Es folgt die

dritte Beratung des Besitzsteuergesetzes.

Abg. Laux (Südd. Bauernbund) beantragt einen Zusatz, wonach die in die Ehe Angebrachten Vermögen zuwachssteuer­frei bleiben, wenn sie 40 000 Mark nicht übersteigen. Nach dem Widerspruch des Reichsschatzsekretärs Kühn wird der Antrag zurückgezogen. Zu 8 24 (Steuersatz) beantragt der Abg. Ledebour (Soz.) die Einfügung eines Paragraphen: Die in 8 24 festgesetzten Steuersätze gelten als Normalsteuer­sätze. Bei der Feststellung des Etats ist alljährlich, also erstmal zum 1. April 1917, zu bestimmen, welcher Prozent­satz der normalen Steuersätze für das beginnende Finanzjahr erhoben werden soll. Der Antrag wird abgelehnt. Es folgt'8 43 mit dem Absatz betreffend die Besteuerung der Bundesfürsten. Reichskanzler von Bethmann- Hollweg: Ich möchte wiederhol den Reichstag dringend bitten, diesen Paragraphen im Interesse des Gesetzes abzu­lehnen. (Hört, hört! Bewegung.) Abg. Junck (Natll.) erklärt, daß seine Partei gegen den Paragraphen stimme. Auch der Abg. Behrens (Wirtsch. Vgg.) erklärt, daß seine Partei den Absatz ablehne. Abg. Haase (Soz.) bezeichnet das, was man eben gehört habe, als einen glatten Umsall vor dem Slirnrunzeln der Regierung. Die Bestimmungen über die Steuerpflicht der Bundesfürsten werden hierauf in nament­licher Abstimmung mit 195 gegen 169 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen abgelehnt. Der Rest des Besihsteuer- gesetzes wird ohne Debatte angenommen. Die Resolution der Wirtschaftlichen Vereinigung auf gesetzliche Regelung der Steuerpflicht der Bundesfürsten wird abgelehnt.

Es folgen die

Abstimmungen über den einmaligen austeryrdent- licheu Wehrbeitrag und zum Reichsstempelgesetz.

Unter den angenommenen Anträgen befindet sich auch ein Antrag auf Wiederherstellung der Regierungsvorlage bei der Stempelsteuer auf Feuerversicherungspolicen. Nunmehr folgen die Gesamtabnimmungen. In einfacher Abstimmung wird gegen die Stimmen der Polen und El- säßer der einmalige außerordentliche Wehrbeitrag definitiv angenommen, ebenso gegen die Stimmen der Sozialdemo­kraten, Polen, Elsäßer und Welfen die Aenderungen im Finanzwesen. Das Besitzsteuergesetz wird in namentlicher Abstimmung mit 280 gegen 63 Stimmen bei 29 Stimment­haltungen angenommen. (Bravo!) Schließlich wird auch das Gesetz betreffend die Aenderung des Reichs st em- pelgesetzes in einfacher Abstimmung angenommen. Damit sind die Wehr- und Deckungsvorlagen definitiv er­ledigt. Das Haus erledigt sodann noch einige Petitionen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft.

Präsident Dr. Kämpf: Wir sind am Schluß eines Tagungs­abschnittes, der in der Geschichte des Reichstags als einer der denkwürdigsten zu verzeichnen ist. Wenn wir heute, so fuhr er fort, das Haus verlassen, so geschieht es in dem Gefühl der erfüllten Pflicht. Die Opfer, die für das deutsche Reich gebracht werden müssen, sind schwerer als je zuvor. Der Abschluß des großen Werkes ist erfolgt auf Grund des Bewußtseins der Kraft der ganzen Nation, der Gefühle der Sicherheit, der Stärke und dazu beizutragen, in der Welt den Frieden zu wahren, den das gesamte Deutschland ehrlich will. (Lebhafter Beifall.) Nachdem der Abg. Bassermann dem Präsidenten den Dank für seine gerechte, wohlwollende Geschäftsführung ausgesprochen und der Präsident dafür ge­dankt und der Schriftführer, Questoren und Beamten des Hauses gedacht hatte, nahm der Reichskanzler v. Bethmann Hollweg das Wort. Er sprach die Ueberzeugung aus, daß dank der gemeinsamen Arbeit der verbündeten Regierungen und des Reichstages ein großes Werk getan sei. Wenn auch mancher Mängel und Härten darin sehe, so werde das Ganze doch der Nation zum Heile dienen. Die großen und schweren Opfer würden für die höchsten Güter der Nation:

M L«s«t»ucht. M

Sei deines Strebens dir bewußt.

Und du trägst Gott in deiner Brust.

Karl Siebel.

Natrisirrblut.

Roman von Reinhold Ortmann.

