Ter württ. Städtelag und die F-lcischtruerung.

^ Ltuttgart, 27. Sept. Der württ. Städte­tag ist heule im Rathaus unter dem Vorsitz von Oberbürgermeister Lautenschlager zur Besprechung von Maßnahmen gegen dte Fleischteuer­ung zusammengetreten. Es wurde eine erneute Etilg ave an die Regierung mit folgenden Anträgen beschlossen. Die Staatsregierung möge 1. bis aus weiteres die Einfuhr lebenden argen­tinischen Viehs über Genua-Friedrichshasen zulas- svn: 2. für Aufhebung oder Aenderung des Z 12 des Reichssleischbeschaugesetzes, sowie für Aufhebung oder wesentliche Ermäßigung des Zolls auf zu- bereitetes Fleisch bei der Reichsregierung eintre- ten; 3. Tarifermäßigungen für den Transport von lebendem Vieh und Fleisch auf den Staatseisenbah­nen gewähren bezw. bei den übrigen deutschen Eisenbahnverwaltungen in Anregung bringen, jeden­falls insoweit, als Teuerungsmaßnahmen der Ge­meinden in Frage kommen. In der Besprechung wurde besonderer Nachdruck darauf gelegt, daß die württ. Regierung von sich aus in der Lage wäre, durch sofortige Oeffnung der Grenzen für leben­des argentini'chen Vieh wirksam der herrschenden Teuerung entgegenzutreten und daß gegM diese Maßnahme durchschlagende Gründe nicht geltend gemacht werden können. Von verschiedenen Seiten wurde geltend gemacht, daß eine möglichste Heb­ung des Stuttgarter Schlachtviehmarkts im In­teresse des ganzen Landes liege. Eine Reihe von württ. Städten beziehe Schlachtvieh aus Stuttgart, abgesehen davon sei die Stuttgarter Preisfestsetz­ung für einen großen Teil des Landes maßgebend, sodaß die Verbraucher des ganzen Landes von einem Rückgang der Stuttgarter Schlachtviehpreise Vorteile haben. Bon anderer Seite wurde aller­dings der Befürchtung Ausdruck gegeben, daß eine einseitige Begünstigung des Stuttgarter Markts eine Beeinträchtigung anderer Märkte nach sich ziehen könne. Bezüglich des Auskaufs von Fleisch und Vieh wurde zmn Teil der Standpunkt vertreten, daß dies Sache des Handels und der Metzgerschaft fei. Ein gemeinsamer Bezug von frischem Fleisch aus dem Ausland würde für den Städtetag erst dann in Frage kommen, wenn die Stuttgarter Stadtver­waltung in der Lage wäre, diejenigen Unterlagen zu beschaffen, die zur tunlichsten Vermeidung un­günstiger Erfahrungen bei einer derartigen Maß­nahme angezeigt sind. Die Vermittlung des Be­zugs von lebendem Vieh aus Argentinien und von Gefrierfleisch für den Fall, daß die Voraus­setzungen hiefür durch die Landes- bezw. L-taats- regierung geschaffen sein werden, wird die Stutt­garter Stadtverwaltung im Auge behalten.

Aus dem Reiche.

* München, 27. Sept. Der Anschluß Bayerns an die preußisch-süddeutsche Kl aff e n l o t t e rke, der gestern mit der Annahme der Lotterievorlage in der Abgeordnetenkammer zustande gekommen ist, wird am 1. Januar 1913 in Kraft treten.,

* München, 27. Sept. Der langjährige Kassier des Frauenvereins vom Roten Kreuz, Ober­leutnant a. D. Johannis Nagel, der uneinge­schränktes Vertrauen und allgemeine Achtung genoß, hat im Laufe der Jahre die Summe von 75 000 Mark unterschlagen. Als seine Verfehlungen ousgedeckt wurden, stellte er sich selbst der Staats­anwaltschaft. Nagel, der übrigens in bescheidenen Verhältnissen lebte, will das Opfer seiner Spiel- leidenschaft geworden sein. Er gibt an, er habe feine ersten kleineren Unterschlagungen, die bereits aus eine Reihe von Jahren zurückreichen, durch Spielen in der Lotterie zu decken gesucht und sei durch fortgesetzte Mißerfolge in immer stärkerem Maße den Versuchungen der Lotterie erlegen.

