Gegründet

1877.

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Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.

«r. S07.

Verlag u. Druck der W. Rieker'schen Buchdruckerei (L. Lauk), Altensteig.

Montag, de« 8. September.

Amtsblatt skr Pfal-grafeameiler.

IS10.

Amtliches.

Uebertragen wurde die Stelle des zweiten wissen­schaftlichen Haupllehrers am Lehrerseminar in Nagold dem Oberreallehrer Dr. Kjr o hm er in Kirchheim u. T. mit dem Titel eines Professors und eine ständige Lehrstelle in Sindelfingen, Bez. Böblingen, dem Mitrelschullehrer Oel- schläger in Haiterbach, Bez. Altensteig-Dorf.

Tagespolitik.

Die gesamten fundierten Reichs- und Staatss chulden beliefen sich nach der Finanz­statistik am Beginn des Rechnungsjahres 1909 auf 17 573 Millionen Mark, gegen 16573 im Jahre 1908, 16 386 im Jahre 1907, 15 691 im Jahre 1906, 15 205 im Jahre 1905 und 13 1 12 im Jahre l 1901. Die Steigerung war also im letzten Jahre mit genau einer Milliarde Mark viel erheblicher als je zuvor und als insbesondere im voraufge­gangenen Jahre, in dem sie nur 187 Millionen Mark betragen hatte. In den 8 Jahren seit 1901 hat sich die Schuldenlast um 3461 Millionen Mark, also nahezu dreieinhalb Milliarden Mark, erhöht. Das Reich hatte zu Beginn des Rechnungsjahres 1909 3894 Millionen Mark Schulden, gegen 364F Millionen im Jahre 1908, so daß eine Zunahme um 250 Millionen Mark stattgefunden hat. In den letzten 8 Jahren hat sich die fundierte Reichs­schuld um 1578 Millionen Mark oder 68 v. H. erhöht. Dabei ist noch unberücksichtigt geblieben, daß im Laufe des Etatsjahres l 909 660 Millionen Mark neue Schuldanweisnngen begeben worden sind. Die Schulden der Bundesstaaten betrugen 13679 Millionen Mark, gegen 12 930 im Jahre 1908, 12 742 im Jahre 1907, 12 307 un Jahre 1906 und 10 797 im Jahre 1901. Im letzten Jahre hat also eine Zunahme um 749 Millionen Mark und in acht Jahren eine solche um 2882 Millionen oder 27 v. H. stattgefunden. Die Vermehrung der Schulden war also beim Reich verhältnismäßig mehr als doppelt so groß als bei den Bundesstaaten.j Ans den Kopf der Bevölkerung kommen (nach der Bevölkerungszahl von 1905> im Reiche 225,58 (213,22) Mark Staatsschulden und 64,21 (60,08) Mark Reichsschulden, zusammen 289,79 (273,30) Mark. Nicht vergessen darf auch werden, daß der weitaus größte Teil der Staatsschuld den Erwerbs­anstalten des Staates, insbesondere den Eisenbah nen, zugute kommt. Die Eisenbahnschulden betra gen 10,4 Milliarden Mark, so daß im übrigen nur 3,3 Milliarden Mark Staatsschulden bleiben.

Bei der neuen S a m in l u n g s p o li ti k, dem Zusammenschluß aller bürgerlichen Parteien ge­gen die Sozialdemokratie", avill auch das Zentrum nicht recht mittun. Wenigstens schreibt der Zen- trnmstaktiker Dr. Julius Bachein imTag", man könne vom Zentrumsstandpunkt aus der Idee dieses Zusammenschlusses nicht ohne weiteres zustimmen. Sehr richtig wirft er die Frage aus, was denn über Hauptbürgerliche" Parteien gegenüber der Sozial­demokratie seien. Und dann meint er, das Zen trum könne bei der starken Arbeiterschaft in sei­nen Reihen nicht schlechtweg alsbürgerliche Partei" in landläufigem Sinne angesprochen werden. Die Hauptsache aber sei, daß das Gemeinschaftsgefühl unter den nichtsozialdemokratischen Parteien nicht derart entwickelt sei, um eine gemeinsame Parole mit Erfolg ausgeben zu können. Die erste Wahl taktische Voraussetzung sei doch die Gegenseitigkeit, und es sei nicht daran zu denken, daß sie gewährt würde. Infolge des Scheiterns des Blocks seien die Gegensätze zwischen Liberalen und Zentrumspartei noch mehr verschärft wie früher. An eine allge­meine Parole: hier bürgerliche Parteien, hier So­zialdemokratie, sei nicht zu denken.

