sind Tarifkommissionen einznsetzen. Der Bericht kommt schließlich zu dem Antrag, wegen der erwähnten Maßregeln bei der Regierung vorstellig! zu werden und empfiehlt zu Ziffer 4 die Gründung einer Milchvertriebsgenossenschaft auf gemeinnütziger Grundlage, wobei die Privatinitiative auf die sem Gebiete gefördert werden soll. Zur Beratung etwaiger weiterer Schritte soll eine Kommission eingesetzt werden.
ß Stuttgart, 7. Sept. Die Verabfolgung des unentgeltlichen Mi l ch f rü h stück s an bedürftige Schüler der hiesigen Volksschulen wurde heute wieder ausgenommen, nachdem sie im letzten Sommersemester ganz geruht hatte.
* Stuttgart, 6. Sept. Die geplante Zlfel- fahrt des Luftschiffs L. Z. 6 von Baden-Baden nach Stuttgart ist für Freitag oder Samstag in Aussicht genommen. Es haben sich bereits zahlreiche Teilnehmer gemeldet. Das Luftschiff verläßt Baden-Baden 9 Uhr vormittags und fährt von Stuttgart um die Mittagsstunde wieder ab.
js Gmünd, 7. Sept. Eine eigenartige, nur höchst selten beobachtete Himmelserscheinung konnte man gestern früh in Bartholomä, hiesigen Oberamts, bemerken. Es handelt sich um eine Scheibe, die in Hellem Glanze erstrahlte und eine kreisrunde Form aufwies, eine „Wettergalle", wie der Volksmund sagt, die Regen bringen soll.
* Gmünd, 7. Sept. Am Sonntag kam hier eine Fleischvergiftung durch Leberwürste mit tödlichem Ausgange vor. Die betr. Metzgerssamilise selbst blieb trotz reichlichen Genusses der Wurst gesund, während ein Kind daran starb und ein Erwachsener krank infolge des Genusses einer Leberwurst darnieder liegt. Das Fleisch, das zu den Leberwürsten verwendet wurde, war von der Fleischbeschau als gesund befunden, auch sind die Würste ganz frisch verkonsumiert worden.
st Ulm, 7. Sept. Der Deutsche Forstverein, der über 2000 Mitglieder zählt, trat gestern hier zu seiner, von etwa 500 Mitgliedern besuchten l l. Tagung zusammen, nachdem der Deutsche Forstwirtschaftsrat seit 9. September zu Vorberatungen versammelt gewesen war. Die mit einem Hoch auf den Kaiser und auf den König von Württemberg eröffnete Versammlung, die im Auftrag des Königs und des württ. Finanzministers von Forstdirekhor Dr. v. Graner begrüßt wurde, wählte nach dem aus Gesundheitsrücksichten erfolgten Rücktritt des bisherigen Vorsitzenden, des Hofkammerpräsidenten v. Stünzner-Berlin, Ministerialdirektor v. Braza- München an dessen Stelle. Es wurde sodann beschlossen, einen von l50 Mitgliedern Unterzeichneten Antrag, der von Regierungsdirektor Dr. Wappes- Speyer begründet wurde, zur eingehenden Beratung auf die Tagesordnung der im kommenden Jahr in Königsberg stattfindenden Hauptversammlung zu setzen. Im Antrag wird in der Erwägung, daß die Fortbildung des Forstverwaltungspersonals in vielen deutschen Forstverwältungen unzulänglich geregelt ist, der schleunige Ausbau zeitgemäßer Fortbildungseinrichtungen für dringend geboten bezeichnet. Zu erwähnen ist auch, daß im Jahre 1912 die Hauptversammlung in Bayern stattfindet, und zwar kommen die Städte München oder Nürnberg in Betracht.
Die Heiterkeit hebt dich hinauf, Gottahnend schaust du lichte Höhn Der Schmerz schließt deine Brust dir auf Und läßt dich schwindelnde Tiefen sehn.
ZUM Tode verurteilt.
Erzählung von Helene Stokl.
(Schluß.) (Nachdruck verboten.)
