die Frau Barbara ^tratzmann geborene Schmvtzeriu 53 Kinder harre, worunter Secyslinge und Sieben- Linge sich befanden.
* Kindersjerbltchteit. Nach amtlia-er Statistik sind im Jahre 1908 im ersten Lebensjahr 14 019 Kinder, worunter 7993 männlichen und 6096 weiblichen Geschlechts, gestorben. Ehelicher Geburt waren hiervon 12 353, unehelicher 1636. Aus je 1000 lebendgebvrene tarnen 184 im ersten Lebensjahre gestorbene Kinder. In den 17 Gemeinden von >0 000 und mehr Einwohnern gab es im Jahre 1908 von im ersten Lebensjahr gestorbenen Kindern zu Stuttgart 1229, Ulm 274, Heilbronn 238, Eßlingen 140, Reutlingen 182, Ludwigsburg 77. Göppingen 100, Gmünd 133, Tübingen 103, Tuttlingen 88, Ravensburg 75, Schwenningen 132, Heidenheim 76, Feuerbach lOl, Zuffenhausen !15, Aalen 72 und Ebingen 74.
^ Tie Bitte des Pferdes. In Amerika haben die Tierschutzvereine eine nicht weniger schwere Auf gäbe als in der Alten Welt, denn wo im Kampfe um den Dollar die Gesundheit des Menschen rücksichtslos geopfert wird, kennt man auch den Tieren gegenüber nicht allzuviel Mitleid. Nun ist den New Yorker Tierfreunden der Polizeichef der Stadt zu Hilfe gekommen, und er hat dabei einen Weg eingeschlagen, der für einen hohen Po lizeibeamten ungewöhnlich erscheint und besondere Beachtung verdient, weil er erfolgreicher gewesen ist als alle anderen Versuche, die Tierquälereien zu verringern. Statt im Vollgefühl seiner Polizei- geivalt die Bürger in einem gebieterischen Erlaß zu „vermahnen", hat der Polizeichef von Newport an allen städtischen Stallungen ein großes Pla tat ankleben lassen, das „Bitte des Pferdes" überschrieben ist und wie folgt lautet: „Zu dir, mein Herr, komme ich mit meiner Bitte! Ernähre mich und stille meinen Durst; wenn des Tages Mühe und Arbeit vorbei ist, schenke nur Obdach in einem sauberen Stalle. Sprich zu mir, denn deine Stimme ist wirksamer als Zügel und Peitsche, streichle mich und lehre mich so, gern und,freiwillig zu arbeiten. Schlage mich nicht bei den Steigungen und reiße nicht an den Zügeln, wenn die Straße abwärts führt. Und wenn ich dich nicht gleich verstehe, greife nicht sofort zur Peitsche: prüfe lieber die Zügel, ob sie vielleicht nicht in Unordnung sind, und überzeuge dich, ob das Eisen am Hufe mich nicht schmerzt. Wenn ich das Futter in der Krippe verschmähe, untersuche meine Zähne, und schneide mir nicht den Schwanz ab, denn er ist mein einziges Abwehrmittel gegen die Fliegen, die mich quälen und peinigen. Und dann, mein lieber Herr, wenn das Alter mich schwach und unbrauchbar gemacht hat, o, dann verdamme mich nicht zum Hungertode: richte und töte mich selbst, ans daß ich nicht unnütz leide. Und verzeihe mir, wenn ich mit dieser demütigen Bitte zu dir komme im Namen dessen, der auch in einem Stalle geboren wurde." Mit dieser Bitte wurde, wie es heiß:, erreicht, was kein Erlaß bewirkt hätte: Kutscher und Vferdewächter behandeln seitdem die Tiere mit größerer Rücksicht als früher. Diese ,.Bitte des Pferdes" möchten wir allen Pferde- beiitzern und Pferdeknechten zur Beachtung empfehlen.
* Sulz, OA. Nagold, 1. Nov. Der von einem Korresv.-Bureau aus Nagold gemeldete Brandsall,
bei dem das Anwesen des Fritz Weidle hier ein Raub der Flammen geworden ist, wurde durch ein 12jähriges Mädchen verursacht. Dieses hat bereits eingc standen.
