Aus dem Reiche.
Die Fahrt des Luftschiffs „Hansa" vom Bodeusee bis Hamburg.
jj Hamburg, 3. August. Das Luftschiff .Hansa", das kurz vor Mitternacht in Friedrichshafen zur Fahrt nach Hamburg aufstieg, ist heute nachmittag 3 Uhr 5 Minuten vor der hiesigen Luftschiffhalle glatt gelandet. Die.Hansa" durchflog Deutschland von Süden nach Norden und passierte zunächst Württemberg, flog über Würzburg (4.30 Uhr), Hersfeld, Göttingen (8.10 Uhr), bog dann nordwestlich ab, überflog Detmold, Bielefeld, Herford. Um 11 Uhr 30 M. passierte sie die Porta Westfalica, kurz darauf Minden. Um 2 Uhr erreichte das Luftschiff Hamburg, wo nach längerer Schleifensahrt die Landung erfolgte.
Ausländisches.
ff Nancy, 4. August. Heute vormittag fand in Jarville die Uebettührung der Gebeine von 58 im Kriege 1870. 71 gefallenen deutschen Soldaten von dem alten nach dem neuen Friedhof statt, wo ein Denkmal für sie errichtet worden ist. An der Feier nahmen teil: Der zur deutschen Botschaft in Patts kommandierte Rittmeister Frank, ein Vertreter der Präfektur, der Bürgermeister mit seinen Beigeordneten und eine Reihe von Offizieren. Eine Kompagnie des 79. Linienregiments, sowie eine Husaren- und eine Artillerieabteilung erwiesen die militärischen Ehren.
ss Konstantinopel, 4. August. Die jungtürkischen Offiziere, die gestern an der Versammlung teilgenommen haben, werden einzeln nacheinander verhaftet. Bisher sind 20 Offiziere verhaftet worden.
Ein blutiger Grenzkouflikt. ss Konstantiuopel, 4. August. Wie die Blätter melden, griffen Montenegriner und Malissoren Selasche und Moi- kowatz an und zerstörten die Wachtürme bei diesen Ortschaften. Die Türken entsandten dorthin Verstärkungen. Seit gestern mittag ist ein lebhaftes Gewehrfeuer längs der montenegrinischen Grenze im Gange. Bei Kolaschin sollen heftige Kämpfe stattgefunden haben.
ss Cettinje, 4. August. Gestern abend kam es in dem Gebiete von Kolachine bei Noikovac zu einem blutigen Grenzkonflikt. Die Türken hatten von ihrem Kule in einer Entfernung vsn 200 Metern auf montenegrinischem Gebiet eine Verschanzung errichtet. Trotz wiederholter Vorstellungen seitens der montenegrinischen Regierung wollten die Türken die Verschanzung nicht entfernen. Gestern früh wurde der Wachtposten der montenegrinischen Grenzwache von den Türken von den Verschanzungen aus angegriffen. Die Montenegriner erwiderten das Feuer. Der Kampf, der sich darauf entspann, dauerte bis in die sinkende Nacht. Die montenegrinische Grenzbevölkerung, die durch die Provokation in höchstem Grade bestürzt war, eilte zu den Waffen und unterstützte die Grenzwache. Die Verschanzung wurde entfernt und der Kule dem Erdboden gleichgemachr. Die Verluste der Montenegriner betragen 10 Tote und 15 Verwundete. DieTürken ließen 60 Tole zurück.
China.
I Peking, 4. August. Die chinesische Regierung hat gemäß der Forderung des russischen Gesandten eine Entschädigung für die kürzlich durch chinesische Soldaten bei Khotan verübte Tötung von 100 russischen Untertanen und die Bestrafung der Täter zugesagt. Der Präfekt von Khotan ist als verantwortlich erklärt und abgesetzt worden. Der chinesische Offizier, der den Zusammenstoß veranlaßt hatte, wird öffentlich vor ein Gericht gestellt. Der russische Konsul in Kaschgar und die chinesischen Ortsbchörden werden die Höbe der Entschädigung festsetzen.
Vermischtes.
