brach heute früh zwei Uhr Feuer aus. Die Ursache ist noch nicht aufgeklärt. Noch eine Viertelstunde vorher hatte der Nachtwächter den Platz passiert, ohne etwas von dem Brand zu bemerken. Als die erüen Einwohner zum Löschen vor dem brennenden Hause eintrafen, fanden sie auf der Straße vor dem Hause den nur mit einem Hemd bekleideten lang- fährigen Knecht der Mühle Erhardt Ott, einen etwa Mähr. Mann. Es waren ihm beide Füße gebrochen, als er aus dem brennenden Gebäude gesprungen war. Kurz darauf sprang aus dem Fenster noch der 19jährige Sohn Georg des Müllers. Er kam mit leichten Verletzungen davon. Fast unmittelbar nach ihm wagte den Sprung der andere 14jährige Sohn Christian, der außer zahlreichen Knochenbrüchen hauptsächlich Brandwunden erlitten hat, sodaß er kaum mit dem Leben davonkommen dürste. Die Familie bestand sonst noch aus folgenden Personen: Der Besitzer August Linsenmann, 54 Jahre alt, seine Frau Agnes, geb. Kreher, 50 Jahre alt, vier Töchter mit Namen Marie, 20 Jahre alt, Sophie und Regine, ein Zwillingspaar von sechzehn . Jahren, und die jüngste achtjährige Anna. Diese sämtlichen'sechs Personen wurden anscheinend bald nach Ausbruch des Feuers vom Rauch betäubtund konnten sich nicht mehr retten.
Sie sind verbrannt. Abends sieben Uhr war der Mahlgang abgestellt worden. Die Mühle stand also bei dem Ausbruch des Feuers still und die ursprüngliche Annahme, der Mahlgang sei heiß gelaufen, bestätigt sich nicht. Wie sich bei den Rettungsarbeiten herausstellte, wollten die von dem Brand erwachten Eltern ihre Töchter noch reiten, wurden aber samt diesen von dem einstürzenden Gebäude in die Tiefe gerissen. Das schließt man aus der Lage der Leichen, die im Laufe des Tages aus dem Schutt ausgsgraben wurden. Die ersten zwei Leichen wurden morgens sechs Uhr gefunden, eine weitere im Laufe des Nachmittags und abends gegen 7 Uhr wurden eingeschachtelt in die Bettstellen die restlichen drei Leichen ausgedeckt. Die Ueberreste sind aber derart verbrannt und entstellt, daß eine Agnoszierung der Leichen absolut unmöglich ist. Man steht vor sich nur die Köpfe und im übrigen einen Hausen Gebein und gebratenes Fleisch. Zur Hilfeleistung waren aus dem Brandplatz außer der Fischinger Feuerwehr erschienen die Wehren von Empfingen, Betra und Glatt. In dem abgebrannten Gebäude befanden sich in dem unleren ziemlich hoch gelegenen Stockwerk die Mühle, darüber, aber, nur durch einen Bretterboden getrennt, die Wohnung, woraus sich der furchtbare Umfang der Katastrophe erklärt, da. anscheinend durch den Bretterboden hindurch der Rauch so rasch in die Höhe drang, daß die ums Leben Gekommenen erstickten, bevor sie sich zu retten vermochten. Von dem Vieh und den Futtervorräten ist nichts verbrannt, weil sie in der unversehrt gebliebenen Scheuer untergebracht waren. Der Materialschaden wird aus etwa 30 000 Mark geschätzt. Das abgebrannte Gebäude war keineswegs besonders groß. Ein kurz nach Ausbruch des Feuers niedergehender heftiger Regen verhinderte die Ausdehnung des Feuers aus die nahezu dicht angebaute Scheune und auf einen jenseits des Mühlkanals, aber in nächster Nähe der Mühle gelegenen Holzschuppen, die unversehrt stehen blieben. Von der Mühle stehen nur noch die vier Mauern. Eine zahlreiche Menge mar herbeigeströmt. lieber den gräßlichen Umfang des Unglücks herrscht allgemeines Entsetzen. Die Behörden, darunter der Oberstaatsanwalt von Hechingen, waren an der Nnglücksstätte erschienen.
Lus dem Reiche.
Bergiftuugserscheiuuugen in der Potsdamer Uoteroffizierschule.
