^ Cerbeve, 22. Juli. In der letzten Nacht sind in Barcelona Unruhen ausgebrochen. Ein Trupp Radikaler zog durch die Straßen und rief: Es lebe die Republik Portugal!" Die Polizei zog -is Säbel, die Radikalen feuerten mit Revolvern aui die Polizeiniannschaften. 20 Zivilleute wur­den durch Säbelhiebe verwundet. Auch ein Po­lizeibeamter ist verletzt worden. 26 Personen wur­den verhaftet.

* Nervyork, 22. Juli. Nach einem Telegramm

Mis der Stadt Mexiko haben 500 Zapatisten einen Ciienbahnzug, der von Mexiko nach Cuer- navaca fuhr, du.rch eine Mine zerstört. 30 Monn Regierungstruppen, die den Zug als Deck­ung begleiteten, und neun Passagiere zweiter Klasse wurden getötet. Später setzten die Rebellen den Zug in Brand und zwanzig verwundete Passagiere, die nicht fliehen konnten, kamen in den Flammen um. l

Eine Tone auf das Fletschhor».

* Saus-Fee, 22. Juli. Unser idyllisch gele­gener Kurort wurde am Donnerstag in große Auf­regung versetzt. Fünf zur Kur hier weilende Her­ren ans Basel, darunter drei verheiratete, unter­nahmen am Mittwoch früh 3 Uhr vom Weißmieß- hotel ohne Führer einen Ausstieg auf das 4000 Meter hohe Fletschhorn. Bei glattem Verlauf der Tour hätten sie bis spätestens 12 Uhr mittags wieder zurück fein müssen. Als man jedoch am Abend von den Touristen noch keinerlei Nachricht hotte, begann man unruhig zu werden. Ein hier zurückgebliebener Verwandter eines der Herren mochte sich mit dem hiesigen Arzte und einigen Führern aus den Weg nach dem Weißmießhotel, von wo aus nach den Vermißten Nachforschun­gen angestellt wurden, welche jedoch ohne Erfolg blieben. Die hiesige Rettungsstation organisierte alsdann einen vollständigen Rettungsdienst. Man bildete vier weitere Gruppen von Führern, die getrennt das gesamte Unfall-Gebiet absuchen soll­ten. Auch von der Simplon-Seite aus wurde tele­graphisch eine Führer-Kolonne beordert. Mit dem Weißmießhotel wurden, von 5 Uhr abends ab halb­stündlich Signale gewechselt. Die zahlreich anwe­senden Kurgäste hatten auf ihren gewohnten Nach­mittags-Ausflug Verzicht geleistet und zeigten leb­haftes Interesse an den Rettungsarbeiten. Alle verfügbaren Fernrohre, Feldstecher usw. wurden her­beigeholt und unablässig waren aller Augen nach dem Weißmießhotel gerichtet, in der Hoffnung, ein Lebenszeichen von den Vermißten zu erhalten. Jedesmal jedoch zeigte das Schwanken der roten Flagge an, daß man noch nichts gefunden habe. Um 7 Uhr abends gab man jede Hoffnung, die Verunglückten noch lebend wieder zu finden, auf; selbst nach Ansicht der Führer war an eine Ret­tung nicht mehr zu denken, da seit dem Auf­stieg bereits zu viel Zeit verstrichen war; auch hatte man vom Hotel Weißmieß aus die Gesell­schaft auf dem Gipfel nicht gesehen, woraus man schloß, daß sie bereits beim Aufstieg verunglückt war. Allgemeine Teilnahme wendete sich den hier zurückgebliebenen Verwandten, besonders den Frauen zu, die sich in banger Sorge und Unge­wißheit um ihre Männer befanden. Während das Abendessen eingenommen wurde, kam plötzlich Be­wegung in den Saal. Es hieß auf einmal, die