Calw, I. Nov. In O b e r h a u g st e t t fand am letzten Samstag die Amtseinsetzung deS neuge- wählten Schultheiß Proß durch Regiernngsrat Binder statt. Das gemeinschaftliche Festessen war im „Löwen". In Breitenberg muß die Orissa r st e h er w ah l nochmals vorgenommen werden, da nachträglich Stimmengleichheit konstatiert wurde.
si Freudenstadt» l. Nov. Der Pächter des Gemeindebackhauses teilte dem hiesigen Gemeinderat mit, daß ihm das Anerbieten gemacht worden sei, das Brot für den Konsumverein zu backen. Der Konsumverein habe die Brotlieferung ansgeschrie ben, es habe sich aber niemand gemeldet. Der Gemeinderat stand auf dem Standpunkt, daß er den Konsulnverein nicht unterstützen dürfe und gab deshalb dem Backhausbücker nicht die Erlaubnis, die Brotlieserung zu übernehmen.
'! Stuttgart, I. Nov. Vor die Straf c a m m e r waren wieder über 3 0 Wirte geladen, die Geldspie l au t o m a t e n aufgestellt hatten. Auch diese wurden wegen gewerbsmäßigen Glückspiels zu je l Tag Gefängnis verurteilt.
ff Heilbronn, l. Nov. In einer von etwa >200 Personen besuchten Versammlung der Fortschrittlichen Volkspartei Heilbronn wurde der Reichstags- abgeordnete D. Naumann unter starkem Beifall zum Kandidaten für die nächste Reichstagswahl proklamiert.
Crailsheim, !. Nov. Auf dem hiesigen Bahnhof fuhr eine Maschine einer Rangierabteilung in die Flanke. Ein beladener Güterwagen der Raugierabteilung wurde stark, ein Personenwagen weniger stark beschädigt, die Maschine fast vollständig zertrümmert und die Gleisanlage aus eine kurze Strecke zerstört. Verletzt wurde niemand, doch ist der Materialschaden erheblich.
1! OirolzHeim, OA. Crailsheim, !. Nov. Bei der Lchultheißenwähl haben von 128 Wahlberechtigten !>9 abgestimmt. Gewählt wurde Berwaltungsassi- stent Weidmann von Crailsheim mit 60 Stimmen.
* Pforzheim, !. Nov. Die Generalversammlung des Arbeitgeberverbandes für Pforzheim und Ilnr- gebnng vom 31. Oktober 1910 hat beschlossen: Falls in einem Betriebe eine allgemeine Kündigung (nicht nur der Kettenmacher und Kettenmachsrinnem erfolgen sollte, werden am 5. November d. I. sämtliche Kettenfabriken, am 12. November d. I. sämtliche übrigen Bi j o u t e ri e f ab r i ke n- der im Deutschen Metallarbeiterverband organisierten Arbeitnehmerschaft kündigen. Die Arbeitswilligen werden nach wie vor geschützt und dis Betriebe aufrecht erhalten. Die Mitglieder des Arbeitgeberverbandes für Pforzheim und Umgebung erklären sich solidarisch und verpflichten sich, von heute ab bis zur Aufhebung dieses Beschlusses Arbeiter und Arbeiterinnen irgend welcher Art nicht anzunehmen und den gegenseitigen Besitzstand an Arbeitern und Arbeiterinnen strengstens zu respektieren.
* Berlin, I. Nov. In den Ausstellungshallen Z im Zoologischen Garten ist heute mittag die
Deutsche Theat e raus ftelluug eröffnet worden.
* Potsdam, l. Nov, Aus Anlaß der morgigen Abreise des Kronprinzen und der Kronprinzessin fand gestern abend beim Kaiserpaar im Neuen Palais ein A b s ch i e d s d i n e r statt, an dem sämtliche in Potsdam anwesenden Prinzen und Prinzessinnen teilnahmen. Abends begaben sich der Kronprinz und die Kronprinzessin nach Berlin, um im Kronprinzenpalais in Berlin Wohnung zu nehmen und morgen früh 8 Uhr vom Anhalter Bahnhof die Reise nach Ostasien anzutreten.
