Die Beratung der Staatsoereiufachung.
jj Stuttgart, 20. Febr. Zur Frage der Kreisregierungen, d. h. ihrer Aufhebung oder Belassung in anderer Organisation entspann sich im Finanzausschuß nach dem Vorgang bei der ersten Kammerlesung eine eingehende Aussprache, wobei die künftige Gestaltung des Versicherungswesens der vier landwirtschaftlichen Berufsgenosienschaften und der vier Landarmenoerbände, die Ausschaltung einer mittleren Beschwerdeinstanz zwischen Oberamt und Ministerium als Wunsch des Publikums wie der Oberämter selbst, die Erweiterung der Zuständigkeit der Oberämter, die Frage der Laienzuziehung zu neuen Fachbehörden wie zu den Kreisregierungen, die Möglichkeit der Schaffung von detachierten Ministerialabteilungen (also außerhalb Stuttgarts), die Ueber- tragung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichtsbarkeit an die Bezirksräte, der Vorzug einer Angliederung notwendig werdender neuer Fachbehörden an schon bestehende Behörden anstatt ihrer Loslösung und vollen Selbständigmachung, end» lieh die Ersparnisfrage sowie der Hinweis aus die badischen Kreisausschüsse das Hauptthema bildeten. Hierbei gewann man bald den Eindruck, daß die Mehrheft im Ausschuß für die Aufhebung der Kreisregierungen ist, gegen welche Aufhebung der Redner des Zentrums und der der Konservativen sich aussprachen, sowie der bei der Beratung anwesende Kammerpräsident v. Payer. Die Zentrurnsausschußmitglieder Kiene, Rembold, Walter und Andre beantragten: Die Regierung zu ersuchen, eine Vereinfachung unter Beibehaltung der Kreisregierungen durch Beseitigung von Beschwerdeinstangen, durch Einschränkung der Aufsicht und Zuziehung von Laien sowie durch Angliederung der Oberversicherungsämter in die Wege zu leiten. Von den neun Ausschußmügliedern Haußmann, Eisele, Löchner, Staudemneyer lVp.), v. Bälz, Höffner (D. P.), Lindemann, Keil, Fischer (Soz.) wurde folgender Antrag Höffner-Haußmann eingebracht: 1. Die Zweite Kammer stimmt dem Vorschlag der Denkschrift zu, der die Aufhebung der vier Kreisregierungen und eine Verteilung ihrer Geschäfte teils an die Bezirksbehörden, teils an das Ministerium oder an Ministerialabteilungen und Fachbehörden Vorsicht; 2. sie hält bei der Neuordnung eine Einschränkung der Aufsichts- und Genehmigungsbefuguisse, eine Ausdehnung der Zuständigkeit des Oberamtes und Bezirksrates und eine Zuziehung von Laien in die Verwaltung m weitem Umfang für möglich und geboten: 3. sie anerkennt es als ein Gebot der Billigkeit, den Kreisstädten, soweit dies ohne Erschwerung staatlicher Ausgaben und ohne unverhältnismäßige Mehrbelastung der Staatskasse möglich ist, andere staatliche Anstalten und Behörden zuzuweisen. Der Staatsminister von Pischek wandte sich ausführlich gegen die verschiedenen Einwendungen gegen die Vorschläge der Denkschrift. Bei der Abstimmung wurde der Antrag des Zentrums abgelehnt, der Antrag Höffner-Haußmann angenommen.
ss Stuttgart, 21. Februar. Im Finanzausschuß der Zwecken Kammer wurde den Vorschlägen der Denkschrift betreffend die Organisation des Medizinalkollegiums (Beibehaltung und Gestaltung als Ministerialabteilung für das Gesundheitswesen unter gleichzeitiger Uebertragung der bisherigen gesundheitspolizeilichen Aufgaben der Kreisregierungen) im Wesentlichen zugestimmt. Auch gegen die Vorschläge der Denkschrift kür die Ministerialabteilung für Straßen- und Wasserbau wurden keine Einwendungen erhoben.
* Station MgevMetscher, 21. Febr. Wider alles Erwarten rasch ist der Durchschlag am Jungfrau-Joch erfolgt. In der tiefsten Dunkelheit kam die frohe Kunde zum Eiger-Gletscher und weckte hier Helle Begeisterung, Die Durchschlagstelle befindet sich genau am fixierten Ort.
Kummer vergessen zu lassen, ^zcy yaoe gesieru veu cseyeim- rat Vierling gesprochen, und er sagte mir, er habe gar keine Hoffnung mehr, Erich wiederkommen zu sehen, und da dachte ich mir, ich wollte Herkommen und es Ihnen sagen und Ihnen Trost zusprechen. Geben Sie die Hoffnung auf, liebe gnädige Frau, wie werden sich dann mit der Zeit beruhigen, denn nichts ist schrecklicher als diese peinvolle Ungewißheit. Und wie ich sagte, der Geheimrat hält es für ausgeschlossen, daß Sie noch einmal von Erich hören."
