j) Aus dem Murgtal, 24. Juli. Unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Jung fand in Gernsbach eine stark besuchte Bürgerversammlung statt, um zu dem Plan einer elektrischen Bahn v osn Gernsbach nach Baden-Basden Stellung zu nehmen. Die Ausführungen zu Gunsten der Bahn fanden allseitigen Beifall. Die Städte Baden-Baden und Gernsbach werden die Erbauung der Bahn Lurch Abgabe von Grund und Boden und Bereitstellung von Geldmitteln unterstützen, da eine bedeutende Zunahme des Fremdenverkehrs erwartet wird.
Horb, 24. Juli. In letzter Zeit ist von hier und aus der Umgegend viel berichtet worden über schwere Unglücksfälle, die beim Abseuern von Lärm- tanonen, sog. Böllern passierten. Erst am Sonntag hat ja diese in hiesiger Gegend eingewurzelte Unsitte im benachbarten Empfingen ein Opfer in Gestalt eines jungen Familienvaters gefordert. Dre hiesigen kirchlichen und städtischen Behörden haken nun den begrüßungswerten Entschluß gefaßt» daß künftig bei kirchlichen und anderen Festen Las Böllers chießen unterbleiben soll. Es wäre sehr zu wünschen, daß auch die Vereine sich diesem Vorgehen anschließen würden.
* Vom Oberamt Horb, 24. Juli. Der viertägige, fast ununterbrochene Regen hat wohl getan. Die ausgedorrten Wiesen und Kleefelder sind wieder sichtlich ins Wachsen gekommen. Das prächtig leuchtende Aehrenfeld hat den Regen mit Dank angenommen. Anfangs August ist allgemeine Ernte. Roggen wurde schon eingeführt. Der Hopfen berechtigt zu den besten Erwartungen. Reps ist viel und gut eingeführt worden. Frühkartoffeln gibt es reichlich. Das Pfund wird zu 8 Pfennig abgesetzt
j> Skhwenjningen, 24. Juli. In der chemischen Waschanstalt von Eber brach gestern ein Feuer aus, das das ganze Wäschereigeüäude in Asche legte.
st Tübingen, 24. Juli. (Ein lebensgefährlicher Spaß.) Der Bäckerlehrling Schiebel von Rottenburg, der mit einem Kunden Spaß machte und um ein Messer rang, rannte sich dieses selbst in die Brust und starb an der schweren Verletzung^
st Stuttgart, 24. Juli. Die Schüler des Eber- Hard-Ludwigs-Gymnasiums haben gestern abend ihrem scheidenden Rektor, Oberstudienrat Dr. vckt Stranb von der großen Jnfanteriekaserne aus zu seiner Wohnung in der Seestraße einen Fackelzug gebracht, dem eine Militärkapelle voranschritt. Ein Abiturient hielt, nachdem die Kapelle ein Ständchen gebracht hatte, in der Wohnung des Gefeierten eine Ansprache, die dieser mit herzlichem Dank «Und einem Hoch auf das Gymnasium beantwortete. Der Fackelzug endete in der Gewerbehalle.
st Stuttgart, 24. Juli. Am Montag abend stürzte bei der Hofenerstraße in Cannstatt sin 40 Jahre alter Händler, der von einem Handwagen klte Flaschen in den Neckar werfen wollte, mit dem Wagen in den Fluß und ertrank. Der Leichnam konnte noch nicht geborgen werden.
st Cannstatt, 24. Juli. In dem Befinden der durü den Wagner Ziesche schwer verletzten Anna Biedermann ist auch nach ihrer letzten Ove- ration keine Aenderung eingetreten. Sie befindet sich immer noch nicht völlig außer Lebensgefahr, doch nimmt die Hoffnung, sie zu erhalten, zu'.
