Tag in Begleitung des Amtsdieners wieder zu er scheinen. Dach auch diesem erging es ebenso, und erst nach langem Hin und Wieder konnte sie sich entschließen, dem Gerichtsvollzieher seine Forde­rung auszuhändigen. Die Dache dürste für. die Bäuerin ein unliebsames Nachspiel haben, sie wird wohl aber darüber belehrt werden, daß auch eine Dienstmagd ihres Lohnes wert ist und daß Beamte, die in 'Ausübung ihres Berufs bei ihr erscheinen, nicht soliebenswürdig" zu empfangen sind.

Ans den Gerichtssälrrv.

^, Stuttgart, l 8. Dez. (Slrafkam m e r.) Der 18 Jahre alte Taglöhner Friedrich Noz stieg in Pflugfelden am Hellen Tage in die Wohnung eines Bauern ein, um zu stehlen. Dabei wurde er be­obachtet. Als der Potizeidiener herbeikam, flüchtete der Dieb auf die Bühne und gab mehrere Schreck­schüsse ab. Erst nach längerem Zureden seitens des Polizeidieners gab er den Revolver heraus, aber nur unter der Bedingung, daß er nicht durch den Ort auf das Rathaus abgeführt werde, sondern gleich nach LudwigSburg. Die Strafkammer er­kannte gegen ihn wegen Diebstahls, Widerstands und Beleidigung auf 8 Monate Gefängnis, unter Anrechnung von zwei Monaten Untersuchungshaft.

j. Heilbronn, 13. Dez. (Strafkammer., Die Strafkammer verurteilte den 16 Jahre alten Kauf- maunslehrling Max Mahlert von Heilbronn wegen Unterschlagung zu sieben Monaten Gefängnis. 3 Wochen Untersuchungshaft wurden.in Anrechnung gebracht. Er hatte bekanntlich von einer Landes prvduktenhandlung, bei der er als Lehrling einge­stellt war, den Auftrag erhalten, auf der Bank mit einem Wechsel von 30 000 Mark Dokumente einzulösen. Bon der Bank erhielt er in bar 18 762,60 Mark. Anstatt nun das Geld abzulie fern, kaufte er sich einen Ueberzieher um 63 Mark, eine Mütze und einen Stock um 7,50 Mark, ein Paar gelbe Schuhe um I 7 Mark und fuhr sodann nach Würzbnrg, wo er sich kurze Zeit aufhielt und eine Uhr um 57 Mark kaufte. Dann reiste er nach Ham bürg und ließ sich in einer Droschke vor die Woh­nung seines Freundes fahren, der von seiner Flucht schon telegraphisch verständigt wurde und ihn der Polizei auslieferte. Bei seiner Festnahme hatte er noch 13 5!-!,'-!,62 Mark im Besitz. Er wollte, wie er zugibt, eine Reise nach Amerika machen, um dort, wie es in Reisebefchreibungen und anderer Lektüre, wieBuffalo Bill" usw. beschrieben ist, sein Glück zu machen.

Wie der Bataillouskommandcur des I. Jagerbatail­lons Oberstleutnant Steiger fiel.

Darüber erhält der Staats-Anz. folgende Zu­schrift: Bei Gelegenheit des so herrlich verlaufe­nen Beteranen-Appells in Stuttgart klagte eine An zahl Veteranen des !. Jägerbataillons darüber, daß Veteranen anderer Truppenteile immer wieder die üble Nachrede verbreiten, der Bataillonskomman deur des l. Jägerbataillons, Oberstleutnant Stei ger, sei von einem Angehörigen des Bataillons nie- dergejchossen worden. Schon während des Krieges 1870 7l wurde brieflich aus der Heimat bei mir angefragt, ob an dem Gerücht etwas Wahres sei? Da diese üble Nachrede, welche für die Angehöri­gen des l. Jägerbataillvns beleidigend und schmerz­lich sein muß, nach 40 Jahren noch nicht verstummt ist, so halte ich, der ehemalige Baraillonsarzt des 1. Jägerbataillons, es für meine heilige Pflicht, dieser Verleumdung mit allem Nachdruck entgegen zutreten. Das geschieht am besten dadurch, daß ich den Hergang bei der Verwundung des Oberstleut nant v. Steiger nach seinen mir gegenüber gemach­ten Angaben, nach meinen selbst gemachten Beobach­tungen und nach der Erzählung des Bataillons­adjutanten, deni damaligen Oberleutnant von der Osten, im Einzelnen darlege.