* Berlin, 24. Febr. Inder Potsdamer Unteroffizierschule sind gestern nachmittags und abends 175
Schüler unter Vergistungserscheinungen erkrankt. -Eine große Anzahl von Militärärzten wurde sofort zu den Erkrankten gerufen. Ein Teil der Erkrankten befindet sich heute bereits wieder auf dem Wege der Besserung, während andere unter starkem Fieber leiden. Lebensgefahr besteht aber bei keinem der Erkrankten. Die Speisereste der gestrigen Mahlzeit sind beschlagnahmt. Die Verwaltung glaubt, daß eine Nahrungsmittelvergiftung vorliegt, eigentümlich ist aber, daß von den 500 Unteroffiziersschülern nur 175 erkrankt sind, obgleich alle dasselbe Essen bekommen haben. Die Erkrankten versichern, daß sie nichts anderes gegessen haben, als das, was sie in der Anstalt bekamen.
'Potsdam, 25. Febr. Zu den Erkrankungen in der hiesigen Unteroffizier schule wird heute vormittag vom Kommando nachfolgende Meldung ausgegeben: Das Befinden sämtlicher erkrankter Leute hat sich bedeutend gebessert. Während der heutigen Nacht sind sieben leichte Erkrankungen zugegangen. Lebensgefahr besteht bei keinem der Erkrankten.
Ausländisches.
ss Zürich, 24. Febr. Auf dem Quai bei Bon Port in Montreux erfolgte ein Einsturz in dem Augenblick, als ein zweispänniges Fuhrwerk darüber fuhr. Wagen und Pferde verschwanden in dem See. Die Insassen konnten gerettet werden.
' Petersburg, 23. Febr. Bei einem Schneesturm sind im Gouvernement Omsk 222 Menschen erfroren.
' Ne« Vork, 24. Febr. Eine Wärterin des Brooklyner Säuglingsheims gestand, acht Kinder vergiftet zu haben, weil sie ihr eigenes Kind zurückgesetzt glaubte.
Die Unruhe» in Mexiko.
* Köl«, 24. Febr. Wie der „Köln. Ztg." über New- Jork aus El Paso gemeldet wird, hat General Orosco die Führung der Revolution und die vorläufige Präsidentschaft von Mexiko übernommen. Vielfach wird die baldige Abdankung Maderos erwartet.
* Torreou (Mexiko), 23. Febr. Die Zahl der in der Schlucht San Pedro am 19. Februar getöteten Aufständischen, die von Regierungstruppen in einen Engpaß gelockt wurden, beträgt 257, während die Bundetztruppen nur elf Tote hatten. Bei dem Kampf sind auch mehrere Frauen und Kinder getötet worden.
Der itiliemsch-MW Krttg.
Die italienische Flottenaktio».
' Konstautiuopel, 24. Febr. Zwei italienische Panzerkreuzer erschienen gestern im Hafen von Beirut, schossen eine hier ankernde türkische Panzerkorvette in den Grund und dampften dann wieder ab.
* Konstantinopel, 24. Febr. Als das italienische Geschwader gestern im Hafen von Beirut sichtbar wurde, stürmte die Bevölkerung in der Vermutung, daß die Italiener eine Landung unternehmen würden, die Waffendepots, um sich auszurüsten. Der Energie des Mali gelang es bald, die Ruhe herzustellen und die Bevölkerung zu einer besonnenen Haltung zu bewegen. Heute früh erschienen die beiden italienischen Panzerkreuzer wieder im Beiruter Hafen und begannen dasBombardement der Stadt. DerRe- gierungskonakwurdezusammenge schossen. Der Telegraph funktionierte bis Mittag; seitdem blieb die Verbindung mit Beirut aus.
ss Koustantinopel, 24. Februar. Das Ministerium des Innern veröffentlicht über das Bombardement vchn Beirut folgende Meldung: Heule früh 7 Uhr erschienen 2 italiensche Panzer vom Type „Vittorio Emanuele" und 2 Transportschiffe vor Beirut und verlangten die Uebergabe
des Kanonbotes „Avn-Jllah" u. des Torpedobotes „Angora". Die türkischen Schiffe machten sich unverzüglich kampfbereit. Während die Behörden über die von dem italienischen Kontreadmiral gestellte Forderung beratschlagten, also noch bevor die von den Italienern festgesetzte Frist abgelaufen war, begannen die Italiener das Bombardement. Die türkischen Schiffe verteitigten sich tapfer. Das Kanonenbot wurde von mehreren Kugeln getroffen und fing Feuer. Der Kessel explodierte. Die Mannschaften wurden mit den Waffen so schnell als möglich ausgeschifft. Nachdem sowohl „Avn Jüah" und „Angora" zum Sinken gebracht worden waren, entfernten sich die italienischen Schiffe und kehrten 2 Stunden später wieder zurück und bombardierten die treibenden türkischen Schiffe von Neuem. Ein Geschoß schlug in das Gebäude der Banque Ottomane ein und beschädigte es. Sodann entfernten sich die italienischen Schiffe. Der Bevölkerung bemächtigte sich anfangs große Erregung, doch wurde durch schnell getroffene Maßnahmen die Ordnung bald wieder hergestellt.
ss Konstantinopel, 24. Febr. Eine amtliche Depesche des Vali von Bairut bestätigt die bereits gemeldete Beschießung der beiden türkischen Schiffe. Eine weitere Depesche des Vali berichtet, daß die Italiener, noch während sich der Vali im Konak befand, das Gebäude zu bombardieren begonnen hatten. Die Nachricht hat bei der Pforte große Erregung hervorgerufen.