Vermißten seien gefunden und lebend geborgen worden. Allgemeine Freude ob dieser Nachricht, loenngleich verschiedene Gäste noch Zweifel in de­ren Richtigkeit setzten. Näheres war an diesem Abend nicht mehr zu erfahren. Freitag morgen wurde die frohe Nachricht bestätigt. Eine Ab-, teilung der zur Rettung ausgesandten Führer hatte plötzlich Hilferufe aus einem Felsen unterhalb der Spitze gehört und nach vieler Mühe gelang es ihr, sämtliche fünf Personen zu retten und nach dem Hotel Weißmieß zu bringen. Sie waren alle unverletzt, aber durch die ausgestandenen Stra­pazen, Hunger und Kälte, natürlich stark erschöpft. Nach ihren Aussagen hatten sie den Weg ver­fehlt und konnten sich nicht mehr orientieren, zu­mal sie von einem heftigen Sturm überrascht wur­den. Der Vorfall ist wieder einmal eine Lehre, Hochtouren nicht ohne Führer zu unternehmen. Einer der Beteiligten hatte am Abend vorher noch einem Führer gegenüber, der sich für die Tour anbot, gerühmt, er brauche keinen Führer, er kenne den Berg besser als alle Führer von Saas-Fee zusammen. Als der gleiche Führer den betreffenden Herrn aus seiner verzweifelten Lage befreite, dürfte dieser wohl ein ziemlich beschäm­tes Gesicht gemacht haben.

Ter italienisch-türkische Krieg.

ss Rom, 22. Juli. Aus Derna. meldet jdm .,Ag. Stef.": Gegen 3 Uhr nachmittags unter­nahmen die Türken von gedeckten Stellungen aus mit einigen Geschützen einen Artillerieangrifs gegen das kleine FortLombardia". Die italienische Ar- til.erie erwiderte das Feuer und brachte durch zahlreiche Treffer den Feind zum Schweigen.

Marineminifter Churchill begründet de» Ergänzungs-Mottenetat.

ss London, 22. Juli. Marineminister Churchill hielt heute seine Rede zur Begründung des Ergänzungsflottenetats und sagte einleitend, der unmittelbare Anlaß zu den Nach forderungen sei in dem neuen deutschen Flottengesetz zu suchen, dessen Hauptmerkmale die Vermehrung der Streitmacht der sofort verfügbaren Schiffe aller Klaffen sei. Ungefähr 1s der gesamten deutschen See­macht werde beständig in Dienst und zwar in Kriegsbereit­schaft gehalten. Eine solche Vorbereitung sei bemerkenswert und soweit er feststellen könne gebe es kein ähnliches Beispiel im bisherigen Verhalten moderner Seemächte. Eine kühl überlegende Tätigkeit methodischer Vorbereitung, die sich über aufeinanderfolgende Jahre erstrecke, könne allein den Sicher­heitsüberschuß einer Seemacht an Streitkräften heben. Die Anspannung, welche Großbrittannien zu tragen habe, werde eine lange und langsame sein und keine Hebung könne von einer impulsiven, ziellosen Handlungsweise gewonnen werden. Großbrittannien müsse von seinem deutschen Nachbar lernen, bei dem die Flottenpolitik unerschütterlich auf ihr Ziel losgehe. Wir müssen, fuhr der Minister fort, einen großen Ueberschuß an Stärke haben, der sofort bereit ist. Der Flottennachtragsetat sieht keine übermäßig große Zahl von Neubauten vor, aber die Anzahl der Schiffe, die in den nächsten Jahren zu bauen sind, muß die Ziffern übersteigen, aus denen die Admiralität sie zu halten gehofft hat. Es sei vorgesehen, weitere Unterseeboote zu bauen und der Bau von leichten Kreuzern solle beschleunigt werden. Die Ver­mehrung der Streitmacht der deutschen Flotte, wie sie durch das deutsche Flottengeseß fetzgesetzt sei, ziehe eine Re­organisierung der britischen Streitkräfte nach sich, um den notwendigen Sicherheitsüberschuß zu erhallen. Er schlage

vor, die Anzahl der voll in Dienst gestellten Schlachtschiffe von 28 auf 33 zu erhöhen. Eine 2. Flotte werde aus 8 Schiffen bestehen. Vom Jahre 1914 an werde Großbrit­tannien 5 Schlachtschiffgeschwader haben und im ganzen 41 Schlachtschiffe. 4 von den 5 Geschwadern würden wohl in Dienst stehen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden nach Ansicht der Admiralität den Bedürfnissen von 1914/15 angemessen sein. Die Regierung habe beschlossen, 6 ältere Schlachtschiffe aus dem Mittelmeer zurückzuziehen und sie durch 4 Schlachtschiffkreuzer vom Jnvincible-Typ zu ersetzen. Ueber die Bauraten der nächsten fünf Jahre sagte der Minister, die Regierung habe gehofft, in den 5 aufeinander­folgenden Jahren 3, 4, 3, 3, 3 Schiffe zu bauen. Aber diese Ziffern müßten erhöht werden und zwar auf 5 Schiffe für das erste Jahr und je 4 Schiffe für die übrigen 4 Jahre.

