täglich kleine Mengen Metalle zu entwenden und aus der Werft zu schmuggeln. So hat es der kürzlich verhaftete, in sensationellen Berichten als Magazinaufseher bezeichnete 22jährige Arbeiter Balz getrieben, der in einer Abteilung als Materialien-, ausgeber tätig war. Er hat nach und nach etwa 150 Kilogramm Material entwendet und unter der geschlossenen Jacke aus der Werft geschmuggelt und für zusammen 08 Mark an den gleichfalls verhafteten Althändler Albrecht in Kiel-Gaarden verkauft. Durch die anläßlich der Verhaftung dieser Personen eingestellten Recherchen wurde ermittelt, daß größere Mengen Werftmetall nach Neumünster gefahren und beim Großhändler Wittko verkauft worden waren. Die dort Vorgefundene Metallmenge, die einen Neuwert von etwa 2000 Mark hat, hatte Wittko nach seinen Büchern für 600 Mark von einem Kieler Großhändler erworben und dieser wiederum hatte sie von mehreren Kleinhändlern gekauft. Nach den bisherigen Ermittelungen kommen Werftbeamte nicht in Frage, vielmehr spricht alles dafür, daß die Metalle in ganz kleinen Mengen von mehreren Arbeitern, die nicht einmal alle auf der Werft selbst beschäftigt zu sein brauchen, mitgenommen wurden. >
Ausländisches.
* Sofia, 9. August. Als gestern abend Pioniere mit der Legung einer Fla ttermine für das Freudenschießen anläßlich eines Regimentsfestes beschäftigt waren, explodierte diese. Neun Soldaten wurden getötet, ein Leutnant und fünf Mann wurden schwer verwundet.
ft Kopenhagen, 9. August. Der 5. Internationale Kongreß für öffentliche Fürsorge und Private Wohltätigleit ist heute in Anwesenheit des Kö-. nigs und der Königin, des Kronprinzen und mehrerer Minister eröffnet worden.
ft Saloniki, 9. August. Eine l5 Mann starke Abteilung griechischer Soldaten überschritt bei Domenikon die türkische Grenze und wurde dabei von der türkischen Grenzwache in ein Gefecht verwickelt, das' drei Stunden dauerte. Die Türken erhielten Verstärkungen. Die Griechen zogen sich mit einem Verlust von fünf Toten über die Grenze zurück. Auf Seiten der Türken wurden zwei Mann verwundet.
Konstantinopel, 9. August. Der Pforte sind nunmehr die Antworten aller Kretamächte bezüglich' der Kandidaturen Benizelos und der anderen Kreter für die griechische Nationalversammlung zugegangen. Nach Informationen der Pforte erklären die Mächte, daß sie die Teilnahme der Kreter an der Nationalversammlung nicht Anlassen und gegen die Entsendung kretischer Delegierter aktiv einschrstten werden.
Tie Lage in Spanien.
! Madrid, 9. August. Der Ministerpräsident Canalejas empfing soeben zwei Vertreter der deutschen Presse. Er erklärte, das religiöse Problem verursache keinerlei materielle Beunruhigung mehr. Die versuchsweise Mobilisierung der ultramontanen Truppen in San Sebastian zeigte, daß dergleichen Unternehmungen bei Neunzehnteln der Bevölkerung kein Echo finden. Was di? gemeldeten Waffensendungen anlangt, so ist die Regierung vorbereitet.
jede karlistische Erhebung im Keime zu ersticken. In moralischer Hinsicht steht heute fest, daß entgegen der im Ausland herrschenden Meinung vom spanischen Fanatismus, die inmense Mehrheit des Landes für die Gewissensfreiheit ist. Die Behaup tung von einem Einfluß der französischen Antiklerikalen auf die spanische Regierung ist eine stupide Legende, ebenso die angebliche Beeinflussung des Königs seitens englischer Kreise. Der König sei intelligent, fortschrittlich gesinnt und allen modernen Ideen zugänglich. Er lasse sich nicht isolieren, wie es die klerikalen Elemente gerne möchten. Die kirchliche Politik wird mehr oder weniger weit gehen, jenachdem der Vatikan sich verhält. Falls der Vatikan allen guten Willen verkennen wollte, so würde er damit die Regierung natürlich zum Aeußersten treiben. Auf meine Bemerkung, das Ausland halte steilweise mit dem Vertrauen in den Erfolg der Regierung zuriick, weil die liberale Politik in der Vergangenheit häufig gescheitert sei, erwidert Canalejas mit äußerstem Nachdruck, er habe das absolute Vertrauen, die Schlacht zu gewinnen. Uebri- gens werde sein Sturz noch nicht das Scheitern der liberalen Politik bedeuten. Er selbst würde sich dann an die Spitze aller Elemente der Linken stellen und sein großes Trachten, selbst sein Leben, diesem Kampfe widmen.
