Gchwarzwälder L o n u t a g s b l a t t.
Der 52. Sozialdemokrat.
Die Sozialdemokratie hat schon wieder ein Reichstagsmandat erobert: das von Frankfurt a. O.- Lebus, das bisher im Besitze der Nationalliberalen war. Bei der am Montag vorgenommenen Stichwahl erhielt der Sozialdemokrat Faber 15 797, der Narionalliberale Winter 15 025 Stimmen. Die Mehrheit des Sozialdemokraten beträgt also >72 Stimmen. Bei der Hauptwahl wurden abgegeben: 14 319 sozialdemokratische, 7754 nationalliberale u. 0595 konservative Stimmen. Der Sozialdemokrat hat also in der Stichwahl 1478 Stimmen mehr, der Nationalliberale unter Hinzurechnung der konservativen Stimmen des ersten Wahlgangs, nur 1380 Stimmen mehr erhalten. Es scheint danach, daß, obgleich die konservative Parteileitung nachdrücklich zur Unterstützung des nationalliberalen Kandidaten in der Stichwahl aufgefordert hat, ein gewisser Teil der konservativen Wähler der Wahl ferngeblieben ist, ans Verstimmung gegen die Nationalliberalen. Die Wahl in Frankfurt a. d. O., die den 52. Sozialdemokraten in den Reichstag bringt, ist wieder ein Beweis, wie sehr die Wählermassen durch die Aera des schwarzblauen Blocks und des Herrn v. Bethmann Hollweg dem äußersten Radikalismus zugetrieben werden. Da helfen keine Sammlungsparolen.
Unruhen in Berlin. !
Berlin ist in dieser Woche der Schauplatz von s Straßennnruhen gewesen, wie man sie in dieser Art in Deutschland bisher glücklicherweise noch nicht erlebt hat. Sie nahmen ihren Ausgang von einem Streik bei einer Kohlenfirma in Moabit. Arbeitswillige wurden von Streikenden belästigt und angegriffen, und nicht nur von den Streikenden, sondern auch von Arbeitern der benachbarten Löwe- schen Gewehrsabrik. Die Angriffe richteten sich am Montag nicht nur gegen die Arbeitswilligen, sondern auch gegen die zu ihrem Schutz ausgebotenen Schutzleute, die von der Löweschen Fabrik aus mit Steinen beworfen wurden. Im Laufe des Tages wurden die Ausschreitungen immer größer und immer größere Menschenmassen sammelten sich in den umliegenden Straßen an. Das Polizeiaufgebot versuchte vergebens, mit der blanken Waffe Ordnung zu schaffen. Am Abend kam es dann zu einer förmlichen Schlacht. Die Tumultuanten drangen in die Häuser und Wirtschaften ein und bewarfen von dort aus die Polizei mit Steinen und allerhand Gegenständen. Auch Revolverschüsse wurden abgegeben. Die Schutzleute stürmten die Häuser, um die Angreifer zu vertreiben, und die Berittenen machten förmliche Attacken. Die Straßenlaternen wurden ausgelöscht, sodaß zeitweise völlige Dunkelheit herrschte. Sogar das Straßenpflaster wurde aufgeris-cn und die Steine wurden gegen die Polizei geschleudert. An der benachbarten Reformationskirche wurden die Fenster eingeworfen, ja, die Menge zertrümmerte die Kirchentür und drang in die Kirche ein. Ein Straßenbahnwagen wurde gestürmt, und ein Pfarrer, der sich darin befand, herausgerifsen und mißhandelt. Die Feuermelder wurden in Tätigkeit gesetzt; wenn dann die Feuerwehr anrückte, empfing sie ein Hagel von Steinen. Kurzum, es war ganz außerordentlich. Erst in später Nachtstunde gelang es, Ordnung zu schaffen. Mehr als 40 Schutzleute und Polizeioffiziere haben Verletzungen davon getragen, zum Teil schwere. Von der Menge wurden, soweit zu ermitteln, über 100 Personen verletzt. Am Dienstag abend und in den folgenden Tagen haben sich die Tumulte wiederholt und zwar in noch weit schlimmerem Maße. Es kam zu blutigen Straßenkämpfen, und aus den Häusern wurde auf die Po- Uzei geschossen, und man bewarf sie mit allm-, Hand Gegenständen. Die Polizei ging auf erhaltenen. Befehl scharf vpr und machte auch von der Schußwaffe Gebrauch, wenn auch nur mit einer gewissen Zurückhaltung. Die Laternen wurden wie der ausgelöscht und der Mpb schleppte einen Holzstoß zusammen und zündete ihn an. Diese Vorgänge stehen ohne Beispiel in Deutschland da.