Plötzlich veränderte sich der Ausdruck seiner Züge. .Was wird aus meinem Vater, Anninka?"
.Es ist schlimm, daß er dir zur Last liegt/ sagte An- ninka, »aber er ist dein Vater.' Es wird sich schon ein Plätzchen für ihn bei uns finden. Seinetwegen sorg' dich nicht."
.Aber die Kinder !" schrie Eremia jäh aus, „die Kinder ! Wie konnte ich sie vergessen!"
„Die Kinder?" wiederholte Anninka erschrocken. .Es find doch nicht deine Kinder. Was gehen dich die Kinder an ?"
„Ich nahm ihnen den Vater und sie haben niemand als mich," sagte Eremia dumpf.
„Du wirst dich doch nicht an die Kinder binden wollen?" Anninka war blaß geworden.
.Wollen? Ich muß!"
.Der Kummer hat dir den Verstand verwirrt. Wenn du dich mit den Kindern beladen willst, was bleibt dann für mich ?"
.Was soll aus den Kindern werden?"
t
II. Deutscher Handwerks- und Gewerbekammertag.
st Stuttgart, 7. Sept. Die heutige Sitzung, der wiederum sämtliche Regierungsvertreter anwohnten, wurde von dem Vorsitzenden der Stuttgarter Handwerkskammer, Gern.-Rat Rothenhöfer, eröffnet. Als erster Punkt der Tagesordnung wurde der Paragraph 100g der Reichsgewerbe- ordnung behandelt. Der Paragraph lOOq wird in seiner jetzigen Fassung der Gründung von Zwangsinnungen hinderlich angesehen. Die Versammlung nahm mit 60 gegen 10 St. bei einer? Enthaltung nachstehende Resolutton an: „Der 11. Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag zu Stuttgart erklärt sich im allgemeinen mit den Ausführungen der Handwerkskammer zu Koblenz über die Wirkungen des Paragraphen 100g der Reichsgewerbeordnung einverstanden. Er beantragt hierdurch eine gänzliche Beseitigung des Paragraphen lOOq und ersucht den Ausschuß des Deutschen Handwerks- und Gewerbekammertages, den gesetzgebenden Körperschaften eine Denkschrift auf Grundlage des heutigen Beschlusses vorzulegen." Sodann wurde beschlossen, die Arbeitsnachweise und Lehrstellenvermittlungen der Innungen und Arbeitgeberverbünde nach Kräften zu unterstützen und auszubauen. Bezüglich der Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern und Arbeite rin - n e n in Werkstätten mit Motorbetrieb gelangte nachstehende Resolution einstimmig zur Annahme: „Die Versammlung spricht sich niit aller Entschiedenheit dagegen aus, daß die von dem kgl. preußischen Minister für Handel und Gewerbe gemachten Vorschläge zu einer Abänderung der Ausführungsbe- sttmmungen des Bundesrats über die Beschäftigung von jugendlichen Arbeitern in Werkstätten mit Motorbetrieb vom >9. Juli 1900 in Kraft treten, da die Ausdehnung der in den Paragraphen >35ff. d. Gew.-Ordnung enthaltenen Arbeiterschutzbestimmun- gen aus diejenigen Motorbetriebe des Handwerks, . welche mehr als 4 Arbeiter beschäftigen, nicht nur eine schwere Schädigung des Handwerks bedeuten würde, sondern auch infolge der dem Handwerk eigenen besonderen Betriebsverhältnisse als undurchführbar bezeichnet werden müssen. Dagegen hält es der 11. Deutsche Handwerks- und Gewerbekammsr- tag für dringend notwendig, daß die bisher in der genannten Bekanntmachung zugestandenen Ausnahmen auf alle Handwerksbetriebe ausgedehnt werden, in denen Lehvlinge beschäftigt werden. Im Handwerksbetrieb sind Anfang und Ende der Arbeitszeit gar oft nicht von dem Willen des Meisters, sondern vielmehr von den Ansprüchen und plötzlich sich geltend machenden Bedürfnissen der Kundschaft abhängig i es läßt sich daher im Handwerksbetrieb die Arbeitszeit nicht so 'scharf