Z Ein Postkuffchen-Jdyll vor 1VV Jahren. Wsr
heute im behaglichen Kupee des Schnellzugs die zweistündige Reise von Jena nach Halle macht, ahnt nicht, mit was für Beschwerden und Gefahren eine solche Fahrt noch vor 100 Jahren verbunden war. Ein treues Bild von den Annehmlich- teiten einer solchen Reise gibt der schwedische Kammerrat von Ehrenzweig der im Jahre 1805 mit der Post von Jena nach Halle fuhr. Das Post- intschen-Jdyll, das er in einem Schreiben aus Hamburg vom 2. November 1805 an den Kurfürsten von Sachsen, Friedrich August entwirft, dürfte auch den größten Verehrer der vergangenen Reiseromantik von seinem Wahne bekehren. Der Kammerrat schreibt wörtlich folgendes: „Die Zer- brechung meines Reisewagens im Fränkischen ver- anlaßte mich bei Ermangelung eines Gesellschafters und Reisegefährten mit der ordinairen Post zu gehn. So lange ich Reichs- oder preußische Post hatte, fand ich keine Ursache, meinen gefaßten Entschluß zu bereuen, aber wie erstaunte ich, als man mir in Jena den chursächsischen Wagen, der von Naumburg nach Halle fährt, vorführte. Wie ist es möglich, daß in einem civilisierten Staat die Oberpostdirektion ein solches Unwesen dulden kann. Nicht nur, daß wir von Jena nach Naumberg von 12 bis 8 Uhr unterwegs waren und die sächsische Post, unerachtet sie die ganze Nacht durchfuhr, erst den anderen morgen um 11 Uhr in Halle ankam, nicht genug, daß ein ganzer Haufen sogenannter blinder Passagiers aufgeladen ward, dies sind Kleinigkeiten im Vergleich des Sitzes, des Wagens selbst. Lassen Ew. Churf. Durchlaucht Sich das Fuhrwerk, welches von Jena nach Halle geht, vorzeigen. Sie werden selbst finden, oaß es keinen Stuhl, keinen Sitz, keine Bedeckung, kurz, weder die geringste Bequemlichkeit, Sicherheit, noch Schutz darbietet: man ist in Lebensgefahr auf demselben besonders zur Nachtzeit, wo so leicht den Reisenden der Schlaf überfällt und er wegen Mangel an Lehnen, an Sitz, Stuhl, jeden Augenblick befürchten muß, vom Wagen herunter- znfallen und zwischen den Rädern aus eine schreckliche Art verstümmelt zu werden. Wie oft ereigne! es sich, daß Handwerker, Künstler, Krämer ihren Wohnort verändern, und mit ihren Kindern reisen müssen, diese sind dann der größten Lebensgefahr ausgesetzt, weil sie weit leichter wie alte Leute einschlummern. Hier eine Tatsache. Wir alle, die wir damals zusammen auf dem Postwagen reisten, hatten in zwei Nächten urcht geschlafen, bei dem langsamen Fahren war es unmöglich, der Ermüdung zu widerstehen; damit nur teiner im Schlummer vom Wagen fiele, kam man überein, wechselseitig zu wachen. Aber die Naiur behielt die Oberhand. Es fand sich, daß der die Aufsicht und Wache führende Reisende selbst einschlief, und es mußten daher zwei sich vereinigen, welche zu gleicher Zeit wachten. Es ist doch empörend, wenn man mitten im Deutschen Reiche, in einem seit Jahrhunderten für policiert gehaltenen Lande wie Sachsen, nicht für sein Geld auf dem öffentlichen Postwagen reisen kann, ohne der offenbaren Gefahr ausgesetzt zu sein, sein Leben zu verlieren, oder zum Krüppel zu werden und es nur gleichsam durch mühsames Nachsinnen dahin bringen kann, sich eini-
preßt wie ein Schulknabe, der seiner Lektion nicht ganz sicher ist.
-wollen Sie nicht meinen Arm nehmen?"
„Nein, danke. Ich kann allein gehen." Ihre Stimme hatte einen harten Klang.
„Fräulein Fannemor-weshalb sind Sie so schroff?
Was habe ich Ihnen getan, daß Sie mir abschlagen, was Sie keinem andern verweigern würden?"
Der wehe Ton seiner Stimme griff ihr ans Herz.
„Na, daß Sie es so tragisch auffassen, habe ich nicht geglaubt. Meinetwegen dann."
Und sie nahm seinen Arm. Ein Schauer durchrieselte sie bei dieser Berührung. Sie schloß halb die Augen und ließ sich von ihren flutenden Gedanken treiben.
Auch Walter war wieder verstummt. Er fühlte ihre Hand auf seinem Arm. an den sich der ihrige sacht streifend anlehnte.
Seltsam, er hatte Karla einmal während eines Tanzes im Arm gehalten. Ein einziges Mal. denn Karla tanzte fast gar nicht. Damals war er glücklich gewesen. Aber jetzt so dahinzuschreiten durch die Abendschatten, während der lichte Tag sich immer dichter in Schleier hüllt, — mit ihr Arm in Arm: das war dennoch etwas anderes. Etwas Vertrauteres, Innigeres strömte auf ihn über.
