^ 226. Amts- und Anzeigeblatt für den OberamtsbezirL Calw. 87. Jahrgang.
Erscheinungsweise: 6mal wöchentlich. Anzeigenpreis: Im Oberamts- bezirk Calw für die einspaltige Borgiszeile 10 Pfg., außerhalb desselben 12 Pfg., Reklamen 25 Pfg. Schluß für Jnseratannahme 10 Uhr vormittags. Telefon 9.
Donnerstag, den 26. September 1912
Bezugspreis: In der Stadt mit Trägerlohn Mk. 1.25 vierteljährlich, Postbezugspreis für den Orts- und Nachbarortsverkehr Mk. 1.20, im Fernverkehr Mk. 1.30. Bestellgeld in Württemberg 30 Pfg., in Bayern und Reich 42 Pfg.
Amtliche Bekanntmachungen.
Die Hundebesitzer
werden auf die Vorschrift in § 45 der Verfügung des K. Ministeriums des Innern vom 11. Juli 1912 (Reg.Bl. S. 293), betr. Ausführung des Viehseuchengesetzes, aufmerksam gemacht, wonach frei umher- lanfende Hunde mit Halsbändern versehen sein müssen, welche Namen und Wohnort des Besitzers des Hundes ersehen lassen.
Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschrift unterliegen der Strafbestimmung des Z 76 des Reichsviehseuchengesetzes vom 26. Juni 1909.
Calw, 25. September 1912.
K. Oberamt:
Amtmann Rippmann.
Zum landwirtschaftlichen Bezirksfest.
Calw, 26. September 1912.
Wir veröffentlichen heute den letzten Ausstellungsbericht über das landwirtschaftliche Bezirksfest und zwar über die Ausstellung des Bezirksfischereivereins, womit wir die Berichterstattung über das große und allgemein so befriedigend verlaufene Fest beschließen. Wohl sind nach außen hin die Festtage, Aufregungen, Erwartungen und alles Festgepränge vorbei, die Vereinsleiter selbst aber dürfen die Akten über das Fest noch nicht schließen, denn jetzt gilt es, die Lese zu halten, gilt es, das Vereinsschiff, das von Rechnungs-, Korrespondenz- und andern Wogen hin- und hergeworfen wurde, wieder ordnungsgemäß aufzutakeln, um die frische Brise, die das Fest hervorgerufen, zu nützen und mit neugeschwellten Segeln vorwärts und in die Zukunft zu steuern. Die Erinnerungen an diese schönen Festtage verblüffen nicht so rasch und mit einer gewissen Wehmut sieht man die Ausstellungsplätze leer, steht man vor allem unsere Turnhalle wieder ihres grünen Jnnenschmuckes beraubt. Den Brühl, der über die Festtage von so vielem großen und kleinen Volk belebt war, bei dessen bunter Mischung man wieder daran glauben mochte, daß es mit dem Aussterben der Trachten auf dem Schwarzwald doch noch nicht gar so weit sei, hat sich nun der Herbstwind zum Tanzplatze erkoren. Und wer sich erst die wundervollen Bilder des
Festzugs ins Gedächtnis ruft, der bedauert, daß die nur so kurze Zeit das Auge erfreuten: Göttin Herta ist von ihrem Thron gestiegen, über den vorkeltischen Pflug hat sich der Wagner gemacht, die altgermanischen Jäger und Jägerinnen sind wieder hübsch zivilisiert in ihre heimatlichen Jagdgrllnde zurückgekehrt, der Kohlenmeiler auf dem Festwagen hat ausgeraucht, der Fischereiwagen seine zappelnden Insassen wieder ans User gesetzt, das Geflügel auf dem Wagen des Eeflügelzüchiervereins mußte bereits wieder ans Eierlegen denken und den hübschen Bienen des Vienenzüchtervereins ist das Handwerk auch gelegt. Verstummt ist der Klang der Musik zur Bauernhochzeit, und ausgelöscht das interessante und originelle Bild der Schwarzwälder Spinnstube und auch der Graf im Bart ist wieder zu seinem handwerkerlichen Berufe zurückgekehrt. — Da muß schon daran gedacht werden, daß gar viel Opferbereitschaft jedes einzelnen Mitwirkenden vorhanden war, um dieses einzigartige Werk entstehen zu lassen und die anerkennenden Worte an sie waren notwendig und berechtigt. Wenn der landwirtsch. Bezirksverein selbst das Fest überblickt, dann darf er den Dank an den nicht vergessen, der in einer Rede selbst so viel Dank austeilte: wir meinen Herrn Regierungsrat Binder. Oben wräde der landwirtschaftliche Bezirksverein mit einem Schiffe verglichen, das mutig in die Zukunft steuern soll. Bester lebt kein Wunsch für den landwirtsch. Bezirksverein, als der: möge ihm sein Steuermann, Herr Regierungsrat Binder, noch recht lange erhalten bleiben, und schöner gibt es für Hrn. Binder wohl keinen Dank als den der Anerkennung seiner Leistungen durch seine Vereinsmitglieder und die Oeffentlichkeit. Möge es dem genannten Herrn vergönnt sein, zu Wähle des Landwirtschaftlichen Bezirksvereins und dadurch zum Vorwärtskommen der Landwirtschaft unseres Bezirks das Steuerruder noch auf lange hinaus zu führen. Den einzelnen Landwirten aber wünschen wir, daß das Fest sie ermuntere, mit neuer Liebe ihre Scholle zu bauen und damit unserer Heimat zu dienen.