abgrenzen wie im Fabrikbetrieb. Wenn nun aber der gesetzlich in Aussicht genommene Zustand bereits tatsächlich in größerem Umfang Geltung hat, so liegt gerade zu einer« gesetzgeberischen Eingreifen kein Anlaß vor. Die Durchführung der geplanten Maßregel würde nicht nur die Verwendung von Motoren seitens der Handwerker, die die Regierung bisher in dankenswerter Weise gefördert hat, einschränken, sondern auch die Lehrlingsausbildung ungünstig beeinflussen, sowie den schon an und für sich großen Lehrlingsmangel bedeutend steigern." Als Leitsätze für die Gesellenprüfung von Handwerkslshr- lingen in Fabriken wurden empfohlen: „Ausgehend
von ver Grwagung, daß dre geltenden Bestimmungei der Reichsgewerbeordnung zur Prüfung solcher Lehrt linge nötigen, die in einem nicht zur Organisation! des Handwerks gehörigen Betriebe für ein Handwerk! ausgebildet wurden, richtet der Deutsche Handwerks- und Gewerbekammertag an die einzelnen Kammern das Ersuchen, bei der Zulassung von Fabriklehrlingen zur Gesellenprüfung die gleichen Vorbedingungen zu stellen, welche auch für die Zulassung von Lehrlingen aus Handwerksbetrieben bestimmend sind. Darauf wurde die Versammlung von dem Vorsitzenden Plate-Hannover geschlossen.
st Pforzheim, 8. Sept. Nach langer Erwartung hat Pforzheim gestern endlich einmal einen Zeppe- lin-Luftkreuzer am Tag direkt über der Stadt gesehen. L. Z. 6 kam gestern vormittag halb 12 Uhr von Oos mit 12 Pforzheimer Herren als Passagieren in Sicht. Er war nicht über den Schwarz-? wald, sondern über Ettlingen-Ellmendingen geflogen. Das Luftschiff wurde mit Böllerschüssen begrüßt und alles was Beine hatte, lief aus die Anhöhen oder auf die Dächer und beobachtete das schöne Schauspiel. Das Luftschiff zog einen Bogen über der Stadt und verschwand nach einviertelstündiger Anwesenheit wieder, diesmal die Linie über Karlsruhe nehmend. Die zweite, auf gestern nachmittag projektierte Fahrt von Pforzheimer Herren hierher wurde des gewittrigen Wetters wegen verschoben.
st Pforzheim, 8. Sept. Wider Erwarten führte L. Z. 6 noch eine zweite Fahrt nach Pforzheim aus. Um dreiviertel fünf Uhr erschien das Luftschiff wiederum über der Stadt, wo es abermals größte Sensation erregte. Es kreuzte in bewundernswert ruhiger Fahrt die Stadt in etwa 200 Meter Höhe und fuhr wie am Vormittag über Karlsruhe zurück.
* Berlin, 7. Sept. Der Reichstag hat im vor. Jahre einstimmig den Erlaß eines Reichs- The- atergesetzes verlangt. Um dem Bundesrat das erforderliche Material für ein solches Gesetz zu beschaffen, hat die Reichsregierung nunmehr eine Kommission eingesetzt, in die auch drei Bühnenleiter berufen wurden. Der Deutsche Bühnenverein hat hierzu Baron zu Putlitz, Intendant des Stuttgarter Hoftheater, Hans Gregor, Direktor der Komischen Oper an Berlin, und Oskar Lange, Direktor des Stadltheaters in Hildesheim, in Vorschlag gebracht.
N,USMN0tfUjLS.
* Paris, 7. Sept. Der radikale Deputierte L i Martin beklagt in den „Mitteilungen des Par ich französisch-persischen Vereins" den Rückgang des französischen Einflusses in Persien und weist darauf hin, daß Deutschland alles tue, um seinen Einfluß in Persien zu vermehren. So habe die deutsche Regierung der deutschen Schule in Teheran eine sehr bedeutende Unterstützung gewidmet. Geradezu als eine beißende Ironie müsse es aber angesehen werden, daß einer der Hauptunterrichtsgegenstände dieser Schule die französische Sprache sei.