Die Beerdigung des Freiherrn v. Marschall.

st Neuershaufen, b. Freiburg, 27. Sept. Die Beerdigung des verstorbenen Botschafters Frhr. Marschall v. Bieberstein fand heute nachmittag um 3 Uhr, dem Wunsche des Verstorbenen entsprech­end, in einfachster Werse in der Familiengruft des Stammsitzes der Familie Hierselbst statt, unter der Beteiligung einer ungeheuren Menschenmenge aus den benachbarten Orten, insbesondere auch aus Freiburg. Kränze haben außer dem Kaiser, dem Großherzog und der Großherzogin von Baden, der Großherzogin Luise und Her Königin von Schweden u. a. gesandt: das Auswärtige Amt in Berlin, der Reichskanzler, der Reichstag, die deutsche Botschaft und die deutschen Vereine in London. Um dreiviertel 3 Uhr traf der Reichskanzler o. Bethmann Hollweg als Vertreter des Kaisers hier­ein. 10 Minuten vor 3 Uhr erschien der Groß- herzca von Baden in Begleitung des Staatsmi- nistcrs Frhr. v. Dusch. Kurz vor der Ankunft des Großherzogs begann im Schloß die Einsegnungs feierlichkeit. Stadtpfarrer Schwarz von der Frei­burger Christuskirche hielt eine Ansprache u. nahm die Einsegnung vor. Gesänge eröffneten und schlos­sen die Feier, worauf Mitglieder des Gemeinde

rars den Sarg zum Leichenwagen trugen. Den Trauerzug eröffneten die Schuljugend, Militär- u. Gesangvereine und die Gemeinde Neuershaufen schloß sich an. Dicht hinter dem Sarg schritt der Großherzog von Baden, ihm zur Seite die beiden Söhne des Verstorbenen. Es .folgten der Reichs­kanzler von Bethmann Hollweg, begleitet von dem Lord Acton und dem Schwager des Verstorbenen, Frhrn. von Gemmingen. Hieran schloß sich eine lange Reihe von Abordnungen. Ferner waren ver­treten die Großherzogin Luise und die Prinzessin Wilhelm von Baden. Auf dem Friedhof hielt der Pfarrer von Bötzingen die Leichenrede. Nach Trauergesängen des Männerchors legte der Bür­germeister der Gemeinde einen Kranz nieder, wor­aus Pfarrer Dr. Lehmann dem Verstorbenen einen Nachruf widmete, in dem er ihn als den Vater von Neuershaufen bezeichnete. Von weiteren Reden war auf Wunsch der Hinterbliebenen Abstand ge­nommen worden.

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st London, 27. Sept. Zu Ehren des verstor­benen Botschafters Frhr. Marschall von Bieberstein fand heute morgen in der deutschen Kirche ein Trauergottesdienst statt, dem eine große Anzahl hervorragender Persönlichkeiten beiwohnte. Als Ver­treter des Kaisers war Botschafter Dr. v. Kühl­mann, als Vertreter des Königs von England' Kammerherr Lord Allendale erschienen. Auch Pre­mierminister Asquith und Staatssekretär Grey hat­ten Vertreter entsandt. Auweiend waren ferner das diplomatische Korps, der Lordmayor von Lon­don und Gemahlin, sowie hervorragende Mitglie­der der deutschen Kolonie.

AuLländrsches,

st Sofia, 27. Sept. Infolge der- seit 8 Tagen andauernden Regengüsse sind die Flüsse stark an­geschwollen. Aus verschiedenen Landesteilen werden Hochwasser und Ueberschwemmungen gemeldet.