Und nun zu Schluß noch einige nüchterne, aber vielsagende Zahlen: Welcher Andrang auf dem Festplatz die beiden Tage über herrschte, das zeigt die auf 10000 angegebene Besucherzahl; an Eintrittsgeld wurden in runder Summe 4100 Mark
vereinnahmt, Festschriften sind 2100 verkauft worden und von 6 000 ausgegebenen Losen blieben 564 mit 210 Mark Eewinnwerten dem Verein. Ein guter, durch die außerordentlich günstigen Umstände bewirkter Abschluß.
Die vom
Bezirks fisch er eiverein veranstaltete Ausstellung übte eine große Anziehungskraft aus. War doch in derselben Gelegenheit geboten, die Bewohner unserer Gewässer in der Nähe betrachten und an ihren prächtigen Farben sich erfreuen zu können. In 16 Aquarien hatten 6 Aussteller sämtliche Fischarten ausgestellt, die in der Nagold und ihren Seitenbächen teils gezüchtet werden, teils auf natürliche Weise sich vermehren. So haben ausgestellt: Der Vezirksfischereiverein Calw (Betriebsleiter: A. Andler z. Hirsch in Teinach) 2 Aquarien Bach- und Regenbogenforellen aus der Teinach. Der Lokalfischereiverein Unterreichenbach (Vorstand Sägwerksbes. Funk) Wildfische aus der Nagold aller Art (Bachforellen, Aale, Rotaugen, Barben und Schuppenfische) in 3 Aquarien. Vad- besitzer Deker in Liebenzell in 4 Aquarien: Eoldorfen, ein- und zweisömm'rige Bachforellen, sowie mehrjährige Bach- und Regenbogenforellen. Karl Braun, Fischzüchter in Teinachtal: Zucht- sische (ein- und zweisömm'rige, sowie mehrjährige Regenbogenforellen). Karl H i l l e r, Bierbrauereibesitzer in Calw in 1 Aquarium: Goldorfen und Karpfen aus dem Teich. Karl Theurer, Sägwerksbes. auf Station Teinach in 2 Aquarien: Bachforellen und Aeschen, Wildfische aus der Nagold. Es war für die Preisrichter (Herren Kreisfischereisachverständiger Hofer von Oberndorf, Hauptlehrer und Rentamtmann Schwarzmaier in Verneck und Vilharz z. Rößle in Hirsau) eine große Freude, zu sehen, wie namentlich sehr schöne Regenbogenforellen ausgestellt waren, die sich als Wildfische in der Nagold und insbesondere auch in der Teinach auf natürliche Weise vermehrt haben. Dieser Forelle, die nun seit 25 Jahren von Amerika (Kalifornien) aus in Württemberg eingeführt ist und in zahlreichen Fischzuchtanstalten unseres Landes mit sehr günstigem Erfolge gezüchtet wird, sollte viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. Sie sollte jährlich in großer Menge eingesetzt werden, zumal sie
(ichtenstein.
43) Romantische Sage von Wilhelm Hauff.