Dagegen besteht wenig Aussicht, die Lähmung des Unterkörpers, die sie durch einen Schuß ins Rük- kenmark erlitten hat, wieder zu beseitigen.
st Marbach, 24. Juli. In Winzerhausen ist das Doppelwohnhaus von Friedrich Brose und Fr. Schnurr durch Feuer vollständig eingeäschert worden.
st Untereifes-Hcim, 24. Juli. Gestern erschoß sich Schneidermeister Korb von hier mit einem Jagdgewehr. Die Wirkung des Schusses war schrecklich. Dem Mann wurde der ganze Oberkopf abgerissen. Der Grund zu der Tat ist bis jetzt unbekannt. l
st Sontheim, 24- Juli. (Ein heiteres Stückchen.) - Gestern morgen gegen 4 Uhr patrouillierte der diensttuende Schutzmann die Ortsstraßen entlang, als er plötzlich von Hausbewohnern eines Hauses in der Heilbronnerstraße auf ein Geräusch im Hause aufmerksam gemacht wurde. Da ein Uhrenladen sich im Hause befindet, vermutete der Schutzmann sofort einen Einbrecher und orlarmierte seinen in der Nähe wohnenden Kollegen und einige Nachbarn. Nun ging es, wie die Heilbronner Zeitung erzählt, mit vereinten Kräften, mit geladenem Revolver und blankem Seitengewehr ausgerüstet auf den Einbrecher los. Doch als sie dem Hause näher kamen, begann ein neues Gerassel und Geratter, und ängstlich zogen sich die Helden des Tages wieder vom Haus zurück. Einen inzwischen hinzugekommenen jungen Mann veran- loßte man, durch eine Hintertür mit seinem Hunde dem Einbrecher auf den Leib zu bücken, währenddem die bis an die Zähne bewaffneten Belagerer an der Haustüre Wache hielten, um den Einbrecher zu empfangen. Auf einmal hörte man Schritte und Gepolter im Haus, alles war in größter Spannung und siehe da, durch einen kräftigen Ruck flog die Haustüre auf und mit den Werten: „Do hent er Euern Einbrecher" führte der junge Mann den noch immer in Bereitschaft stehenden Schutzleuten und Bürgern eine Kuh, die losgeworden war, an den Ohren heraus. Mit etwas sehr langen Gesichtern sollen sich die Teilnehmer vom Ort ihrer Heldentat nun entfernt heben.
st Wäschenbeuren, 24. Juli. Der 42jährige Sohn des Flaschners Germann von hier stürzte vom Dache des Forsthauses, wo er seinem Vater bei einer Reparatur behilflich war. Bewußtlos wurde er vom Platz getragen.
Handwerkskammer Reutlingen.
Der Vorstand der Kammer hielt am 16. ds. Mts., einer Einladung des Gewerbevereins Schramberg folgend, auf dem Rathause daselbst sine Sitzung ab. Neben verschiedenen internen Kammerangelegenheiten wurden folgende Gegenstände behandelt: Zum 1. Teil des Gesetzes über Sicherung der Bauford erungesn schlägt eine Eingabe des Schutzvereins Berliner Bauinteressenten eine Reihe wertvoller Abänderungen vor, wie die Erweiterung der Verwendungspflicht, bezüglich des Baugeldes, Verschärfung der Vorschriften über Baubuchführung, insbesondere Statuierung einer Geld- bezw. Haftstrafe für den Fall der Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über Führung und Offenlegung des Baubuchs re. Der Vorstand
stimmt diesen Vorschlägen zu und ist der Ansicht, daß die Einführung des 2. Teils dieses Gesetzes für den Kammerbezirk Reutlingen, wie für die meisten übrigen deutschen Handwerkskammerbezirke, nicht in Frage kommen kann. Der Bund für Handel und Gewerbe hat an das K. Finanzministerium eine Eingabe des Inhalts gerichtet, es solle Art. 16 des Einkommensteuergesetzes dahin erweitert werden, daß bei Konsumvereinen zu den steuerpflichtigen Ueberschüsfen auch jede den Mitgliedern als Rabatt, Kundengewinn' oder unter ähnlicher Bezeichnung gewährte Rückvergütung gehöre. Es wird beschlossen, diese Eingabe zu unterstützen, weil die in dem Urteil des K. Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 1911 vertretene Unterscheidung von Rabatten und Dividenden jeder wirtschaftlichen Berechtigung enbehrt und die Schaffung eines klaren Rechtszustandes als notwendig erscheint. — Dem immer mehr um sich greifenden Handel von gänzlich we>rt- losen ^Taschenuhren aufJahrmä rckt e n soll nachdrucklichst durch Abänderung des H 67 G. O. entgegengetreten werden. Einer diesbezüglichen Eingabe des Landesverbandes württ. Uhrmachermeister wird zugestimmt. — Als Delegierte zum diesjährigen deutschen Handwerks- und Gewerbekammertag in Würzburg werden neben dem Vorsitzenden und Geschäftsführer, die Herren Bäckerobermeister Teufel-Tuttlingen und Flaschnermeister Mehne-Schwenningen gewählt.
