si Hornisgrinde, 25. Juni. (Rasthaus auf der Hornisgrinde.) Am neuen Rasthaus aus der Hornisgrinde, das sich neben dem massiven neuen Hvrnisgrindeturm erhebt, wird seit einiger Zeit tüchtig gearbeitet. Bald trägt der einst so einsame Bergesgipfel aus seinem Rücken zwei Türme und ein gestäumigsss Gasthaus, dessen Dasein von Freunden der Stille bedauert, von müden Wanderern in Sturm und Wetter begrüßt wird.
* Nordstetten b. Horb, 24. Juni. Der vierte Hagelühlag brachte uns heute gegen 3 Uhr abermals Schaden. Die Körner waren nicht groß: aber sie sielen „hageldicht". Die durch die Gewitterregen in letzter Zeit vom Hagelschlag meist wieder gut entwickelten Saubohnen und Kartoffeln haben in manchen Aeckern 20—30 Prozent abgeschlagene Stengel. Der zweite Klee ist vielfach zerfetzt; auch die Setzwaren und die Gartengewächse haben Schaden genommen.
js Schwenningen, 25. Juni. (Untreue.) Wie verlautet, soll der hiesige Geschäftsführer eines Arbeiterverbandes das Weite gesucht haben, nachdem er sich, seit längerer Zeit Unterschlagungen, worunter auch, Beträge für die neuzugründende' sozialdemokratische Zeitung inbegriffen sein sollen, hat zu Schulden kommen lassen. Die Untersuchung über die Höhe der veruntreuten Summe ist im Gang.
ss Rottenburg, 25. Juni. Ins hiesige' Krankenhaus wurde mit dem Sanitätswagen der 65 Jahre alte verwitwete Maurer Karl Wiedmaier , eingeliefert, der in dem Steinbruch iröder Neckarhalde mehrere Meter tief abgestürzt und bewußtlos liegen geblieben war. Er hat zahlreiche Verletzungen, darunter schwere am Kopse, erlitten.
si Tübingen, 25. Jüni. (Ein tödlicher Schlag.) In der chirurgischen Klinik hier ist der Bäckermeister und Gemeinderat Gfrörer ans Nufringen OA. Herrenberg gestorben, der beim Schweinekauf den Stall eines Nachbarn betreten und von einem Rind durch einen Schlag auf den Leibe eine schwere Darmverletzung erfahren hatte. Gförer war seit mehreren Jahren Vorstand des Veteranen- und Militärvereins.
ss Erpfingen, OA. Reutlingen, 25. Juni. Das 2 einhalbjährige Kind des Landwirts Wilhelm Hö- neß stürzte gestern vormittag in einem unbewachten Augenblick in das Güllenloch und erstickte. Als die Eltern vom Felde heimkamen und nach dem Kinde forschten, fanden sie es tot. in der Güllengrube.
s s Metzingen, 25. Juni. (U e b e r r a d e l t.) Der Maurermeister Wehle wurde in der Kohlbergerstraße in der Nähe der Billa Brekle von Radfahrern angerannt. Er stürzte zu Boden und blieb bewußtlos liegen. Bis heute morgen hat er die Besinnung noch nicht wieder erlangt. An seinem Aufkommen wird gezweifelt.
ss Stuttgart, 25. Juni. In ihrer heutigen Sitzung genehmigten die bürgerlichen Kolleg.ien für die Ausführung des Waldsried Hofs im Viereichenhau bei Möhringen die nach Angaben des Oberbaurats Grässel aus München abgeänderten Hochbautenplänen des städtischen Baurats Pantle und die Pläne für die gärtnerische Ausgestaltung des städtischen Gartendirektors. Die vorläufigen Gesamtkosten betragen etwa 360000 Mk. und die erste Rate wird schon in einer der nächsten Sitzungen der bürgerlichen Kollegien bewilligt werden.
si Plochingen, 25. Juni. (Massenunfall,) Aus der Straße nach Altbach oberhalb des Bierkellers stieß ein von 5 Buben im Alter von 9 bis 12 Jahren gezogener vierräderiger Wagen mit einem des Weges kommenden Fuhrwerk aus bis jetzt noch nicht aufgeklärte Weise zusammen. Dis Knaben wurden unter die Pferde und den Wagen geschleudert. Dem Sohn des Bierbrauers Reber wurde von einem Pferd die linke Hand zerquetscht. Der Sohn des Spezereihändlers Ziegel erlitt bedeutende Verletzungen am Kopse. Den zwei anderen ging der zum Glück leere Wagen über beide Beine, während der fünfte offensichtlich mit dem Schrecken davonkam. Die Hauptschuld dürste den au s dem Wagen schlafend gefundenen Fuhrmann treffen.