(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten^.

Hubert nahm den Pinsel, den er noch eben so eifrig geführt hatte, in die Linke und streckte seine Rechte nach dem Briefe aus. Der spöttische Zug war mit einem Male von seinen Mundwinkeln verschwunden, und wie jäh auf­steigende Besorgnis spiegelte es sich in seinen Zügen.

Wenn es so ist, dürfte allerdings auch ich einiges Interesse an der Sache haben. Und ich finde, daß du dich etwas spät auf das Vertrauen besinnst, das du mir schuldest."

Er begann zu lesen, und immer finsterer zogen sich während der Lektüre seine Brauen zusammen. Als er zu Ende gekommen war, befreite er sich mit einer ungeduldigen Bewegung von dem Malgerät und trat auf Helga zu.

Das sind ja sehr erfreuliche Neuigkeiten. Dein Hamburger Vetter drückt sich ja mit der ganzen Vorsicht des diplomatischen Kaufmanns aus; aber selbst eine so hochgradige Einfalt wie die meinige kann doch den Sinn des Briefes zwischen den Zeilen herauslesen. Und dieser Sinn lautet kurz und bündig: Henry Frederiksen steht wieder einmal vor dem Bankrott."

Ich glaube nicht, daß es so gemeint ist, Hubert! Cäsar spricht von einer noch vorhandenen Möglichkeit, einen Zusammenbruch abzuwenden. Und wie ich ihn kenne, weih ich, daß es ihm Ernst damit ist. Er würde mich nicht bitten, meinen Einfluß aus Henry geltend zu machen, wenn er die Ueberzeuauna hätte, daß es bereits zu ivät nt."

den Frieden und die Ehre des Landes gebracht. Wir könnten mit verstärkter Zuversicht dem Frieden und wenn es sein müßte einer siegreichen Abwehr entgegensetzen. (Lebhafter Beifall.) Nachdem der Reichskanzler die Verordnung betr. die Vertagung des Hauses bis zum 20. November verlesen und der Präsident ein dreifaches Hoch ausgebracht hatte, schloß er die Sitzung um 2.45. Uhr.

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Landesnachrichten.

Tlltenrteig, i. Juli 1918.

^ Ueber die Amtsversammlung in Nagold ist

unserem gestrigen Bericht nachzutragen, daß der Gehalt des Oberamtssparkassiers neu geregelt und aus 3300 Mark mit einer Vorrückung alle drei Jahre um 300 Mk. bis zu 4500 Mk. festgesetzt! wurde. Die Belohnung des Bezirkskrankenhausarz­tes wurde einschließlich der Belohnung für den Stellvertreter aus 1700 Mk. festgesetzt. Beschloss sen wurde ferner die Untersuchung der SchankgeMsssei durch die staatl. Eichbeamten und Uebernahme der Gebühren auf die Amtskörperschaft. Das Ge­such der Korporationsstraßenwärter um Neuregelung der Einkommensverhältnisse wurde zurückgestellt. Dagegen wurde den Beamten nach 25jähr. Dienst­zeit eine besondere Belohnung von 20 Mark be­willigt. Die Eber- und Ziegenbockschau soll zu­sammen mit der Farrenschau vorgenommen werden. Eine zweite Schau findet im Herbst statt. Da der Nagolder Spital zur Unterbringung der arbeits­losen Handwerksgesellen und deren zweckmäßige Beschäftigung sich als zu klein herausgestellt hat, hat die Amtsversammlung das an der Herrenberger- strahe gelegene Louis Kapler'sche Haus mit an­stoßendem Garten um 14 600 Mk. für diesen Zweck käuflich erworben und wird die Wanderarbeitsstätte dorthin verlegen. Für die Obdachlosen bleibt der städtische Spital auch künftighin die Zufluchtsstätte, da die Ortsarmenbehörde für diese einzustehen hat.

Zu dem Beschluß der Amtsversammlung über die Neuregelung des Krankenkassenwe­sens im Bezirk wird uns von geschätzter Seite geschrieben:

Die Amtsversammlung hat am 28. Juni nach fünfviertelstündiger lebhafter Debatte mit 16 gegen 14 Stimmen beschlossen, die bestehenden Bezirks- .krankenkassen in Nagold und Altensteig' zu voll­ständig gleichartigen Ortskrankenkassen auszubauen. Es ist zu hoffen, daß das Oberversicherungsamt bezw. Ministerium diesem Beschluß beistimmt. Was bei der Debatte für die Mitglieder der Altenstei­ger Krankenkasse von besonderem Interesse war, ist der Umstand, daß die derzeitige Geschäftsführung der Kasse von berufener Seite stark bemängelt wurde. Es wurde mißfällig bemerkt, daß von der Altensteiger Kasse etwa 34mal mehr Beschwerden einlaufen als von der Nagolder u. daß bei der Al­tensteiger Kasse zu viel prozessiert werde. So sehr die gegenwärtige Kassenführung an und für sich anzuerkennen sei, so sei doch zu tadeln, daß das Prinzip der Kasse z. Zt. das sei, den Reservefonds möglichst zu erhöhen, wobei die soziale Seite der ganzen Einrichtung in den Hintergrund geschoben werde. Diese Art der Geschäftsführung wurde mit als Grund dafür angegeben, daß es vorteilhafter sei, die beiden Kassen zu vereinigen, es wurde dem jedoch mit Recht entgegen gehalten, daß das nicht richtig sei, denn da könne ja ohne weiteres Aen-