^ Kiel, I. Nov. Die Kreuzer der Hochseeflotte traten vormittags die Fahrt nach den s ch we discheu Gewässern an.
Unwetter.
* Osnabrück, >. Nov. Ans dem Nord weiten werden schwere Stürme gemeldet.
* Bremen, I. Nov. Die Rettungsstation Helgoland der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger telegraphiert: Am >. November wurden von dem auf der Nordspitze der Düne gestrandeten deutschen Leichter „Johann" drei Personen durch das Rettungsboot „Dora" der Station gerettet. Es herrscht schwerer Sturm aus Süd west.
* Metz, >. Nov. In der frühen Morgenstunde tarn hier heute ein heftiger Wind auf, der alsbald zu einem orkanartigen Sturm anwnchs und erheblichen Schaden anrichtete. Auch der Telephon- Verkehr ist vielfach gestört.
Ausländisches.
* Teheran, !. Nov. Nach einer heftigen Beschießung. die die ganze Nacht andauerte, haben die Regiernngstruppen, die zum größten Teil aus Bachtiaren bestehen, die Stadt Kashan heute früh eingenommen. Der Rebellensührer Naib Hussein ist mit seinen Anhängern geflohen.
!> Kapstadt, >., Nov. Der frühere Präsident des Oranjefreistaats, Staatssekretär der südafrikanischen Republik, Reitz, ist zum Präsidenten des Senats der Südafrikanischen Union und der frühere Sprecher der gesetzgebenden Versammlung der Kap- kolonie Moltono zum Sprecher der gesetzgebenden Versammlung der Südafrikanischen Union gewühlt worden.
Allerlei.
* Die Z p e k t a k e l s z e n e n, die im Norden von Berlin aus Anlaß eines GesellenstreikS in einer Fleischerei seit voriger Woche täglich stattfinden, dauern noch an. Das Publikum, welches bei dem Meister kaufen will, wird in pöbelhafter Weise belästigt. Selbst Frauen sind nicht sicher. An den Belästigungen nehmen viele Arbeiterfrauen teil. Die Schutzleute müssen sich immer wieder gegen Angriffe des Janhagels verteidigen, der sich als Herr der Straße ausspielt. Alle Abende ist ein starkes Beamten -Aufgebot erforderlich.
" Das nassanische Dörfchen Born hat zum G e m e i nd e p o liz e idie n e r - eine 85jäyrige Frau. Sie hat nach dem Tode ihres Mannes das Am! übernommen und versieht es zu aller
Pflicht, geübt mit festem Herzen,
Bleibt allein noch ewig treu;
Sie allein heilt alle Schmerzen,
Sie allein macht Menschen frei.
Ernst von Feuchtersleben.
Der Franzose.
Erzählung aus der neuesten Zeü von M. Reinhold.
(Fortsetzung.) Nachdruck verboten.
Klaus fand in der bekannten französischin Kolonial- truppe mehr Leidensgenossen, als er es je für möglich gehalten hätte. Die so bunt wie von einer großen Windwoge Zusammengewürfelten schauten einander erst mißtrauisch in oie Augen und gingen scheu aneinander vorüber; sie fürchteten wohl, unvermittelt auf den Zeugen eines Dramas in ihrem Leben zu stoßen, an das sie nie mehr hatten erinnert sein wollen. Als sie nach und nach darüber beruhigt waren, wurden einzelne karge Worte gewechselt, die den Druck und die Strenge des neuen Dienstes erleichtern sollten. Die meisten Legionäre konnten sich ohne nennenswerte Schwierigkeiten in französischer Sprache verständigen; die militärischen Ererzitien machten niemand Umstände, ausnahmslos waren die Leute gediente Soldaten, die auch zum Teil einstmals eine andere Stellung wie heute bekleidet hatten. Dafür sprachen schon die eleganten Figuren uns gemessenen Bewegungen.
