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1877.

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Nr. SS.

Ausgabe i» Altensteig-Stadt.

Freitag, den 81. April.

l Bm der SiKloMlie.

j ' Die Vereinigten Staaten von Nordamerika sind ^ich: allein das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. ! sondern auch das der entschiedensten Wahrnehmung ! der eigenen Interessen. Und, was dabei das Be­merkenswerteste bleibt, trotzdem werden sie von al- ^ len Seiten politisch verhätschelt! Der Handelsver­trag, den die Regierung in Washington mit der be­nachbarten britischen Kolonie Kanada abschloß, wird in London sehr, sehr ungern gesehen ; aber man läßt sich nicht das mindeste merken, ist sogar mit dem ; Abschluß eines Schiedsgerichtsvertrages einverstan- s den und nennt die nordamerikanische Union den besten Freund. Wenn Deutschland so verschieden sprechen und handeln wollte, dann hätten wir die Kritik von ganz Europa aust dem Halse. Im vor- liegMden Falle herrscht dagegen allgemeine Ent­haltsamkeit in der Kritik, diplomatisches. Schweigen. Daß unter solchen Umständen in Nordamerika das .Bewußtsein, wir können machen, was wir wollen, immer stärker wird, liegt aus der Hand.

Noch kennzeichnender ist der soeben erfolgte Rück­tritt des nordamerikanischen Botschafters Hill in Berlin. Man braucht sich nicht lange'die Köpfe zu zerbrechen, aus welchem Grunde dies geschehen ist, auch das nicht laut Ausgesprochene liegt hier ziem­lich klar zu Tage. Die Gelehrtennatur des Herrn Hill ist den großen Jnteressenteugruppen jenseits des Ozeans nicht energisch genug zur Förderung ihrer > Ansprüche, und das ist ihm in geeigneter Weise zu verstehen gegeben. Daß die deutsche Reichsregierung keinen fremden Diplomaten aus Berlin ,,wegbeißt", ist ganz selbstverständlich, und es ist auch in diesem ! Falle nicht geschehen. Der Vorgang beweist uns aber, wie schwer es uns werden wird, zu einem i wirklich guten handelspolitischen Einvernehmen mit ! den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu kom­men. Daß wir heute den Kürzeren ziehen, ist be- . kannt; die deutsche Ausfuhr-Industrie hat infolge der Zollschraubereien drüben seit Jahren eine Ein­buße nach der anderen gehabt, während unsere ge­ringeren Tarife die amerikanische Einfuhr bei uns begünstigten. Gerade weil wir mit den Amerikanern in Frieden leben und Handel treiben wollen, muß ein Ausgleich in dieser Beziehung einmal stattsinden. Und der Botschafter Hill wäre für dies Ziel vielleicht der passende Mann gewesen. Mag auch über diesen notwendigen deutsch-amerikanischen Ausgleich heute fortgesehen werden, der Zwang zu seiner Erledigung verschwindet damit nicht.

Die Bedeutsamkeit einer energischen diplomati­schen Vertretung im Aus lande wird heute überall erkannt, und es ist darum nicht zu verwundern, wenn auch für Deutschland wieder die Frage erörtert , wird, ob nicht zu der Liebenswürdigkeit unserer Bot­schafter bei den einzelnen Großmächten da und dort noch ein Funken persönlicher Kraft hinzutreten könnte. Wir haben von unseren Vertretern so manche schöne Rede vernommen, welche die Nationen zur Freundschaft ermahnte, aber wir können leider nicht sagen, daß diese Worh,e immer in der wünschens­werten Weise beherzigt worden wären. Und Diplo­matenreden, die aus irgend einem Grunde ohne Erfolg bleiben, schaden! Wir haben um so mehr Anlaß, uns mit diesem Thema zu beschäftigen, als «4 die Erneuerung unserer Handelsverträge allgemein 4 . näher heranrückt, während die Verhandlungen über solche Abmachungen mit Japan und Schweden noch nicht bis zur Unterzeichnung gediehen sind. In je- lg« dem Staate, mag er groß oder klein sein, ist heute

._ das Bestreben vorhanden, die heimische Industrie zu

lr schützen und zugleich die Einnahmen zu erhöhen, das eig wirtschaftliche Barometer zeigt als Tendenz mithin wer eine solche nach Zollsteigerung, weil überall viel mehr wch Geld gebraucht wird. Deutschland hat keinen An- ech- j laß, auf seinem Rücken fremdes Holz spalten zu jer- lassen, und darum muß beizeiten die Erkenntnis stre i wachgerufen werden, daß eine Hand die andere in s den internationalen Beziehungen waschen muß.