' Konstantinopel, 24.Febr. Der Völkerrechtsbruch, welchen Italien durch die Beschießung der offenen Hafenstadt Beirut beging, findet bei der Pforte vorläufig eine ruhige Beurteilung. Eine weniger ruhige Auffassung dürste ihr in diplomatischen Kreisen bevorstehen. Beirut hat eine vorwiegend christliche Bevölkerung mit starken französischen und russichen Interessen; es besteht dort eine französische und eine amerikanische Universität.
Kandek mtt» Verkehr. -
ff Stuttgart, 24. Febr. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrtebe» 122 Großvieh, 141 Kälber, 544 Schweine.
Erlös aus */z Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual. ») ansgemäftete von — bis — Pfg., 2. Qual, d) fleischig« und ältere von —bis — Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 83 bis 85 Pfg., 2. Qualität d) älter« und weniger fleischige von 79 bis 82 Pfg., Stiere mrd Jungrinder I.Qual. a) ausgemästete von 96 bis 98 Pfg., 8. Qualität b) fleischige von 92 bis 95 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 88 bis 91 Pfg.; Kühe 1. Qual. ») jung« gemästete von — bis — Pfg., 2. Qualität b) ältere gemästete von 64 bis 74 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 44 bis 54 Psg., Kälber: 1. Qualität») beste Saugkälber von 105 bä 111 Pfg. 3. Qualität k) gute Saug« kälber von 98 bis 104 Pfg. 3. Qalität o) geringere Saugkälber von 90 bis 97 Psg., Schweine 1. Qual. ») jung« fleischige 66 bis 68 Psg., 3. Qualität b) jüngere fette von 63 bis 65 Psg., 3. Qualität o) geringere von 57 bis 59 Pfg.
Verantwortlicher Redakteur: L. Lank, Altrnsteig.
Druck und Verlag der W. Rlekerschen Buchdruckrret in Bltensirig.
und sag' mir, was du dich van neuerlichen Vorgängen er Innern kannst. Zum Beispiel, wann Haft du zum legten mal etwas gegessen?"
„Ich — weiß — nicht, — es ist — schon lange her Da war ein — ein Schiss, — ja, ich glaube, — es war eil Schiff, und ehe ich-- das Schiff verließ, — ich weiß nicht
— was vorher war, — aber — ehe ich — das Schiff verließ, — da bekam ich — etwas — zu essen."
„Das Schiff brachte dich wohl von Afrika, ja? Wann bist du angekommsn, gestern oder heute?"
„Ich weiß - nichts von — Afrika." — Erich sprach sehr langsam, abgehackt, und das Denken machte ihm offenbar große Schwierigkeiten. „Aber ich glaube — wir kamen heute morgen — ganz früh — in — in — na, da an. Es ist sonderbar — von dem, was — vorherging, weiß ich — nichts mehr, — gar nichts. Ich weiß, daß ich im im Schnellzug gefahren bin, und daß ich dann — sofort — in einer Droschke hierherfuhr. Aber — von der Seereise — weiß ich nichts mehr, — auch nichts von dem
— was vorher geschehen. Das letzte, — was ich mich — erinnern kann, ist — daß ich einmal — mit dir zusammen
— hier gesessen und geplaudert habe. Aber — es ist schon sehr, — sehr lange her."
„So! Und was ist's mit den Depeschen und Karten?" fragte Rolf scharf, denn ihm war plötzlich der Gedanke gekommen, ob sein Freund vielleicht den Verlust seines Gedächtnisses simuliere, um sich der Strafe für sein Vergehen zu entziehen.
„Depeschen und Karten?" Erich sah so fassungslos aus, daß es Rolf sofort klar wurde, daß er nichts von der Sache wußte. Aber er konnte das ja auch vergessen haben. „Depeschen und Karten?" wiederholte er. „Ich habe — seine Ahnung, wovon — du sprichst."