Vom 19. Weltfriedenskongreß.

* Genf, 27. Sept. Den italienischen und tür­kischen Fried ensu nterh änjd lern in Ouchy ist auf Antrag des Delegierten der französisch-italie­nischen Liga in Paris Baquem gestern folgende Adresse unterbreitet worden:Die in Genf ver­einigten Mitglieder des 19. Weltfriedenskongresses glauben, daß es bei ihrer Anwesenheit in Ouchy ihre Pflicht sei, ihren ergebensten Gruß den De­legierten der Türkei und von Italien zu entbieten. Sie wünschen aufrichtig, daß die für einen Frie­densschluß unternommenen Bemühungen so bald wie möglich von Erfolg gekrönt fein mögen, was im Interesse der beiden Länder, im Interesse der kZivilifation wie überhaupt der Menschlichkeit wäre." Die Adresse haben hervorragende Vertreter der Politik, Wissenschaft und Literatur, die gleichzeitig eifrige Förderer der Friedensbewegung sind, unter­zeichnet, unter ihnen Staatsrat Quartier-la-Tente (Schweiz), Ernaud, Vizepräsident des internatio­nalen Friedensbureaus, ferner Semenow, Sekretär der Russischen Friedensgesellschaft, Professor Ghi- feleri (Italien-, ferner Senator Magelhaes-Lima (Portugal), Frau Seeveerine (Frankreich) u. a. m.

Tie Lage auf dem Balkan.

* Sofia, 27. Sept. Die Mobilmachung der Reserven in der europäischen Türkei sowie die Zusemmenziehung von Truppen au der bulgari­schen LÜdgrenze, wie man hier sagt, unter dem Vorwanoe von Manövern, hat in Bulgarien sehr beunruhigt. Die Regierung ließ die Mächte, an erster stelle diejenigen der Triple-Entente ersuchen, die Einstellung der Mobilmachung in der Türkei zu veranlassen, widrigenfalls Bulgarien seinerseits auch mobilmachcn müßte.

* Sofia-, 27. Sept. Der offiziöseMir" er­klärt, die Regierung werde wohl angesichts der türkischen Mobilisation wissen, wie sie ihre Pflicht ohne Schwanken und ohne jedweden Verzug erfüllen solle. Das Vaterland müsse auf jede Eventuali­tät vorbereitet sein. Die Umstände, unter denen die Türkei ihre europäischen Divisionen mobilisiere, seien eine förmliche Provokation, denn bisher sei von der Absicht der türkischen Regierung, Manöver zu veranstalten, keine Rede gewesen.

st Wien, 27. Sept. Im Ausschuß der öster­reichischen Delegation für auswärtige Angelegen­heiten erklärte Delegierter Kvamarcs, wenn für die christlichen Völker auf dem Balkan nicht eine voll­ständige administrative Autonomie sofort durchge- sührt werde, so sei eine Katastrophe kaum zu ver­meiden.

Tie Haltung Griechenlands

* Athen, 27. Sept., Ein zweistündiger Mil- nisterrat beschäftigte sich gestern spät abends mit der Balkankrise. Im Laufe oes Tages ar­beiteten mit dem Regenten, dem Kronprinzen Kon­stantin, der Premierminister Veniselos, General

Endour und der Geueralstabschef. Entgegen dem vielfach vorherrschenden Pessimismus hält die Re­gierung an der Hoffnung auf eine Entwirrung der Lage und an ihrer friedfertig esn Poli­tik fest. Die Flotte verbleibt zu dreiwöchigen Ma­növern im Jonischen Meere, zunächst bei Leukas und Korfu.

* Konstantinopel, 27. Sept. Ein Gerücht be­sagt, daß französische und englische Abteilungen in Vathy auf Samos gelandet feien.

Zu unseren Bildern.

Ter 66. Geburtstag des Bischofs von Rottenburg Paul Wilhelm von Keppler.