Am Tage von Lichtenberg hatte ich bei Beginn der Beschießung der Festung meinen Verbandsplatz zusammen mit dem der Artillerie-Abteilung in dem Försterhaus am Rande des Waldes eingerichtet. Et­wa 2 Stunden nach Beginn der Beschießung kan, eine Ordonnanz und berief mich nach Lichtenberg, da Oberstleutnant v. Steiger schwer verwundet sei. Sprungweise und im Laufschritt ging ich, unter Zu rücklasfung von Burschen und Pferd, über das weite freie Feld zwischen Wald und Festung nach dem Dorfe Lichtenberg zu meinem im Pfarrhaus lie­genden Bataillonskvmmandeur. Die Untersuchung ergab eine kleine Einschußöffnung an der rechten Bauchseite, etwa 1 Fingerbreit von der rechten unteren Rippenwand entfernt, also eine Schußverletzung der Leber. Eine Ausschußöffnung war nicht vorhan­den. Oberstleutnant v. Steiger gab mir an, wie er in der Hauptstraße von Lichtenberg, die in gerader Linie zur Festung hinaufsührt, von der rechten Seite der Straße gegen die linke Straßenseite geritten sei, habe er den Schuß erhalten. Der Adjutant Oberleutnant von der Osten schilderte den Vorgang folgendermaßen: Oberstleutnant v. Steiger hielt mit seinem Pferd hinter einem Haus auf der rechten Straßenseite, er ritt einigemate auf die Straße

heraus, um Befehle zu erteilen, von der Osten bemerkte, daß sofort auf Oberstleutnant v. Stei­ger von der Festung aus gezielt und geschossen wurde; er warnte deshalb seinen Kommandeur, sich nicht unnötig zu zeigen, v. Steiger beachtete dies nicht, er feuerte vielmehr einen Krankenträger, der sich fürchtete, die Straße zu überschreiten, dadurch an, daß er neben ihm ritt und denselben mit seiner Person und mit seinem Pferd gegen Kugeln von der Festung her deckte. Bei dieser Gelegenheit er hielt v. Steiger den tödlichen Schuß in die rechte Bauchseite von der Festung her. Diese rührende Fürsorge und Aufopferung des Oberstleutnants v. Steiger verdient es, weiteren Kreisen bekannt und der Nachwelt überliefert zu werden. Kurz möchte ich noch beifügen, daß ich Oberstleutnant v. Stei­ger bei Eintritt der Dunkelheit in das Fvrsthaus tragen ließ. Ich leitete den Transport, lagerte ihn im Forsthaus und ließ einen ganz zuverlässigen Sanitätsunteroffizier bei ihn, zurück mit dem Auf trag, mich sofort zu rufen, wenn Oberstleutnant v. Steiger nach mir verlange. Da vor Nacht die Fe stung übergeben wurde, rief mich der Dienst nach Lichteuberg, wo im Schulhaus die verwundeten Deutschen und Franzosen verbunden werden muß, ten. Als ich um zwei Uhr nachts todmüde mich zu Bett gelegt hatte, wurde ich zu Oberstleutnant v. Steiger gerufen, der nach mir verlangt hatte. Ich fand ihn sterbend. Er sagte noch:Doktor, was ist das, mir wird es so schwarz vor den Augen," Daraus trat Erbrechen und während des Erbre chens der Tod ein. Eine weitere Bestätigung er­halten diese Angaben durch die Aussage eines Ge- fsaugeuen eines Sergeanten, der sagte, daß er auf den Offizier aut hem Rappen immer im Anschlag gelegen sei und daß er ihn getroffen habe vom Pferde sinken sehen. Diese Aussage hat er. dem damaligen Leutnant jetzt Major Nagel gemacht.

Hienach ist es vollkommen ausgeschlossen, daß Oberstleutnant v. Steiger von einem Angehörigen des l. Jägerbataillons in den Unterleib geschossen wurde. Das immer noch umlaufende Gerücht muß als böswillige Verleumdung gebraudmarkt werden.