Marokko.

jf Mz, 22. Juli. Die Kolonne Mazillier hatte in dem Kampf nordwestlich von Sesru am 20. ds Mts. 3 Tote, darunter zwei Offiziere, und 7 Verwundete. Die Aufständischen hatten etwa 200 Tote.

Kandel »ntz Verkehr.

* Stuttgart, 22. Juli. (Landesproduktenbörse.) Das starke Weichen der amerikanischen Terminkurse und das pracht­volle Erntewetter haben in den ersten Tagen der abgelaufenen Berichtswoche verstauend auf den Getreidemarkt eingewirkt; als jedoch von verschiedenen Gegenden starke Regenfälle ge­meldet und insbesondere wieder Befürchtungen wegen Schließ­ung der Dardanellen auftraten, hat sich die Tendenz wieder wesentlich fester gestaltet. Die Kauflust war wiederum schwach, da sowohl die Mühlen als auch der Handel keine Unternehmungslust zeigen und immer nur den nächsten Be­darf decken, dies ist auch der Grund, warum greifbare Ware stets gesucht bleibt. Auf heutiger Börse herrschte wenig Kauflust und kamen keine nennenswerte Abschlüsse zustande. Von neuem Reps waren heute einige Pöstchen am Markt, Abschlüsse darin kamen aber nicht zustande.

Wir notieren per 100 Kg. frachtparität Stuttgart, Ge­treide und Saaten ohne Sack netto Cassa je nach Qualität und Lieferzeit:

Weizen Mark

Mark

württ. 24.7525.25

fränk. 24.7525.25

Rumänier. 25.0025.50

Ulka 25.0025.50

Saxonska 25.0025.50

Azima 25.0025.50

Nowrosiska 23.0024.00

Laplata 24.0025.

Kernen 24.7525.25

Roggen nomin. 21.0022.00 Futtergerste 17.0018.00 Hafer württ. 22.2522.75 . Laplata 19.0019.50 Mais Laplata 16.5017.00

Tafelgries Mk. 34. bis 34.50

Mehl 0 . 34. bis 34.50

»1 , 33. bis 33.50

. 2 . 32. bis 32.50

, 3 , 30.50 bis 31.

, 4 , 27. bis 27.50

Kleie Mk. 11.00 bis 12.00 (ohne Sack netto Kassa.)

Voraussichtliches Wetter

am Mittwoch, 24. Juli: Ziemlich heiter, mäßig warm, kein wesentlicher Niederschlag.

Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Allenstetg,

Drn/* rm in UltenR^A,

Denn er dachte nicht im Entferntesten an eine tiefere, ernste Ursache.

Nach der Abreise seiner Schwiegereltern suchte Erich den Rat Achtens in die Tat umzusetzen. Denn er hatte sich Maja besehen und zu seinem Schrecken war ihm nun ihr schlechtes Aussehen ausgefallen.

Und in dieser Sorge um ihre Gesundheit und Majas Dankbarkeit für seine Liebe kamen sie sich zum ersten Male seit ihrer Hochzeit etwas näher. Er nahm sie auf seinen Aus­flügen mit, plauderte angeregt und zeigte ihr die ganze Um­gegend.

Kein Wunder, daß Maja sich rasch wieder erholte und wieder blühende Rosen auf ihre Wangen bekam. Sie war ja so bescheiden, so genügsam geworden!

Seit sie aber an seinen Morgenspaziergängen teilnahm, ging er auch häufig nachmittags weg und brachte Skizzen mit nach Hause.

Eines Tages fragte sie, als sie wieder den Strand entlang schritten, warum er denn am Morgen keine Aufzeichnungen Mitnähme. Und er antwortete, dazu müßte er allein sein, das könne er nicht in Gesellschaft, nicht einmal in der ihrigen.

Da schwieg sie und verschluckte die Tränen, die ihr würgend in die Kehle stiegen. Und sie erkannte, daß tie ihm und seinem Schaffen immer noch nichts war.

Und von dem Tage an erfand sie fast stets eine andere Ausrede, um zu Hause bleiben zu können. Sie war ja jetzt auch wieder vollkommen auf dem Damm. Das sah er ja selbst.