Rolf hielt es nicht für nötig, seiner Zuhörerin zu sagen, daß er Vierling im Ministerium ausgesucht hatte, um von ihm zu hören, daß wenig Aussicht sei, Martens je wiederzusehen. Der Wunsch, es möge Erich da draußen etwas passiert sein, war bei ihm zur fixen Idee geworden; er ließ die Versuchung immer mehr Herr über sich werden und gab sich gar keine Mühe mehr, sich aus den Maschen des Netzes zu retten, das feine eigene Leidenschaft um ihn wob.
Während er sprach, führte er Angela, die ihm, in ihren Schmerz versunken, willenlos folgte, nach einem dichten Gebüsch am Ende des Gartens, wo gelbe Narzissen m goldenem Glanz erstrahlten und eine Drossel ihr melodisches Loblied erklingen ließ. Der Garten war gegen den Busch hin durch ein Drahtgitter abgeschlossen/ und Angela lehnte sich einen Augenblick ans das Psürtchen, das hindnrchführte. Sie schaute über die Blüten hin, die sich leise im Windhauch wiegten und wunderte sich, daß Rolf plötzlich verstummt war und das Schweigen gar nicht wieder brach. Sie hatte nach der niederschmetternden Mitteilung, die er ihr gemacht, noch auf ein Wort des Trostes gehofft. Es konnte, es durfte nicht sein, daß sie Erich nie Wiedersehen sollte, es mußte noch eine Hoffnung geben.
Als aber Minute aus Minute verrann, ohne daß ein Laut über Rolfs Lippen kam, da wandte sie ihren Blick von den Blumen ab und wollte ihn eben anreden, da begegnete sie einem Ansdruck in seinen Augen, der sie ent-
jj Wie», 21. Febr. Erzherzog Rainer und Gemahlin begingen heute die diamantene Hochzeit. Der kirchlichen Feier im Palais -Rainer wohnte der Kaiser bei, der dabei zum erstenmal seit ungefähr zwei Monaten Schloß Schön brunn verließ und vom Publikum begeistert begrüßt wurde.
/ Christiania, 21. Febr. Wie Asten Posten erfährt, ist heute ein Matrose des hier liegenden englischen Kanonenbootes Foxhnnd unter Bewachung! mit einem heute abgehenden Wilsondampser nach Hüll geschickt worden. Wie das Blatt weiter meldet, soll es sich um einen in England natnralisierten Deutschen handeln, welcher der Spionage zugunsten Deutschlands beschuldigt wird.
j! Newyork, 21. Febr. In Houston > Texasbrach heute ein Großfeuer aus, das sich auf eine Fläche von einer Meile Länge und aus eine Breite von 7 Häuserblocks ausdehnte. Biele Wohn Häuser, Fabriken und Kirchen sielen dem Brande zum Opfer. Gegen 1000 Personen sind obdachlos. Der Schaden wird aus 5 Millionen Dollar geschätzt.
!j Newport, 21. Febr. Durch das Großseuer in Houston sind 50 60 000 Baumwollballen zerstört worden. (
js Ncwyort, 21. Febr. In dem Hoofmo- Tunnel im Staate Massachussets, dem längsten amerikanischen Tunnel, ist es 2500 Fuß von der westlichen Einfahrt zu einem Zusammenstoß zwischen einem Personen- und einem Güterzug gekommen. Heftige Feuer und mehrere Explosionen machten es unmöglich, bis zur Un- glücksstelle vorzudringen. Die Behörden glauben, daß dies vor Samstag oder Sonntag nicht gelingen wird. Bis dahin ist der Verkehr unterbrochen. Soweit bis jetzt bekannt, wurden vier Personen ge tötet und siebzehn Güterwagen zertrümmert.
Tie auswärtige Politik Oesterreich-Ungarns.
