die Garde auch als einen Fremdkörper in unserer f Armee: ihre Privilegien mutzten beseitigt werden. Die Abg. Graefe (Kons.- und ,G r a i^P r a s chm a (Ztr.) verteidigten gleich dem Kriegsminister die Garde. Der Abg. Keinath (Natl.) verlangte Gleichberechtigung, also keine Bevorzugung der jGarde. Der Abg. Zubeil (Soz.) bezeichnete seilten ehemaligen Premierleutnant v. Roon als einen Menschenschinder, der auch seinen Burschen erschossen oder erstochen habe. Der Kriegs minister protestierte wegen dieser Beschimpfung und wies die Behauptung zurück, daß die Offiziere ihre Untergebenen besser behandelt hätten, als nach dem Kriege, wo sie nichts mehr zu befürchten gehabt hätten. Das sei eine Beleidigung für das Ofsi- zierkorps und für die Soldaten. (Beifall rechts.. — Widerspruch bei den Soz.' — Nach der schon gemeldeten Abstimmung wird die Weiteöberatung auf morgen vertagt.
Landesnachrichten.
Wtenrteig. 19. Juni 1913.
* Eine Erkrankung von Kindern scheint gegenwärtig fast überall aufzutreten und zwar handelt es sich hauptsächlich um Scharlach. Hier und in verschiedenen Orten der Umgebung sind Fälle zu verzeichnen. Zum Glück nimmt die Krankheit einen leichteren Verlauf.
* Die zweite theologische Dienstprüfung haben mit Erfolg erstanden: Frohnmeyer, Hermann, von Nagold und Hahn, Gustavs, von Fünf-i bronn, Oberamts Nagold.
ss Sonderzng. Anläßlich der Internationalen Baufachausstellung in Leipzig wird am Samstag, den 12. Juli ein Sonderzug von Stuttgart nach Leipzig Bayrischer Bahnhof über Crails- Heim-Nürnberg-Hof zu ermäßigten Fahrpreisen ausgeführt. Abfahrt in Stuttgart Hauptbahnhof 6.35 Uhr vormittags, Ankunft in Leipzig Bayrischer Bahnhof 6.54 Uhr nachmittags. Der Sonderzug hat in Stuttgart Anschluß von Böblingen und Ludwigsburg. Die Fahrpreise für die Hinfahrt betragen: ab Stuttgart, Hauptbahnhof 3. Klasse 10,70 Mark. Für die Rückfahrt werden Fahrkarten zu ermäßigtem Fahrpreis nicht ausgegeben.
* Das Schwäbische Heimatbuch, herausgegeben vom Bund für Heimatschutz, ist nunmehr erschienen. Während der Heimatschutz sonst das ganze Jahr heiße Kämpfe für die Erhaltung der Schönheit unseres Landes durchzufechten hat, will das Buch keinerlei Polemik treiben; vielmehr verfolgt es den einzigen Zweck, seinen Lesern die Schätze unserer Heimatkultur zu öffnen, Heimatsinn und Heimatfreude bei ihnen zu wecken. Diesem Zweck dienen zahlreiche kurze Aufsätze des Buchs, die aus den Federn bekannter schwäbischer Autoren stammen. Vor allem aber will das Buch durch einen reichen Bildschmuck von künstlerischem Charakter -seine Leser erfreuen. Das Buch ist in schönem Umschlag solide gebunden; auf die Ausstattung ist besondere Sorgfalt verwandt. Es ist auch im Buchhandel (in Altensteig in der W. Rieker'schen Buchhandlung) zum Preis von 3.40 Mark zu haben.
sl Wildbad, 18. Juni. Die Königin-Mutter der Niederlande ist nach beinahe sechswöchigem Kuraufenthalt wieder abgereist.
M L.s.l»»icht. W
Nur die Natur ist redlich! Sie allein
Liegt an dem ew'gen Ankergrunde fest,
Wenn alles andre auf den sturmbewegten Wellen
Des Lebens unstet treibt. Schiller.
Patrhlerblirt.
Roman von Reinhold Ort mann.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten^.
