würde durch diese Maßnahme eine vollkommen neue Lage in Marokko geschaffen werden. Die Algecirasakte wird gesprengt; die sogenanntefried­liche Durchdringung" wird durch die- offene mili­tärische Okkupation abgelösi, und für Deutschland wird die Frage aktuell, wie es angesichts der ver­änderten Lage seine besonderen Interessen in Ma­rokko vor irgend welcher Schädigung bewahrt.

Allerlei.

* W ie d e r ein Fürs o r g e - Pr o ze ß. Der vor­der Kasseler Strafkammer gegen 6 Angeklagte ver­handelte Prozeß wegen Mißhandlung von Fürsorge­zöglingen enthüllt wieder trübe Bilder einer Für­sorgeerziehung, wie sie nicht fein soll. Als offizielles Züchtigungsmittel war der Gummischlanch in der Anstalt eingeführt. Ein Schüler war von einem Leh­rer sogar einmal gewürgt worden, so daß er ohn­mächtig wurde. Prügel waren an der Tagesordnung. Ein als Zeuge vernommener Fürsorgezögling, des­sen Aussagen allerdings mit Vorsicht aufzunehmen sind, bekundete, er sei nach den Prügeln, die er oft empfangen habe, in eiserne Ketten geschlossen worden, daß er sich nicht rühren konnte. Auch habe er Schläge mit einem Dornstock auf den Kopf und ins Gesicht bekommen. Der Leiter der An­stalt hatte in ihm einen Dieb vermutet und wollte ihn durch diese Peinigungen zu einem Geständnis bewegen. Er wurde auch im Keller eingeschlossen, wo ihm die Füße erfroren.

* R i e s e n u n t e rs ch l a g u n g e n beim Ro­ten Kreuz für die Kolonie-r. Einer Meldung derB. Z." zufolge wurde aufgedeckt, daß der lang­jährige Schatzmeister des Deutschen Frauenvereins für die Kolonien, Baumeister Hugo Wölfer, sich Un­terschlagungen im Gesamtbeträge von über 200 000 Mark hat zu Schulden kommen lassen.

* Ein trauriger Fall wird aus Wien gemel­det. Twrt erhängte sich in einer Gefängniszelle ein 16jähriger Handwerksbursche, der wegen Diebstahls von einem Liter Milch zu einer Woche Kerker ver­urteilt worden war. In einem hinterlassenen Briefe gab er das harte Urteil und Angst vor der Zwangs­erziehung als Grund des Selbstmordes an.

* Auf dem Bahnhof Schneidemühl (Posen) stießen ein Personenzug und ein Güterzug zusam­men. Von dem Personenzug entgleisten die Maschine und 3 Wagen, vom Güterzug 5 Viehwagen. Der Lokomoliv- und der Zugführer vom Personenzug, sowie 8 Reisende wurden erheblich verletzt.

8 Das hundertjährige Jubiläum der Lokomotive.

Der Besitzer der Kohlengruben in Middleton bei Leeds, John Blenkinsop, erhielt am 12. April 1811 das erste Patent auf eine Dampflokomotive zuge­stellt. Die Dampfmaschine hatte sich damals in Eng­land im Bergbau ausgezeichnet bewährt. Man hatte auch schon verschiedentlich Dampfwagen auf gewöhn­lichen Straßen fahren lassen. Blenkinsop war der erste, der den Dampfwagen auf die glatten Schie­nen zu setzen wagte. Daß sich ein Dampfwagen auf glatten Schienen mit einer angehangenen Last fortbewegen könne, glaubte niemand. Deshalb legte Blenkinsop längs der einen Schiene eine Zahn­stange. Die Lokomotive setzte ein Zahnrad in Bewe­gung, das in diese Zahnstange eingriff. Blenkinsop ließ alsbald auch eine Lokomotive dieses Svstems in

rnenlarer Gewalt gellend und warf alle die Vorsätze über den Haufen, die er soeben erst unter dem Einfluß seiner Mutter gefaßt hatte und die durchzuführen er willens ge­wesen war.

Mit raschen Schritten eilte er auf Else zu,'? die sich bei dem Geräusch seiner Tritte hastig umwandte und leicht errötete, als sie ihn erblickte. . -

Hermann Sie kommen also doch noch?"f

Es klang wie heimlich unterdrückter Jubel, wie er­füllte Sehnsucht aus den Worten heraus, und ihre Hand ruhte heute wärmer und länger in der seinigen als sonst.