* Wien, 21. Febr. Gras Berchtold hat anläßlich seiner Ernennung zum Minister des Aeüßeren an den deutschen Reichskanzler folgende Depesche gerichtet: „Durch die Gnade Seiner Majestät, meines allergnädigsten Herrn, aus den Posten des M- nisters des Aeußern berufen, gereicht es mir zum besonderen Vergnügen, in dieser Eigenschaft Ew. Exzellenz zu begrüßen. Mein verewigter, tief betrauerter Vorgänger, hat in dem Dreibund die unverrückbare Grundlage seiner Politik erblickt und sich durch seine stets bewährte Bundestreue jenes hohe Maß von Vertrauen erworben, das ihm von Seiten der verbündeten Mächte entgegengebracht wurde. Indem ich nun das vom Grafen Aehrenthal hinterlassene reiche Erbe inniger und vertrauensvoller Beziehungen zur kaiserlich deutschen Regierung antrete, hoffe ich zuversichtlich, auf die bundesfreudige und tatkräftige Unterstützung Ew. Exzellenz rechnen zu dürfen." ' !
st Wien,21. Febr. Der Reichskanzler von Beth- mann Hollweg beantwortete die Depesche des Grasen Berchtold folgendermaßen: Ew. Exzellenz danke ich herzlich für das Telegramm, womit Sie die Güte hatten, mir Ihre Ernennung zum Minister des Kais, und Königs. Hauses sowie des Äußern, per sönlich mitzuterlen. Ich spreche Ew. Exellenz zu dem Beweis hohen Vertrauens, den Ihr alkergnädigster Herr Ihnen damit gegeben, meinen wärm sten Glückwunsch ans, in der festen und frohen lieber zeugung, daß die vertrauensvollen, bundessreund
setzt verstummen ließ und ihr alles Blut zum Herzen jagte.
„Angela!" In heiserem Tone kam der Name von seinen Lippen. Er beugte sich über sie und ergriff ihre beiden Hände. „Angela! Ich halt's nicht mehr aus, ich kann nicht länger schweigen! Ich kann's nicht mehr mit ansehen, wie du dies einsame Leben führst und dich verzehrst vor Sehnsucht. Ich weiß, dein Herz schreit nach Liebe, und du sollst sie haben !" Und er lachte ein schrilles, mißtönendes Lachen, daß die junge Frau entsetzt zurückfuhr.
»Ich — verstehe — Sie — nicht!" rief sie und versuchte vergeblich ihre Hände seinem eisernen Griff zu entreißen. „Sie sind sehr, sehr gut — gegen mich gewesen, Sie haben — mir treu — beigestanden," sagte sie in atemlosen, abgerissenen kleinen Sätzen, „Sie haben alles — getan, was nur — ein Mensch tun konnte. Ich habe mich auf — Sie gestutzt — als Erichs Freund —"
„NennenSie das Wort nicht," unterbracher sie heftig. „Sie sollen mich nicht als seinen Freund betrachten, auch nicht als Ihren — überhaupt nicht als einen Freund!" Angelas offenbare Angst, das Entsetzen, das aus ihren schönen Augen sprach, versetzte ihn in ein wahres Fieber der Aufregung. „Angela, weißt du denn nicht, daß .ich dich liebe, daß ich dich anbete, du Süße, du Schöne!"
Die junge Frau erblaßte bis in die Lippen und starrte ihn in Todesangst an.
„Um Himmels willen," rief sie, „was reden Sie? Wie können Sie? Sie vergessen—"
„Nichts vergesse ich," schrie er wütend. „Im Gegenteil, ich erinnere mich sehr genau, und ich sage dir, ich liebe dich bis zum Wahnsinn!"
„Still!" Mit Aufwand ihrer ganzen Kraft riß sie sich von ihm los. Der Zorn sprühte aus ihren Augen, und entrüstet schleuderte sie ihm die Worte entgegen: „Wie dürfen Sie es wagen, so zu mir zu sprechen! Niemand hat das Recht mir solche Worte zu sagen als mein Mann !"
„Ihr Mann!" Das Wort schien Stern zur Hellen Wut zu reizen. „Ihr Mann! Pah! Was ist er Ihnen
schttsrlichen Beziehungen, sie Ihr rmvergießlicher Herr Amtsvorgängier gepflegt, in gedeihlicher Weise sich jortentwickeln werden. Ihnen zur Erfüllung der übernommenen hohen Aufgabe vollen Erfolgs wünsche end, bitte ich Ew. Exellenz versichert zu sein, daß ich in fester Bandes treue bestrebt sei» werde, Ew. Exzellenz Politik, wo ich kann, mit allen Kräften zu unterstützen.
Di« chinesische Republik.
* Laudon, 21. Febr. Die „Times" meldet aus Peking vom 20. ds.: Nach langzer Unterbrechung ist die telegraphische Verbindung- mit Tschunking in der Provinz Szetschuan wiederhergestellt. Die! Berichte über die Lage in den inneren Provinzen lauten günstig-, dagegen kommt es in der Mandschurei zu beträchtlichen lokalen Unruhen, namentlich in Charbin, wo gestern in der Chinesenstadt Futfchiakun Zusammenstöße zwischen kaiserlichen und revolutionären Truppen stattfanden, die anscheinend von der Einigung noch nichts gehört hatten. Auch! aus Kuldscha werden wiederholt Unruhen gemeldet.
st Mulden, 2l. Febr. Der republikanische Oberbefehlshaber der Mandschurei Lantienwei verlangte von Taoerhsün die Amtsübergabe, andernfalls er die Stadt gewaltsam einnehmen werde. Die Bevölkerung ist unruhig, der Handel stockt.