»

Als der Sultan Muley Hafid seinen Bruder Abdul Asis in der Regierung Marokkos ablöste, knüpfte man an diesen Regierungswechsel vielfach die Hoffnung, daß es dem neuen Sultan gelingen werde, der Zersetzung Marokkos Einhalt zu gebie­ten. Bald genug zeigte sich indessen, daß. Muley Hafid nicht der Mann dazu war. In der Tat ist die Neuordnung Marokkos eine Aufgabe, die nur ein Staatsmann ersten Ranges zu lösen imstande wäre. Jeder andere muß an den beiden einander feindlichen Gewalten, die in Marokko herrschen, jäm­merlich Schiffbruch leiden. Auf der einen Seite steht Europa, das nach den Schätzen des Landes gierig den Arm ausstreckt, andererseits aber auch fähig und bereit ist, dem Sultan die nötigen Mit­tel zu gewähren, ohne die durchgreifende Reformen nicht möglich sind. Auf der anderen Seite steht die kriegerische Bevölkerung, die allen europäischen Ein­flüssen abgeneigt ist. In Abessinien war es einst einem Menelik unter ähnlichen Verhältnissen mög­lich, ein mächtiges Reich zu schaffen, indem er die verschiedenen Mächte geschickt gegen einander aus­spielte, um schließlich alle zu prellen. Aber Muley Hafid ist kein Menelik, seinen Kniffen und Pfiffen fehlt der große Zug, der erst den Roßtäuscher vom Staatsmann scheidet. So scheint das unglückliche Land unrettbar dem Schicksal entgegenzugehen, eine Beute Europas zu werden. Ja man glaubt, des marokkanischen Bärens schon so sicher zu sein, daß bereits der Ruf nach einer Teilung des Fells laut wird. Merkwürdigerweise kommt dieser Ruf nicht aus Frankreich oder Spanien, sondern von jen­seits des Kanals. England, das sich von jeher aus dem Ländermarkle als tüchtiger Makler erwiesen hat, scheint auch dieses Geschäft machen zu wollen. DieMorning Post" läßt sich aus Tanger eine Depesche schicken, die die Zustände in Marokko grau in grau schildert und in dem Vorschläge gipfelt, Marokko unter die europäischen Mächte zu verteilen. Für England wird dabei als Mak­lergebühr der Hafen von Tanger in Anspruch ge­nommen, während das englische Blatt Deutschland eine Kohlenstation und gewisse Bergwerksrechte in der Provinz Mogador gnädig zngestehen will. Spa­nien wird eine Ausdehnung im Rif und der Besitz des Hafens von Santa Cruz de Agadio in Aussicht gestellt, den Löwenanteil aber soll Frankreich er halten. Man muß bewundern, mit welchem Scharf­sinn England die größte Rosine in dem marokkani­schen Kuchen entdeckt hat. Tanger würde in der Tat eine wertvolle Ergänzung zu Gibraltar bilden. Noch besser als bisher würde dann künftig Eng­land die Zugänge zum Mittelländischen Meer be­herrschen. Dazu kommt noch der besondere Vor­teil. daß es für die Briten viel leichter wäre, sich in den Besitz Tangers zu setzen, als für die Fran­zosen und Spanier, sich des marokkanischen Hinter landes zu bemächtigen. Was dieMorning Post" diesen Ländern gewähren will, würde sich bald als Danaergeschenk entpuppen. Denn noch hat man den Bären nicht, dessen Fell verteilt werden soll. Es ist ein Glück für den Bären, daß der Jäger gar so viel sind.

Landesnachrichten.

Zkkt«»«8eig, 5. September.

* Tedanfeier. Auch hier hat man Veranlas­sung genommen, nach 40 Jahren eine Sedanfeier in größerem Rahmen abzuhalten, als dies an den alljährlichen Erinnerungstagen der Fall war. Die vom hiesigen Kriegerverein gestern abend im Saale des Gasthofs z. grünen Baum veranstaltete Feier war zahlreich besucht und gestaltete sich besonders für unsere Veteranen zu einem Ehrenabend, da sie den Mittelpunkt der Feier bildeten. Auch Witwen der bereits zur großen Armee eingerückten Beter anen waren anwesend. Ihnen mögen im Hinblick auf die Dahingeschiedenen wehmütige Gedanken durchgezogen sein, als sie an ihrer Stelle der Er innerungsfeier beiwohnten. Eingeleitet wurde die