Zur Landtagswahl.
st Horb, 24. Juli. Der Wahlausschuß der Zent- rumspartei in Horb hat beschlossen, den bisherigen Abgeordneten Keßler nicht mehr als Kandidaten a u f z u ste lll e n. Ueber die Person des neuen Kandidaten wurde noch kein Beschluß gefaßt. ' -
Aus dem Gerichtsfaal. >
st Stuttgart, 24. Juli. Der ledige Prrvisions- reisende Eugen Schuhmacher von Siwelftngen ma Ote sich eines groben Vertrauensbruchs schuldig Er hatte von dem Dienstherrn seiner Braut, einem älteren Kauzleirat, die Erlaubnis erhalten, diese in der Wohnung besuchen zu dürfen. Am 5. Mai kam er während der Abwesenheit des Kauzleirats wieder in die Wohnung und stahl bei dieser Gelegenheit ein dem Kauzleirat gehöriges Sparkassenbuch über 3200 Mark. Zunächst hob er auf der Sparkasse 1900 Mark ab und quittierte den Empfang mit dem Namen des Bestohlenem Am andern Tag ließ er weitere 700 Mark durch den Kaufmann Julius Schlegel unter Vorzeigung einer gefälschten Vollmacht abheben. Schlegel erhielt 100 Mark, wie ihm versprochen war. Einen Teil des Geldes verbrauchte Schuhmacher in Wirtschaften, 1458 Mk. wurden ihm bei seiner Verhaftung wieder abgenommen, während er einen Tausendmarkschein verloren haben will. Das Geld will er abgehoben haben, um damit renommieren zu können, er hätte es wieder aus die Spar- Tass? getragen, wollte er glauben machen. Seiner Braut und auch anderen Leuten erzählte er, daß er in der Lotterie 1000 Mk. gewonnen habe. Die Ferienstrafkammer erkannte gegen ihn auf 1 Jahr 6 Monate Gefängnis, gegen Schlegel auf 6 Monate Gefängnis, unter Anrechnung von je 2 Monaten Untersuchungshaft. _^
Hoffnung hintergchet zwar,
Aber nur was wankelmütig;
Hoffnung zeigt sich immerdar Treugesinnten Herzen gütig.
Hoffnung senke: ihren Grund In das Herz, nicht in den Mund!
Gottfried Keller.
Urkraft der Liebe.
Roman von Karl Engelhardt.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Erich saß gegenüber und sah mit seltsamer, innerer Belegung die beiden Frauen den Freundschaftsbund schließen, dlber eine wohlige Empfindung durchrann ihn, eine Ahnung, Vis würde da etwas Gutes gestiftet.
Tas Ereignis müsse gefeiert werden, sagte er dann gut gelaunt.
Er stieg selbst in den Keller hinab und holte zwei Flaschen Eliquot.
Und ernst stießen Maja und Karla zum Schwestertrunk an.
Maja freute sich wie ein Kind über die Veränderung in Erichs Wesen.
Sie empfand es gar nicht, daß für ste eigentlich gar keine Liebe aostel. Sie war schon glücklich, Erich froh und heiter zu sehen. Und ste versprach sich das Schönste und Beste von diesem Zusammensein mit Karla.
„Jetzt bleibst du aber lange hier, nicht wahr, Karla?" fragte Maja.
