Landesnachrichten.

k: z

! ,

Ultenrtelg, 21. Dezember. 1912.

st An unsere blauen Jungen. Privatpakere, die mit der nächsten Beförderungsgelegenheit frachtfrei au die Besatzungen der deutschen Kriegsschiffe in Ostasien und des Kreuzergeschwaders, an die Be­satzung in Kiautschäu und an das ostasiatische Marinedetachement versandt werden sollen, müssen bis zum 25. Dezember an die Magazinverwaltung der Kaiserlichen Werft in Wilhelmshaven einge- saudt sein.

st Tie neue Eichung der BierglLser. Nach Ar­tikel 1 Nr. 3 Absatz 2 des Gesetzes wegen Aen- derung des Schankgefäßgesetzes vom 24. Juli 4909 ist der Gebrauch von Schankgefässen für Bier mit einem Mindestabstand von 1 Zentimeter nur bis bi szum 1. Oktober 1913 statthaft, demnächst muß der Abstand des Füllstriches von dem oberen Rande 'der Schankgefässe für Bier zwischen 2 und 4 Zenti­meter betragen. Einer Blättermeldung zufolge sind aus Interessentenkreisen wiederholt Anfragen ge­stellt worden, ob es gestattet sei, Schankgefässe mit einem Abstand von 1 Zentimeter auch noch nach dem 1. Oktober 1913 zu verwenden, wenn die Men Füllstriche und Bezeichnungen durchstrichen und die Schankgefässe mit den neuen vorschrifts­mäßigen Füllstrichen und den damit übereinstim­menden Bezeichnungen versehen seien. Auf diese Anfragen ist vom Reichsamt des Innern nachi- stehende Antwort erteilt worden: Die Schankgefässe dürfen nach Maßgabe des Reichsgesetzes vom 20. Juli 1881 an sich nur einen Füllstrich und eine Bezeichnung des Sollinhalts haben. Jedoch sind Füllstriche und Bezeichnungen, die in haltbarer und jeden Zweifel ausschließender Weise durch­strichen sind, neben dem maßgebenden Füllstrich und der damit übereinstimmenden Bezeichnung nicht zu beanstanden. Zur Beseitigung von Mißverständ­nissen. welcher Strich Geltung haben soll, wird es sich empfehlen, den neuen Füllstrich auf der ent­gegengesetzten Seite des Gesässes anzubringen.

* Bad Teinach, 20. Dez. Im Laufe dieses! Jahres hat unser berühmter Schwarzwald-Kurort wieder manche Verschönerungen erfahren dürfen. Neuerdings hat der Besitzer des altrenommierten Hotels z. Hirsch seine sämtlichen Lokalitäten einer durchgreifenden Erneuerung unterzogen, wobei be­sonders die Errichtung einer altdeutschen Bauern­stube nach dem Entwurf der Architekten Beckmann und Seeger in Stuttgart hervorgehoben zu wer­den verdient.

st Horb, 20. Dez. Feuerungsmaurer Kamin­feger Trotter, der in dieser Branche die Bahn­arbeiten zu besorgen hat. fuhr am Dienstag mor­gen nach Eyach, um in der dortigen Restauration einen Ofen zu reinigen. Nach Beendigung der Ar­beit gab er sein Arbeitswägelchen im Packwagen auf, den er selbst ebenfalls bestieg, um nach Müh­len zu fahren. Kaum hatte der Zug die Brücke über die Eyach passiert, als sein Arbeitswägelchen im Packwagen ins Rollen kam. Trotter erwischte noch die Deichsel wurde jedoch aus dem Zug hin­ausgeschleudert, wobei er einen doppelten Achsel­beinbruch erlitt.

st Bmsdorf, OA. Sulz, 20. Dez. Gestern brach in dem im alten Stadtteil gelegenen Doppelhaus des Stemhauers Heinrich Stehle und des Schnei­dermeisters Felix Eberhardt Feuer aus, das das große Anwesen vollständig in Asche legte.