Dr. Paul Wilheliu von Keppler, Landesbischof von Württemberg und Bischof von Rottenburg, feiert am 28. ds. Mts. seinen 60. Geburtstag. Er wurde zu Schwäbifch-Gmünd geboren, studierte in Tübingen und erhielt 1875 die Priesterweihe. Die erste Zeit seines Priestertums wirkte er als Seel­sorger in seiner Heimatstadt und in Ulm. Dann wandte er sich dem Lehrerberuf zu. Im Jahre 1876 wurde er Repetent für Geschichte und christliche Malerei an der Universität Tübingen. Von 1880 bis 1883 wirkte er als Stadtpsarrer in Cannstatt, nahm aber dann seine akademische Lehrtätigkeit wieder auf und kehrte nach Tübingen zurück, wo er eine Professur für neutestamentliche Exegese und Moraltheorie übernahm. Dann (1894) folgte er einem Ruf an die Universität Freiburg und wurde vier Jahre später (1898) zum Bischof von Rottenburg ernannt. Auf dem Gebiete der Moral­theorie und der kirchlichen Kunstgeschichte hat der Württembergs che Lrndesbifchof sich auch literarisch in hervorragender Weife betätigt.

Handel und Verkehr.

Hopsenvertäufe. In Nagold wurden Hop­fen zu 70 Mk. nebst Trinkgeld, in Unterjet­tingen bis 115 IMk. pro Zentner bezahlt. Verkauft sind ca, 300 Ballen, unverkauft liegen noch ca. 100 Ballen.

Voraussichtliches Wetter

am Sonntag, 29. Sept.: Anfangs noch heiter, dann wolkig, regnerisch, föhnig, mild.

Verantwortlicher Redakteur: Ludwig Lauk.

Druck und Verlag der W. Rieker'schen Buchdruckerei in Mensteig.

In teurer Zeit! Hohe Preise aller Lebens­mittel und vieler Dinge des täglichen Bedarfes stellen in diesem Jahre große Anforderungen an den Geldbeutel der Hausfrau. Es dürfte daher jede Gelegenheit freudig zu begrüßen sein, die auch wieder einErsparen" ermöglicht. Eine solche bietet sich durch die Selbstanfertigung von Män­teln, Jacketts, Sweaters und Mützen für Erwach­sene und Kinder aus S ch n e e ste r n w o l l e der S t e r nw o l l - S p i n nesr e i in Alto n ai- B ah re n f eld. Jedem Paket Schneesternwolle liegen eine ausführliche Strickanleitung mit Beschreibung von 14 neuen Strickmustern sowie eine leicht ver­ständliche Häkelanleitung bei, in welchen alle ein­zelne Teile von Mänteln, Jacketts, Sweaters und Mützen vor dem Zusammennähen, sowie die fer­tigen Stücke selbst, nach photographischen Aufnah­men abgebildet sind. Durch die Ausführlichkeit der Anleitungen wird es selbst Ungeübten leicht, die langen Abende ruft einer interessanten und nützlichen Beschäftigung auszufüllen und sich bil­lig, modern und elegant selbst kleiden zu können.

Auch zu Stallmist wende man Thomasmehl er­gänzend an. Die noch hier und da verbreitete Meinung, daß Kunstdünger auf mit Stallmist oder Jauche gedüngten Aeckern oder Wiesen entbehrlich seien und daß deren An­wendung sich daher hier nicht lohne, hat sich als unbegründet und falsch erwiesen. Die Wirtschaftsdünger enthalten zwar alle Nährstoffe, welche die Pflanze brauchen, leider aber nicht in einer den Pflanzen voll zusagenden Zusammensetz­ung. Stallmist. und besonders die Jauche sind arm an Phosphorsäure, so daß in erster Linie eine Ergänzung dieses Nährstoffes durch eine kräftige Thomasmehldüngung in Betracht kommt.

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spant Arbeit, 2eit, Oelci.