ss Aalen, 25. Juni. Auf tragische Weise ist der Mitte der sechziger Jahre stehende Makzfabri- kant Früholz von Heidenheim aus dem Leben geschieden. Er kehrte mit seinem preisgekrönten Verein (Sängerklub Heidenheim) vom Tübinger Lie- dersest zurück und war in festlicher Stimmung. Auf dem hiesigen Bahnhof wurde er Plötzlich vom Schlage getroffen. Der herbeigerufene Bahnarzt konnte nur den bereits eingetretenen Tod feststellen. Die Festesfreude wurde durch diesen tragischen Zwischenfall jäh unterbrochen.
st Giengen a. Br., 25. Juni. (Die gefährlichen S ch i s f s ch au k e l n.) Der Sohn des Schiffschaukelbesitzers Zeh wurde gestern abend von einem in voller Bewegung befindliche^ Schiff erfaßt und mit ganzer Kraft an die Umzäunung der Schaukel geschleudert, so daß er bewußtlos und blutüberströmt liegen blieb. Der bedauernswerte junge Mann erlitt sehr schwere Verletzungen im Gesicht und am Kopfe.
s ! Münsingen, 25. Juni. (Hagels ch l a g.) Gestern nachmittag einhalb 4 Uhr kam vom Neckartal herüber ein schweres Gewitter gezogen, das strichweise mit starkem Hagelschlag verbunden war. Insbesondere wurde das Landgestüt Marbach an der Lanter, das zur Gemeinde Dapfen gehört, heim- gesucht. Es fielen dort Schloßen bis zur Größe von Haselnüssen.
st Riedlmgen, 25. Juni. Bei dem gestrigen schweren Gewitter wurde der Sohn des Gemeinde- Pflegers Unmuth in Taugendorf, der erst kaum 4 Wochen verheiratet war, beim Heuen vom Blitz erschlagen. Ein weiterer Blitzstrahl führ in das Haus des Zieglers Wurst, das erheblich beschädigt wurde, aber nicht in Brand geriet. Ferner wurde in Sonderbuch bei Zwiefalten die Gemeindescheuer vom Blitz getroffen. Diese geriet in Brand und wurde mit vielen landwirtschaftlichen Maschinen und großen Futtervorräten bis auf den Grnnd eingeä schert.
st Schussenried, 25. Juni. (Schlechte Zeiten.) Mangels ungenügender Aufträge arbeitet das Personal der Abteilung Gießerei im Kgl. Hüttenwerk bereits seit 5 Jahren nurmehr 8 Stunden. Nun wurde dem Arbeiterausschuß mitgeteilt, daß von jetzt ab infolge andauernden schlechten Geschäftsgang und in Anbetracht des großen Vorrats an den Samstagen nicht mehr gearbeitet werden dürfe. ' ' ' j
s s Jsny, 25. Juni. (Teures Jagdvergnügen.) Um seiner Jagdlust zu fröhuen, machte sich am Sonntag ein Bauer auf die Strümpfe, nahm aber, um das Jagen etwas ergiebiger zu gestalten.
schon sehr oft den großen Holzverkehr kaum zu bewältigen vermag, entlastet werden. M. H. Jch möchte deshalb die Regierung bitten, ihr Augenmerk auf den Weiterbau dieser Bahn hinunter ins Nagoldtal nach Altensteig recht wohlwollend zu richten und in nicht allzuserner Zeit auch aus- zusühren. Die erste Vorarbeit für diesen Gedanken erblicke ich in der Erstellung des Bahnhofgebäudes in Pfalzgrafenweiler, das, wie der Herr Berichterstatter Locher ganz richtig ausgeführt hat, so erstellt werden muß, daß der Anschluß nach Altensteig und Nagold gleich gut möglich ist. M, H., mit dieser Bahn würde sodann wieder einer der schönsten Teile des württembergischen Schwarzwaldes erschlossen werden, was gewiß auch zu begrüßen wäre". — Es ist erfreulich, daß der Abgeordnete Schaible bei dieser Gelegenheit den Weiterban der Linie nach Altensteig anregte. Nachdem die erste Rate für die Linie Dornstetten- Psalzgrafenweiler genehmigt ist, sollte der Weiter bau der Bahn n a ch. A lt e n steig und der Umbau der Linie Nagold-Alten steig in eine normalspurige Bahn energisch angestrebt werden. Erst wenn dieses Ziel erreicht ist, kommen beide Linien voll zur Geltung und erst dann haben 'wir eine vollwertige Bahn.