Die Strenge der Disziplin war mitunter schwer erträglich denn sie ging nicht selten von Boraussetzungen aus, die mehr für Sträflinge, als für eine außerordentlich tüchtige
Truppe paßten. Denn das war die Fremdenlegion, mochten ihre Leute auch von den französischen Offizieren recht über die Achseln angesehen werden. Im kritischen Zusammenstoß mit den wie ein Wirbelwind heranbrauseuden und wieder verschwindenden Eingeborenen schlugen sich die Legionäre vortrefflich. Alle beinahe waren sie ausgezeichnete Schützen, deren Kugel selten ihr Ziel verfehlte.
Trotzdem sich die einzelnen Mannschaften der Heimatssprache nach einander allmählich genähert hatten/ blieben wirkliche vertrauliche Mitteilungen unter ihnen doch so gut wie ausgeschlossen. Mancher zeigte Miene, durch ein offenes Aussprechen mit einem Kameraden sich eine schwere Last vom Herzen herunterzureden, aber wenn sie zu sprechen beginnen wollten, stockte auch schon wieder die Zunge. Jeder hatte ein Geheimfach in seinem Herzen, und jeder wahrte den Einblick dazu sorgsam vor den neugierigen und selbst teilnehmenden Augen anderer.
Aber es kamen doch Stunden, wo sich der Bann, welcher die Zunge gefesselt hielt, mit elementarer Kraft löste, die Augenblicke, wenn ein ernstes Treffen in naher Zeit bevorstand, oder wenn das müde Auge eines Totwunden sich dem Sonnenlicht zum letzten Male zuwandte. Und auch Klaus Bertram gewann in einem solchen Moment einen Einblick in ein Menschenschicksal, das ihn furchtbar erschütterte. Es erinnerte ihn zudem an sein eigenes Los.
Klaus war mit einem süddeutschen Kameraden, einem schlichten, tiefernsten Manne, näher bekannt geworden; Beide hatten auch sie vermieden, was sie hierher getrieben, aus- zusorechen, aber der eine ahnte vom anderen, das zerstörtes Liebes- und Lebensglück die Schuld an allem trage. Eines Morgens sagte der Württemberger, er stammte aus der reichen Weingegend unweit Stuttgart, daß er diesen Tag nimmer überleben werde. Der Kamerad möchte einen Brief
aus seiner Tasche alsdann an die Adresse befördern lassen. Klaus willigte gern ein, versuchte aber eindringlich, dem anderen seine traurigen Gedanken auszureden. Und ihn selbst harte doch eine wehmütige Stimmung ergriffen, 'die ihn nicht wieder loslasfen wollte.
Auf dem Marsche wurde die Kolonne von einer Schar berittener Araber überrascht, die wiederholte Salven ab- gaben.
In dem schwierigen Terrain war schnell Carree gebildet, die Legionäre warfen in überlegener Ruhe den Feind zurück, aber auch in ihren Reihen hatte der Tod seine Ernte gehalten. Und neben Klaus Bertram war sein Kamerad röchelnd zu Boden gesunken.
Man schlug auf dem Gefechtsfelde etu Lager auf, die Aerzte untersuchten die Verwundeten. Ein Achselzucken des Militärarztes, welches der schwer atmend Daliegende nicht sehen konnte, zu Klaus belehrte diesen, daß alle menschliche Hilfe vergebens sei, und der Verwundete hatte dies schon selbst empfunden.
Er wies auf seine Brusttasche innerhalb der vor der Untersuchung der Schußwunde bereits mit einer Scheere ausgeschnittenen Uniform, und Klaus mußte einen darin enthaltenen Brief hervorziehen. Der Umschlag war rot vom Blute des Sterbenden gefärbt, aber die Adresse war noch zu erkennen.
„Tu alles in ein neues Kuvert", stöhnte der dem Tode nahe Mann leise, „und schreibe hinzu, ich hätte sie immer geliebt und ihr alles verziehen. Grüße sie tausendmal, grüße sie!" Ein letztes Röcheln, und alles war vorbei.
Eine ganze Zeit hatte Klaus Bertram, von diesen Worten bestürmt, unbeweglich dagestanden, und auch dann, nachdem er dem Toten die Augen zugedrückt, konnte er diesen letzte» Schmerzensruf nickt vergessen. „Schreibe ihr,