seillaise spielen. Da das nicht geschah, verließen die Herrschasten das Lokal." — Die Sache ist immerhin wert, erwähnt zu werden. Jeder wird sich dabei sogleich sragen: Was wäre in Frankreich wohl passiert, wenn Deutsche in einem öffentlichen LoNl ein solches Ansinnen gestellt hätten? Nancy gibt die Antwort. In Stuttgart ist nichts dergleichen geschehen: man hat die Leute ruhig laufen lassen, und so gibt es keinen „Fall." Wir Wilde sind eben doch, wie es scheint, bessere Menschen. Indessen darf man wünschen, daß Franzosen, die unter uns leben, den nötigen Takt bewahren.
s s Heilbronn, 24. Mai. (Mordversuch und Selbstmord.) Ein aus Stuttgart hier weilender Privatier Melber gab hier auf seine mit ihm in Scheidung liegende und gegenwärtig) bei ihrer Schwester hier weilende Ehefrau im Laden der Schwester einen Schuß ab, traf aber nicht. Darauf jagte er sich selbst 3 Kugeln in den Leib, denen er kurz nach seiner Einlieferung im Krankenhaus erlag. Im Polizeibericht wird der Tote als Kellner bezeichnet.
ss Heidcnheim, 24. Mai. (U n t e r s ch l a g u n g.) Der von hier gebürtige 26 Jahre alte Ausläufer Robert Eisele, der in Pforzheim angestellt wach hatte dort im Auftrag seines Arbeitgebers 2000 Mark auf einer Bank zu erheben. Er erhob sie auch, flüchtete aber dann mit dem Geld. Weit wird er damit nicht kommen. >
ff Weinsberg, 23. Mai. (Von der Weinbauversuchsanstalt.) Die der hiesigen Weinbauschule angegliederte, 1901 errichtete Weinbauversuchsanstalt, die den Zweck hat, in Fragen des Weinbaus und der Kellerwirtschaft den Interessenten ratend und belehrend zur Seite zu stehen und hurch wissenschaftliche Behandlung wichtiger Fratzen auf beiden Gebieten der Praxis neue Wege zu eröffnen, hat den 8. Bericht über ihre Tätigkeit in den Jahren 1910—1912 an das K. Ministerium des Kirchen- und Schulwesens und an die K. Zentralstelle für die Landwirtschaft — erstattet von Professor Dr. Meißner — im Druck erscheinen lassen. Der Vorstand der Anstalt legt in dem Bericht ein überaus reichhaltiges Material aus dem umfangreichen Arbeitsgebiet nieder, insbesondere über die Züchtung und Abgabe reiner Weinhefen, Untersuchung kranker und fehlerhafter Weine, Bestimmen von Krankheiten des Weinstocks und die BeRämpfungsmittel, über die Abhaltung von Spe- zialkursen über die Chemie des Weins, über Obstund Beerenverarbeitung, über die Reblaus und die Rebstockkrankheiten, über die Weingärung und Weinkrankheiten, sowie die Abhaltung von Laboranten- -kursen in den chemischen und mikroskopischen Laboratorien. Die Statistik ist interessant. Wertvoll sind die Ratschläge und Belehrungen in allen Kellereiangelegenheiten. Der umfangreiche Bericht ist ein praktischer Ratgeber für die beteiligten Berufe.
ff Mergentheim, 25. Mai. (Fremdenverkehrstag.) Die Württembergisch-Hohenzollerische Bereinigung für Fremdenverkehr hielt heute ihre alljährliche Wanderversammlung in unserer Bäderstadt ab. Dabei hielt Kanzleirat Ströhmfeld-Stntt- gart einen Vortrag über das Thema: „Ideales und Materielles in der Fremdenverkehrspflege für Stadt
und Land." Da der Vorrrag sehr wirkungsvolle Gedanken enthielt, soll er als Werbeschrift gedruckt werden.
ff Münsingen, 24. Mai. (Verunglückter Soldat.) Auf dem Truppenübungsplatz wurde der Kanonier Manwerz der 2. Batterie Feldartillerieregiments Nr. 14 von einem Pferde vor den Leib geschlagen. Der Kanonier ist seinen Verletzungen im Barackenlazarett erlegen. ^
Vom Württ. Weinbautag.