z)uoerr uunrooer vucrre nocy einmal in oen Brief, dann knitterte er ihn zusammen und schleuderte ihn zornig auf einen Tisch.

Ein schöner Lohn für deine schwesterliche Liebe und Opferwilligem Mein Herr Schwager benutzt dein Geld, um sich in waghalsige Spekulationen einzulassen. Natürlich, er. kann es ja leichten Herzens tun, da er selber nichts dabei zu verlieren hat. Selbstverständlich mußt du ihm das Darlehn auf der Stelle kündigen und mußt mit aller Entschiedenheit auf sofortiger Rückgabe bestehen."

Wenn es meine Absicht gewesen wäre, ihn eines Tages zugrunde zu lichten, hätte ich ihn nicht erst vor dem Untergangs zu bewahren brauchen, Hubert! Ich habe ihm bei der Hingabe gesagt, daß er mir das Geld erst dann zurückerstatten solle, wenn es ohne Gefährdung seiner geschäftlichen Existenz geschehen könne. Und du wirst mir nicht zumuten, an meinem Bruder wortbrüchig zu werden."

Diese Auffassung der Dinge wird Herrn Henry Frederiksen allerdings recht angenehm sein. Er hat dann ja nur noch nötig, dir eines Tages zu erklären, daß dein Vermögen zum Teufel gegangen sei wie das seinige. Aber es fällt mir nicht ein, das ruhig geschehen zu lassen. Du darfst nicht vergessen, meine lieve Helga, daß ich da auch noch ein Wörtchen mitzureden habe."

Und was beabsichtigst du zu tun?"

Er war zu erregt, um ans den Tonfall ihrer Frage zu achten, hätte er es getan, so würde seine Antwort wahr­scheinlich weniger schnell und mit mehr Ueberlegung er­folgt sein.

Was ich tun werde oh, das ist doch sehr einfach Ich werde von meinem Schwager die Rückgabe des Ka­pitals oder eine Sicherstellung fordern, die jede Möglich­keit des Verlustes ausschließt."

Und mit welchem Recht wolltest du das von meinem Bruder fordern?"

Mit welchem Recht? Mit dem Rechte natürlich, das mir als deinem Manne ohne weiteres zusteht."

Nicht ohne weiteres, wie ich denke. An dem Tage, da iene »nnerickulvete Kataltrnnbe üb-i- k-nr-.i

derung geschaffen werden. (Auch ist ja nicht oor- auszusehen, ob bei einem späteren Wechsel des Kas­siers in Nagold die Verhältnisse nicht ähnliche wer­den können.)

j! Truppenübungen. Ueber die diesjährigen grö­ßeren Truppenübungen des 13. A. K- ist m a. das Nachstehende bestimmt worden: Die Brigade- Manöver, die bei sämtlichen Truppen 3 Tage dauern, finden wie folgt statt: 51. Jnfl-Brigl vom 12.-15. September zwischen Jagstheim und Brettheim, 52. Infanterie-Brigade vom 12.15. September in der Gegend um Niederstetten, 53. In­fanterie-Brigade vom 11.13. September bei Hall, 54. Infanterie-Brigade vom 11.13. September zwischen Hall-Geislingen-Bühlerzell. Die 26. Ka­vallerie-Brigade nimmt vom 12. -19 9. an den Hebungen der Kavallerie-Division F. im nördlichen Baden teil. Die Fußtruppen werden mit der Eisenbahn in das Manövergelände befördert.' die berittenen Truppen haben Fußmarsch. Die Manö­ver der 26. Division finden vom 16.20. 9. zwi- schM Crailsheim und Mergentheim, die der 27. Division vom 15.-19. 9. zwischen Hall-Kupferzell- Oehringen statt. Zur 26. Division treten die Trup­pen des 51. und 52. Infanterie-Brigade, zur 27. Division die der 53. und 54. Infanterie-Brigade, je mit den diesen zugeteilten Spezialtruppen. Außerdem wird jeder Division 1 Halb-Batl. zu 1 Stab und 2 Batterien Fußartillerie-Regiments. 13 zugeteilt. Die Truppen der 27. Division haben am 20. 9. Marschbüngen; an diesem Tage trifft auch die 26. Kav.-Brigade mit Fußmarsch im Ge­lände der 26. Division ein. Das Korpsmanöver findet am 22. und 23. September zwischen Hall und Crailsheim statt. Am 24. Sept. findet ein Manö­ver des gesamten Armeekorps gegen einen markier­ten Feind unter Leitung des Armeeinspekteurs, Herzog Albrecht, statt. Die Rückkehr der Stäbe und Fußtruppen in die Garnison erfolgt noch am 24. September mit der Eisenbahn: die berittenen Truppen haben Fußmarsch.