* Petersburg, 7. Sept. Die Meldung, daß der Rücktritt des russischen Ministers des Auswärtigen, JDwolski, nähe bevorstehe und vom Zaren bereit- genehmigt sei, wird von der „Allgem. Korresp." als durchaus unbegründet bezeichnet. Der
„Die Gemeinde muß sie versorgen wie andere Waisenkinder?"
Er stand eins Weile, ohne sich zu bewegen. .Ich muß die Kinder behalten," sagte er dann, „ich Habs es Jo- ana geschworen."
„Geschworen?" wiederholte sie entsetzt.
„Sie bat mich mit den Augen und ich gab ihr die Hand darauf."
„Das war kein Schwur."
„Doch, es war einer."
Anninka richtete sich zürnend auf. .Warum sagtest du das von den Kindern nicht gleich?"
„Ich vergaß sie," sagte Eremia traurig, „vergaß alles, als ich dich sah."
„Du wirst uns beide nicht unglücklich machen," bat sie mit zuckenden Lippen, „du hast der Joana geschworen, die Kinder nicht zu verlassen, hast du nicht auch mir geschworen, mich nie zu verlassen? Und du willst diesen Schwur jetzt brechen! — Wir können den Kindern ja manches Gute erweisen, oft nach ihnen sehen —"
„Versuche mich nicht über meine Kraft, Anninka, jeder muß seinem Gewissen folgen. Ich schulde mein Leben den Kindern."
„Wie du es deinem Bruder schuldetest!" rief Anninka außer sich. „Du willst ein Mann sein? Ein Schwächling bist du, ein Feigling, opferst dich für andere und treibst sie damit in den Tod. Nun gibst du mich für die Kinder preis, leicht genug scheint es dir zu werden!"
„Anninka, du glaubst selbst nicht, was du sagst!"
„So zeige, daß ich dir wert bin. Sei ein Mann! Ist es nicht genug, daß du deinen Vater als Last mit dir
schleppen mußt? Willst du mir auch noch vier Kinder al« Heiratsgul zubringen?"
Er beugte sich stumm vor und sah ihr ins Gesicht, als wollte er sich ihre Züge für immer einprägen. Dann streckte er ihr die Hand hin : „Laß uns in Freundschaft auseinandergehen, Anninka. Ich kann die Kinder nicht verlassen."
Sie stieß die Hand zurück. „Behalte deine Freundschaft und behalte die Kinder! Ich werde schon einen andern finden, der mich mehr zu schätzen weiß, als du. Nie wieder will ich etwas von dir sehen! Möchte dich dieser Abend einst reuen, wie mich jedes gute Wort reut, das ich dir gab. Elend sollst du werden, wie du mich elend gemacht hast!"
Sie wandte sich ab und stürmte den schmalen W- zum Dorfe zurück. Er stand und sah ihr nach, solange nach ein Schimmer ihrer Gestalt zu sehen war.
Den Rest der Nacht verbrachte er unter der alten Tan« ^ sitzend. Am nächsten Tage holte er eine alte Frau aus dem Dorfe zur Aufsicht für den Vater und die Kinder und kam hierher, um Arbeit zu bitten. Auf mein Befragen, was ihn von der Heimat vertreibe, erzählte er mir seine Geschichte, wenn auch nur in wen.g Worten, die Einzelheiten erfuhr ich von andern.
Ich nahm ihn unter meine Arbeiter auf und wies ih» eine Hütte für sich und die Seinen zur Wohnung an, damag acht Jahre her sein. Seitdem lebt er hier und har mir noch keinen Anlaß zur Klage gegeben. Sein Vater starb bald nach seiner Hierherkunft."
„Armer Eremia," sagte der Gast. „Und Anninka?'
„Sie heiratete bald nachher einen reichen Holzhändler. Die Ehe blieb kinderlos und soll nicht glücklich sein. Wenn es dir recht ist, können wir bei unserm Spazierritt an Eremias Hütte vorbeikommen."