st Aldingen, OA. Spaichingen, 20. Dez. Nach­dem schon gestern abend 11 Uhr in der Zier­leistenfabrik von Emil Haller ein Brand ausge­brochen war, der aber gelöscht werden konnte, wurde heute früh 4 Uhr die Feuerwehr aufs neue alar­miert. Das Feuer war mit erneuter Gewalt im Nebengebäude der Fabrik ausgebrochen und konnte diesmal nicht mehr gelöscht werden, sodaß die Fabrik total niederbrannte.

st Stuttgart, 20. Dez. (Ein armer Kerl.) Ein lojähriger Bäckerlehrling faßte am Morgen des 4. August den Entschluß, sich das Leben zu nehmen. Er wollte sich verbrennen. Er zündete sein Bett an und legte sich hinein, doch als die Sache infolge des Rauchs ungemütlich wurde, reute es ihn und er wollte zur Tür hinaus, konnte

st Stuttgart, 20. Dez. (Regimentsjubi- läum.) Das Grenadierregiment Königin Olga wird im Jahre 1923 sein 250jähriges Bestehen eiern.

j s Stuttgart, 20. Dez. (Wahlstati st i k.) Von den bei der Landesproporzwahl abgegebenen Stim­men fielen prozentweise aus das Zentrum 26,8 (1907: 26,6) Prozent, auf die Sozialdemokraten 25,9 (22,7) Prozent, auf die Volkspartei 19,6 (23,6) Prozent, auf Bund und Konservative 15',6 (16,2) Prozent und auf die Nationalliberalen 12,1 (10,9) Prozent.

st Göppingen, 20. Dez. (Eine Erinnere ung.) Dieser Tage ist hier der Oberamtsdiener Ludwig Reinhold, 44 Jahre alt, gestorben) der im Herbst 1889 vor der Villa Mariawahl in Lud­wigsburg Posten stand, als auf den damalige« Prinzen Wilhelm v. Württemberg, unseren fetzigen König, ein Attentat verübt wurde. Reinhold nahm den Täter fest und wurde für sein schneidiges Verhalten durch Ueberreichung einer goldenen Uhr belohnt.

st Gmünd, 20. Dez. Der seit Dienstag ver­mißte etwa 60 Jahre alte Löwenwirt Abele, der in etzter Zeit an Schwindelanfällen litt, wurde gestern nachmittag bei der Göppinger Brücke in der Rems tot aufgefunden. Es scheint ein Unglücksfall vor­zuliegen.

Minister v. Pischek zurückgelrelen.

Stuttgart 21. Dez. Ttaatsminister von Pi­chet ist lt. Staatsanzeiger in den Ruhest««- ge­treten. Au seine Stelle tritt Kultminister v. Fleischhauer und an dessen Stelle der Präsident des Evang. Konsistoriums Tr. v. Habermaas.

st Hamburg, 20. Dez. Auf der Wserft von Blohm und Voß ist gegen 8 Uhr abends Groß­en er ausgebrochen. Die Modellräume stehen in Hellen Flammen.

ZI

ie aber nicht mehr erreichen. Ohnmächtig wurde er aufgefunden. Das Leben war ihm verleidet, weil er als Laufbursche und nicht als Bäckerlehr­ling beschäftigt wurde und auch der Unterschlag­ung beschuldigt worden war. Gegen den Jungen wurde Anklage wegen vorsätzlicher Brandstiftung erhoben und die Strafkammer verurteilte ihn wegen versuchter Brandstiftung zu 1 Monat Gefängnis.

U Stuttgart, 20. Dez. (Kein Gold. Einem Ersuchen des Reichsschatzamtes entsprechend sind die Kassen der Verkehrsanstalten angewiesen wor­den, bei den Zahlungen, namentlich von Gehal­ten, RuhegehMen und Löhnen, neben Papiergeld auch Silbermünzen in ausgiebiger Weise zu be­nutzen.

st Marseille, 20. Dez. Die Schilder, des öster­reichisch-ungarischen und des italienischen Konsulats sind in der vergangenen Nacht mit roter Farbe bestrichen worden. Auch waren rote Papierzettel über die Schilder geklebt, die sich in italienischer spräche gegen die Erneuerung des Dreibundes richten, der am Jahrestag der Hinrichtung des Jrredintisten Oberdank erfolgt sei. Tie Behörden fahnden nach den Tätern.