Dr. v. Burk, Generalarzt a. D.

Aus dem Reiche.

- Berlin, l 3. Dez. Im Reichstag hat heilte die Forts chrittl. Volkspartei folgende In­terpellation eingebracht: Ist der Herr Reichs­kanzler bereit, angesichts der schweren Mißstände, die sich aus der Besteuerung von Zündwaren für die beteiligte Industrie und Arbeiterschaft wie für die Verbraucher ergeben haben, die Aufhebung des Zündwarenfteuergesehes vom >5. Juli 1000 in die Wege zu leiten?

st Stettin, l 3. Dez. Beim Einlaufen eines Zu­ges in den Personenbahnhof gegen 3 Uhr nachmit­tags entgleisten drei Wagen und legtet sich auf die Seite. Dabei ist ein junges Mädchen tödlich v-'run glückt. Ein Knabe erlitt einen- einfachen, ein zweiter einen komplizierten Beinbruch. Die Aufräumungsarbeiten sind beendet.

Zur Arbeiterbewegung in Pforzheim.

st Pforzheim, l 3. Dez. Die badische Regie­rung verwahrt sich in einer Erklärung der Karls­ruher Zeitung entschieden gegen den Vorwurf der hiesigen Fabrikanten, daß sie es an dem notwen­digen Schutz der hiesigen Arbeitswilligen habe feh len lassen. Sie weist darauf hin, daß von Fabri- kantensrite es schon im Oktober als wünschenswert erklärt worden sei, den Betrieb sämtlicher Fabri­ken ans geschäftlichen Rücksichten auf einige Zeit ganz eiuzustellen.

Eine Erklärung Dernburgs zur Rede Erzbergers.

st Berlin, 13, Dez. In Bezug auf die ge­strige Rede Erzbergers sendet Staatssekretär a. D. Dernburg verschiedenen Zeitungen eine Erklärung, worin er sagt: Die Diamautenvertrüge sind monate­lang Gegenstand der Erörterung in Budgetkvmmis- sivn und Reichstag gewesen, dann vor ihrem Abschluß dem Parlament zur Kenntnis mitgeteitt und von mir im Kampf mit einem Gegner in einer endlosen Debatte verteidigt worden. Hiermit war die An gelegenheit für die Reichsverwaltung erledigt und mein Bleiben und Gehen für die Maßregel gleich" gültig. Die Verteidigung gegen die sachlichen An­griffe auf die Verträge im Parlament kann ich mit Beruhigung meinem Herrn Nachfolger über­lassen, der sede Phase kennt und dabei mitgewirkt hat. Dre Kolonie Südwestafrikn hat auch in diesem Jahr wieder einen Reingewinn aus den Diaman­ten von sieben Millionen gehabt, während für die angeblich bevorzugten Gesellschaften die goldenen Berge durchaus ausgeblieben sind. Es besteht nach meiner Erfahrung keine Aussicht, daß stich das deutsche Kapital den Kolonien wie bisher zuwendet, solange die feindliche, auch neuerdings wieder ver­langte Gesetzgebung gegen die größeren Kapital- aisociationen drohend über den Kolonien hängt

Von der Kronprinzcnreise.

g An Bord des Rcichspostdampfees Lützvw des Norddeutschen Lloyd, 13. Dez. (Durch Funkenspruch über den KreuzerGneisenau" nach Bombay.) Der Kronprinz verabschiedete sich auf dem Reichspost­dampferLützvw" von der Kronprinzessin und be­gab sich dann mit Gefolge zurück auf dieGnei­senau." Beide Schiffe lichteten nunmehr die Anker und verließen, der Dampfer.Lützvw" voraus, Co­lombo. An der Mole brachte die deutsche Kolonie dein Kronprinzen und der Kronprinzessin, die von ihrem Aufenthalt auf Ceylon sehr befriedigt waren, drei Hurra dar. Bis l I Uhr nachts fuhren beide Schiffe in geringem Abstande nebeneinander und blieben in ständigem Signatverkehr. Um 10.30 Uhr feuerte dieGneisenau" den Salut von 21 Schuß für die Kronprinzessin. Dann wurde auf beiden Schiffen ein Feuerwerk abgebrannt, das einen groß­artigen Anblick bot. Nach abermaligem Abschieds­signal trennten fick die Schiffe. DieGneisenau" steuerte mit deni Kronprinzen nördlich nach Bom­bay, ,,Lützvw" mit der Kronprinzessin östlich nach Aden. Es herrschte herrliches Wetter und ruhige See.