st Calw, 30. Juni. (Tödlicher Mus gang.) Im hiesigen Krankenhaus ist der Fabrikarbeiter Kuppler, der in Oberreichenbach beim Radfahren aus einen Wagen aufgerannt und innere Verletz­ungen erlitten hat, gestorben.

st Calw, 30. Juni. In Eff ringen sind das Wohnhaus und die Scheuer des I. Sattler bis au fden Grund niedergebrannt. Bereits im letzten Jahr ist im gleichen Haus einigemale Feuer aus­gebrochen, das aber jedesmal im Entstehen erstickt werden konnte.

st Obernheim, OA. Spaichingen, 30. Juni. (Unfall.) Das 4jährige Söhnchen des Bauers Wäschle wurde durch den Schlag eines Pferdes im eigenen Stall so schwer verletzt, daß es noch in der Nacht starb. (

st Stuttgart, 30. Juni. (Das Regierungsjubi­läum des Kaisers und die Erste Kammer.) In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer hielt

Präsident Fürst Hohenlohe-Bartenstein aus' Anlaß

des Regierungsjubiläums des Kaisers folgende An­sprache:25 Jahre sind es, daß der Kaiser auf eine glückliche, segensreiche Regierung zurückblicken kann. Nicht nur in unserem Vaterlande, sondern all überall, wo Deutsche wohnen, wurde dieser Tag festlich begangen. Mit gerechtem Stolz und innigster Dankbarkeit blicken wir auf zum Träger unserer Kaiserkrone, der mährend 25 Jahren stets

orocyen war, yaoe lcy oir ge>agr, oay ,cy mein vermögen als verloren ansähe, daß ich aus dem wohlhabenden Mädchen zu einem mittellosen geworden sei, und daß es dir darum freistände, von dem unter anderen Voraussetzungen singe-- gangenen Verlöbnis zurückzutreten."

Nun ja und ich habe dir selbstverständlich die Ant­wort gegeben, die du erwartet haben muhtest. Soll ich mich etwa heute gegen den Vorwurf verteidigen, daß sie mir nicht von Herzen gekommen wäre?"

Wenn du dich also schon damals damit abgefunden hattest, daß das Geld verloren sei, welchen Anlaß hast du dann, dich heute über diese Möglichkeit aufzuregen?"

Na, das ist denn doch etwas ganz anderes. Damals

mochtest du sozusagen unter einem unwiderstebljcken morali- ichen Zwange yanoem, oen auch ich zu respektieren haue;

heute aber kann von solchem Zwange nicht mehr die Rede sein. Denn heute kann dein Bruder die Schuld für seine leichtfertige Wirtschaft nicht mehr auf einen anderen ab­wälzen Und was er selber über sich heraufbeschworen hat, das mag er gefälligst auch selber tragen."

In dem Briefe meines Vetters Cäsar steht nichts von leichtfertiger Wirtschaft. Er schreibt, daß Henry nach seinen Informationen unter den Einfluß von Leuten geraten sei, die seinen gutgläubigenOptimismus zu mißbrauchen schienen. Und er bittet mich, ihn vor diesen Leuten zu warnen. Daran, daß ich durch ein Zurückfordern des Geldes die geschäftliche Existenz meines Bruders bedrohen sollte, hat er sicherlich nicht gedacht. Und es wird auch nicht ge­schehen. Du bist im Irrtum, wenn du dich berechtigt glaubst, in dieser Sache ohne meine Zustimmung oder gegen meinen Willen zu handeln."

Endlich einmal mußte es Hubert doch auffallen, daß sie immer mit derselben kühlen Ruhe sprach, und daß ihr Gesicht seinen eigentümlich starren, gleichsam seelenlosen Ausdruck unverändert bewahrte. Es hätte ihn, als er es wahrnahm, zur Besonnenheit mahnen sollen; aber er empfand es für den Augenblick nur als eine beabsichtigte Herausforderung, und der einmal geweckte Mannestrotz brachte ikn vollends um alle rubiae Ueberleauna.

Fotsetzung folgt.