Der Balkarrkrieg.

st Konstantinopel. 20. Dez. Die Zeitungen mel­den, daß einem Gerücht zufolge die Griechen Tenedos geräumt hätten. Nach Blättermeldun­gen landeten die Griechen 4000 Mann Verstärkungen in den Hafenorten Molyvo und Djumakenj aus Mytilene. Bei Djumakenj kam es zu einem Kampf mit der türkischen Garnison. Der Kurdenscheik Ab­dul Kader telegraphierte dem Großwesir, mehrere kurdische Notabeln beständen darauf, daß man einen ungünstigen Frieden nicht annehmen solle. Die scheiks verschiedener Kurdenstämme stellten der Türkei 400 Bataillone kurdische Freiwillige zur Ver­fügung.

i) Konstantinopel, 20. Dez. Während der See-, schlecht am 16: ds. Mts. ließ der türkische Kom­mandant dem griechischen Kommandanten durch Funkenspruch sagen: Ihre Kanonen verfehlen das Ziel, lassen Sie die Geschütze 20 Meter tiefer rich­ten. Dieses Telegramm soll die Rache für eine Depesche sein, die von dem Griechen zu Beginn des Krieges dem Türken durch Funkenspruch gesandt wurde, und lautet: Wir haben die Insel Tenedos besetzt und erwarten Eure Befehle.

Tie Friedenskonferenz.

st London, 20. Dez. Der Lordmayor gab im .Nansionhouse ein Frühstück zu Ehren der Frie­densdelegierten, an dem Premierminister Asquith, der Staatssekretär des Aeußern, Grey, der Lord­präsident des Geheimen Rats, Morley, und andere Minister und hervorragende Persönlichkeiten teil- nahmen. Der griechische Ministerpräsident Beni- zelos saß zur Linken, der türkische Delegierte Re- schid Pascha zur Rechten des Lordmayors. In sei­ner Begrüßungsansprache gab der Lordmayor der Hoffnung Ausdruck, daß die wichtige Mission der Delegierten einen glücklichen Ausgang haben und zu einem dauernden Verhältnis des Friedens füh­ren werde. Hierauf erhob sich der türkische Dele­gierte Reschid- Pascha unter großem Beifall der Anwesenden und wies auf die traditionelle Freund­schaft zwischen England und der Türkei hin. Es sprachen auch die anderen Delegierten für die ihnen erwiesene Gastfreundschaft ihren Dank aus.

st London, 20. Dez. Die Botschafterkon­ferenz tagte heute nachmittag unter dem Vor­sitz von Sir Edward Grey zum letzten Male vor dem Weihnachtsfest.

st SakoniLi, 20. Dez. König Ferdinand von Bulgarien ist heute früh von hier abgereist.

Zwei Hochstapler als bulgarische Kriegsflieger.

