Zuschauer waren voll Be­wunderung der Schwilnmkunst, die hier drei Men­schenleben erhielt, aber auch einige in dem Urteil, daß die aufregende Szene Zeugnis von mehr Glück als Verstand abgelegt habe.

!, Stuttgart, 27. Juli. (G r oßf euer i in Proviantamt. Heute nachmittag kurz nach 1 Uhr ist im Heumagazin des K. Proviantamts auf der Prag, offenbar durch Selbstentzündung naß eingebrachten Futters, Feuer ausgebrochen. Es war sofort ein gewaltiger Brand, wie man ihn hier noch selten gesehen hat. Aus allen Luk- ken und über dem gewaltigen Dach des sehr großen, massiven Gebäudes, das mit dem ganzen übrigen Proviantamt erst vor einigen Jahren erbaut wurde, schlugen furchtbare Rauch- und Flammensäulen em­por. Branddirektor Jacvby erschien mit drei Lösch­zügen, der neuen Automobilspritze und der Dampf­spritze der Cannstatter Feuerwache 3. Abkr die un­erhörten Anstrengungen der Löschmannschaften konn­ten die Tausende von Zentnern Heu und Stroh nicht retten, wohl aber die schwer bedrohten Nach­bargebäude, Mehlmagazin und Bäckerei samt Ver­waltungsbau. Mehrere Feuerwehrleute wurden von der Hitze und dem Rauch ohnmächtig und wurden im Sanitätswagen vom Platze geschafft.

* Ludwigsburg, 20. Juli. Bei zahlreicher Be­teiligung fand heute in der alten Turnhalle die diesjährige Landesversammlung des Vereins württ. Körperschaftsbeamten statt. Aus Anlaß der Tag­ung war die Stadt reich beflaggt.

ff Ebersbach a. F., 26. Juli. (Schulth Li­stenwahl., Wie bereits angekündigt, hat eine Bürgerversammlung unter den 13 Bewerbern um die Ortsvorsteherstelle eine engere Wahl getroffen. Die meisten Stimmen erhielten Oberamtssskretär Arnold-Göppingen und Stadtschultheißenamtssekre- tiär Reichert-Nürtingen. Diese beiden kommen in erster Linie zum Vorschlag.

ss Besigheim, 26. Juli. (S ch i f f b r u ch.,- Als in dem hochgehenden Neckar ein vollbeladener Kics- kahn von Hessigheim hierherfuhv, geriet er un­terhalb der Felsengärten in einen Strudel und ging unter. Ter Kahn wurde geführt von den Gebrü­dern Nägele aus Hessigheim. Der ältere, 36 Jahre alte Bruder ist ertrunken. Der Jüngere konnte sich retten. Der Ertrunkene hinterläßt eine Frau und 5 unmündige Kinder. Die Leiche ist noch nicht geborgen worden.

ff Schwaigern, ^27. Juli. (Rathaus und Presse.) Es ist wiederholt von den Kämpfen be­richtet worden, die der Leintal-Bote um die Be­richterstattung über das hiesige Rathaus zu führen hatte. Die Anfeindungen, die der Herausgeber des Blattes. Wilhelm Zundel, von seiten des Stadt­schultheisten Effich und des Gemeinderats G. Söh- ner deshalb erfuhr, hatten nun auch das ange­kündigte gerichtliche Nachspiel. Söhner hat, wie erinnerlich, in öffentlicher Sitzung erklärt, der Ver­treter des Leintalboten solle in seinen Rathaus­berichten die Wahrheit schreiben und nicht die Un­wahrheit, worauf Zundel sich als Bürger das Wort erteilen ließ und Söhner das Wort Epheser 4, Vers 25Leget die Lüge ab und redet die Wahrheit"^ das dem Söhner schon zweimal von einem Ge­meinderatsmitglied zugerufen worden war, vorhielt, ihn auch daran erinnerte, daß er den in öffent­licher Sitzung gegen ihn erhobenen Vorwurf der Vorspiegelung falscher Tacktzchen gegenüber Ge­