„Das ist Gesang," entgegnete er, „der tönt in diesen Gewölben gar lieblich und voll. Wenn zwei oder drei Männer singen, so lautet es, als sänge ein ganzer Chor Mönche die Hora." Immer vernehmlicher tönte der Gesang; je näher sie kamen, desto deutlicher wurden die Biegungen einer angenehmen Melodie. Sie bogen um eine Felsenecke, und von oben herab ertönte ganz nahe die Stimme des Singenden, brach sich an den zackigten Felsenwänden in vielfachem Echo, bis sie sich verschwebend mit den fallenden Tropfen der feuchten Steine und mit dem Murmeln eines unterirdischen Wasserfalles mischte, der sich in eine dunkle, geheimnisvolle Tiefe ergoß.
„Hier ist der Ort," sprach der Führer, „dort oben in der Felswand ist die Wohnung des unglücklichen Mannes; hört Ihr sein Lied? Wir wollen warten und lauschen, bis er zu Ende ist, denn er war nicht gewohnt, unterbrochen zu werden, als er noch oben auf der Erde war."
Die Männer lauschten und verstanden durch das Echo und das Gemurmel der Wasser etwa folgende Worte, die der Geächtete sang:
„Vom Turme, wo ich oft gesehen Hernieder auf ein schönes Land,
Vom Turme fremde Fahnen wehen,
Wo meiner Ahnen Banner stand.
Der Väter Hallen sind gebrochen.
Gefallen ist des Enkels Los,
Er birgt, besiegt und ungerochen.
Sich in der Erde tiefen Schoß.
Und wo einst in des Glückes Tagen Mein Jagdhorn tönte durchs Gefild,
Da meine Feinde gräßlich jagen.
Sie Hetzen gar ein edles Wild.
Ich bin das Wild, auf das sie Kirschen,
Die Bluthund' wetzen schon den Zahn,
Sie dürsten nach dem Schweiß des Hirschen,
Und sein Geweih steht ihnen an.
Die Mörder Han in Berg und Heide Auf mich die Armbrust aufgespannt,
Drum in des Bettlers rauhem Kleide Durchschleich' ich nachts mein eigen Land;
Wo ich als Herr sonst eingeritten Und meinen hohen Gruß entbot,
Da klopf' ich schüchtern an die Hütten Und bettle um ein Stückchen Brot.
Ihr warft mich aus den eignen Toren,
Doch einmal klopf' ich wieder an,
Drum Mut! Noch ist nicht all verloren.
Ich Hab' ein Schwert und bin ein Mann.
Ich wanke nicht; ich will es tragen;
Und ob mein Herz darüber bricht,
So sollen meine Feinde sagen:
Er war ein Mann und wankte nicht."
Er hatte geendet, und der tiefe Seufzer, den er den verhallenden Tönen seines Liedes nachsandte, ließ ahnen, daß er im Gesang nicht viel Trost gefunden habe. Dem rauhen Manne von Hardt war während dem Liede eine große Träne über die ge
bräunte Wange gerollt, und Georg war es nicht entgangen, wie er sich anstrengte, die alte feste Fassung wieder zu erhalten und dem Bewohner der Höhle eine heitere Stirne und ein ungetrübtes Auge zu zeigen. Er gab dem Junker auch die zweite Fackel in die Hand und klimmte den glatten, schlüpfrigen Felsen hinan, der zu der Grotte führte, woraus der Gesang erklungen war. Georg dachte sich, daß er ihn vielleicht dem Ritter melden wolle, und bald sah er ihn mit einem tüchtigen Strick zurückkehren. Er klimmte die Hälfte des Felsen wieder herab und ließ sich die Fackeln geben, die er geschickt in eine Felsenritze an der Seite steckte; dann warf er Georg den Strick zu und half ihm so die Felsenwand erklimmen, was ihm ohne diese Hilfe schwerlich gelungen wäre. Er war oben, und wenige Schritte noch, so stand er vor dem Felsengemach des Geächteten.
6 .
— In wunderbaren Gestalten Ragt aus der dunkeln Nacht das angestrahlte Gestein,
Mit wildem Gebüsch versetzt, das aus den schwarzen Spalten Herabnickt und im Widerschein Als grünes Feuer brennt. Mit Furcht vermengtem Grauen Bleibt unser Ritter stehn, den Zauber anzuschauen.
Wieland.
Der Teil jener großen Höhle, welchen sie jetzt betraten, unterschied sich merklich von den übrigen Grotten und Kammern durch seine Trockenheit. Der