Elsaß lothr. Geh. Oberregierungsrat Sieveki ng: Unterstaatssekretär Mangel ist durchaus korrekt verfahren. Die elf. Lothringische Regierung weiß sich frei von Peinlich­keiten in der Behandlung dieser Dinge.

Röser (A.V.): Die elf. lothringische Bevölkerung hätte nicht als Staatsbürger 2. Klasse behandelt werden dürfen.

Emmel (Soz.): Eine kläglichere Rolle als Unter- staatssekretär Mandel hat noch niemals ein Regierungs­vertreter gespielt. Mit solchen Leuten Zusammenarbeiten, ist uns nicht zuzumuten.

Damit schließt die Debatte. Der Etat des Reichskanz­lers, der Reichskanzlei und des Auswärtigen Amtes wird genehmigt.

Beim Etat des Inner« wird eine Resolution zum Schutze der Seefischerei angenommen, ebenso die von der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen zur Regelung des Wohnungswesens und zur Förderung des Baues von Klein­wohnungen.

Es folgt der Etat des Reichsheeres in Verbindung «it der Beratung der Ostmartenzulage. Es wird der Antrag Spahn angenommen, den mittleren Kanzlei- und llnterbeamten der Provinz Posen und der gemischtsprachigen Kreise der Provinz Westpreußen Entschädigungen in der bisherigen Höhe für die Zeit dis zum 31. Dezember 1912 zu gewähren. Hierauf wird der Rest des Etats erledigt.

Die weiteren Etats werden ohne erhebliche Debatte er­ledigt. In der Gesamtabstimmung wird der Etat gegen die Stimmen der Sozialdemokraten, Polen und Elsässer an­genommen. Die zum Etat vorliegenden Resolutionen wer­den nach den Beschlüßen der Kommission erledigt, lieber eine Resolution der Konservativen auf Vorlegung eines Ge­setzes zum Schutz der Arbeitswillige« gegen Hinderung an der Arbeit, Bedrohung und Gewalttätigkeiten wird nament­lich abgestimmt. Die Resolution wird mit 275 gegen 63 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen abgelehnt. Damit ist der Etat definitiv erledigt. Dis Prüfung der Wahl des Mg. Bruhn (Wschftl. Vgg.) wird von der Tagesordnung abgesetzt. Damit ist die Tagesordnung erledigt.

Rerchstagsschluß.

Präsident Dr. Kämpf: Wir sind am Ende eines Tagungsabschnitts angelangt, voll von Arbeit, voll von Dornen und voll von Aufregungen. In 3' - Monaten haben wir in 69 zum Teil Dauersitzungen nicht nur den gesamten Etat, sondern auch eine Reihe wichtigster und ernstester Fragen erledigt. Aber die Arbeitskraft und die Arbeitsfreudigkeit des Reichstages haben alle Schwierigkeiten, die sich entgegenstelltcn, überwunden. (Bravo!)

Abg. Bassermann (natll.) dankt dem Präsidenten für seine gerechte u. wohlwollende Geschäftsführung. (Bravo!)

Präsident Dr. Kämpf dehnt den Dank aus auf die übrigen Vorstandsmitglieder und Beamten des Hcmies. (Lebh. Beifall.)

Reichskanzler von Beth mann-Holl weg: Wir stehen vor dem Schluß eines bedeutungsvollen Sessions­abschnittes. Die feste Einigkeit, in der sich die große Mehr­heit der Volksvertreter bei der Bewilligung der Wehrvor­lagen und der.dafür erforderlichen Mittel zusammengeschlos­sen hat, legt nach innen und außen Zeugnis ab von dem Geiste der Entschlossenheit, mit dem die Nation unter Ver­stärkung jeder Friedensgarantie für ihre Macht eingeireten ist. Mit berechtigter Genugtuung über das Geschaffene werden Sie in Ihre Heimat zurückkehren. Dem Dank, den mit dem gesamten Vaterland Ihnen auch Se. Majestät der Kaiser uuo sie verbündeten Regierungen zollen, darf ich hierum in: Anschluß an die Worte des Herrn Präsidenten auch meinerseits Ausdruck geben. Hierauf verließt der Reichskanzler die Kabineltsordre betreffend die Vertagung des Reichstages bis zum 26. November.

Präsident D r. Kämpf schließt mir einem dreifachen Kaiserhoch, in welches das Haus begeistert einstimutt, nach 7'i2 Uhr die Sitzung. Die Sozialdemokraten batten bis auf zwei den Saal verlassen.