meinderatsmitgliedern auf sich habe sitzen lachen. Söhner war so unvorsichtig zu klagen, d. h. er ließ sich, wie aus der Verhandlung hervorging, g>eg,en seine ursprüngliche Absicht von dem Geometer Karr dazu anstiften. In der Verhandlung bekundeten alle Zeugen, daß die ZundeUschen Rathausberichte stets der Wahrheit entsprachen. Zundel wurde des­halb kostenlos sreigesprochen. Söhner hat die Ko­sten als Nebenkläger (die Anklage war merkwürdiger­weise auch noch öffentlich erhoben worden) zu tra­gen. Er legte Berufung an die Heilbronner Straf­kammer ein, zog sie aber kurz vor der Verhandlung zurück. Etwas vorsichtiger verfuhr nun die Staats­anwaltschaft, als auch der Stadtschultheiß Effich gegen Zundel Strafantrag stellte. Dieser hatte im Leintalboten bei einem Rathausbericht unter ande­rem erwähnt, daß verschiedene Gemeinderatsmitglie­der dem Stadtschultheißen vorwarfen, er habe einen Betrag von mehr als 2000 Mk. verwurstelt. Bevor die Staatsanwaltschaft einen Beschluß über die An­klageerhebung faßte, stellte sie auf dem Rathaus eingehende Erhebungen über die Sachlage an. Zun­del gab dabei so viel zu Protokoll, daß die Staats­anwaltschaft wohl Veranlassung nehmen wird, die Verhältnisse auf dem Rathaus näher zu prüfeü. Einstweilen erging von der Strafkammer in Heil­bronn der Beschluß, Zundel außer Verfolgung zu setzen. In der Begründung des Beschlusses heißt es unter anderem, daß zur Besprechung und zum Tadel, der angenommenen Mißstände nicht nur die Gemeindeväte, sondern auch jeder davon betroffene Steuerzahler berechtigt war. Insbesondere sieht auch dem Angeschuldigten das Recht zu, den von ihm ehrlich geglaubten Mangel in der Gemeinde­verwaltung in seinem Blatte öffentlich durch Mit­teilung der Gemeinderatsverhandlung öffentlich zu erörtern. Wie der Leintal-Bote hört, will Stadt­schultheiß Esßich einen achtwöchigen Erholungsur­laub antreten. '

s s Oehringen, 26. Juli. (A utvunsall.) An einer Straßenkreuzung, unweit der Stadt, mußte ein Heilbronner Auto, während es einem Fuhr­werk auswich, zugleich einigen Handwerksburscheir Vorfahren. Einer davon eilte, durch die Huppen- signale anscheinend verwirrt, kurz vor dem Auto noch über die Straße, wurde vom Kotflügel erfaßt und zu Boden geschleudert. Er erlitt Kopfverletz­ungen, Schürfungen und eine Fußquetschung. Mit­glieder der Sanitätskolonne brachten die erste Hilfen worauf ihn das Auto dem Krankenhaus zusührte. Die Insassen haben ihn mit einem reichlichen Schmerzensgeld versehen, das ihn einigermaßen trö­stete. Den Chauffeur trifft keine Schuld.

ff Mm, 26. Juli. Der 67 Jahre alte verhei­ratete Pfründner Rupert Buck von Wiblingen war gestern nachmittag beteiligt, einen beladenen Koh­lenwagen ins Schwesternhaus zu schieben. Dabei wurde er zwischen Wagen und Wand eingezwängt und am Rücken und Unterleib so schwer verletzt daß er nach 2 Stunden starb. !

Frieden bei Bosch.

* Stuttgart, 27. Juli. Die gestern vormittag bei Dinkelacker abgehaltene Versammlung der Ver­trauensmänner der streikenden Metallarbeiter der Firma Bosch hat mit allen gegen zwei Stimmen beschlossen, die Arbeit zu den von desr Firma ausgegebenen Bedingungen wie­der aufz unehmen. Damit ist der Streik, der

das öffentliche Interesse stark beschäftigt hat, nach siebenwöchiger Dauer ohne Gewinn für die Ar­beiter beendet.

Landesversammlung der württ. Sozialdemokratie.