Die Blutlaus. In den hiesigen Obstbaumanlagen tritt Heuer die Blutlaus (Schizoneura lani- gera) außergewöhnlich stark auf. Sie findet sich jedochi nur an Apfelbäumen, unter denen sie Goldparmäne und zarte Sorten bevorzugt. Mit Vorliebe befällt sie ältere,. wenig gepflegte Baumes! wo sie an Knorpeln, wunden Stellen, unter Schuppen und am Grunde frisch hervorgesproßter Knospen ihre Vernichtungsarbeit treibt. Für den Baum bedeutet sie etwa dasselbe, was die Schwindsucht für den Menschen. Die von ihr befallenen Aeste, die immer an den sich bildenden knorpeligen Stellen erkenntlich sind, sterben langsam ab. Die Blutlaus ist leicht zu erkennen. Sie fitzt in großer Zahl in schneeweißen Wollslocken, von denen) der Wind Flöckchen um Flöckchen (jedes mit Brut beladen) loslöst und von Baum zu Baum trägt. Wer den Schädling nicht kennt, betrachte einmal daraufhin die Bäume Nr. 54 und 59 an der Karlsstraße (unter dem Friedhof). Da ist die Blutlaus, die an den wunden Stellen am Grunde der Aeste sitzt, leicht zu erkennen. Zur Vertilgung der Blutlaus verwendet man am besten Eukalyptusöl, das in jeder Apotheke erhältlich ist. Werden die Woll- flocken vermittelst einer Vogelfeder oder eines Mal- pinselchens mit diesem Oel betupft, so verschwindet der Flaum und die Läuse samt der Brut sterben sofort ab. Sämtliche Baumbesitzer sollten den Kampf mit der Blutlaus ausnehmen. Wenn sich nur einzelne hiezu hergeben, so ist das fast zwecklos: denn von den Brutstätten der Bäume des Nachbars aus wird der Schädling immer wieder von neuem verbreitet. Der betreffende Baumbesitzer kann dann jedoch für den Schaden haftbar- gemacht werden. Es ist schon vorgekommen, daß in einer Gegend sämtliche Baumbestände zum Zweck der Ausrottung der Blutlaus umgehauen und verbrannt werden mußten, weil dem Auftreten des Schädlings nicht beizeiten entgegengearbeitet wurde. Bei derartigem Auftreten der Blutlaus sehen dann die Bäume wie leicht mit Schnee beladen aus.
M Lel«s»ucht. A
Sei stark, mein Herz! Ertrage still Der Seele tiefes Leid;
Denk, daß der Herr es also will,
Der fesselt und befreit.
Friedrich Halm.
Patrisierblut.
Roman von Reinhold Ortmann.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verbotet.
„Eines orgiastischen Festes!" wiederholte er. „Welche lächerliche Uebertreibung I Wirst du denn immer und ewig die Welt nur unter dem Gesichtswinkel engherziger ham- burgischer Philistermoral ansehen können?"
„Ich werde allerdings nie eine andere Moral haben als die, in der ich erzogen worden bin. Meine neue Umgebung hat mir bis jetzt keinen Anlaß gegeben, mich zu einer besseren zu bekehren."
„Natürlich! Weil du dich in deinem gut hanseatischen Herzen berechtigt glaubst, voll Geringschätzung auf diese neue Umgebung herabzublicken. Du hast ja noch gar keinen ernstlichen Versuch gemacht, dich m sie einzuleben."
„Doch, Hubert! Ich habe es rechtschaffen versucht. Und ich — ich versuche es ja noch immer."
„Schade nur, daß man so wenig von diesech Bemühen merkt. Wann wärest du nur jemals auch nur um einen einzigen Schritt entgegengekommen, wenn ich dich warmen Herzens in das Verständnis der Lebenskreise einsühren wollte, denen du als meine Frau doch nun einmal zugehörst? Wann hätte ich damit je ein anderes Ergebnis erzielt als hochmütig abweisende Kälte?"
„Ich kann mich nicht anders machen als ich bin. Und ich habe mich dir niemals anders gezeigt."