«Hier in Kranz? Ich wollte ungefähr vierzehn Tage bleiben."
„Was? Nur vierzehn Tage?" protestierte Throndhjem. „Nein, das gibt es nicht. So bald lassen wir Sie nicht fort. Darauf machen Sie sich gefaßt."
„Jawohl, Karla," pflichtete Maja bei. „Erich hat recht. Vierzehn Tage ist viel zu wenig."
„Na, wir werden ja sehen," lachte Karla. „Aber wie ist eZ denn? Bei dem schönen Wetter werden wir doch nicht immer in unseren Pfählen bleiben. Ich bin auch eigentlich Kurgast."
„Nein, selbstverständlich machen wir Spaziergänge," erwiderte Erich.
„Abgemacht. Wann fangen wir an? Heute nachmittag? Oder morgen früh?"
„Ich bin mit heute nachmittag einverstanden. Und du. Maja?"
Ein Freudenschein huschte über ihr Gesicht.
„Ich soll auch mit?"
„Aber Maja," schalt Karla, „am Ende nicht. Das wäre noch schöner, dich zu Hause zu lassen. Abgesehen davon solltest du deinen Mann nie allein fortlassen, aber noch viel weniger mit mir."
„O — Karla, ich würde ihn dir ruhig anvertrauen." scherzte nun auch die junge Frau.
„So — so? So sicher bist du seiner? Na — es ist ja auch kein Wunder! Wenn man dich kennt."
„Pfui! Wenn du zu schmeicheln anfängst, kündige ich dir die Freundschaft."
Bald darauf ging Karla. Unter frohem Lachen trennte mau sich. Uin drei Uhr wollte man wieder beisammen sein.
„Darf ich Sie nach Hause begleiten?" fragte Erich.
«Nein, danke. Es ist Heber Lag. Und ich bin an das Alleingehen gewöhnt. An mich wagt sich auch keiner."
Erich und Maja blickten ihr vom Fenster aus nach, wie sie den Häusern des Städtchens zuschritt. Fest und sicher, aber elastisch und federnd. Scheinbar verkörpertes Zielbewußtsein und Gesundheit.
Und als ihr Maja so nachsah, beneidete sie ihre neue Freundin um ihre Sicherheit und Bestimmtheit. Und auch ein klein wenig um die Kunst, Frohsinn und Heiterkeit um sich zu verbreiten.
Erich dachte nach, woher der Einfluß käme, den dieses junge Geschöpf unverkennbar auf ihn ausübte. Und seine Ge« danken drehten sich noch um sie und die Standrede, die ste ihm auf dem Herwege gehalten, als er plötzlich zwei weiche Arme sich um seinen Nacken schlingen fühlte und die vor Erregung bebende Stimme seines jungen Weibes hörte:
„Ich bin heute so glücklich, Erich-!"
Als ste ihn in ihrer weichen Stimmung von der Seite lang angesehen hatte, da waren ihr in plötzlicher Aufwallung alle Vorsätze geschwunden, die ste sich gefaßt. Und ihre Liebe, ihre Sehnsucht, ihr heißes Verlangen quoll in ihr über.
Als er ihre feuchtglänzenden Augen zu ihm empor« schimmern sah, da beugte ihn eine unwiderstehliche Macht nieder zu ihr. Und er drückte seinen Mund auf ihre sehnend enlgegenstrebenden Lippen.
Mitten in dieser Zärtlichkeit aber faßte es ihn plötzlich wie Kälte an. Er besann sich wieder auf all das, was in den letzten Wochen in ihm vorgegangen war. Er erinnerte sich aufs neue an seine eingebildete Unfähigkeit, in dieser Liebe, die Maja durchglühte, aufzugehen. Und seine Zärtlichkeit kam ihm fast wie ein Unrecht vor.
Impulsiv und daher rauher als er gewollt, schob er Maja zurück. Daß ste ganz erschreckt, mit großen Augen zu ihm aufsah.
„O — Erich —?" stammelte sie, während sich ihr Blick verschleierte.