LANÄesnschrichien.

js WitSöad, 22. Mai. Dm aus dem 16. Jahr­hundert stammende alte Marttplatzbriumenfigur, einen Ritter vorn gold. Blies darstellend, die seit langer Zeit unbeachtet in einer städtischen Minise lag, aber hohen Kunst- und Altertumswert besitzt, ist von Bildhauer Lindenberger-Stn ttgart restau rierl worden und soll noch im Laufe dieses Soin mers als Krönung eines von Bildhauer Stöcker Stuttgart entworfenen prächtigen Röhrenbrunnens in den neuen Anlagen der König Karlstrafte Auf stellung finden. Der Brunnen wird von «locker aus geführt. Die Mittel sind der Stadt von Frau Jutendanzrat Licbig zu Ehren ihres verft. Gemahls zur Verfügung gestellt morden.

st Neuenbürg, 22. Mai. In Calmbach ist ein angelehnter Schnappkarren nnrgestürzt und hat den vierjährigen Sohn eines Schneidermeisters so schwer verletzt, daß er nach kurzer Zeit starb. Smne Spieltameraden kamen mit leichten Verletzungen da­von.

st Stuttgart, 22. Mai. (Möbelmesse?- Die Frühjahrsmöbelmesse in der Gewerbehalle ist schwach befahren. Die Messe nimmt übrigens von Jahr zu Jahr immer mehr ab. Vertreten find die verschiedensten Gattungen. Während der ersten Mnrktstunden rekrutierten sich die Käufer hauptsäch­lich aus auswärtigen Wiederverläufern. Aus dem GewerbehallePlatz werden Leitern, Stangey, Küb- ler- und Korbwaren feilgeboten. Die Porzellan und Geschirrhändler haben den Charlottenplatz belegt.

st Stuttgart, 22. Mai. In Ospedaletti ist der württembergische Major a. D. Freiherr Konrad von Wiederholt im Alter von 67 Jahren gestorben, der die Feldzüge von 1866 und 1870 als württember- gischer Generalstabsofsizier mitgemacht hat und Rit­ter des eisernen Kreuzes erster und zweiter Klasse, sowie Inhaber des Kommenturtreuzes des würt- tembergischen Militär-Verdienstordens war.

st Stuttgart, 22. Mai. In den Tagen vom 8 k. Mai bis 8. Juni degöht die älteste Corvo ration an der technischen Hochschule in Stuttgart, das Corps Stauffia, ihr '65jiihriges Stiftungsfest.

st Stuttgart, 22. Mai. Nach einer 4jährigen Pause erhält Stuttgart eine große internationale Hundeausstellung, die am 8. September stattsindst. Mit dieser Ausstellung ist eine Industrieausstell­ung verbunden.

* Stuttgart, 22. Mai. Der Mangel an ux.kö­lschen Dienstboten ist in Stuttgart gegenlvärtig ein ganz besonders empfindlicher und scheint sich noch weiter steigern zu wollen. Es kommen z. Z. anst 8 Stellen- eine Bewerberin und die Lohnan- sprüche haben sich ganz erheblich gesteigert.

st Stuttgart, 22. Mai. Am Sonntag den 10. Mai tagte hier der Landesausschuß der Bereinig­ung der mittleren Vrekehrsbeamteu. Der größte Teil des Nachmittags war ausgefüllt mit den Ver­handlungen über die B o r - u n d A u s bild u n g s- srage . Nach eingehenden Referaten des 2. Vor­sitzenden, Postsetretärs Wacker und des Stuttgarter Bezirksvorstandes, Eisenbahnsetretär Stüber, Venen

eine erschöpfende und lebhafte Aussprache folgte, wurde mit überivätiigender Mehrheit beschlossen: Ein dienstliches Bedürfnis zu weitgehenden Hinauf­schrauben der Vorbildung liegt nicht vor, der so ziele Moment darf gleichfalls nicht unberechtigt bleiben. Der Forderung der Einjährigen für den Assistentendienst fehlt die innere Berechtigung in einer Zeit, wo die Bolksschnlbildnng auf eine ge wisse Höhe gebracht und immer mehr erweitert wird, ganz abgesehen davon, daß nach dein Vorgänge bei der Reichspost nach einer Reihe von Jahren doch wieder auf den jetzigen Afsistenteudienst zurückge gangen werden mußt Für den Setretärdienst ist als Schulbildung die seitherige Einjährigeirberech- tiaung als hinreichend anzusehen, erforderlich ist im Anschluß an diese, eine Erweiterung der All­gemeinbildung durch eine Fachschule, die dem künftigen Beruf Rechnung: tragt, und Angliederung an bereits vorhandene Institute finden könnte. Dringend notwendig ist eine Verbesserung der dienstlichen Ausbildung aller Berkehrsbeamten, so­wie ein Ausbau der Unterrichtstu rse. Die Be­strebungen des Bau- u. maschinentechn. Dienstes auf Einführung der EinjLhrigxnberechtigung für den mittleren technischen Staatsdienst werden unterstützt. Bei den Beamten zeigt sich Neigung für Maturum. Mit dem Wunsche, daß die Verwaltung bei der Entscheidung in dieser Frage, die Interessen der mittleren Bertehrsbeamten berücksichtigen möge, konnte der Vorsitzende die arbeitsreiche Tagung schließen.