Feier durch einen Vortrag des Liederkranzes, der in Dankenswerter Weise den Abend durch seine Dar­bietungen verschönte und besonders Vaterlandslie­der zum Vortrag brachte. Der Vorstand des Krie­gervereins, Buchhalter Keck, gab einen Rückblick über den Krieg von 1870/71 Und die großen Tage, die zur Einigung Deutschlands führten. Er gedachte der Männer, die aus dem Schlachtfeld den Helden tod erlitten haben, der großen Männeü, die das deutsche Heer zum Sieg geführt haben und beson­ders der Kameraden, die damals als tapfere Strei­ter dabei waren. Mit dem Wunsch, daß es die sen vergönnt sein möge, auch den 50jährigen Ge­denktag der großen Schlacht hier zu feiern und mit einem 3fachen Hoch aus die Veteranen schloß, der Redner seine Ausführungen. Es folgte dann die Uebergabe der von der Stadt gespendeten Ehren­gabe an die Veteranen und Veteranen-Witwen. Kombattanten sind zu verzeichnen: R o h, Johs., Landwirt, Meeh, Heinrich, Kameralamtsdiener, Burk Hardt, Karl, Methodistenprediger a. D., Henßler, Christian, Weißgerber, Henßler, Karl, Flaschner, Wurster, Jakob, Stricker, Frik Wil­helm, Tuchmacher, Beck, Louis, Privatier, Vogel, Heinrich, Stadtwundarzt, Lehmann, Georg Adam, Schneider, Großmann, Christian, Schreiner und Gerichtsvollzieher, Lude, Georg, Briefträger a. D.; als Witwen solcher: Schwarz, Jakob, Bäckerswe., Roh, Karl, Gipserswe., Rothsuß, Joh. Georg, Taglöhnerswe., Braun, Friedr. Straßenwartswe., Kappter, Louis, Grünbaumwirtswe.: als Nicht- kp m b a t ta n t e n: Lutz, C. W., Stadtpfleger, Schmid, Jakob, Metzger, Strobel, Gottl. Kauf­mann, Frey, Friedrich, Kupferschmied, Küble r, Johannes, Straßenwärter, Betzler, Josef, Tag­löhner; als Witwe: Schuh, Michael, Straßen­wartswe. Im Namen der Veteranen dankte Stadt- Wundarzt Vogel für die ehrende Teilnahme an der Feier und für die Ehrengabe der Skadt. Er bezeichnete diese in humoristischer Weise alsLöh­nung", die sie, als alte Soldaten, nun nach langer Zeit wieder bekommen hätten. Er gedachte dann in pietätvoller Weise der dahingeschiedenen Veter­anen und die Anwesenden erhoben sich zum ehren­den Gedenken von ihren Sitzen. Im Hinblick auf die Kämpfe von 1870 gab der Redner seiner Ueber- zengung dahin Ausdruck, daß, wenn wieder zu den Waffen gegriffen werden müsse, auch die heutige Gene­ration ihre Pflicht ebenso tun würde, als die Kämp­fer im denkwürdigen Kriege von 1870. Sein Hoch galt der deutschen Armee. Im Verlaufe der Feier ertönte noch manches Soldatenlied und die Alten, die einst im Siebziger mit dabei waren, haben zum Teil auch da noch ihren Mann gestellt: es waren gestern für sie vergnügte Stunden.

-ü- Ueberücrg, 5. Sept. Gestern hielt der hie­sige Kriegerverein seine Sedanfeier ab. Mor gens beteiligte er sich zahlreich am Kirchgang, abends sieben Uhr versammele er sich im Gast­haus z. Hirsch. Hier begrüßte der Vorstand des Vereins, Hirschwirt Kirn, die Erschienenen und gab seiner Freude darüber Ausdruck, daß auch Herr Ministerialdirektor v. Scheurlen, der gegenwärtig als Kurgast hier weilt, uns mit seiner Anwesenheit beehrte. Hierauf wurde von Schultheiß Schleeh den beiden Veteranen Johannes Seeger und Joh. Georg Frey, sowie Witwe Federmann eine von der Gemeinde gestiftete Ehrengabe von je 10 Mark über­reicht. Postbote Seeger dankte hiefür und gedachte in sinniger Weise der schon verstorbenen Bereranen. Hanptlehrer Dürr schilderte sodann in längerer Ansprache die geschichtlichen Ereignisse von 1870 71. In sein auf Kaiser und König ansgebrachtes Hoch wurde begeistert eingestimmt. Hierauf ergriff Herr Ministerialdirektor v. Scheurlen das Wort und gab seiner Freude über den erhebenden Verlauf der Feier Ausdruck. Er wünschte, daß unsere Ve teranen noch einen langen und schönen Lebens abend haben mögen. Klaviervorträge und patriv tische Lieder umrahmten unsere schöne Feier.

Klosterreichkirbach, 3. Sept. Gestern abend wurden durch ein Schadenfeuer die 3 Wohnhäuser