Krisis in der Metallindustrie.
Die deutsche Metallindustrie steht vor der Gefahr eines Ricsenkampses, wie er in Deutschland noch nicht erlebt worden ist. Wie man weiß, liegen die Arbeiter der Seeschiffwsrften mit den Arbeitgebern seit mehreren Wochen in einem Lohnkampf, der sehr schroffe Formen angenommen hat. Es handelt s-ch um Lohnforderungen und um Verkürzung der Arbeitszeit. Verständigungsverhandlungen schei terten daran, daß die sozialdemokratischen Gewerk schäften die Zuziehung von Vertretern anderer Arbeiterorganisationen ablehnten. Jetzt hat der Gesamtverband der Metallindustriellen sich der Sache der Seeschiffwerften angenommen und beschlossen, am 5. Oktober 60 Prozent der organ'sierteu Arbei ter auszusperren, wenn bis dahin in der Werft-
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Industrie nicht eine Einigung erfolgt sein sollte. Von dieser Aussperrung, die auch von den beteiligten württembergischen Firmen ihrer Arbeiterschaft angekündigt worden ist, würden 300 bis 400 000 Arbeiter betroffen werden. Das ist eine ungeheuere Zahl, die ohne weiteres erkennen läßt, welch ungeheuere Folgen eine solche Aussperrung nicht nur für die Metallindustrie, sondern für das gesamte Wirtschaftsleben Deutschlands haben würde. .Zum Glück scheint Aussicht auf eine Verständigung vorhanden zu seiil. Beide Parteien haben sich zu Verhandlungen bereit erklärt, und am Montag sind in Berlin die Vertreter der beteiligten Organisationen zu- sammeugetreten, um zu verhandeln. Man sieht hier wieder, haß die Arbeitskämpfe heutzutage die Tendenz haben, allgemeinen Charakter anzunehmen. Den großen Arbeiterorganisationen stehen große Unternehmerorganisationen gegenüber, und wie die Arbeiterorganisationen sich örtlicher oder Branchenkämpfe annehmeu, so tun es auch die Unternehmer. Das macht die Arbeitskämpfe so gefährlich und so folgenschwer. Es hat aber auch zugleich die Wirkung, daß man sich auf beiden Seiten der Verantwortung mehr und mehr bewußt wird.
Evanq. Bund.
Der evang. Bund hat in dieser Woche in Chemnitz seine Jahresversammlung abgehalten. Sie stand stark unter dem Zeichen der Borromäus-Enzyklika des Papstes. Von Interesse 'st, daß der Evangelische Bund infolge dieser päpstlichen Kundgebung gegen den Protestantismus in wenigen Wochen übsr 30000 neue Mitglieder erhalten hat. Insgesamt beträgt d'e Mitgliederzähl etwa 435 000 gegen 380 000 im April des Vorjahres.
Landrsnachrichtrn.
