Die Revolution in Nicaragua.

Die Revolution in Nicaragua, die durch die Miß­regierung des Präsidenten Zelaya vor zehn Mona­ten zum Ausbruche gekommen ist, ^hat jetzt, wie es scheint, mit ihrem endgültigen Siege geendet. Zelaya, der zuerst durch grausame Behandlung der Aufständischen des Aufstandes Herr zu werden suchte, konnte sich schon nach wenigen Wochen nicht mehr halten und mußte aus dem Lande fliehen, nachdem er zuvor zugunsten des Generals Madriz abgedankt hatte. Dieser wurde denn auch etwas später vom Kongreß formell zum Präsidenten ge­wählt und zeigte die Uebernahme der Präsident­schaft den Mächten an. Aber weder die Revolution noch, was für ihn viel bedenklicher war, die Ver­einigten Staaten, die schon Zelaya bekämpft hat­ten, erkannten ihn als Präsidenten an, und es nützte ihm nicht viel, daß eine Anzahl Staaten, darunter Deutschland, ohne die Entscheidung der Bereinigten Staaten abzuwarten, von seiner Mitteilung Notiz nahmen. Eine. Zeit lang schien es freilich, als sei die Revolution vollständig niedergeworfen, dann aber erhob sich der Kampf aufs neue und nahm eine für die Regierung so schlimme Wendung, daß Präsident Madriz jetzt die Präsidentschaft in die Hände des Führers der Revolutionsarmee, Generals Jose Estrada, gelegt hat, der wiederum feinen Bru­der Juan Estrada, zum Präsidenten ausgerufen hat, mit dem Vorbehalt, daß innerhalb sechs Monaten eine endgültige Präsidentenwahl stattfindet. So ha­ben nun die Vereinigten Staaten,'die von Anfang an für die Revolution gegen die Regierung Partei nahmen, ihren Willen durchgesetzt. Präsident Estrada wird, wenn er unbehelligt im Besitze der Macht bleibt, ein gefügiges Werkzeug der Washingtoner Regierung sein, die nun aber hoffentlich aus dem Gange der Ereignisse für sich auch die Verpflich­tung ableitet, dafür zu sorgen, daß nicht nur in dem kleinen Staat endlich einmal geordnete Zu­stände eintreten, sondern daß die Republik auch ihren Pflichten gegen andere Staaten als die Ver­einigten Staaten nachkommt. Daß. Nordamerika selbst bei dieser staatlichen Umwälzung nicht zu kurz kommt, davon darf man ohne weiteres überzeugt sein. Behaupten doch manche der lateinischen Re­publiken, daß die Rolle des großen Ordnungs- und Friedensstifters von dem großen Bruder aus dem Norden bisweilen recht eigennützig gespielt werde.

Landesnachrichten.

Calw, 26. August. Zur Erinnerung an die '40. Wiederkehr der großen Zeit vom Jahre ! 870/71 haben die bürgerlichen Kollegien eine Ehrung der Veteranen beschlossen. Die Kombattanten erhal­ten eine Ehrengabe von l0 Mark, die Nichtkombat- tanten eine solche von 5 Mark: die gleiche Ehren­gabe erhalten die Witwen. In der Stadt sind 26 Kombattanten und 15 Nichtkombattanten, sowie 15 Witwen vorhanden.

st Rottenburg, 26. August. In Niederau wurde oberhalb der Eisenbahnbrücke die Leiche des vor etwa sechs Wochen beim Hochwasser in die Star- zel gefallenen und ertrunkenen Knaben des Wald­schützen Hänle in Wachendorf geländet.