Sie haben auf mich gewartet, Else? Tausend Dank!"

Und plötzlich beugte »sich Hermann nieder und küßte ihre Hand, was er noch niemals g etan hatte.

Rasch und erschrocken zog Else dieselbe zurück. 0

»Das ist wider die Verabredung!" versuchte sie zu scherzen, aber in ihren Augen leuchtete ein seltsamer Schein wie von heimlicher Scheu und heimlicher Sehnsucht, und ihre Waugen färbten sich dunkler.

Verzeihen Sie, Else aber heute müssen Sie mir diese kleine Freiheit schon gestatten, denn ich komme, um Abschied von Ihnen zu nehmen."

»Sie wollen fort?"

»Ich will nicht ... ich muß!"

»Aber so erzählen Sie doch!"

»Ich weiß nicht recht, ob ich's Ihnen sagen soll, Else. Ich weiß auch nicht, ob ich gehen werde ... ich weiß über­haupt nicht, was mit mir geschehen soll . . . am liebsten legte ich mein Schicksal in Ihre Hand . . .

Hermann, sprechen Sie verständig. Sie haben mich Ihren Freund genannt, nun müssen Sie auch Vertrauen zu mir haben." *

der Fabrik von Murray in Leeds erbauen. Diese erste Dampflokomotive der Erde kam 18k 2 auf der Strecke Leeds-Middleton zum Kohlentransport in Be­trieb. Diese Lokomotive war vier Jahre älter als die erste von Stephenson. Auch wir in Deutschland erbauten alsbald - und. gleichfalls vor Stephenson eine Dampflokomotive. Die preußische Bergver­waltung hatte zwei technische Beamte, Eckardt und Krigar, nach England gesandtzum Studium der Dampfkraft in ihrer Anwendung auf den Verkehr." Nach ihrer Rückkehr wurde Krigar mit der Erbauung einer Lokomotive beauftragt, die auf der Königs­hütte in Oberschlesien zum Kohlentransport ver­wendet werden sollte. Am 23. Oktober kam die Lokomotive, in 13 Kisten verpackt, auf dem Wasser­wege in Oberschlesien an, doch mißlangen verschie­dene Versuche zu ihrer Anwendung. Schließlich baute man die Lokomotive zu einer stehenden Pumpanlage um. In Berlin aber ging man an den Bau einer zweiten Lokomotive, die am 22. September 1818 durch Spree, Havel, Elbe, Nordsee, Rhein und Saar bis zur Zeche Bauernwald geschafft wurde. Auch diese Maschine funktionierte nicht recht. Im Jahre 1836, also nach Eröffnung der ersten deutschen Eisen­bahn, verkaufte man sie als altes Eisen.

ß Hie gut Württemberg allweg! Von Stuttgart fuhr der Zug das Neckartal auswärts. In einem Abteil vierter Güte saß eine glückliche Mutter mit drei rotbackigen Sprößlingen, die zur mehr oder we­niger großen Freude der Mitreisenden verwegene Proben ihres lebhaften Temperaments ablegten. Das ging eine Weile ganz gut; nach einiger Zeit aber fing der Jüngste, ein Einjähriger, an, zuerst ganz sachte, dann immer lauter und deutlicher seinem Mißbehagen Ausdruck zu geben, schließlich wurde das ganze Publikum in tatsächliche Mitleidenschaft gezogen^ Eine andere Mutter, die in der Nähe saß, kam mit einer Zuckerbretzel zu Hilfe - vergebens, der Einjährige warf den Leckerbissen unbesehen zu Boden.Er hat halt Durscht!" meinte die eine Mutter. Schleunigst packte die andere einen ansehn­lichenSchoppen" aus ihrer Handiasche aus.Ja, wenn er nur Milch trinke tät!" meinte die erste Mutter.Ja, was trinkt er denn?" tönte es von mehreren Seilen.Ja, wisset Se", antwortete die Mutter, stolz in die Runde blickend,er ischt halt sein Moscht g'wöhnt."