1. Oktober.
* Gestern wurde in Nagold eine freie Bäckerinnung für den Oberamtsbezirk gegründet. Die Versammlung fand im Gasthof z. Rößle statt.
st Börstingen, OA. Horb, 30. Sept. Gestern abend wurden zwei Kinder des Schmiedes Jos. Rapp im Alter von 2 -4 Jahren vermißt. Heute fand man nun beide nach längerem Suchen ertrunken im Neckar.
st Böblingen, 30. Sept. Gestern nachmittag ist in der Scheuer des Besitzers zum „Ritter" aus dem Plattenbühl Feuer ausgebrochen. Nur dem raschen und energischen Eingreifen der Feuerwehr ist es zu verdanken, daß das Feuer auf seinen Herd beschränkt werden konnte. Die Scheuer und das Wohnhaus wurden durch den Brand vollständig zerstört. Auch ein anstoßendes Nebengebäude wurde durch das Wasser stark beschädigt. Das Feuer griff so rasch um sich, daß Kinder von Bewohnern der oberen Stockwerke durch die Fenster gerettet werden mußten.
st Stuttgart, 30. Sept. Der König kehrte heute früh von Bebenhausen hieher zurück und fuhr alsbald nach Friedrichshafen weiter, um dort noch 3 Wochen zu verweilen.
st Stuttgart, 30. Sept. Im Gewerkschaftshaus fand gestern eine stark besuchte Versammlung der sozialdemokratischen Partei statt, in der Redakteur Westmeyer den Bericht über den Parteitag in Magdeburg erstackete. Die Versammlung nahm gegen etwa l 3 Stimmen und zahlreichen Stimmenthaltungen eine Resolution an, in der sie ihre volle Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des Parteitages ausspricht, und jeden Genossen verpflichtet, im Sinne dieser Beschlüsse zu wirken. Das Abstimmungsresultat Wierde mit stürmischem Beifall begrüßt. Damit waren zwei weitere Resolutionen erledigt, in denen ausgesprochen wurde, einmal, daß die unnötige Verschärfung in der taktischen Auffassung der Budgetfrage, die zweckmäßigerweise den einzelnen Landesorganisationen zur Entscheidung überwiesen werden sollte, bedauert wird, sodann, daß die Versammlung sich nicht mit allen Beschlüssen des Parteitages einverstanden erklärt, trotzdem aber die Beachtung dieser Beschlüsse fordert.
!! Cannstatt, 30. Sept. Gestern nacht gegen zwei Uhr stellte sich, laut Cannstatter Zeitung, in der Backstube eines hiesigen Bäckermeisters zur nicht geringen Verwunderung der Bäckergesellen ein jun
ger Bär ein. Ob ihn die schmackhaften Backwaren angezogen haben, oder ob er seinen Eigentümer gesucht, der in der dabei befindlichen Wirtschaft schon Einkehr gehalten hatte, ist uns nicht bekannt. Einen eigenartigen Anblick machte es zwischen 6 und 7 Uhr früh, als der Bäckermeister den lebhaften Meister Petz, nur mit einem primitiven Strickchen um den Hals befestigt, auf der Straße seine Sprünge machen ließ zum Gaudium einer großen Anzahl Passanten. Daß nicht bloß die bekannten Berliner Schusterjungen rasch Witze schmieden können, mußte der biedere Bäckermeister erfahren, denn als er den fremden Gast nach einer Anzahl grillender junger Mädchen, die sich auf dem Weg in eine hiesige Schuhfabrik befanden, seine Sätze machen ließ, erscholl auch sofort der Ruf: „Bära Bäck".
st Heilb-roim, 30. Sept. In Fürfeld mußten, laut Unterländer Volkszeitung, dem Gutspächter Schmutz infolge Rotzkrankheit 5 Pferde getötet werden.
js Heilbronn, 30. Sept. Einen sehr erfreulichen Nachklang erhält das Heilbronner Lieder- fest durch die Mitteilung, daß das Fest voraussichtlich ohne Defizit abschließen wird.
st Schwaigern, OA. Brackenheim, 30. Sept. Der hiesige Tierarzt Gantner fuhr gestern abend zwischen Schlüchtern und Massenbach mit seinem Motorrad in ein unbeleuchtetes Fuhrwerk hinein. Das Motorrad wurde zertrümmert, während Gantner mit unbedeutenden Verletzungen davonkam.