4. Kapitel.
Ruhig und würdevoll, mit kühlem aber keineswegs unfreundlichem Gesicht, hatte sich der Konsul Cäsar Frede- riksen beim Eintritt seines Vetters aus dem Ledersessel vor dem mächtigen Schreibtisch erhoben. Und die Art, wie er ihm die Hand reichte, war nicht kälter und gemessener, als es bei geschäftlichen Besuchen seiner Gepflogenheit entsprach.
„Guten Tag, Henry! Entschuldige, daß ich dich hierher bemüht habe. Aber ich bin sehr in Anspruch genommen Und ich meine, unsere Angelegenheit bespricht sich am besten hier."
Er war um ein Erhebliches größer als der junge Bankier, starkknochig und breit, mit einem merklichen Ansatz zu frühzeitiger Beleibtheit. Das ausrasierte Kinn zwischen den nach englischer Mode geschnittenen Bartkotelettes und der Umstand, daß sein blondes Haupthaar sich über der Stirn bereits zu lichten begann, ließen sein lebhaft gefärbtes Gesicht noch größer erscheinen. Und es waren so ausgeprägte Züge von selbstbewußter Willenskraft in diesem von klaren, grauen Augen beherrschten Gesicht, daß man leicht die imponierende Wirkung zu begreifen vermochte, die Cäsar Frederiksens Persönlichkeit im geschäftlichen wie im gesellschaftlichen Verkehr zu üben pflegte. Obwohl nichts Durchgeistigtes in seinem aroßfläcbiaen Antlit,
f ss Calw, 18. Juni. (Kaiser- und Kinderfest.' Verbunden mit dem alljährlichen Kinderfest beging die Stadtgemeinde gestern das Regierungsjubiläum des Kaisers. Der Festzug, der in den letzten Jahren sehr dürftig von Ansehen war, zeigte in diesem Jahr eine lebhafte Beteiligung, da seit langer Zeit die bürgerlichen Kollegien wieder an ihm sich beteiligten und außer ihnen auch sämtliche Vereine der Stadt. Die Festrede aus dem Festplatz hielt Oberamtsrichter Hölder.
ss Bad Liebenzell, 18. Juni. (Kaiserstift- ung.) Die bürgerlichen Kollegien haben anläßlich des Kaiserjubiläums 600 Mk. als Kaiser Wilhelm- Jubiläumsstiftung angelegt, aus welcher Summe Heuer die bedürftigen Veteranen und Veteranenwitwen 100 Mk. ausgehändigt erhielten, während vom Rest alljährlich am 15. Juni der Zins in dieser Weise verteilt werden soll. ,
ss Tübingen, 18. Juni. Im Güterbahnhof wurde gestern abend der Ankuppler Gammerdinger von Hagelloch beim Rangieren überfahren; dem Mann wurde ein Fuß abgefahren. Er wurde in dis Klinik verbracht.
s s Beben-Hausen, 18. Juni. (EinTrinkspruch der Königin.) Die Königin und die Fürstin zu Wied mit Gefolge begaben sich am Montag vormittag zur Jagdhütte auf dem Steingard, wo dann die Mittagstafel stattfand, zu der auch die Familie des Oberjägermeisters eine Einladung erhalten hatte. Zur Feier des Tags brachte in Abwesenheit des Königs die Königin einen Trinkspruch auf den Kaiser aus. — Ter König ist gestern abend 9.45 Uhr im Sonderzug von Berlin nach Bebenhausen zu- rückgekehrt.
ss Stuttgart, 18. Juni. (Ter Beitrag des Königs.) Zu der Sammlung des württembergi- schen evangelischen Landeskomitees für die Nationalspende zum Kaiserjubiläum hat der König 1000 Mk. überweisen lassen.
ss Stuttgart, 18. Juni. In seiner elterlichen Wohnung in der Schloßstraße nahm gestern abend 9 Uhr ein 25 Jahre alter Monteur in selbstmörderischer Absicht Gift. Der Tod trat alsbald ein. Das ist der fünfte Selbstmord in zwei Tagen!
sl Waiblingen, 18. Juni. (Tragödie.) In der Heilanstalt Winnenden versuchte ein verheirateter Sattler aus Stuttgart sich und seine Frau, die in der Heilanstalt untexgebrckcht ist, zu erschießen. Beide erlitten. Verletzungen, dürften aber mit dem Leben davonkommen. Ter Sattler erklärte, er habe aus Liebe zu seiner armen Frau gehandelt, die mit seiner Tat einverstanden gewesen sei.
