! st Herrrnberg, 16. Juli. Auf dem Bahnhof wurde bei Grabarbeiten an der Gasleitung der Streckenarbeiter Wörner von Affstätt durch Ausströ­men von Gas derart betäubt, daß er zu Boden fiel und in ärztliche Behandlung gegeben werden mußte. Trotz stundenlanger künstlicher Atmungsoer­suche kehrte das Bewußtsein nicht zurück, so daß die Stuttgarter Feuerwehr um Entsendung eines Sauerstosfapparates gebeten werden mußte, der auch bald eintraf und mit dessen Hilfe der Verunglückte nachts 10 Uhr zum Bewußtsein gebracht werden konnte. Wörner dürfte mit dem Leben davon­kommen.

st Rötenberg, OA. Oberndorf, 16. Juli. (To­dessturz.) Beim Heuladen hinter ihrem Haufs ist gestern die 45 Jahre alte Frau des Andreas Ziegler so unglücklich vom Wagen gestürzt, daß sie eine schwere Rückenmarksverletzung erlitt und gelähmt liegen blieb. Die unglückliche Frau ist heute früh ihren Verletzungen erlegen.

st Reutlingen, 16. Juli. (Kling verhaftet.) Aus Straßburg kommt die telegraphische Nachricht, daß es der dortigen Kriminalpolizei gelungen sei, den Schuhmachergesellen Karl Kling, der den ab­scheulichen Raubmordverfuch an seiner Meistersfrau unternommen und diese durch 21 Messerstiche ver­wundet hatte, zu verhaften. Es ist ihm bekannt­lich nicht gelungen, seinen Zweck zu erreichen und auch sein Opfer ist bereits wieder hevgestelM Kling hatte sich nach der Tat vagabundierend in Württemberg und Baden hsrumgetrieben und schließlich die Grenze von Elsaß-Lothringen über­schritten, bis er der Straßburger Polizei in die Hände geriet.

" st Leonberg, 16. Juli. (Verhafteter Aus­brecher.) Dem Landjäger Seitz ist es heute früh aus einer Streife nach Hemmingen gelungen, den steckbrieflich verfolgten Wilhelm Blaser festzunehmen. Bläser, der in Großholzleute (OA. Wangen:, gebür­tig ist, war wegen Ermordung eines Mädchens, im Ludwigsburger Zuchthaus untergebracht, wegen an­geblicher Krankheit aber in letzter Zeit in das Ludwigsburger Bezirkskrankenhaus eingeliesert wor­den, wo er die Gelegenheit zum Ausbrechen benützte.

* Stuttgart, 16. Juli. Die Maul- und Klauenseuche ist erloschen in Tannheim, OA. Leutkirch. Damit ist das ganze Land wieder s e u ch e n s r e i.

st Stuttgart, 16. Juli. (Wiederaufnahme der Arbeit bei Boi ck. Wie uns von der Firma Bosch mitgeteilt wird, und heute morgen 800 der bisherigen Arbeiter zur Arbeitsstätte gekommen. Nie neu angemeldeten Leure haben sich heute vormit­tag vorgestellt und werden lausend eingestellt. Die Firma glaubt, daß nck morgen noch eine größere! Zahl der alten Leute zur Arbeit zurücksinden wird. Viele, die hiezu gewillt waren, sind durch die Streikenden davon abgehalten worden. Der Fabrik­betrieb in wieder im Gange.

st Stuttgart. 16. Juli. (Flüchtiger Se­kretär.: Blättermeldungen zufolge ist der Se­

kretär der Israelitischen Oberkirchenbehörde seit 5 Tagen flüchtig. Nach dem Sraatshandbuch han­delt es sich um den Oberfekretär Leopold Fried­mann, der die Kanzlei der genannten Behörde führt und auch den israelitischen Zsntralkirchensonds ver­waltet. Es soll sin Kassenmanko von 900010 000 Mark vorliegen.

st Stuttgart, 16. Juli. (Brandschaden.) Welche Werte bei dem Brande des Kaufhauses Ri­chard Schaarfchmidt am Marktplatz zerstört oder beschädigt wurden, geht daraus hervor, daß allein Waren, die teils durch Rauch, teils durch Wasser notgelitlen haben, im Werte von 340 000 Mk. zum Verlaus gebracht werden müssen. Die Waren werden wegen der Masse und des voraussichtlichen An­drangs gruppenweise ausgeboten. Die Ursache des Brandes konnte bis jetzt nicht festgestellt werden.