Eine Art von Zusammengehörigkeit, von Vereinigung.
Die Liebe schwoll in ihm an, daß sie ihm fast die Brust zersprengte. Eine so glühende, sommerluftdurchhauchte Sehnsucht, daß er sich mit aller Kraft gegen das immer lebendiger werdende Verlangen stemmen mußte, Karla zu fassen, ihren widerspenstigen, kleinen Kopf in die Hände zu nehmen und
diese spröden, widerstrebenden Lippen zu küssen-zu küssen,
bis zur Atemlosigkeit.
Und die Worte drängten sich ihm auf die Lippen. Aus seiner Stimme aber klang noch die Erregung.
„Fräulein Fannemor — weshalb verließen Sie Königsberg so rasch und ohne zu sagen, daß Sie hierher gehen würden?"
„Ich war ja nur zur Hochzeit von Berlin yeruoergefahren. Und jetzt bin ich hier wegen meiner Gesundheit."
„Sind Sie krank?" fragte er bestürzt.
,.O nein," erwiderte sie rasch. „Aber die Seeluft tut mir gut. Und ich hatte auch Herrn Throndhjem versprochen, ihn in seiner neuen Häuslichkeit zu besuchen."
„Sie haben mir noch nicht geantwortet. Weshalb sagten Sie uns nichts davon?"
„Aber was glauben Sie denn? Das wäre ja die reine Verabredung gewesen."
„Und wäre das wirklich so schlimm gewesen?"
„Natürlich, weil Sie es find, nicht. Welche Einbildung doch die Männer besitzen!"
„Nein, Fräulein Fannemor. Ich habe mir nie etwas eingebildet. Und in bezug auf Sie konnte ich mich keinen Illusionen hingeben. Dafür haben Sie gesorgt."
„Ich liebe die Klarheit," sagte sie kurz und schroff.
Er sah traurig vor sich hin. Dann sprach er weich:
„Fräulein Fannemor — ich weiß, daß Sie gut find. Ihre Freundschaft mit Maja und Erich würde daS allein schon bestätigen. Sie können lieb und freundlich sein. Ich habe das Bild gesehen, das Erich eben von Ihnen malt. Sie lieben die Kinder. Also haben Sie Herz. Nur bei mir-da kapri
zieren Sie sich darauf, stets bitter und sarkastisch zu sein. Ich bin wohl der einzige Mensch, dem Sie mit Abficht weh tun."
Er hatte das alles halblaut, resigniert gesagt. Karla aber wagte die Augen nicht zu heben, in denen es feucht schimmerte.
Und ganz kleinlaut, so verzagt, wie man Karla gar nicht kannte:
„Ich habe nie die Absicht gehabt. Ihnen wehe zu tun."
„Und doch mußten Sie es wissen. Sie mußten einsehen.
germaßen davor zu sichern". Nachdem der Verfasser noch einige Seiten fortgeklagt hat, schließt er endlich seine Eingabe mit der Hoffnung, daß der Kurfürst „seine Anzeige mit Vergnügen aufnehme und mit Freuden einen Mißbrauch abändern werde, der Sachsen zur Schande gereiche."
§ Das Nachsitzen in der Schule. Die meisten Kinder, die in der Schule nachsitzen (dableiben) müssen, beteuern den Eltern gegenüber ihre Unschuld und die letzteren entrüsten sich dann häufig über die ungerechte Behandlung ihres Spröß- lings Von dieser Empfindung geleitet, ließ ern »
leichtgläubiger Vater seinen Sohn nicht wieder zum Nachsitzen gehen. Die Schulverwaltung erstattete Anzeige per der Polizei und diese bestrafte den Vater wegen Schulversäumnis des Sohnes. Der Vater prozessierte dagegen, erzielte aber trotz alser Anstrengungen keinen Freispruch. Das Gericht erklärte, die gesetzliche Schulpflicht erstrecke sich auch auf Straf- bezw. Nachhilfestunden, welche für einzelne Schüler amgeordnet werden, gleichviel ob als Diszipttnar-Maßregeln oder zwecks Hebung mangelhafter Leistungen. Selbst im Falle einer Ueber- schreitung der ministeriellen Stundenzahl stünde den Eltern noch kein Zurückhaltungsrecht, sondern nur die Beschwerde zu.
Handel »«R Verkehr.