st Waiblingen, 22. Mai. Das Gewitter, das gestern mittag in Endersbach durch Hagelschlag Schaden anrichteic, scheint auch in der weiteren Umgebung des Bezirks schlimm gehaust zu haben, so namentlich in Winnenden, wo die Hagelschloßen in einer Größe von Tauben eiern fielen und in den Gärten, ans den Bäunren, sowie in den Wein­bergen großen Schaden anrichteten.

st Steiueuberg bei Schorndorf, 22. Mai. Ge­stern abend einhalb 7 Uhr schlug der Blitz in das Wohnhaus des Farrenhalters Ehmann, das sofort in Brand geriet und vollständig eingeäschert wurde.

I! Heilbronn, 22. Mai. (Müllerbund.) Die Ge­neral» ersamnrlung des Württem ber-g-isch-Hohe nzolle- rischen Müllerbundes fand am 19. Mai hier in den Kilranshäklen unter zahlreicher Beteiligung! statt. Blank-Kanzach erstattete sodann einen sehr ein- gehenden Bericht über die Lage der würkh. Mühlen und die Mitte! für Besserung der un­haltbaren Verhältnisse. Während die Bevölkerung des deutschen Reiches um 24 Proz. sich vermehrt habe, seien die Mühlen betriebe um 28 Proz. zurück- gegangen. In ausführlicher Weise erörterte Red­ner die Gründe für diese Erscheinung und fordert die endliche Erfüllung der alten Forderungen des Mühlengewerbes, die Einführung, der progressiven Umsatzsteuer und die verschiedene Tarifierung von Mehl und Getreide. Auch das System der Einfuhr­scheine sei jedenfalls in solchen Gegenden, wo kein Getrerdebeschuß vorhanden sei, zu beseitigen. Wei­ter wendet sich Redner gegen die Auswüchse des l and Wirts ch, östlichen Ge nossens chaftswes ens.

st Weinsberg, 22. Mai. Im hiesigen Bezirk ging, gestern ein Unwetter mit starkem Hagelschlag nieder, der nicht nur an den Gartengewächsen, son­dern auch in den Weinbergen großer Schaden an­richtete.

Melita.

Roman von Rudolf Elchv. iFvrltetzuns) Nachdruck vewot?!,.

Ms"die beiden jungen Männer im Zentrum der Stad: die Straßenbahn verließen, wies Preyl auf ein hell­erleuchtetes Restaurant und sagte:Da ist meine Stamm­kneipe. Kommen Sie mit mir, ein Glas Weihenstephar wird uns wohltun. Wir finden sicher lustige Gesellschaft/

Fries sträubte sich, denn er hatte Verlangen nach Ein saniteit und Stille, Preyl aber zog ihn lachend und scherzen? ins Bierlokal hinein, dessen Besucher in eine Rauchwolke gehüllt waren. Der Wirt begrüßte Preyl mit devotei Freundlichkeit. Bon einem Rundtisch aber erhoben sich di« Zuhörer und riefen:

Julian, Julian Apostat«l Endlich, endlich ist er da!

Wenn er auch zu spät gekommen.

Sei er doch gut ausgenommen,

Hurra, Hurra, Hurra!"

Mit dem Hurrarufen mischte sich das Rasseln der auf- geschlagenen Biergläser. Preyl ließ, um seinen Hut zu schwenken, den Arm seiner Begleiters frei, und dieser ent­wischte. Um keinen Preis hätte Fries jetzt einem Gelage beiwohnen mögen. Er begriff nicht, wie ein Mensch, de, unter den Eindrücken der letzten Stunden stand, an etwas anderes denken könne, als an Melita.

Ganz der Erinnerung an die Ergebnisse des Tages hingegeben, wanderte Fries wie ein Träumender durch die Straßen dem Vorort zu. In süßem Nachempfinden gedachte er der wonnigen Augenblicke, da er das holde Kind in fernen Armen gehalten, da sie aufmerksam seiner Erzählung gelauscht und er in ihren seelenvollen Augen ein warmes Aufleuchten gesehen hatte. Aber dann war der mit oer-

,ul-rerl!u,eii waven ausgepanere langer sieghaft über sein- . Hoffnungssaat weggeschritten, und die Eifersucht lohte i, j

seinem Innern auf.