s> Stuttgart, 16. Juli. (Parlamentsjubi­läum. Das Deutsche Volksblatt schreibt: Mit dem Abgeordneten Haußmann geht auch der Führer des Zentrums, der Abgeordnete Gröber, seinem 25jährigen Landtagsjubiläum entgegen. Beide Ab­geordnete kandidierten erstmals im Herbst 1888 und wurden am 9. Januar 1889 in den Landtag gewählt, in den sie am 30. Januar 1889 eintraten. Die beiden Abgeordneten sind jetzt diejenigen der gegenwärtigen Volksvertreter, die der Zweiten Kam­mer am längsten angehören. Gröber wird am 11. Februar nächsten Jahres 60 Jahre alt. Haußmann ist drei Jahre jünger.

s s Waiblingen, 16. Juli. (Beim Baden er­trunken.) Der 15jährige Sohn des Gustav Baumgärtner ist in Gegenwart mehrerer Karne-- raden beim Baden in der Rems untergegangen und konnte nur noch als Leiche geborgen werden. Die Kameraden waren nicht schwimmkundig.

st Oggenhausen, OA. Heidenheims 16. Juli. Der 30 Jahre alte ledige Kaufmann Moritz Maier äu Firma Geschwister Maier in Heidenheim), der seit 10 Tagen vermißt wurde, ist von Spaziergän­gern in den sogenannten Schleimteichen ertrunken aufgefunden worden.

st Oehringen, 16. Juli. Die Bank für Ge­werbe un dLandwirtschaft, deren bescheidene und nicht mehr zureichende Räume sich seither in einem Privathaus befanden, wird nach einem gestrigen definitiven Beschluß der Vorstandschaft und einer zugezogenen Kommission einen Neubau errichtest) st Zuffenhausen, 16. Juli. (Ausreißerin- nen.) Die stürmische Gewitternacht zum Dienstag benützten in Oberurbach 5 Zöglinge der Rettungs­anstalt für Mädchen zum Auskneifen. Zwei haben hier Bekannte. Es wurde gleich vermutet, daß, sie hierher geflohen seien. Die Polizei fand rich­tig zwei 17 jährige Mädchen vor. Sie wurden nun bereits wieder von einem Schutzmann nach ihrem Asyl zurückgebracht. Die drei anderen Mädchen vermutet man in Stuttgart.

st Friedrichshafen, 16. Juli. (Luftfahrt.) Das Luftschiff,,L. Z. 20" ist heute vormittag 11.20 Uhr zu seiner Ueberführungsfahrt nach Frankfurt a. M. ausgestiegen. An Bord befindet sich ein Teil der militärischen Abnahmekommission. Um 12.40 Uhr hat das Luftschiff Onstmettingen in der Richt­ung auf den Hohenzollern passiert. Das Luft­schiffL. Z. 20" ist gegen einviertel 5 Uhr auf dem Flugplatz in Frankfurt a. M. gelandet und wurde um einhalb 5 Uhr in die Halle gebracht. 1 st Friedrichshafen, 16. Juli. Zur diesjährigen Bodenseewoche sind 52 verschiedene Dachten ge­meldet, gegen nur 36 im letzten Jahr. Die Segel­wettfahrten von Friedrichshasen finden am 5., 6. und 7. August statt. Der König hat sich bereits erklärt, auf den 7. August im hiesigen Kurgarten­hotel die Preisverteilung der Friedrichshafener Re­gatten selbst zu übernehmen.

Landesnachrichten.

Ultenrteig, 17. Juli 1913.

* Die Bautätigkeit. Die neue Kinderschule geht' ihrer Vollendung entgegen. Sie macht von außen einen recht freundlichen Eindruck und bald wird auch das Innere vollendet sein. Die Diakonissin konnte ihre separate Wohnung in dem Gebäude schon be­ziehen. Anfangs August wird die Kinderschule voraussichtlich ihren Einzug halten können. Das daneben im Um- und Ausbau begriffene Ge­meindehaus wird auch bald aufgerichtet sein. Die Tieferlegung des großen Saalbodens war eine schwierige Arbeit, ist aber jetzt glücklich vollendet. Der Fabrikbau der Firma Lutz u. Weiß geht seiner Vollendung entgegen und ist demnächst beziehbar.

* Theater. Am morgigen Freitag abend wird ,,sD er Pfarrer von Kirchfeld" von Ludwig Anzengruber gegeben, worauf besonders hingewiesen sei. Es ist ein Benefizabend für Frau Hansi und Herrn Edi Hoffmann, denen ein zahlreicher Besuch zu wünschen ist.