Mitteilungen der Zeutralvermittluugsstelle für Obstverwertnug i« Stuttgart, Eßlingerstraße 15 I.
Taselobstpreise
auf dem Stuttgarter Engros-Markt am 3. Aug.:
Aepfel 10—18 Mk., Birnen 12—24 Mk., Pfirsiche 50 bis 60 Mk., Heidelbeeren 25—26 Mk., Himbeeren 35—40 Mk., Stachelbeeren 18—26 Mk., Johannisbeeren 22—24 M. je per 50 Kg.
Marktlage: In Birnen war der Markt überführt, besonders in badischer und pfälzer Ware, die Geißhirtlen waren noch zu unreif, die Kauflust deshalb gering. Um von den hohen Frühobstpreisen zu profitieren, werden viele Sorten zu früh abgenommen und dadurch geschmacklich heruntergedrückt. Preise fallen zusehends.
Il Stuttgart, 3. August. (Schlachtviehmarkt.) Zugetried« : 144 Großvieh, 119 Kälber, 350 Schweine.
Erlös aus Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 102 bis 107 Pfg., 2. Qual, d) fleischig« und ältere von — bis — Pfg.; Bullen (Fairen) 1. Qual, a) vollfleischige, von 92 bis 94 Pfg., 2. Qualität d) älter« und weniger fleischige von — bis — Pfg., Stiere und Jungrinderl. Qual, a) ausgemästete von 1Y4 bis 107 Pf.,
2. Qualität o) fleischige von 101 bis 103 Pfg., 3. Qualität o) geringere von — bis — Pfg.; Kühe 1. Qual, a) junge gemästete von — bis — Pfg., 3. Qualität k) älter« gemästete von — bis — Pfg., 3. Qualität o) geringer« von — bis — Pfg., Kälber: 1. Qualität'L) beste Saugkälber von 104 bis 108 Pfg. 2. Qualität d) gute Saugkälber von 100 dis 103 Pfg. 3. Qalität o) geringere Saugkälber vsn — bis — Pfg., Schweine 1. Qual, s) juug» fleischige 87 bis 88 Pfg., 2. Qualität d) üngere fette von 85 bis 86 Pfg., 3. Qualität v) geringere von 81 bis 83 Piz.
Voraussichtliches Wetter
am Dienstag, 6. August: Wolkig, mäßig kühl, vereinzelte Niederschläge, aber kein anhaltender Regen.
Verantwortlicher Redakteur r L. L auk, Mtrnsttt,.
Druck Verle», der W. Rleker'i'Len Buchdruckers iv AltenstÄtl
fühlen, wie gerade mich Ihre Behandlung traf."
Sie hatten nicht darauf geachtet, daß am Horizonte ein« blaugraue, geldumsäumte Wolke herausgezogen war. Immer höher war sie gestiegen, immer weiter hatte sie sich mit breiter Brust über den Himmel gelegt. Da zuckte der erste Blitz. Und schwacher Donner folgte grollend.
Karla blickte überrascht empor. Aufatmend freute sie sich der Ablenkung.
„Nun aber rasch! Sonst werden wir emgeweicht," rief sie.
„Fürchten Sie sich vor dem Gewitter?" fragte er, ärgerlich über die Abschweifung.
„Ich —? Sie schüttelte lebhaft den Kopf. „Nein, ich fürchte mich nicht vor dem Gewitter. Ich liebe sogar das Gewitter. Im Augenblick ist es mir nur allenfalls um die Nässe zu tun. Ich habe keinen Schirm und bin sehr leicht gekleidet. Sonst —l Ich weiß mir nichts Schöneres, als im Regenmantel hinauszulaufen, wenn es draußen wettert und stürmt. Wenn die Blitze im grellen Feuer die Luft zerreißen, wie lichtfrohe Leuchtbogen, und der Donner zürnend und scheltend hinterherftürzt hinter jedem springenden Leichtfuß. Wenn einem der Regen prasselnd mit spitzen, kalten Fingern in das Gesicht fährt. Dar ist herrlich. Die Brust wird so weit. Und der Geist so leicht und steil"
„Möge der Himmel Ihnen diese Gesundheit erhalten, Fräulein Fannemor, geistig und körperlich."
Fortsetzung folgt.
Kaufmänuisches. Che»: „Und warum hat Ihnen d e Slern wieder nichts bestellt?" — Reckender: „Den bade ia- C,ar nubr besuch!, weit er mich das lchtemal hinausacworfen har!" — .Nanu! Kommen Sie mir nur nicht mit solchen — Ge'nh!sd:cke!e:en! ^