ß Wie der Chinese pumpt. DerOstasiatische Lloyd" veröffentlicht einen interessanten Artikel über denChinesen in Geldverlegenheiten." Das Pfand- Hauswesen ist in China bekanntlich sehr entwickelt und nicht nur der Notleidende nimmt, wie bei uns, das Leihhaus in Anspruch, sondern auch der kleine Spekulant und das ist jeder Chinese. Das Leihhaus ist für den Chinesen des Mittelstandes Kleiderschrank und Gerätekammer, der Ort, wo er dem Verderben ausgesetzte und von Dieben bedrohte Gegenstände aufbewahrt und zugleich Geld dafür geliehen er­hält. Die Zinsen betragen 3 Prozent pro Monat. Ist der Chinese arg in der Klemme, hat er auch schon seinen Grundbesitz belastet, so kann er immer­noch Frau und Kind verpfänden. Oft kommt es vor, daß der geldbedürftige Chinese, um ein Dar­lehen zu erhalten, einen Verein gründet. Angenom­men Herr Wang braucht 60 Dollars, besitzt aber nur 5. Dann ladet er zwölf Bekannte zu einer ver­traulichen Besprechung ein und eröffnet ihnen, daß er einen Leihverein gründen wolle. Selten schließt sich jemand aus, da ja jeder in eine ähnliche Lage

Ich habe ja zu keinem Menschen gsüßeres Vertrauen dls zu Ahnen, Else; deshalb sollen Sie jetzt entscheiden. Nicht wahr, wir hatten verabredet, daß ich bei Ihrem Vater die Landwirtschaft erlernen und dann auf die Uni­versität gehen sollte, um mich zur selbständigen Bewirt­schaftung Lauenantz vorzubereiten?"

Ja, das war unser Plan. Papa ist auch vollständig damit einverstanden. Er findet ihn sehr verständig."

Das ist er auch, Else . . . leider ist er nur nicht durchführbar."

Weshalb nicht?"

Fast wäre Hermann herausgeplatzt:weil ich keine Mittel dazu habe." Aber er schämte sich dieses Einge­ständnisses und entgegenete:Weil meine Mutter diesen Plan nicht billigt."

Ihre Frau Mutter? Aber was sollen Sie denn be­ginnen?"

Sie will mich nach Berlin schicken."

Nach Berlin? Was sollen Sie denn in Berlin? Wie­der in das Regiment eintreten?"

Nein ich soll heiraten!" sAch, Hermann daß Sie auch niemals ernsthaft sprechen können!"

fAber ich scherze durchaus nicht! Hören Sie nur..." ?> Dann erzählte er ihr von dem Plane seiner Mutter.

1 'Was soll ich nun tun?" fragte er zum Schluß.

- Aufmerksam hatte Else ihm zngehört.

An ihrem Herzen stieg aber nach und nach eine Bitter­keit empor, d e sie zornig und ungerecht machte.

Sie hatte wirkliche Freundschaft für len Spielgefähr­ten ihrer K ndheit empfunden; diese Freundschaft war all­

kommen kann. Wang wird Vorsitzender des Ver­eins und nimmt nun von jedem einen monatlichen Beitrag von 5 Dollars entgegen. Sv hat er zunächst seine 60 Dollars. Im zweiten Monat zahlt wieder jeder 5 Dollars und nun erhält das zweite Mit­glied 55 Dollars. So wird die Zahlung jeden Mo­nat fortgesetzt bis im zwölften Monat das zwölfte Mitglied seinen vollen Beitrag zurückerhalken hat. Dann löst sich der Verein wieder auf, denn Herr Wang hat seine 55 Dollars in monatlichen Raten abgezahlt.

Handel und Berkehr.

* Stuttgart, 22. April. Die Spargelsaifon hat begonnen. Auf dem heutigen Wochenmarkt koste­ten Hördter Spargeln 1,20 Mk. per Pfund, Unter- türkheimer je nach Qualität 1,20 bis 1,80 Mark per Pfund.

jj Stuttgart, 22. April. (Schlachtviehmarkt.) Zugetrieben 80 Großvieh, 98 Kälber, 370 Schweine.

Erlös aus sts Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual, a) ausgemästete von 93 bis 96 Pfg., 2. Qual, b) fleischige und ältere von bis Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual, a) vollfleischige, von 86 bis 88 Pfg., 2. Qualität b) ältere und weniger fleischige von 85 bis 86 Pfg., Stiere und Jungrinderl. Qual, u) ausgemästete von 97 bis 100 Pfg., 2. Qualität b) fleischige von 94 bis 96 Pfg., 3. Qualität v) geringere von 90 bis 92 Pfg.; Kühe 1. Qual, a) junge gemästete von bis Pfg., 2. Qualität d) ältere gemästete von 66 bis 76 Pfg., 3. Qualität o) geringere von 46 bis 57 Pfg., Kälber: 1. Qualität s) beste Saug­kälber von 105 bis 108 Pfg., 2. Qualität b) gute Saug­kälber von 160 bis 103 Pfg., 3. Qualität e) geringere Saug­kälber von 95 bis 98 P Schweine 1. Qualität a) junge fleischige 60 bis 61 Pfg., 2. Qualität b) schwere fette von 57 bis 59 Pfg., 3 Qualität v) geringere von bis Pfg.