ss Hcidenheim, 30. Sept. Heute war ein jüngerer, lediger Küfergeselle als Zeuge vor dem Gericht. Als er die übliche Eidesformel nächste gen sollte, sagte er statt: „und daß ich nichts hinzu- s.-tzen werde" die Worte: daß ich „nichts guts essen" werde.
st Eberhardszell, OA. Waldsee, 30. Sept. Heute nacht gegen 1 Uhr brannte das Sägewerk von Adalbert Kappel vollständig nieder.
st Pforzheim, 30. Sept. Ein hiesiger Küfer hängte beim Ausbrennen der Fässer eine Schwefelschnitte aus Versehen statt in ein leeres, in ein mit Cognac gefülltes Faß, das in Brand geriet, sodaß ein Schaden von 300 Mark entstand. Die Feuerwehr mußte gerufen werden, um den Kellerbrand zu löschen.
st Meß, 30. Sept. Engelhardt, der um 4.H2 Uhr in Trier zum Flug nach Metz aufg'estiegen war, ist über die französische Grenze hinaus weitergeflogen und zwei Kilometer von Nancy entfernt bei den Minenhütten von Pompy glatt und ohne L>chaden gelandet. Man nimmt an, daß Engelhardt bei dem schnellen Flug und dem günstigen Wind sich über die Entfernung getäuscht u. infolgedessen über das Ziel hinausgefahren ist. Thelen, der 4.47 Uhr aufgestiegen war, mußte um 5 Uhr landen. Eine von hier aus zur Unfallstelle entsandte Kommission der hiesigen Flugleitung hat festgestsllt, daß der Grund zur Landung Thelens das Platzen eines Benzinröhrchens war. Bei seiner Landung auf einer Wiese stürzte eine Kuh auf den Apparat und beschädigte die linke untere Fläche.
st Crefeld, 30. Sept. In der heutigen Sitzung des Arbeitgeberverbandes der Rheinischen Seidenindustrie wurde einstimmig beschlossen, in 14 Tagen die allgemeine Sperre zu verhängen, falls der Ausstand bei der Firma Eisländer bis dahin nicht beendigt ist. Es kommen ungefähr 15 000 Arbeiter in Frage.
st Berlin, 30. Sept. Der Berliner städtische Biehhof wurde wegen Ausbruchs der Maul- und Klauenseuche gesperrt.
ff Rom, 30. Sept. In den letzten 24 Stunden sind in der Stadt Neapel 18 Erkrankungen und elf Todesfälle an Cholera festgestellt worden.
Etwas über das Kochen.
Immer mehr und mehr werden die alten festgemauerten Backöfen verdrängt, weil sie eben nicht mehr zeitgemäß sind, bezw. den modernen Verhältnissen nicht mehr entsprechen, einesteils durch die große Raumwegnahme und bedeutenden Anschaffungskosten andererseits durch den großen Verbrauch von Feuerungsmaterial. Seit Erfindung der Weber'sche» Patent-Backöfen ist auf diesem Gebiete ein bedeutender Umschwung eingetreten, weil eben durch Weber's Patent-Backöfen alle diese Nachteile beseitigt wurden. Schon seine geringen Anschaffungskosten, der kleine Raum, den Weber's Patent- Backöfen einnehmen, sowie die großen Ersparnisse an Feuerungsmaterial haben lediglich dazu beigetragen, daß von Weber- Fabrikaten weit über 30 000 Stück in allen Weltteilen im Gebrauch sind, sodaß er tatsächlich zum Weltbackofen wurde. Die Fabrikate der ersten und größten Spezialfabrik Deutschlands von A. Weber in Ettlingen (Baden) sind in fast allen Kulturstaaten patentiert und auf allen beschickten Ausstellungen prämiert.