ff Stuttgart, 27. Juli. Die diesjährige Lan­desversammlung der württ. Sozialdemokratie, zu der 400 Delegierte erschienen waren, wurde gestern abend durch den Abgeordneten Hildenbrand im Ge­werksaftshaus eröffnet. Aus dem von Genossß' Behr erstatteten Pressebericht war zu entnehmen^, daß 60 Prozent der organisierten Sozialdemokratie auf die Tagwacht nicht abonniert ist, daß aber über 3000 nicht soziald. Geschäftsleute die Tag­wacht zu halten gezwungen sind. Der Bericht über die Pressekommißsion, erstattet vom Abgeordneten Hildenbrand, gab Veranlassung zu ausgedehnter heftiger Debatte, bei der es zu Zusammenstößen zwischen revisionistischer und radikaler Richtung kam. Um 9 einviertel Uhr abends wurde die Debatte ab­gebrochen und Sonntag früh fortgesetzt. Sodann kamen zur Annahme: Der Antrag Hildenbrand: alle geschäftliche Angelegenheiten und Beschwer­den sollen durch den Landesvorstand und in 2. In­stanz durch den Landesausschuß geregelt Werdens, ferner der Antrag Keil: wonach die Wahltaktik von 1912 betr. Ausstellung von Proporzkandidaten gut­geheißen wurde,- ein 2. Antrag Keil: die Aenderung des Delegationssystems auszusetzen, der Antrag Hil­denbrand, - gegen das Vorgehen der Schulbehörde gegen die Arbeiterjugend Maßregeln zu ergreifen; weiter der Antrag auf Fernhaltung der Genossen von politischen Vereinen; dagegen wurde der An­trag aus Beseitigung der Doppelmandate abgelehnt, wobei Hildenbrand u. a. bemerkte: einer der Haupt-, gründe seines Wegzugs sei der, daß ihm von übel­wollenden Genossen wegen eines Doppelmandats schwere Vorwürfe gemacht werden. Einem dem Ab­geordneten Lindemann gegenüber geäußerten Zwi­schenruf. seine Frau sei die Vorsitzende eines bür­gerlichen Stimmrechtsvereins, hielt Lindemann mit beißender Satyre entgegen, dem Zwischenruser emp­fehle er, sich mit seiner Frau selber auseinander- zusetzen. Es folgte nunmehr ein Referat des Abg. Keil über die Tätigkeit der soziald. Reichstags­fraktion. mit manchen polemischen Ausführungen ge­gen die Tagwacht untermischt. In den Landes­vorstand wurden gewählt: als Vorsitzender Fried­rich Fischer, sodann die Genossen Wafner, Fischer- Cannstatt, Freh-Stuttgart, Harder, Keil und Frau Müller; in den Landesausschuß: als Vorsitzender Bauer, sodann Göhring, Hang, Hoschka, Hosenthien, Kurz und Stubenrauch. Den Schluß der Verhand­lungen, die den Sonntag völlig ausfüllten, bildete die Agitationsfrage in der Frauenbewegung

Aus dem Gerichtssaal.

ff Stuttgart, 27. Juli. Wegen Widerstands ge­gen die Staatsgewalt, gefährlicher Körperverletz­ung, erschwerten Hausfriedensbruchs, versuchter Ge- sangenenbefreiung und Ruhestörung, be.MNgen am Himmelsahrtstag in Cannstatt, teils auf dem Bahnhof, teils auf der Polizeiwache, hat die Straf­kammer als Nachspiel zu dem seinerzeit berich­teten Bahnhosskrawall den Metzger und Wirt Schä!-- fer, den Bäcker Wüchtermann, beide von Cannstatt, zu vier bezw. zwei Monaten Gefängnis und je drei Tagen Haft, den Bauern Kurz von Cannstatt zu drei Monaten Gefängnis, den Taglöhner Johann

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I

Achtung soll das Fundament, Neigung der erste Stock und Liebe der Ueberbau bei einer glücklichen Verbindung sein.

Patrirlricklnt.

Roman von Reinhold Ort mann.

(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten'.

Margarete ging hinaus, und fast im nämlichen Augenblick schon erschien Henry Frederiksen in der gegenüberliegenden Tür. Als er seines Vetters ansichtig wurde, schien er un­schlüssig, ob er weitergehen oder umkehren solle. Aber der Konsul machte dieser augenfälligen Ungewißheit ein Ende, indem er ihm mit ruhig freundlicher Miene ent- gegenging.

Guten Tag, Henry! Ich hoffe, du kannst es über dich gewinnen, in meiner Gesellschaft hier auf Helga zu warten."

Wie sie vor anderthalb Jahren ohne Händedruck aus­einander gegangen waren, so reichten sie sich auch jetzt nicht die Hände. Und auf Henry Frederiksens Gesicht stand leserlich genug das trotzig feindselige Empfinden geschrieben, das ihn beseelte. Aber er zwang sich zu kühler Höflichkeit, indem er erwiderte:

Ich konnte nicht darauf vorbereitet sein, dich hier an­zutreffen. Vermutlich war also dies die große Dleber- raschung, die mein Schwager mir verhieß, als ich Um an diesem Morgen aufjuchte."

Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß er dabei an mich gedacht hat. Denn zu jener Stunde hatte er wohl noch kaum Kenntnis von dem traurigen Anlaß, der mich nach München geführt." »

Ein trauriger Anlaß? Einer, der vielleicht auch mich angebt?"