ss Gmünd, 18.. Juni. Die große Damps- sägerei von Georg Bieser in Bartholemä ist samt den bedeutenden Holzvorräten vollständig niedergebrannt. Der Schaden ist groß.
st Lauffen a. N., 18. Juni. (Ertrunken.) Ein aus Oesterreich stammender, z. Zt. auf der Wanderschaft befindl. 21jähr. Schuhmacher namens Anton Kramer, ist, als er mit einem Kameraden zusammen im Neckar unterhalb des Zementwerks badete, plötzlich untergegangen und seither nicht wieder aufgefunden worden. Es ist dies schon das zweite Opfer, das der Neckar in diesem Sommer an der gleichen Stelle gefordert hat.
war, hatte er doch das Aussehen eines bedeutenden Mannes. Und die peinliche Sorgfalt seiner Kleidung, die gelassene Würde seiner Haltung und seiner Bewegungen machten seine äußere Erscheinung vollends zu einer Verkörperung vornehmer Sicherheit und überlegenen Selbstvertrauens.
Er hatte einladend auf einen zweiten Sessel gedeutet und sich dann sogleich wieder in den seinigen niedergelassen. Leicht zurückgelehnt, mit über der Brust verschränkten Armen, wartete er auf das erste Wort seines bleichen, mühsam gegen die mächtige Erregung kämpfenden Besuchers.
„Ich brauche mich nicht mit langen Einleitungen aufzuhalten, Cäsar! — Meine beiden Telegramme haben dir alles gesagt."
„Alles doch wohl noch nicht. — Und die erste Bestürzung ließ dich, wie ich hoffe, in deinen Depeschen einiges übertreiben."
Der andere machte eine verneinende Geste.
„Ich habe nichts übertrieben, Cäsar," erwiderte er mii gedämpfter Stimme. „Mein Sozius war ein Betrüge» und ein schamloser Dieb."
„Und du hattest vor seinem Tode keine Ahnung von diesen Dingen?"
„Glaubst du, ich hätte es auch nur eine Stunde so weiter gehen lassen, wenn ich etwas davon geahnt hätte? — Gestern noch würde ich mich mit meinem Kopfe für seine Rechtschaffenheit verbürgt haben."
„Das ist mir, offen gesagt, nicht recht verständlich. Ich bin zwar mit dem Betriebe eines Bankgeschäfts nicht vertraut, aber nach meiner Auffassung von den Pflichten eines gewissenhaften Kaufmannes darf es für den verantwortlichen Mitinhaber einer Firma in seinem Hause keine verborgenen Winkel und keine unbekannten Heimlichkeiten geben. — Ich weiß nicht, wie man in Berlin darüber denkt, hier in Hamburg aber dürfte meine Anschauung wohl allgemein geteilt werden."
„Es mag seiri. daß ich den Vorwurf einer allzu grollen
s( Crailsheim, 18. Juni. Der noch junge Eisen- bahnbedienstete Gögelein von Lenkerstetten fiel so unglücklich, daß er von fahrenden Wagen am ganzen Leibe schwere Verletzungen erlitt und wenige Stunden nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus verstarb.
st Digmaringen, 18. Juni.' Dienstag früh rutschte der in der Malzfabrik Gebr. Nell beschäftigte Obermälzer Diener beim Einhängen eines Ladens aus u nd stürzte aus ziemlicher Höhe in die Tiefe hinab, wo er mit einem Schädelbruch und anderen Verletzungen aufgefunden wurde. Nach einigen Stunden starb er.
Deutsches Reich.
Aus dem Gerichckssaal.
st Leipzig, 18. Juni. Das Reichsgericht verwarf die Revision des Papierfabrikarbeiters Woll- ner, der am 21. April vom Schwurgericht Karlsl- ruhe zum Tode verurteilt wurde. Wollner hatte am 16. Sept. v. I. in Dillweißenstein dem Papierma- schienenführer Kraus aufgelauerk und ihn durch einen Revolverschuß so schwer verwundet, daß er kurz darauf starb.