Allerdings. Aber abermals wehte es ihn wie Nacht- kühle an.

So ging er denn wieder beinahe immer allein.

VI.

wurde Juni. Die Maikühle wich fast unvermittelt

einer sommerlichen Hitze. In wenigen Tagen harte sich da- Treiben im Städtchen Kranz und am Strande in Badeleben verwandelt.

Badekarren bohrten ihre Deichseln in den feinen, weichen Sand.

Strandkörbe hoben sich bienenkorbartig aus dem flachen Boden. Und der Strand, der vor kurzem noch so öde und verlassen im Regengrau dagelegen halte, war mit einemmal belebt, von heißer Sonne überstrahlt.

Da schritt eines morgens Erich etwas später als sonst, gegen zehn Uhr, den Weg zum Strande hinab. Plötzlich sah

er, wie ihm jemand entgegenkam. Eine schlanke, weißgekleidete Frauengestalt. Sie kam ihm bekannt vor. Und eine rasche Ahnung durchzuckte ihn. Sollte es Karla sein?

Er ging rascher. Und bald hatte er sie erkannt. Sie war

es. Nun hatte auch sie sich überzeugt, daß es Throndhjew war. Und sie winkte ihm von weitem mit dem Sonnenschirm

Er sprang fast auf sie zu.

Fräulein Karla ? Wirklich, Sie sind's? Willkommen dreimal willkommen!"

Sie lachte ihn frisch und herzlich an.

Na nu-der Empfang ist aber herzlich. Haben Si«

mich vielleicht vermißt?"

Wenn ich ehrlich sein soll, ja."

Wie ich Ihnen einst gesagt: um Ihnen den Kopf zurecht­zusetzen?'

JawohlI"

Als sie den Ernst bemerkte, mit dem er dieses Jawohl sprach, zog sie wieder in der eignen energischen Art die Augen­brauen zusammen und schalt:

Nun fangen Sie mir nicht schon wieder an, kaum, das Sie mir die Hand gereicht haben. Sie alter Weltschmerzler.'

Es ist schon gut. Wir werden ja sehen. Wo wollten Sil denn hin? Wann sind Sie denn gekommen?"

Gestern abend. Und eben wollte ich zu Ihnen." Si> zog ihre goldene Taschenuhr hervor.Es ist zwar erst zehn, aber bei Ihnen bin ich doch hoffentlich nicht an die offiziell« Besuchszett gebunden?"

Aber natürlich sind Sie das. Infolgedessen haben Sie noch eine Stunde Zeit, die Sie mit mir spazieren gehen können. Ich bin nämlich im Begriff, meinen gewohnten Morgenspazier­gang zu machen."

Nein, mein lieber Meister Erich," erwiderte sie ernst Daraus wird nichts. Ich dächte, sie könnten gewitzigt sein. Ich will nicht zum zweiten Male der Störenfried sein, der Uw frieden in eine Familie bringt." (Fortsetzung folgt.)

Vermischtes.

8 Ein bayrisch-preußischer Greuzzwischenfall. Eine interessante Verhaftungsszene spielte sich dieser Tage in Bad Münster a. St. in der Nähe des dortigen Brückenzollhäus­chens ab. Ein von der Polizei verfolgter Flüchtling aus der Pfalz lief über die Eisenbahnbrücke von Ebernburg nach Münster a. St. Dort trat ihm ein unverhofftes Hindernis in Gestalt des Brückenzöllners entgegen, der den Pas­sagierzoll von 3 Pfennig erheben wollte; der Flüchtling ver­weigerte aber diesen Zoll und wollte ausreißen, wurde jedoch von dem Brückenzollwächter festgehalten; inzwischen kam auch der polizeiliche Verfolger aus der Pfalz auf die Brücke und wollte den Ausreißer verhaften. Dieser aber protestierte gegen die schwere Grenzverletzung mit den Worten:Ich bin hier in Preiße! ich bin jo üwer de bayrische Grenz! Ehr Hennen ken Recht, mich im Königreich Preiße zu ver­hafte!" Der pfälzische Sicherheilsmann ließ sich aber durch diese geographische Rechtsbelehrung nicht irre machen, er griff mit seinen langen Armen ins Königreich Preußen hinüber und zog mit einem kräftigen Ruck den Flüchtigen ins Königreich Bayern zurück.