Mein Haus i,t von schwerer Trauer yelmgesucy! worden. Ich komme von einem Sterbebett, Henry I"

Kreideweißen Antlitzes stürzte der andere auf ihn zv und packte mit ungestümem Griff feinen Arm.

Von einem Sterbebett, sagst du ? Herr im Himmel, es es ist doch, es ist doch nicht Margarete?"

Nein. Während ich auf einer kurzen Geschäftsreise ab­wesend war, ist meine Großmutter in ein besseres Jen­seits hinübergeschlummert."

Henry gab seinen Arm frei und strich sich schwer auf­atmend über die Stirn.

Ah, die alte Fraul Verzeih' ich weiß deinen Schmerz um die Dahingeschiedene zu würdigen. Aber dv verlangst nicht, daß ich mehr an Kummer erheuchle, als ich in diesem Augenoück zu fühlen vermag nicht wahr?"

Gewiß nicht. Sie ist dir niemals gewesen, was sic mir war. Und außerdem weiß ich sehr wohl, daß es im Leben Situationen gibt, die auch den Weichherzigsten stumpf machen."

Der junge Bankier streifte ihn mit einem mißtrauisch unsicheren Blick.

Was bringt dich auf die Vermutung, daß ich mich in einer solchen Situation befinde? Denn die seltsame Be­trachtung geht doch wohl auf mich?"

Auf wen sonst, Henry? Du findest es hoffentlich nicht unoerztGlich, daß ich noch immer einiges Interesse an dir und an deinem Schicksal habe."

Was soll ich dir darauf antworten, ohne dicstzu verletzen? Vielleicht ist es genug, wenn ich dich an unsere letzte Unterredung in Hamburg erinnere.

Ich denke, daß du mich damals deutlich genug hättest empfinden lassen, wie weit dein Interesse an mir und an meinem Schicksal geht."

Würde es heute anders um dich bestellt sein, Henry, wenn ich an jenem Tage bereitwillig und ohne jeden Vor­behalt deinen Erwartungen entsprochen hätte ? Bist du nicht vielmehr der Meinung, daß einiges Berechtigte war in dem. was ick dir damals kaate?"

Du bist ja, wie es scheint, schon wieder vortrefflich unterrichtet. Und es gewährt dir begreiflicherweise eine nicht geringe Genugtuung, mich nun wirklich an dem Ende angetangt zu sehen, das du mir vor anderthalb Jahren mit so bewunderungswürdigem Scharfblick prophezeitest."

Er hatte sich beim Anblick seines Vetters ohne Zweifel fest vorgenommen, nichts von der verzweifelten Stimmung zu verraten, in der er sich befand. Aber in der Art des anderen war vom ersten Augenblick an etwas eigentümlich Zwingendes gewesen, das alle seine trotzigen Vorsätze zu­sammenbrechen ließ. Und vielleicht auch war es ihm nach all der mühselig durchgeführten Verstellung der letzten Tage plötzlich zu einem unbezwinglichen Bedürfnis geworden, seine hoffnungslose Lage rückhaltlos preiszugeben. Der, vor dem er es tat, mußte ja wissen, daß es nicht geschah, weil er noch aus Beistand und Rettung baute.

Wie in leiser Mißbilligung nur hatte der Konsul bei seinen bitteren Worten, den Kopf bewegt.

Es ist doch wohl nicht nötig, daß ich mich gegen solche Unterstellung erst noch ausdrücklich verwahre. Es würde mir eine wahre Herzensfreude sein, wenn ich dir heute eingestehen dürfte, daß ich mit meiner Voraussage im Unrecht geblieben sei. Ich habe ein Recht zu verlangen, daß du mir das glaubst."

Ob ich dir's glaube oder nicht, was ändert das an der Tatsache, daß der Verlauf der Dinge dir recht gegeben hat und zwar vermutlich noch um einiges schneller und vollständiger als du selbst es erwartet haben magst. Du siehst, ich verhehle nichts und zwar aus dem einfachen Grunde, weil es keinen Zweck mehr hätte, etwas zu verhehlen. Es ist doch wohl ganz gleichgültig, ob du um vierund­zwanzig Stunden früher erfährst, was morgen oder über­morgen in Berlin und in Hamburg die Spatzen von den Dächern pfeifen werden. Also rund und klar: ich bin heute ebenso gründlich ruiniert, wie ich es ohne Helgas groß­mütige Hilfe damals gewesen wäre."

Wäre es nicht besser, Henry, wenn wir ohne lieber- treibunuen miteinander sprächen? Ein Kaufmann, der