Tagespolitik.

Wie eine parlamentarische Korrespondenz schreibt, hofft man, daß die Kommission für das neue Strafgesetzbuch, die am 4. April ihre Arbeiten ausgenommen hat, sie schon bis zum Früh­jahr 1912 beendet haben wird, so daß unter Umstän­den der Reichstag schon in der Session 1913 sich mit dem neuen Strafgesetzbuch befassen kann. Die Regelung des Strafvollzuges wird erst später er­folgen können, wenn das Strafgesetzbuch in allen seinen Punkten feststeht. Es ist jedoch fraglich, ob sich eine Vereinheitlichung des Strafvollzuges für ganz Deutschland durchführen lassen wird.

» *

Der französische Abgeordnete Jaures hat wäh­rend der letzten Herbstferien einen Gesetzesvorschlag ausgearbeitet, welcher auf die D e m o k r ach i ssi e-- rung der französischen Armee' abzielt. Er hat seinen Vorschlag Mitte November auf dem Bu­reau der Kammer niedergelegt, die Arbeit ist aber jetzt erst unter den Drucksachen der Kammer zur Ver­teilung gelangt, weil Jaures sie gleichzeitig dem all­gemeinen Publikum in der Form eines Buches zu­gänglich machen wollte, das jetzt unter dem Titel Die neue Armee" erschienen ist. Der legislatorische Vorschlag von Jaures hat den einfachen TitelGe- setzes-Borschlag über die Organisation der Armee": er ist entsprechend der Geschäftsordnung des fran­zösischen Parlaments zunächst au die Armeekommif- sion der Kammer verwiesen worden. Jaures hat mit dieser Arbeit keineswegs beabsichtigt, ein Zukünfts- bild der Armee im sozialistischen Staate auszuma­len: er stellt sich im Gegenteil als Evolutionist auf den Boden der bestehenden Armee-Organisation und tut dar, wie diese Armee das, was noch an veralteten Rücksichten und Gebräuchen in ihr steckt, ablegen soll, um ein wirkliches Volksheer im demokratischen Sinne zu werden, ohne jedoch an Wert für die Lan­desverteidigung einzubüßen. Jaures hat sich auf politische Abschweifungen nur wenig eingelassen. Er schildert lediglich die Leistungen der Armeen der ersten Republik sowie der nach dem Sturz des Kai­serreiches im Jahre 187(1 zur Landesverteidigung aufgebotenen Reserven. Er schlägt dann in posi­tiver Weise die Umwandlung des französischen Heeres in eine Armee mit allgemeiner Militärpflicht, kur­zen Uebungsperioden und einem besonderen tech­nisch ausgebildeten Offizierkorps vor, in der Haupt­sache nach dem Muster der Schweiz. .

Landesnachrichten.

- 21. April.

* Wie uns berichtet wird, hat sich anläßlich eines im Goldgewerbe für Schönheit und Kunst aus­geschriebenen Wettbewerbs von ca. 11.00 Bewerbern ein im Anfang der 20er Jahre stehender Stahl­graveur und Zeichner Karl Walz von Walddorf OA. Nagold gebürtig, den 3. Preis erworben. Her vorzuheben ist, daß er bis zum 14. Lebensjahr die Walddorfer Volksschule besuchte.

* Die Handwerkskammer Reutlingen hält am 28. ds. Mts. eine Vollversammlung ab, von der u. a. die zulässige Höchstzahl von Lehrlingen festgesetzt und die Wahl eines Sekretärs für den ausscheidenden bisherigen Sekretär Freytag vorgenommen wer den soll.

>s Neuenbürg. 20. April. Der Besuch, den unsere Königin mit der Fürstin Wied dem Schömberger Sanatorium für Lungenkranke abstattete, erin­nert an die Entstehung des Luftkurorts Schömberg. Ende der 80er Jahre brannte ein großer Teil des Orts ab, die Zeitungen brachten über die Zerstörung der in stiller Weltabgeschiedenheit verborgen gelege­nen Schwarzwaldhäuser Mitteilungen, die einen Maler veranlaßten, den Ort aufzusuchen, in dem er sich in der Folge wohl und behaglich fühlte, denn die reine, milde Höhenluft in dem auf dem Hochplateau zwischen Enz- und Nagoldtal, zwischen

NmtSblatt für Pfalrgrafeuweiler.

1911 .