j! Reutlingen, 26. August. Die Bestrebungen des württembergischen Bundes für Heimatschutz fin­den ihre Stütze auch 'bei den 'Gemeindeverwaltungen und den Staatsbehörden. Vor kurzem wurde bei­spielsweise gegen unschöne und in die Landschaft nicht passende Bauten Front gemacht auf Grund der Wahrnehmung, daß in einigen Gemeinden der Oberämter Reutlingen, Urach, Tübingen, Neuen­bürg u. Schorndorf Häuser mitSteinquadern und Holzschindeln aus Blech" verkleidet gefunden wurden. Es nimmt nunmehr auch das K. Oberamt Reutlingen unter Hinweis auf diese Geschmacksirrungen Stel­lung zu dieser Frage und spricht in einer öffent­lichen Bekanntmachung die Erwartung aus, daß die Bauunternehmer und Hausbesitzer künftig im Inter­esse einer natürlichen heimischen Bauweise derartige Verunzierungen unterlassen und beim Bauen nach Möglichkeit heimische Baustoffe verwenden. Bei Fachwerkbauten sollte das Holzwerk tunlichst nicht verputzt werden, während Backsteinbauten in der Regel mit einem Verputz zu versehen sein werden.

* Stuttgart, 26. August. Der Cannstatter Ex erzierplatz wird gegenwärtig als Flugfeld her­gerichtet. Das Fluggelände soll 800 Meter lang und 500 Meter breit werden. Es schließt sich auf der einen Seite an den Neckar an. Dem Planken­zaun in der Höhe von 2 Meter, der nach außen das Flugfeld abschließt, läuft auf der Innenseite gleich eine Schranke, die als Jnnengrenze für das Pub­likum gilt.

Schwarzwälder Sonntagsbla tt.

st Zuffenhausen, 26. August. Der Gemeinderat beschloß in seiner gestrigen Sitzung, aus Anlaß der 4(>jährigen Wiederkehr des Tages von Sedan unter die Veteranen und die Witwen von solchen eine Ehrengabe von je fünf Mark zu verteilen.

st Kornwestheim, OA. Ludwigsburg, 26. August. Die Angabe einer hiesigen Fabrikarbeiterin, daß ihr durch einen Einbruch ca. 850 Mart entwendet wur­den, erweist sich als Mystifikation. Man hatte so­gar bekanntlich den Stuttgarter Polizeihund Sherlock zur Ermittelung des Täters hierherkommen lassen, der auch verschiedene Spuren aufnahm, aber nur von Personen, die zufällig aus irgend einem An­laß das Haus betreten hatten. Bei seinem Ver­hör durch den Kriminalschutzmann gab das Mädchen an, daß es das Geld bisher aus der Sparkasse ge­habt und für die bevorstehende Hochzeit aufgehoben habe. Dadurch kam der Schwindel heraus, denn es wurde festgestellt, daß das Mädchen auf der Sparkasse nie ein Buch besessen hatte. Der Fall dürfte noch üble Folgen für die glückliche Braut haben, deren Bräutigam sie nach diesen Feststellungen nicht mit gerade sehr liebevollen Augen angesehen ha­ben soll.

st Steinheim, OA. Marbach, 26. August. Der Gemeinderat hat dem Flurschützen untersagt, bei seinen Dienstgängen eine Waffe mitzusühren, da er so kurzsichtig ist, daß er vier Knaben, die in der Murr badeten, für herrenlose Gänse ge­halten und sie mit Schrot angeschojfen hatte. Die Verletzungen der Knaben sind nur ganz leich­ter Natur.

st Plochingen, 26. August, lieber die hiesige Gegend ging heute nachmittag ein 20 Minuten an­dauerndes schweres Hagelwetter nieder, das gro­ßen Schaden angerichtet hat.

st Heidenheim, 26. August. Anläßlich der vier­zigsten Wiederkehr des Tages von Sedan wird hier am 2. September ein Festgottesdienst und abends im Hotel zur Traube eine allgemeine Feier mit Ansprachen, Gesängen und Lichtbildern stattfinden.

st Göppingen, 26. August. Nachträglich wird bekannt, daß in dem benachbarten Holzheim kürz­lich die Witwe Rosine Keßler ihr 10 0. Lebens­jahr- vollendet hat. Die Greisin lebt, nach­dem sie zweimal verheiratet war, seit Jahren im Witwenstand bei ihren Angehörigen: sie erfreute sich bis vor einiger Zeit noch einer erfreulichen^ Rüstigkeit: in letzter Zeit hat sie ihr Heim nur noch selten verlassen.