„Nein. Der Vorwurf einer liebenswürdigen Verstellung
wäre in ver ^ar ver auerregre, ven ui) gegen oap erneuen könnte. Aber was ich mir aus deiner Erziehung und deiner Umgebung leicht genug erklären konnte, so lange dir der enge hamburgische Horizont die Grenzen der Welt bedeutete — es ist mir hier mit jedem Tage unverständlicher geworden. Ist es denn möglich, daß ein Mensch mit gesunden Augen und Sinnen dauernd unempfänglich bleiben kann für den Geist freier, natürlicher Lebensfreude, wie er uns hier statt der dumpfigen Stickluft deiner kaltherzigen Heimat umweht? Du bist doch jung und hast warmes Blut in den Adern. Du hast ein feines Empfinden für das Schöne und bist in tausend Dingen unendlich viel gescheiter als ich. Warum nur klammerst du dich mit dieser eigensinnigen Beharrlichkeit an eine kleinliche Lebensauffassung, die man nur den geistig Armen verzeihen darf?"
Sie wandte ihm ihr schönes, ruhiges An.litz zu, das jetzt sehr bleich geworden war, und ihre Stimme hatte einen dunkleren Klang, als sie erwiderte:
„Weil ich einen Halt und eine Stütze brauche in dieser Welt der freien Lebensfreude, die mich erschreckt und beängstigt auf jedem Schritt. Weil ich fürchten müßte, mich selbst zu verlieren, wenn ich gegen meine innere Ueberzeugung ausgäbe, was mir in meiner Mädchenzeit die einzige Richtschnur alles Denkens und Handelns gewesen ist."
Er zuckte die Achseln und wandte sich ab.
„Das ist wieder mal zu hoch für mein bescheidenes Begriffsvermögen. Und wie mir scheint, etwas zu feierlich für so harmlose Dinge, wie sie doch schließlich hier in Frage stehen. Wenn man solches Geschütz gegen mich auffährt, bin ich von vornherein geschlagen."
„Du weigerst dich also in vollem Ernst, die Rolle der Kleopatra zu übernehmen, die ich mit Einsetzung meines ganzen Einflusses für dich erkämpft habe, um dir, wie ich meinte, eine riesengroße Freude zu machen?"
„Ich bitte dich von Herzen, Hubert, es mir zu erlassen. Ich bin keine Schauspielerin, und ich würde in keiner Weise den Erwartungen entsprechen können, die man aus ' mick setzt."
Mn einer zornig ungestümen Bewegung griff er nach der Kostümzeichnung und riß sie in Stücke.
„Meinetwegen! Ich werde ja nun nachgerade bald daran gewöhnt sein, daß du mir meine kleinen Freuden verbitterst und verdirbst."
Er mochte einen Widerspruch oder ein Wort dei Rechtfertigung erwartet haben; aber die Härte und Un< gerecyngreir oes Borwurfs machte sie verstummen. Da ging er zur Tür. Und er würde seine Frau ohne Abschied verlassen haben, wenn nicht ein Unvermutetes seinen Gedanken plötzlich andere Richtung gegeben hätte. Auf der Schwelle nämlich traf er mit dem Hausmädchen zusammen, das ihm eine Besuchskarte überreichte. Sobald er sie gelesen, schien Huvert Almröder all seinen Aerger vergessen zu haben. Sein Gesicht hellte sich auf, und er wandte sich hastig an das Mädchen:
„Die Dame ist allein gekommen?"
„Nein, es sind zwei Damen, Herr Almröder! Aber die eine von ihnen sieht nur wie eine Gesellschafterin aus oder etwas dergleichen."
„Führen Sie die Damen in das Atelier und sagen Sie, ich würde sogleich erscheinen."
Er drückte hinter dem Mädchen noch einmal die Tür ins Schloß und kehrte sich gegen Helga.
„La Komtesse Pola Wassilewska naePrincesseRasumin," las er von der Karte ab. die er vorsichtig wie etwas sehr Kostbares zwischen den Fingern hielt. „Weißt du, wer das ist?"
„Nein, ich höre den Namen zum ersten Male."
„Dann habe ich also vergessen, dir von ihr zu erzählen. Aber es wundert mich, daß du nicht schon von anderer Seite etwas über sie gehört hast. Seitdem sie vor acht Tagen wie ein glänzendes Meteor am Münchener Gesellschaftshimmel erschienen ist, überbietet man sich ja in der Erfindung und Verbreitung der abenteuerlichsten Geschichten. Eine millionenreiche junge Witwe von kaum vierundzwanzig Jahren, eine polnische Aristokratin vom blauesten Geblüt und ein Weib von geradezu dämonischer Schönheit! Es ist beinabe ein bikcben »u viel kür ein