„Ich will dir mal was sagen," schlug Rolf vor, „das beste wird sein, du ißt erst mal was, dann kannst du dich vielleicht besser besinnen.
Er klingelte, und gleich darauf erschien der Mann, der
die Bedienung der Herren übernommen hatte, die Zimmei und Geschäftsräume in dem großen Hause inuehattcn Kopp war früher Offiziersbursche gewesen und hatte daun die Köchin seines letzten Herrn Hauptmanns geheiratet Die Leute hatten die Verwaltung des Hauses in der Bülow straße übernommen und hatten sich bald durch Bedienung und Beköstigung der unverheirateten Mieter eine ihren Fähigkeiten entsprechende Beschäftigung und guten Verdienst geschaffen.
„Nun, Kopp," redete Rolf ihn an, „können Sie Herrn Martens eine Kleinigkeit zu essen besorgen
Mit der ruhigen Selbstverständlichkeit eines gutgeschulten Dieners nahm Kopp den Auftrag entgegen, ohne sich eine Frage über den eigentümlichen Zustand und das sonderbare Aussehen Erichs zu erlauben. Aber er konnte doch nicht umhin, einen forschenden Blick nach der zusammengesunkenen Gestalt im Sessel zu werfen, während er vorschlug.
„Vielleicht ein halbes Brathuhn? Meine Frau hat vorhin eins frisch zubereitet, davon hat der Doktor unten die Hälfte bekommen. Die andere Hälfte ist noch da, das wäre vielleicht etwas für Herrn Martens."
Erich, als er feinen Namen hörte, fuhr aus seiner Versunkenheit auf, und während dasselbe sonderbare Lächeln über sein hageres Gesicht flog, das Stern schon mehrmals ausgefallen war, sagte er: „Brathuhn? Ja, das könnte — mich reizen. Jetzt, wo ihr — von Essen redet, merke ich erst — wie hungrig ich bin." Dann wandte er sich wieder dem Feuer zu, hielt die Hände davor und suchte sie zu erwärmen, während sein Körper sich wie in Fieberschauern schüttelte.
Die Blicke der beiden anderen trafen sich, und Kopp sagte leise:
„Herr Martens fror so, als er kam, darum habe ich das Feuer angezündet. Er zitterte und bebte vor Frostz wie einer, der das Fieber hat."
„Ja. es war sehr vernünftig, daß Sie ein Feuer an-
geziindet haben," versetzte Rolf rasch, „Herr Martens hat eine lange Reise hinter sich und ist natürlich müde und kalt.
„Uebrigens," — er machte dem Mann ein Zeichen, das Zimmer zu verlassen und folgte ihm in den Korridor, wobei er die Tür sorgfältig schloß, — „wann ist Herr Martens angekommen, Kopp? Ich hatte ihn heute nicht erwartet."
„Ja, Herr Stern, ich war ganz starr vor Staunen, als ich ihn an der Tür stehen sah. Er hatte die Klingel an der Haustür gezogen, trotzdem sie offen stand, und als ich herauskam, starrte er mich einen Augenblick an, als habe er mich noch nie gesehen."
»Ja, ja, ich fürchte, er ist krank. Ich fürchte, sein Gehirn —" er brach ab, doch Kopp nahm den Wink sofort auf.
„Dasselbe war auch meine Idee. Ich habe gleich zu meiner Frau gesagt: Gib mal acht, sagte ich, der arme Herr Martens hat einen Sonnenstich gehabt, und er ist nicht ganz richtig im Kopf. Er sieht auch furchtbar elend aus, nicht, Herr Stern?"
Der böse Schimmer, der vorhin schon einmal in Rolfs Augen aufgeblitzt, erschien wieder darin. Seine eigenen schlimmen Gedanken waren oon Kopp in Worte gefaßt worden, von dem ehrlichen Kopp, der nur das tiefste Bedauern für den netten Herrn Martens empfand, der immer so liebenswürdig gegen ihn gewesen.
„Ja, ja," stimmte er zu, und seine Stimme bebte vor innerer Erregung, die er nicht ganz unterdrücken konnte. „Ersieht sehr schlecht aus, und so sonderbar! Ich glaub« wirklich. Sie haben recht."
„Ja, ja, Herr Stern, sicher ist es nicht ganz in Ordnung mit seinem Gehirn," entgegnete Kopp sehr bestimmt. „Er guckte mich zu merkwürdig an, der arme Herr, und erkannte mich gar nicht, bis ich ihn laut beim Namen rief. Und dann zitterte er wie Espenlaub, und es machte mir den Eindruck — nehmen Sie's nicht übel, Herr Stern — als ob er sich fürchtete."
Fortsetzung folgt. , ,