Er mußte es erfahren, daß die Liebe uns nicht mu in den Himmel erheben, sondern auch In die Hölle ver ! senken kann.

Die von ihrem Senior Oldenpurg zu einer Beratun, einberufenen Gesellschafter derHammonia" waren alle, bi- auf den Konsul Wismar rechtzeitig erschienen. Die geschäfts kundigen und zum Teil an der Börse hochangesehene, Männer konnten die nach der Flucht des Kassierers auf gedeckten Verluste leicht verschmerzen, allein sie hingen an Golde und verargten es dem Konsul sehr, daß er die kauf männische Leitung der Plantagengesellschaft übernommer hatte, und es dann versäumte, die Kassengeschäfte stren, zu kontrollieren. V

Da dieser nun bei der wichtigen Besprechung aus sick warten ließ, machten Spvttlustige ihrer feindseligen Stim mung durch bissige Bemerkungen Luft. Fries, der zu, - Versammlung geladen war, sich aber bescheiden im Hinter ' gründe hielt, vernahm aus einer beiseite stehender l Gruppe die Frage:Weißt du es schon, Marx, daß de, Konsul sich ein Automobil für fünfundzwanzigtausend Mar! ! gekauft hat?" !

Und Marx erwiderte:Das mußte er auch haben ! renn er will nicht pleite gehen, sondern so rasch wie möglich ' ahren."

Ein höhnisches Lachen folgte dem boshaften Witz, uni als der Konsul endlich erschien, begegnete er spöttischer and vorwurfsvollen Blicken. Leichthin entschuldigte e, äine Verspätung mit der sorglosen Miene eines Mannes der sich seiner Ueberlegenheit bewußt ist. '

Oldenpurg eröffnete die Sitzung durch die Mitteilung » in seinem Aufträge der bisherige Leiter seiner Filiale n Schanghai, Herr Wolfgang Fries, die Besitzungen der tzlantagengesellfchaft besichtigt habe und bereit sei, den

)snm-s->nti-n Verlebt an eritatten

Erwartungsvoll blickte die kleine Versammlung auf der ernsten, jungen Mann, der in ruhiger Haltung vor sie hintrat und der Aufforderung seines Chefs entsprach. De, streng sachliche Bericht war, dank seiner klaren anschau­lichen Darlegung, so fesselnd, daß Oldenpurgs Erwartung. Fries werde die Hoffnung der Gesellschafter neu beleben and deren Achtung und Gunst gewinnen, in Erfüllung zing. Nachdem der Bericht erstattet war. stellten einia« Gesellschafter Fragen, die Fries prompt und sicher beant­wortete.

Nachdem der Vorsitzende festgestellt hatte, daß die Wißbegierde der Versammlung befriedigt sei, dankte er Fries und bat ihn, nebenan den Schluß der Beratung abzuwarten.

Nachdem dieser sich zurückgezogen hatte, wollte Olden­purg den Versammelten seinen Vorschlag unterbreiten, Konsul Wismar aber kam ihm zuvor, bat ums Wort und schlug dann zur Verwunderung aller vor, für die kauf­männische Leitung der Gesellschaft und Kassenführung einen Direktor zu ernennen und diesem ein ansehnliches Gehalt zu bewilligen. Für ein solches Amt, so führte er aus, müsse eine tüchtige, vertrauenswürdige Kraft ge­wonnen werden, und er glaube, daß diese schon gefunden sei. Der rechte Mann dafür wäre nach seiner festen Ueber- zeugung Wolfgang Fries.

Sie werden mir zugeben, meine Herren," so rief er mit schallender Stimme,daß ich Costa Rica und die Er- tragsmöglichkeiten unserer Besitzungen genau beurteilen kann. Nun, ich erkläre jetzt, daß mir der Bericht, den wir soeben gehört haben, gewaltig imponierte, und daß ich die scharfsinnige Beurteilung der wirtschaftlichen Verhält­nisse des fernen Landes, sowie die durch sorgfältige Unter­suchungen gewonnenen Angaben über die Bewirtschaftung unserer Plantagen ausnahmslos bestätigen kann. Ich be­wundere die Schnelligkeit, mit der dieser kenntnisreiche Herr sich ein richtiges Urteil gebildet hat. Was nun die wichtige Frage der Vertrauenswürdigkeit betrifft, so habe ich durch Erkundipungen bei meinem verehrten Geschäfts-