* Gaildorf, 23. April. (H ol z er s e.) Die Gräfl. Pückler-Limpurgsche Forftverwaltung brachte bei ihrem gestrigen Brennholz-Verkauf 851 Rm. zum Verkauf. Erlöst wurden pro Rm. buchene Scheiter 12,45 Mk., Prügel u. Klotzholz 9 Mk.; Reisprügel 6,10 Mk., tannene Prügel 7,80 Mk., Tannen-Anbruch 6,90 Mk.

Der Saatenstand im deutschen Reich

war um die Mitte April der folgende, wenn 2 gut und 3 mittel bedeuten: Winterweizen 2,7 gegen 2,2 im Vorjahr und 2,7 im letzten zehnjährigen Durchschnitt zur Aprilmitte; Winterroggen 2,8 ge­gen 2,4 bezw. 2,6; Klee 3,0 gegen 2,3 bezw. 2,6; Luzerne 2,9 gegen 2,4 bezw. 2,5; bewässerte Wie­sen 2,6 gegen 2,3 und andere Wiesen 2,9 gegen 2,7 im Vorjahr. Der Saatenstand ist daher wesentlich ungünstiger als um die gleiche Zeit des Vorjah­res und bleibt auch hinter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre zum Teil erheblich zurück. Der Wettersturz nach dem milden Winter und den war­men Märztagen im April, bei dem die Tempera­tur in manchen Gegenden bis auf 12 Grad C. unter Null herabsank, sowie der Mangel eines durchdrin­genden Regens wirkten ungünstig auf den Saaten­stand ein.

Voraussichtliches Wetter

am Dienstag, den 25. April: Ziemlich wolkig, mäßig warm, vereinzelt etwas Regen.

Vrrarttssrtlicher Redakteur; L. Lauk, Altensteig.

Truck u. Verlag der W. Ricker'schen Bvckdruckeret, 9. Lauk, Altensteig.

mählich in ein inniges Mitleid übergegangen. Sie er­kannte Hermanns Charakter nur zu gut; sie wußte, daß er eines gewissen Anspornes bedurfte, um sich zu energie­voller Tätigkeit anfznraffen. Er wollte stets das Gute, ohne jedoch die Kraft zu finden, es auch wirklich auszu­üben. Er ließ sich treiben, wohin ihn das Leben trieb, das war sein Hauptfehler nach der guten und nach der schlechten Seite hin, je nachdem der Wind wehte.

Else hatte gehofft, Hermann würde sich jetzt empor-, raffen. Er würde mutig und willenskräftig den Weg der Pflicht, der Ehre, der Arbeit voranschreiten und allerhand unklare, ihr selbst nicht bewußte Bilder von einem zu­künftigen Glück hatten sich an diese Vorstellung geknüpft.

Und jetzt zweifelte er wieder, jetzt schwankte er wieder!

Sie wußte wohl, dieses Zweifeln und Schwanken würde > bannt enden, daß er dem stärkeren Druck des mütterlichen Willens nachgab, zumal Wohlleben und Reichtum dadurch für ihn mühelos zu erreichen war. Und Wohlleben und! Reichtum waren für seinen Charakter die erstrebenswertesten Kiele.

Sie sah ein, daß alle ihre Bemühungen, ihn dem weichlichen Sichgehenlassen zu entreißen, vergeblich sein wür­den und ein ihr selbst unerklärlicher Schinerz pnd Zorn erfüllten ihr Herz. . v ?

Fortsetzung folgt.

Das Beste. »Wie haben denn Ihre Angehörigen Ihre Ordensauszeichnung ausgenommen, Herr Rat?" Meine Jüngste hat's in einem Epos behandelt, meine Aelteste, die Konservatoristin, in einer Jubel-Hymne, meine Frau aber hat ein famoses Spanferkel dazu gemacht.