* Stuttgart, 25. Mai. Im Konzertsaal der Liederhalle hatten sich heute nachmittag zahlreiche Vertrauensmänner hes Württ. Weinbauvereins zu ihrer Generalversammlung eingefunden. Bemerkenswert ist der Rückgang in der Mitgliederzahl dieses Vereins, der vom Vorstand des Vereins, Oekonomierat Warth-Stuttgart, auf die nun schlon seit langem anhaltenden mißlichen Verhältnisse des Weinbaus ßurückgesührt wird. Auch in diesem Jahr sind die Aussichten der Weingärtner bekanntlich sehr schlechte. Die Frostnächte des April haben ungeheuren Schaden angerichtet und die Hoffnungen auf einen guten Herbst vernichtet. Das ging auch aus den heute erstatteten Berichten hervor, die trostlos lauteten. Der Vorstand faßte diese Berichte dahin zusammen, daß zwar noch auf einen kleinen Herbst gerechnet werden kann, daß aber der Schaden meist ganz beträchtlich ist. Vielfach sei auch ein Glücksherbst zu erwarten.
Die Landesversammlung des Bundes der Landwirte.
ff Stuttgart, 25. Mai. Heute nachmittag einhalb 2 Uhr tagte im vollbesetzten Festsaal der Liederhalle die Landesversammlung des Bundes der Landwirte in Württemberg. Der Landesvorsitzende Oekonomierat S chmid-Platzhof eröfsnete die Versammlung mit begrüßenden Worten. Geschäftsführer Th. Körner gab den Geschäftsbericht und warf einen Rückblick auf die vergangenen Landtagswahlen. Die Sozialdemokratie suche zu schaden, wo sie könne. Das Zentrum habe in keiner Weise irgendwelche Preisgabe ihrer Grundsätze verlangt. Sie wollen schiedlich und friedlich mit ihm Zusammengehen: sie hätten ja beide eine gemeinsame Grundlage, wo sie sich verständigen könnten, die christliche. Die jetzige Arbeit des Landtags finde oft eine herbe Kritik. Wenn sie der Steuerreform etwas nüchtern gegenüber stehen, so sei das ihr gutes Recht. Immer werde der Besitz zu den Lasten in großem Maße herangezogen. Für die Landwirtschaft werde von großer Bedeutung die demnächst erscheinende Wegordnung sein. An Stelle des erkrankten Dr. Oertel sprach Hauptmann Gutsbesitzer P au ly-Rheinland über das angekündigte Thema „Ernste Zeiten — große Ausgaben". Der Redner führte aus, daß die Zeiten außerordentlich ernste seien und hielt eine politische Rundschau bei der er die Aufgaben des Bundes der Landwirte zeichnete. Es wurde sodann folgende, in der Frühe beschlossene Resolution einhellig angenommen :
„Die Landesversammlung des Bundes der Landwirte in Württemberg erkennt die durch die politischen Ereignisse der letzten Jahre geschaffene ernste Lage des deutschen Reiches und ist überzeugt, von der Notwendigkeit, unsere Wehrkraft so auszubauen, damit wir allen feindlichen Anschlägen begegnen können und wie bisher in der Lage bleiben, dem
deutschen Volk die Segnungen des Friedens zu sichern. Ebenso wichtig, wie eine starke Wehrmacht ist jedoch eine vom Ausland möglichst unabhängige Ernährung des deutschen Volkes durch unsere einheimische Landwittschaft. Da der mittlere und kleinere Grundbesitz als hauptsächlichster Besitzer des deutschen Bodens an der Produktion von Getreide und tierischen Erzeugnissen in erster Linie beteiligt ist, so ist dessen pflegliche und schonende Behandlung ein Gebot der Notwendigkeit. Wir vermissen diese Schonung bei dem von der Reichsregierung geforderten einmaligen Wehrbeitrag, welcher schon bei 10 000 Mk. Vermögen, aber erst bei Einkommen von 50 000 Mk. beginnen soll. Wir rechnen mit einer den Verhältnissen der Landwirtschaft und des gewerblichen Mittelstandes gerecht werdenden Hinaufsetzung der Vermögensgrenze und entsprechender Heranziehung größerer Einkommen. Wir bedauern, daß zur Aufbringung der Ausgaben der Heeresvermehrung, das mobile Kapital, sei es durch eine Kotierungs- oder eine Dividendensteuer nicht stärker herangezogen wird und verwerfen nach wie vor eine den Grundbesitz wie das Gewerbe besonders ungünstig belastende Ausdehnung der Erbschaftssteuer auf Kinder und Ehegatten. Angesichts der gegenwärtig wenig erfreulichen Gesamtlage unserer Landwirtschaft insbesondere des Weinbaues betonen wir die unbedingte Notwendigkeit der vollen Aufrechterhaltung des Schutzes unserer Landwirtschaft auf allen Gebieten und sprechen auch gegenüber der württembergischen Regierung die Bitte aus, mit allem Nachdruck für die Pflege und den Schutz der gesamten württembergischen Landwirtschaft einzutreten/
An diese Verhandlungen, die teilweise ziemlich, lebhaft verliefen, schloß sich ein geselliger TeiI an, in dem kurze Ansprachen abwechselten mit Musikstücken und gemeinsam gesungenen Liedern.