st Ebersbach a. F., OA. Göppingen, 26. Aug. In der Wirtschaft zumDeutschen Kaiser" ist auf unaufgeklärte Weise Feuer ausgebrochen. Das ganze Gebäude ist in Asche gelegt. Der Viehhändler Ankele, der in dem Haus übernachtete, konnte mit knapper Not das nackte Leben retten. Er verlor 500 Mark. Das Nachbargebäude wurde durch Einstürzen des Giebels schwer beschädigt.

st Saulgau, 26. August. In dem Wohn- und Oekonomiegebäude des Schmiedmeisters Bruno Weiß in Bondorf brach ein Brand aus, durch den das Gebäude vollständig eingeäschert wurde.

st Magenbuch in Hohenzollern, 26. August. Ein 1 3 Jahre alter Knabe kam in das Haus des Schmied­meisters Fürst, bei dem seine Schwester dient, und sah an der Wand ein Gewehr hängen, das aber nach Aussage des Eigentümers nicht geladen war. Wie vermutet wird, nahm der Knabe von den in' der Nähe stehenden Patronen und steckte eine in das Gewehr. Plötzlich krachte ein Schuß und der Knabe blieb tot am Boden liegen. Ob er den Schuß selber abgegeben hat, wird die eingeleitete Unter­suchung ergeben.

* Pforzheim, 26. August. In der Wirschaft zur Rose hier war vor wenigen Tagen einem Dienst­mädchen aus ihrem Mansardenzimmer Verschiedenes gestohlen worden, u. a. ihre Ersparnisse mit 45 Mark. Der mit der Untersuchung des Diebstahls beauftragte Fahnder L. war ratlos. Nun wurde der PolizeihundHassan" gerufen. Er nahm Witterung an einigen Gegenständen, die der Dieb in den Hän­den gehabt hatte, sprang dann auf einen Stuhl und wollte zum Dachkammerfenster hinaus auf das etwa leinhalb Schuh abstehende Nachbarhaus. Um ein Abstürzen des Hundes vom Dach zu ver­hüten, wurde nunHassan" ins Nachbarhaus ge­führt. Der Hund drang in ein Zimmer ein, in welchem drei Betten standen und verbellte eines derselben regelrecht, indem er hinaufsprang. In diesem Bette hatte ein 21 Jahre alter Tapezier­gehilfe, Friedrich I. aus Baden-Baden, genächtigt. Est wurde sofort gesucht und gestand bei der Ver­haftung den ihm durchHassan" bewiesenen Dieb­stähl ein. I. hatte mit dem gestohlenen Gelbe 37 Mark gedeckt, die er für den Tapeziererverband ein­kassiert und unterschlagen hatte.

st Berlin, 26. August. In dem Prozeß gegen , den Fürsten Eulenbur g hat das Gericht be­

schlossen, die Entscheidung darüber, ob ein neuer Termin anberaumt wird, vorläufig auszusetzen, da durch amtliche Gutachten die Verhandlungsunfähig­keit des Fürsten auf längere Zeit hinaus nachge­wiesen ist.

* Danzig, 26. August. Zu der bevorstehenden Anwesenheit des Kaiserpaares hat die Stadt allge­mein reichen Festschmück angelegt. Um 12 Uhr 50 Min. trafen mit dem Sonderzug die Kronprinzessin, die Prinzessin Eitel Friedrich, der größere Teil der Gefolge, sowie die kaiserlichen Gäste ein. Der Kron­prinz und seine Brüder sind in Automobilen hier eingetroffen.

st Danzig, 26. August. Der Kaiser und dies Kaiserin sind kurz vor halb sechs Uhr hickr ein-' getroffen. Hejrzog Alb recht von Wirrt-, temberg. ist heüte morgen hier angekommen.

st Emden, 26. August. Die der Spionage ver­dächtigen Engländer Brandon und Trench verwei­gern jede Auskunft über ihre Persönlichkeit. Die Angabe Brandons, daß. er Student in Camoridge gewesen fei, hat sich als unwahr erwiesen. Die Ab­führung der Verdächtigen nach Leipzig steht bevor.