Tie Unruhen in Mexiko.
* Newhork, 21. Febr. Ein englisches Unternehmen, die Sonora Company, ist von Rebellen geplündert worden. Der Betriebsleiter sichelte nach London, die mexikanische Regierung zahlt an China drei Millionen wegen der Tötmrg von 200 Chinesen während der letzten Revolution.
' * Newyvrk, 2l. Febr. Die Bundestruppen habe» die Stadt Santa Maria in der Nähe von Cuer- nawa eingenommen und eine starke Streitmacht von Anhängern Zapatas nach sechsstündigern Kampfe ans den Berschanzungen vertrieben. >
Vermischtes.
8 Mit einer originellen Stiftung würden die Stadtväter in der Stadt Dülken bei Krefeld beglückt. In der letzten Stadtverordnetensitzung machte der Vorsitzende die Mitteilung, daß der nach Mehlem verzogene Studtrat Miller dem Kollegium eine — Schnupftabakdose gestiftet habe, damit der 'S lad trat „ab und zu eine Prise nehmen" könnch- wenn er „verschnupft" sei. Die Lokalblätter wissen zu berichten, daß die Stadtväter von diesem Ge-! schenk sofort Gebrauch machten, und daß ein allgemeines Niesen und Prositrusen zu hören gewesen sei.
Handel und Verkehr.
' Altensteig, 22. Febr. Dem gestern hier stattgefundenen Viehmarkt waren zugeführt: 101 Paar Ochsen und Stiere, 45 Kühe, 49 Stück Jung- oder Schmalvieh, 93 Stück Läuferfchweine und 118 Milchschweine. Es galten: Ochsen u. Stiere 781—1362 Mk. pro Paar, Kühe 280—500 Mark, Jung- oder Schmalvieh 132—851 Mk.pro St. Läuferfchweine 40 bis 98 Mk., Milchschweine 20 bis 34 Mk. pro Paar.
* Bad Liebeazell, 20. Febr. Ter Gasthof zum Adler ging durch Kauf um die Summe von 85 000 Mark in den Besitz von Herrn Bott aus Wildbad über.
Verantwortlicher Redaktiur: L. Lau!, Mrn-etz.
Druck >m>> Nerlo-, der SU. Mekerltbeu Buckbruckeret in Mtensieig.
und Sie ihm l Am Hochzeitstag bat er Sie verlassen, er ist nachgewiesenermaßen ein Verräter an König und Vaterland, ein Mensch, der es nicht wagen darf, sich vier wieder sehen zu lassen. Kaltblütig überläßt er seine junge Frau ihrem Schicksal, allein und verlassen muß sie der Welt Trotz bieten. Sie sind ihm keine Treue schuldig! Halt!" rief er, als Angela sich zu einer Antwort anschickte, und seine Stimme wurde plötzlich wieder weich, „halt, Angela l Ich möchte lieber sterbe», als dich beleidigen oder auch nur ein Wort sagen, das dir Schmerz bereiten könnte, aber, Liebste, bedenke, es ist ganz ausgeschlossen, daß Erich je zurückkehrt, und ich möchte das Recht haben, dich zu beschützen und zu behüten."
Die weiche, flehende Zärtlichkeit in seinen letzten Worten erschütterte die junge Frau. Ihr Zorn schwand und Träne» traten ihr in die Augen. Mit bebenden Lippen stammelte sie: „Ich will ja glauben, daß Sie nur Mitleid mit mir haben und mir helfen wollen, aber — sagen Sie nie — nie wieder solche Worte! Ich weiß, daß Erich, mein Gatte, eines Tages zu mir zurttckkehren wird, und selbst wenn er nicht käme —"
„Nun, wenn er nicht käme, was dann?" unterbrach er sie hastig, „was dann?" Er war ganz nahe an sie heran- getreten, und sein heißer Atem streifte ihre Wange.
„Selbst dann würde ich nie — niemals aufhören ihn zu lieben," flüsterte sie, und ein rosiger Schein überzog ihr vorher so todblasses Gesicht. Und dann schwieg sie traumverloren, und auch der Mann sprach kein Wort. Nichts unterbrach die tiefe Stille als die zarten, flötengleichen Töne der Drossel, die in den Haselbüschen sgng. .
Fortsetzung folgt.
Die Xanthippe. — ,Mft meinem Mann ist's nimmer auszuhalten!' — »Und der sagt, mit Ihnen sers nickt aus- znhalten!" — „Oho ... der soll mir nur^nach Haus kommen!"