Ausland.
st Wladilawkas, (Rußland). 18. Juni. In dem .Gebiet von Naltschik kam es zu Unruhen, da die Bauern über die neuen Bestimmungen betr. die Benutzung der Weideplätze ungehalten waren. Trotzdem der Distriktschef in das Gebiet kam, rotteten sich etwa 1000 Bauern aus 2 Dörfern zusammen, um die Viehzüchter zu verjagen. Ihrem Beispiel sind die Bauern anderer Dörfer gefolgt. Die Provinzbehörden haben sich an den Ort der Unruhen begeben: auch sind Trupven dorthin entsandt worden.
* Newyork, 18. Juni. „Associated Preß" meldet aus Mexiko: Der deutsche Geschäftsträger hat dem Präsidenten Huerta ein Handschreiben des deutschen Kaisers überreicht, in dem die Regierung von Mexiko anerkannt wird!.
st Hankau, 18. Juni. In einer Straße vor der russischen Niederlassung starb plötzlich ein Chinese. Eine große Menschenmenge sammelte sich an und begann, da man den Verdacht hatte, der Chinese sei von den Russen getötet worden, die Niederlass- sung anzugreifen. Zu ihrem Schutz sind Torpedoboote angekommen. Eine Jägerabteilung und eine Kompagnie nordchinesischer Truppen sind konsig- niert.
Dom Balkan.
ss Wien, 18. Juni. Wie die „Neue Freie Presse" ,aus Sofia meldet, hat die Regierung cheschlosseü, niemanden nach Petersburg zu entsenden, sondern noch 5 Tage zu warten, ob Serbien bis dahin die bulgarische Forderung nach Einsetzung eines Schiedsgerichtes auf der Grundlage des serbisch- bulgarischen Vertrags erfüllen wird. '
st Paris', 18. Juni. Dem „Temps" wird aus Petersburg gemeldet, Bulgarien sei geneigt die russische Einladung zu einer Zusammenkunft der Mi-
Vertrauenssetigtett veroiene. — Lwer wenn ou oen Mann gekannt hättest, Cäsar-"
„Du scheinst zu vergessen, daß ich das Vergnügen hatte, ihn kennen zu lernen — damals, als er nach Hamburg gekommen war, um die Einzelheiten des Sozietäts- Vertrages mit dir zu vereinbaren. Und du scheinst auch zu vergessen, daß ich dir zu jener Zeit aus meinem Mißfallen an seiner Persönlichkeit kein Hehl gemacht habe. Er war mir viel zu verbindlich und zu geschmeidig, viel zu sehr Lebemann und Elegant, als daß ich in seine innere Tüchtigkeit hätte besonderes Vertrauen setzen können."
„Er war in einer anderen Atmosphäre groß geworden als du und ich. Und du könntest, wenn du heute genötigt wärest, in Berlin zu leben, an sehr vielen, deren Redlichkeit und Tüchtigkeit doch über jeden Zweifel erhaben ist, die nämlichen Ausstellungen machen."
„Wenn es so ist, Henry, muß hier doch wohl eine gesündere Luft wehen, — wenigstens für den Kaufmann. Und du hättest besser getan, sie nicht gegen eine andere zu vertauschen. Ich meinte es nicht schlecht mit dir, als ich dich davor warnte." ,
„Gewiß, du meintest es nicht schlecht.' Aber an dem, was einmal geschehen ist, läßt sich durch solche nachträglichen Betrachtungen leider nichts mehr ändern. Und es kann sich jetzt einzig darum handeln, wie die Katastrophe abzuwenden ist, die mich bedroht."
„Ja, das ist für den Augenblick wohl das Wichtigste, wenigstens für dich. — Hast du dich inzwischen über den Umfang der von deinem Sozius verübten Unterschlagungen unterrichtet?"
Henry Frederiksen brachte aus der Brusttasche seines Ueberrockes eine Anzahl von Papieren zum Vorschein.
„Ich habe mit meinem Prokuristen die ganze Nacht durchgearbeitet, um zur Klarheit zu gelangen. — Und ich glaube nicht, daß sich jetzt noch weitere Ueberraschungen einstellen werden. Aber es ist freilich auch so schon niederschmetternd genug. Denn zuletzt, als ihm das Wasser bis an die Kehle gestiegen war, hat Thiele wahllos nach allem gegriffen. was ihm erreichbar lchien."
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