* Die Ziegenzucht soll fernerhin auch in unse­rem Bezirk auf Anregung, von Oberamtmann Kom- merell mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden als seither. Am Sonntag fand imRößle" in N a- gold zu diesem Zweck eine Versammlung statt, bei der Oberamtstierarzt Honecker aus Freu­denstadt einen Vortrag über das Bockhaltungsgesetz hielt. Zum Vorstand des Bezirksziegenzuchtvereins wurde Stadtpfleger Rieger in Haiterbacß gewählt, der sich schon in Haiterbach sehr um die Ziegen­zucht angenommen hat. Die Ziegenzucht verdient entschieden mehr Aufmerksamkeit und es wäre erfreu­lich, wenn ihre Bedeutung auch in unserem Bezirk mehr gewürdigt würde.

st Eine Amnestie für Steuersünder. Das Wehr­beitragsgesetz bringt für Steuersünder eine volle Amnestie. Wenn nämlich ein Beitragspflichtiger bei der Veranlagung zum Wehrbeitrag oder in der Zwischenzeit seit dem Inkrafttreten des Gesetzes bei der Veranlagung zu einer direkten Staats­oder Gemeindesteuer Vermögen oder Einkommen an­gibt, das bisher der Besteuerung durch einen Bun­desstaat oder einer Gemeinde entzogen worden ist, so bleibt er von der landesgesetzlichen Ltrase und der Verpflichtung zur Nachzahlung der Steuer für frühere Jahre frei. Diese Bestimmung wurde in das Gesetz über den Wehrbeitrag ausgenommen, damit nicht die Furcht vor Strafe, Vermögens- und sonstigen Nachteilen die Beitragspslicbtigen ab­halte, ihr Vermögen wahrheitsgemäß anzngebenst Es tritt somit eine Vergünstigung ein für Steuer- desraudanten. Alte Steuersünden können bei der Abgabe der Vermögenserklärung zum Wehrbeitrag gesühnt werden ohne Strafe und ohne Steuernach­zahlung.

* Göttelfingen, 17. Juli. Die Heidelbee­ren kosten hier 23 Pfg. pro Pfund, ein Preis, der wohl noch nie erreicht worden ist.

* Baiersbronn, 16. Juli. Gestern ereignete sich Leim Abladen von Sägblöcken aus der Höfer Säg­mühle ein bedauerlicher Nnglücksfall. Einer der Blöcke siel dem etwa 24jährigen Bernhardt Rapp so unglücklich auf die Brust, daß der Tob nach we­nigen Minuten eintrat.

^ L»l-k»»cht. B

Trägst du im Busen Leid und Groll, o komm.

Sieh einem Kind ins Auge froh und fromm!

Das hat schon manchem lieblich wohlgetan,

Aus Kinderaugen blicket Gott uns an.

Patristertllrit.

Roman von Reinhold Ortmann.

(Fortsetzung,) (Nachdruck verboten'.

Die klaren, grauen Augen des Konsuls hefteten sich mit ruhigem Blick auf das Gesicht des Sprechenden.

Die Wünsche und Erwartungen eines unerfahrenen jungen Mädchens gehen vielleicht immer um einiges über das Erfüllbare hinaus, Herr Almröder! Und gewisse Ent­täuschungen sind wohl in jeder Ehe unvermeidlich. Aber ich meine, daß die Enttäuschungen, die eine in jeder Lebens­lage bewährte Korrektheit bereiten kann, durchaus nicht die schlimmsten sind. Wir Hamburger sind eben noch immer gewöhnt, die von Ihnen getadelte Eigenschaft mehr für einen Vorzug als für einen Fehler zu halten."

.Worin Sie von Ihrem kaufmännischen Standpunkt aus ja auch wahrscheinlich recht haben."

Er wollte sich beherrschen, aber er hatte doch nicht ver­hindern können, daß etwas Sarkastisches, ja, beinahe Gering­schätziges im Klang seines scheinbaren Zugesrändui'ses ge­wesen war. Am Ende konnte er doch auch ' ' > -stur,

daß die kühle Ueberlegenheit in diesen Hellen gc . ugen so fatal aufreizend auf ihn wirkte, und daß er die An­wesenheit dieses hanseatischen Patriziers instinktiv wie die Nähe eines Feindes empfand, der gekommen war, ihn feinem Weibe vollends zu entfremden. Wie er diese beiden Blutsverwandten da zum ersten Male seit achtzehn Monaten wieder nebeneinander sah, fühlte er ihre innerliche Zu­sammengehörigkeit viel deutlicher, als sie ihm während

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seiner Berlovungszeit zum Bewußtsein gekommen war. In ihrer Haltung, in ihrer Art, sich zu geben oder sich zu ver­schließen, ja, selbst in ihren Gesichtszügen entdeckte er plötzlich Aehnlichkeiten, die seinen Zorn aufstachelten und ihn mit einem kaum zu unterdrückenden Unmut erfüllten gegen beide. Es hätte nur der kleinsten Herausforderung bedurft, seinen Ingrimm in Hellen Flammen auftodern zu lassen, und er empfand es geradezu als eine demütigende Bevormundung, daß Helga durch eine Aenderung des Ge­sprächsthemas dieser Möglichkeit vorbeugte.