AusLänrnsrlies.

st Paris, 13. Dez. Nach einem hei der hiesigen brasilianischen Gesandtschaft ans Rio de Janeiro eingegangenen Telegramm vom 12. Dezember find heute ! lo Maun der Besatzung des Sao Paolo, die am 22. November gemeutert hatten und dann be­gnadigt, aber vom Marinedienst ausgeschlossen wor­den waren, nach den; Fort Bitte Gagnon überge­führt worden. Alle anderen Meuterer von demsel­ben Tage werden aus den Geschwaderlisten der Flotte gestrichen werden. Die Mannschaft des See- bataillons, das vorgestern gemeutert hatte, wird vor ein Kriegsgericht gestellt werden.

* Konstantinopel, i 3. Dez. Der Mutejsarif von Guemuesch, Hane Ibrahim Sufsa, wurde zum Mali des Archipels ernannt. Dies ist der erste christ­liche Walt.

!! Cerbcre, 13. Dez. Im Ueberfchwemmungsge- biet bei Malaga ist ein Haus eingestürzt, wobei drei Personen getötet und zwei lebensgefährlich ver­letzt wurden. > ,

Handel und Verkehr. . »> S

" Stuttgart, 13. Dez. Dem K arto f f e l g r o ß m arkt auf dem Leonhardsplatz wurden in der Zeit vom 16. Juli bis 29. November 8500 Ztr. zugeführt, gegen 20 000 Ztr. im Vorjahr. Preise im Juli 3,506 Mk., August 4 bis 4,50 Mk., September 45 Mk., Oktober 4,207 Mk., November 3,506,50 Mk. per Zentner.

* Stuttgart, 13. Dez. Dem M o st o b ft m a rk t auf dem Nordbahnhof wurden in der Zeit vom 21. September bis 10. Dezember im ganzen zugesührt: 3016 Eisenbahn­wagen, nämlich aus Württemberg 325, Preußen 218, Bayern 281, Sachsen 48, Baden 25, Hessen-Rheinland 145, Elsaß-Lothringen 19, Luremburg 48, Oesterreich 673, Ungarn 12, Schweiz 646, Italien 255, Frankreich 323.

ss Stuttgart. 13. Dez. (Schlachtviehmarkt.) Zug, trieben 159 Großvieh, (74 aus Frankreich) 316 Kälber, 840 Schwein».

Erlös aus Hz Kilo Schlachtgewicht: Ochsen 1. Qual. «,) ausgemäsreie von 88 bis 90 Pfg., 2. Qual, b) fleischige und ältere von bis Pfg.; Bullen (Farren) 1. Qual. »>) vollfieischige, von 83 bis 85 Pfg-, 2. Qualität d) ä!De und weniger fleischige von 77 bis 30 Pfg., Stiere uud Jungrinder 1. Qual, a) ausgemästete von 91 bis 94 Pfg., 2. Qualität b) fleischige von 84 bis 87 Pfg., 3. Qualität tv geringere von 86 bis 87 Pfg.; Kühe 1. Qual, a) jung,! gemästete von bis Pfg., 2. Qualität b) äl crr gemästete von 66 bis 76 Pfg., 3. Qualität o) gering..», von 46 bis 56 Pfg., Kälber: 1. Qualität ») beste Saug­kälber von 94 bis 98 Pfg., 2. Qualität b) gute Saug» kälbsr von 87 bis 94 Pfg., 3. Qualität o) geringere Saug kälber von 76 bis 86 Pfg. Schweinei. Qualität a) junge fleischige 71 bis 72 Pfg., 2. Qualität b) schwere fette von 70 bi« 71 Pkg., 3. Qualität e) geringere von 67 bis 68 Pf.

Für aus Frankrei ch einge sührte Ochsen wurden bezahlt 1. Qualität 8690, für Jungvieh und Jungrinder 1. Qualität 8790, 2. Qualität 8891.

Verantwortlicher Redakteur: L. Lauk, Altenfteta.

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