Aus dem GerichLssaal.
ff Elkwangen, 25. Mai. (Unwahre Einträge im Wein buch.) Die Strafkammer hat den Wirtschastsbesitzer Isidor Sch-mid in Wasseralfingen wegen zweier Vergehen gegen das Wein- gesetz und eines solchen gegen das Nahrnngsmit- telgefetz zu 120 Mark Geldstrafe und Einziehung von 348 Liter Wein verurteilt. Es wurde dem Schmid nachgewiesen, daß er unwahre Einträge in sein Weinbuch gemacht und seinen Rotwein den Gästen als Hellbrauner, den Weißwein als Erlen- bacher bezeichnet hatte, ohne daß er Weine dieser Herkunft besaß. Er hatte ferner verdorbenen Wein als echt und gut verkauft.
st Tübingen, 25. Mai. (Die Weick'sche Pleite.) Nachdem das Reichsgericht den Prozeß des im April vorigen Jahres von der hiesigen Strafkammer wegen Bankerotts verurteilten Fruchthändlers Weick von Knppingen an das hiesige Landgericht zurückverwiesen hatte, ist Weick von der Strafkammer zu einem Monat Gefängnis wegen unordentlicher Buchführung verurteilt worden. Drei Wochen Untersuchungshaft werden von der Strafe in Abzug gebracht. Die Gesamtschulden in dem Weick'fchen Konkurs betragen 2 197000 Mk., davon 1868000 anerkannte. Die unbevorrechtigten Forderungen aus Getreidespekulationen beziffern' sich auf 530000 Mk. Die Verteilungsmasse ist auf nur 108 543 Mi. berechnet. Unter anderem hatte Weick auch sein Leben mit rund 500 000 Mk. versichert.
M Lesefnucht. A
Vor allem halte fest im Glauben An deinem Gotte halte fest.
Laß dir den Himmelstrost nicht rauben,
Der nie zu Schanden werden läßt.
Kotzebue.
Der tote Ua«pyr.
Roman von H. Hill.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten).
Ts wurde nun nichts mehr gesprochen, denn Gretschel, als richtige Landratte, mußte sich bei dem schnellen Gang des Schiffes irgendwo anhalten, um nickt hinzufallen. Die anderen schattenhaften Gestalten auf dein schlüpfrigen Deck — und es waren ihrer eine ganze Menge außer der Mannschaft — hatten ihm dies bereits vorgemacht. Denn die mächtige Maschine arbeitete mit Hochdruck und trug den Dampfer durch die wilderregte See in einem solchen Tempo, daß das schwerfällige Fahrzeug in allen Fugen bebtö? Dabei rollte und stampfte es so, daß der Inspektor seinem Schöpfer dankte, daß die Fahrt bald vorüber sein würde. Denn hätte sie länger gedauert, so wären er und seine Leute Opfer der Seekrankheit geworden, ehe der Moment des Handelns dagewesen wäre.
Plötzlich ertönte von dem Mann im Auslug vorn, der vergeblich versucht hatte, die Finsternis zu durchdringen, ein Schrei — und gleich darauf gab's einen gewaltigen Krach. Der Kapitän, derjenige, mit dem Gretschel vorhin gesprochen, stürzte nach vorn und brüllte: „Was war denn los?*
„Genau kann ich's nicht sagen," war die heisere Antworr. „Ich habe nichts gesehen, bis wir auf das Ding drauffuhren, es ist ja so verdammt dunkel. Ich nehme aber an, es mar eins von den nsumadiichsn Motorbooten. Einen Augenblick war mir's, als hätte ich das Ticken der Maschine gehört."