Wäldern und saftigen Wiesen in einer leichten Tal­mulde eingebetteten Schömberg bekam auch seiner angegriffenen Gesundheit gut. Seine Wahrnehmung teilte er bekannten Aerzten mit und bald war un­ter Dr. Baudachs Leitung ein kleines Haus voll mit Heilung suchenden Gästen. Aus diesem kleinen Haus heraus ist das heutige Dr. Koch'sche Sanato­rium entstanden, mit Dr. Koch als ärztlichem Lei­ter und dem Gründer: Direktor'mpler als kauf­männischem Leiter an der Spitze. Zwei weitere große Anstalten kamen dazu, die neue Heilanstalt von Dr. Schröder und die Süddeutsche Heilanstalt, je unter besonderer Leitung. Die großen Anstalten mit ihren Anlagen, die Wohngebäude der Aerzte, Direktoren und angesiedelten früheren Kranken liegen anmutig zerstreut und alles in allem ist Schömberg em württ. Kurort ersten Ranges geworden, welcher Tausenden von Kranken aus allen Weltteilen Heilung brachte.

ss Horb, 20. April. Als gestern abend in dem benachbarten Rexin gen der Bauer Johs. Kaupp vom Felde nachhause fahren wollte, scheuten die Pferde. Der Wagen fiel um und die 73jährige Ehe­frau des Bauern und seine Schwägerin kamen un­ter das Fuhrwerk. Elftere war sofort tot, wäh­rend die andere Frau sehr schwer verletzt nachhause gebracht werden mußte.

js Rottweil. 20. April. Gestern mittag ist der Dienstknecht Traugott Pfeil von Ochsenberg, OA. Heidenheim, aus dem hiesigen Gerichtsgefängnis nach Uebersteigen der Mauer entwichen. Er ist vor kurzem von der K. Strafkammer hier wegen Be­trugs im Rückfall zu 6 Monaten Gefängnis ver­urteilt worden und hätte sich in nächster Zeit noch einmal vor demselben Gericht zu verantworten ge­habt. Pfeil soll ein gewohnheitsmäßiger Betrüger sein und auch noch bei anderen Behörden in Unter­suchung stehen.

* Stuttgart, 2 ( 1 . April. General der Infanterie und Generaladjutant Freiherr von Bilfinger feiert am 25. April das 50. Militärdienstjubiläum. Her­mann Bilfinger, geb. am 1. März 1843 zu Friolz­heim OA. Leonberg als Pfarrers-Sohn, hat im 1. Jägerbataillon als Bataillonsadjutant den Feldzug von 1866 und in diesem das Gefecht von Tauber- bischofsheim mitgemacht. Seit 1869 Oberleutnant, zog er 1870 als Brigadeadjutant mit ins Feld. Er hat die Schlacht bei Wörth, die Wegnahme der Feste Lichtenberg; die Schlacht bei Sedan, die Einschließung und Belagerung von Paris, das Gefecht am Mont Mesly, die 1. und 2 . Schlacht bei Villiers, die Gefechte bei Ville Evrart mitgemacht. Als Ritter des Militärverdienstordens, womit der Personaladel verknüpft ist, und als Ritter des Eisernen Kreu­zes kehrte er aus dem Feldzug heim.

ss Stuttgart, 20. April. Die Verbandsversamm-. lung des Verbands landwirtschaftl. Genossenschaften in Württemberg und die Generalversammlung der Landwirtschaftl. Genossenschafts-Zentralkasse werden am Montag den 15. Mai ds. Js. in Stuttgart stattfinden.

ss Stuttgart, 20 . April. Wie der Schwäbische Merkur hört, stellt eine englische Gesellschaft, die sich mit dem Bau großer Hotels in allen größeren Städten befaßt, in Unterhandlung mit dem Grafen Henckel-Donnersmarck, der bekanntlich den Komplex gekauft hat, auf dem der jetzige Bahnhof steht. Ge­boten sind etwa 2000 Mark für den Quadratmeter, also ungefähr das 5fache des seinerzeitigen Erwerbs­preises: verlangt werden aber 3000 Mark. Das Geschäft wird aber wohl doch zustande kommen.

ss Stuttgart, 20. April. (Fischzucht.' Nach dem Jahresbericht des württ. Landesfischereivereius zählt derselbe 3230 Mitglieder, worunter 152 in Hohenzollern. 2855 seiner Mitglieder sind in 44 Fischereivereineu vereinigt.

ss Stuttgart, 20. April. In den Unteren Anlage­seen an der Hellasgruppe haben sich auf der kleinen Insel zirka W Paar Wi'ldenten eingenistet. Ein Paar hat zur Zeit sieben Junge.

ss Stuttgart, 20. April, lieber die Frage der E r zi e h un gs r e li g io n der Kinder hat das