* Bremen, 26. August. Nach einem Telegramm traf der DampferKönigin Luise" des Norddeutschen Lloyd, der auf der Reise von Newyork nach Genua begriffen ist, am 24. August auf 40 Grad 5 Minu­ten nördlicher Breite und 44 Grad 24 Minuten west­licher Länge das englische SchiffHarvest Queen" aus Windsor (Neuschottland) in sinkendem Zu­stande und nahm die gesamte Mannschaft an Bord, nachdem das Schiff angezündet worden war.

Ausländisches.

st Wien, 26. August. Heute nachmittag fand! aus Anlaß, der vormittags festgestellten Fülle von asiatischer Cholera eine Besprechung von Ver­tretern der zuständigen Behörden statt. Die getrof­fenen Vorbeügungsmaßregeln wurden für vollkom­men ausreichend erklärt. Es sei nicht der geringste Anlaß zur Beunruhigung vorhanden.

st Rom, 26. August. Der gestrige Ministerrat hat beschlossen, 900 000 Lire zur Linderung der Not in den von der Cholera heimgesuchten Bezirken zu bewilligen.

st Brüssel, 26. August- Aus der deutschen Ab­teilung der Weltausstellung wurden in der vergan­genen Nacht 39 Uhren, Glashütter Fabrikat, fm Werte von 30 000 Mark gestohlen. Vom Diebe fehlt jede Spur.

Allerlei.

* Aus Furcht vor der Ehe entfloh in Re­gen s b u r g ein junger Bräutigam. Auf dem Wege zum Hochzeitshause, wo schon der Brautwagen fei­ner harrte, kehrte er plötzlich um, eilte sofort zuml Bahnhof, löste sich ein Billett und fuhr mit dem! Berliner D-Zug davon.

* Wie dieDeutsche Turnzeitung" erfährt, hat sich die japanische U n terri ch tsv e rw a 1 tung Entschlossen, in allen Schulen das deutsche Turnen einzuführen. Es war im Februar im Aufträge der japanischen Regierung ein japanischer Arzt in Begleitung mehrerer Herren in Berlin, um an Ort und Stelle das deutsche Schulturnen kennen zu lernen. Man plante in Japan zuerst die obli-? gat-irische Einführung des schwedischen Turnens, doch die Art und Weise des deutschen Turnunter­richts hat den größeren Beifall der Japaner ge­funden. Eine japanische Turnlehrer-Kommission wird demnächst nach Deutschland reisen, um das Schulturnen zu studieren.

* 2 00 0 Kartenlegerinnen sind im auf­geklärten Berlin seitens der Polizei sestgestellt wor­den, und diese Damen klagen sogar über allzu große Arbeitsbelastung. Zu ihrem Publikum zählen nicht etwa kleine Leute, sondern die eleganten Kreise des Tiergartenviertels.

tz Idyllisches aus Cetinje. Anläßlich des Zu­sammentritts des neuen montenegrinischen Parla­ments in Cetinje erzählt ein Berichterstatter des Piccolo", der gelegentlich der Vermählung der Prinzessin Helene von Montenegro mit dem da­maligen Kronprinzen und jetzt regierenden König von Italien dort weilte, interessante Episoden von dem idyllisch ruhigen und schlichten Leben des mon­tenegrinischen Hofes. Es war an einem Sonntag, und es regnete in Strömen. Der Berichterstatter, der vom Fürsten empfangen werden sollte, wartete im Erdgeschoß des unscheinbaren Palastes in einem Zimmer, dessen nach der Vorhalle führende TW weit geöffnet war. Plötzlich stürzte, ganz durchnäßt, aber trotzdem fröhlich lachend und scherzend, eine Schar junger Damen ins Haus. Die eine von ihnen' schloß rasch ihren primitiven Regenschirm, rief den andern ein paar fidele Worte zu, stieß eine Tür