Die sehr umsichtige und kluge bulgarische Heeresverwaltung ist, wie derInf." aus Sofia geschrieben wird, im Balkankriege von zwei fran­zösischen Schwindlern ganz gehörig hineingelegt worden. Als die Heeresverwaltung vor Beginn des Krieges im Auslande eine Reihe von Fliegern durch ihre Agenten engagieren ließ, erhielt sie auch die Zusage zweier Franzosen, die in ihrer Heimat angeblich als gute Flieger galten. Die Franzosen trafen auch pünktlich beim bulgarischen Heere ein, erhielten jeder den ihnen zugesagten Vorschuß von 2500 Francs und warteten die Order ab, durch die sie an die Front dirigiert werden sollten. Es verging darüber einige Zeit. Die beiden ließen es sich, wie die anderen von den Bulgaren ge­wonnen Flieger, in Sofia wohl sein, frequentierten eifrig die unterschiedlichen Vergnügungsstätten der bulgarischen Hauptstadt, und alles wäre auch so weit ganz schön gewesen, wenn man nicht eines Tages von ihnen verlangt hätte, daß sie auch fliegen sollen. Man schickte die Flieger nämlich mit den soeben aus Frankreich völlig neu einge­troffenen Flugzeugen nach Adrianopel, wo sie über der belagerten Stadt Erkundigungsflüge vornehmen sollten. Es vergingen wieder einige Tage mit dem Zusammensetzen der Apparate, während deren die beiden Franzosen, die sonst ihre Tüchtigkeit und ihre Leistungen nicht genug hatten rühmen kön­nen, in auffallender Weise immer kleinlauter wur­den. Sie ließen schon durchblicken, daß es doch nicht ganz sicher sei, ob sie auf den neuen, noch unerprobten und von nicht sachkundigen Monteu­ren zusammengesetzten Flugzeugen eines Typs, den sie bisher noch nicht geflogen hätten, auch flie­gen könnten. Endlich kam der große Tag, an dem die ersten Flüge über die belagerte Stadt ge­macht werden sollten. Die beiden französischen Flieger nahmen etwas umständlich und bleich ihre Plätze am Steuer ein, die Propeller wurden an­geworfen, und die gespannte Armee wartete dar­auf, zum ersten Mal fliegende Flugzeuge zu sehen. Aber die beiden Flieger gaben nicht das bekannte Zeichen zum Loslassen der Maschinen. Sie wink­ten vielmehr, es sei nichts, sie stellten die Mo­toren ab und verließen ihre Sitze. Sie erklär­ten, mit diesen Maschinen könnten sie nicht gleich fliegen, es müßten erst einige einschneidende Aen- derungen vorgenommen werden, die Apparate seien nicht flugfähig. Man glaubte ihnen zunächst noch. Am nächsten Tage kamen aber andere Flieger an, die die Apparate besichtigten und erklärten, es seien vorzügliche Flugzeuge, und sich erboten, so­fort mit ihnen Ausstiege zu unternehmen. Nun stellte sich heraus, dqß man zwei Hochstaplern anfgesesfen war. Die Flugzeuge bewährten sich her­vorragend, und die Folge war, daß die beiden Flieger" unverzüglichflogen". Von den 2500 Francs eines jeden war aber nichts mehr übrig geblieben.

Vermischtes.

Z Der verkannte Aeroplan. Das modernste Luft­fahrzeug unserer Zeit ist von Abergläubischen oder Naiven, die unvorbereitet ihre Bekanntschaft mit ihm machten, schon oft verkannt und für alles' mögliche gehalten worden. Aber das Netteste in dieser Beziehung ist dieser Tage in der sächsischen Stadt Weißenfels geleistet worden.Von der Ferne", so erzählt man uns von dort,hörte man einen Aeroplan .heransurren. Was Beine hatte, eilte auf den Marktplatz, auf dem sich bald einige hundert Menschen angesammelt hatten. Die Menge starrt erwartungsvoll nach oben, kein Laut als das Surren der Propeller ist zu hören. Da kommt atemlos ein kleiner Junge herangestürzt und brüllt aus Leibeskräften :Mutter, Mutter, komm' schnell zu Hause und mach' die Türen zu; der Klapper storch kommt; wir kriegen sonst schon -nieder eens." Das wäre in der Tat ein bißchen zu viel gewesen, denn zu Hause in der Wiege lag ein erst zwei Monate altes Baby.

Handel und Verkehr.

Kurzer Getreide-Wochenbericht der Preis-rrichtSstelle des deutsche« LandwirtschaftsreLS

vom 10. bis 16. Dezember 1912

Es stellten sich die Preise für inländisches Getreide am letzten Markttage in Mark pro 1000 Kg. je nach Qualität, wobei das Mehr (-st) bezw. () Weniger gegen­über der Vorwoche in ( ) beigefügt ist, wie folgt:

Weizen

Frankfurt a. M. 210 Mannheim 211'»

Straßburg 215

München 2! 8(2)

Roggen Hafer 18lV-(2',-) 195(5) 182V-(-2 7,,- 190 187' -(2'st) 195 183(-2) 180(4)

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lank.

Druck und Verlag der AI Rieker'schen Buchdruckerei in Mensteig.

j