Uebrigens möchte ich dich noch etwas fragen, Cäsar etwas, das ich nicht binausschieben darf, da Henry vielleicht schon im nächsten Augenblick hier ist. Du bist über seine geschäftliche Lage unterrichtet nicht wahr?"

Soweit das für einen Außenstehenden möglich ist ja. Aber du sagst, daß du ihn erwartest? Er ist also ebenfalls in München?"

Er überraschte meinen Mann an diesem Morgen durch seinen Besuch. Aber ich kann dir auf das bestimmteste ver­sichern, daß das Zusammentreffen ein rein zufälliges ist. Margarete hat mir erklärt, daß sie seit langer Zeit nichts mehr von ihm gehört habe. Und Henry konnte keine Ahnung von ihrem Hiersein haben. Er kam ja auch lediglich in der Absicht, mir das Darlehen zurückzuzahlen, das ich ihm vor anderthalb Jahren gegeben."

Hubert Almröder war aufgestanden, weil er das Haus- madchen mit einem Briese eintreten sah und weil die Form wie die zarte Reseda-Farbe des Billetts eine ganz bestimmte Vermutung in ihm geweckt hatte.

Entschuldigen Sie mich für einen Augenblick," sagte er hastig.Es handelt sich möglicherweise um etwas sehr Eiliges."

Und noch ehe sie sich dem Erker hatte nähern können, nahm er der Dienerin das zserlu:.^ Briefchen aus der Hand Mitten im Zimmer stehe 2 leibend, öffnete er den Umschlag und las. In diesem Augenblick gab es nichts auf der Welt, das ihn auch nur in annähernd demselben Maße interessiert Hütte wie die rasch hingeworfenen Zeilen aus

mejem stark und fuß duftenden Blatte. Selbst wenn Cäja: Frederiksen seine Stimme nicht fast bis zum Flüstern ge- dämpft hätte, würde der Maler darum wahrscheinlich nichts davon vernommen haben, als er in Erwiderung auf Helgas letzte Worte fragte:

Um es zurückzuzahlen, sagst du? Doch nicht die ganze Summe?"

Ja. Die ganze Summe. Das Geld liegt, wie du siehst, noch dort auf dem Speisetisch."

Der Konsul strich mit beiden Händen seinen Bart. Sem Gesicht hatte sich nicht verändert; aber Helga kannte ihn gut genug, um ihm trotzdem die Erregung anzusehen, in die ihre Bestätigung ihn versetzt hatte.

Das überrascht mich. Du hast mit deinem Bruder gesprochen?"

Nein. Ich war noch nicht aufgestanden, als er kam, und er entfernte sich wieder, ehe ich von seiner Anwesenheit erfuhr. Ich beschwöre dich, Cäsar: sage mir die volle Wahrheit. Wie ist es um ihn bestellt? Ist er wirklich in der Lage, jetzt einen so großen Betrag zu zahlen?"

Wenn er nicht andere darum bestehlen will nein l Soweit meine Informationen zuverlässig sind und ich bin gewiß, daß sie es sind, steht er zum zweiten Male vor dem Bankrott."

O mein Himmel ich habe es geahnt," flüsterte Helga mit zuckenden Lippen ; aber als sie sah, daß Hubert sich in diesem Augenblick wieder nach ihnen umwandte, nahm sie alle Kraft ihres starken Willens zusammen, sich zu beherrschen. '

»Ich habe nochmals um Entschuldigung zu bitten,* sagte der Hausherr, in dessen Augen eine lebhafte Unruhe flackerte.Aber ich erhalte da soeben eine unangenehme Nachricht, die mich zu meinem Bedauern zwingt, mich für kurze Zeit zu beurlauben. Ich habe doch wohl das Ver­gnügen, Herr Frederiksen, Sie bei meiner Rückkehr noch hier zu finden?"

Das zu versprechen, bin ich allerdings nicht in der wird ganz davon abhängen, wann ich mein« Schwester sprechen kann."