31. Kapitel.
Es wird wieder hell.
Endlich war es Keller gelungen, sich verständlich zu machen. „Die Polizei kommt!" rief er und fügte dann flüsternd hinzu: Um Himmels willen, Prinz, was ist denn los?" Denn er hatte die beiden am Boden liegenden Toten gesehen.
Krenzlin, der bei der Mitteilung Kellers ein wenig blasser geworden war, sonst aber kein Erschrecken gezeigt hatte, ließ die Frage unbeachtet und verlangte weitere Auskunft.
„Na, Ihr wißt doch," begann Keller, „daß ich bewußtlos bei dem alten Doktor da gelegen habe. Nun, als es mir heute besser wurde, dachte ich gegen Abend, ich wollte doch einmal hinausschlüpfen und sehen, ob ich Euch etwas helfen könnte. Ich ging also zum Kai hinunter, wo es pechfinster war und lief meinem Freund Gretschel direkt in die Arme. Glücklicherweise sah er mich nicht, denn er sprach gerade mit dem Strandwächter, und ich konnte ein paar Brocken von der Unterhaltung erhaschen. Er wollte eben an Bord eines Dampfers gehen, der dicht mit Kriminalbeamten besetzt ist, und der Angriff auf die Insel sollte erfolgen, sobald der Wächter ihm von der Station signalisieren würde, daß das Motorboot zurück sei."
Krenzlin sagte hierauf nichts, sondern stand in Nachdenken versunken. Dann wandte er sich zu Doktor Schetzler, der, nachdem er sich überzeugt, daß bei dem Ehepaar seine Kunst zu Ende war, sich Melneck widmete und ihn zu beruhigen suchte.
„Einen Augenblick noch, Herr Doktor," begann er rubia uud böslich, als ob er sich in einem Salon befände.
„Ich sehe mich durch die Verhältnisse gezwungen, mit Ihnen zu unterhandeln. Ich habe Grund zu der Annahme, daß Sie eine große Zärtlichkeit für Ihren Sohn hegen."
Der Doktor bejahte durch eine Verbeugung. Er war vernünftig genug, den geschlagenen Feind nicht demütigen zu wollen, besonders da dieser, wenn auch in der Hauptsache unterlegen, doch momentan noch die Macht in Händen hatte.
Krenzlin erwiderte die Verbeugung.
„Ich habe Verständnis für diese Zärtlichkeit," sagte er, „denn auch ich liebe mein armes krankes Kind aufs innigste. Ich hatte die Absicht, Ihren Sohn aus der Welt zu schaffen, weil man mir gesagt hatte, er habe sich hartherzig geweigert, Lucillas Leiden zu lindern, und weil er außerdem meinen Plänen im Wege stand. Aber diese Pläne sind vernichtet, und die Sache liegt jetzt ganz anders. Trotzdem wird Ihr Verstand — den ich achten gelecnt habe — Ihnen sagen, daß einstweilen Ihr Leben und das Ihres Sohnes noch in meiner Hand sind, ebenso wie das des Herrn Melneck und seiner Tochter."
„Sie haben vollkommen reckt," erklärte der Doktor trocken.
„Nun," fuhr Krenzlin fort, „in wenigen Minute« wird die Pölzet hier sein. Es bleibt uns keine Zeit, die Spuren dieser kleinen Unannehmlichkeit," er deutet« dabet auf die Toten, „fortzuräumen, und es ist daher im Interest« meiner persönlichen Sicherheit nötig, daß ich mich möglichst schnell entfern«. Wenn ich nun davon abstehe, Ihren Soyn über den Haufen zu schießen, wollen Sie sich dan» verpflichten, für meine Tochter zu sor gen, bis es mir möglich sein wird, st« mir zu holen. Ich möchte sie in dieser stürmischen Nacht nicht einer Fahrt im Motorboot aussetzen."
Schetzler zögerte. Es ging ihm gegen den Strich, mit einem Menschen, wie dieser, einen Handel einzugehen» aber er fürchtete für Haralds Leben. Auch überlegt« er, daß Lucilla wohl Anspruch auf seine Sympathie habe, nachdem sie sich heute abend so furchtlos auf Haralds Seite gestellt.
.Ich werde tun, was Sie wünschen," sagte er daher.