Ein Anschlag aus den Bürgermeister von Newyork.
ft Newyork, 9. August. Der Bürgermeister von Newyork, Gaynor, wurde heute, als er auf dem Lloyddampfer „Kaiser Wilhelm der Große" nach Europa abreiseu wollte, durch einen Revolverschuß schwer verwundet: der Täter wurde verhaftet.
ft Newyork, 9. August. In dem Augenblick, in dem das Attentat erfolgte, stand Bürgermeister Gay- nvr auf dem Verdeck des Dampfers in Unterhaltung mit mehreren Freunden. Die Kugel drang in die linke Kopfseite ein. Gaynor hatte beabsichtigt, auf einen Monat zur Erholung nach Europa zu reisen.
ft Newyork, 9. August. Der Bürgermeister Gay- nor ist ins hiesige Krankenhaus gebracht worden. Sein Zustand ist ernster als bisher angenommen! wurde. Es wurden drei Schüsse auf ihn abgegeben, von denen zwei fehlten. Auch der neben Gaynor stehende Kommissar Edwards wurde durch eine Revolverkugel leicht verletzt.
ft Newyork, 9. August. Das hier verbreitete Gerücht, Bürgermeister Gaynor sei seinen Verletzungen erlegen, bestätigt sich nicht. Gaynor hat lediglich eine Verwundung am Hals erlitten, die nicht lebensgefährlich erscheint.
ft Newyork, 9. August. Der Name des Attentäters ist Jules Galtagher. Er war Wächter des städtischen Hafenamtes und gibt als Grund an, der Bürgermeister habe ihn um sein Brot gebracht. Ein Lloydbeamter schlug den Angreifer nieder. Der Bürgermeister Gaynor war wegen seiner durchgreifenden Reformen wiederholt Drohungen ansgefeht gewesen.
Allerlei.
* Ein Reumütiger. Auf dem Bureau der Sektion 9 der Süddeutschen Eisen- und Stahl-Be- rufsgenossenfchaft in Stuttgart übergab der Bundes- Lekretär des Hauptvereins vom Blauen Kreuz namens eines ungenannten, früheren Rentenempfän
gers den Betrag von 350 Mark, als Ausgleich dafür, daß der unbekannte Rentempfänger durch unrichtige, seinen Unfall betreffende Angaben, von der Genossenschaft längere Zeit Rente zu Unrecht bezogen hat. Der Rentenempfänger, der früher Trinker gewesen, sei dem Verein vom Blauen Kreuz beigetreten und bereue seinen Fehltritt aufrichtig.
* Mutige Sänger. In Durlach bei Karlsruhe vollführten Mitglieder eines dortigen Gesangvereins ein kühnes Wagnis. Sie nahmen im Lö- wentäfig einer gerade anwesenden Wandermenagerie Platz und sangen hier die schönsten Quartette. Sehr interessant saß der ausgewachsene Löwe des Besitzers auf seinem Hocker und hörte zu. Das Stückchen zeugt sowohl von der Courage der Durlacher Sänger als auch von einem imposanten Erfolg der Dressur.
* Eine bayerische S t aats l o tt e ri e. Nach einer der „B. Z." gemachten Mitteilung soll in der nächsten Zeit eine bayerische Staatslotterie errichtet werden, teils um deu Wünschen des Publikums nachzukommen, teils um den Finanzen des bayerischen Staates eine Einnahmequelle zu erschließen.
* Von einer Mähmaschine getötet. In der Nähe Minchens gingen die vor eine Mähmaschine gespannten Pferde durch. Der Kutscher wurde heruntergeschleudert, fiel zwischen die Messer und erhielt zahllose schnitte und Stiche, er starb nach einer Viertelstunde.
* Echte und unechte Diamanten. Der zehnte Verbandstag deutscher Juweliere hat sich dahin ausgesprochen, daß auch die künstlichen Diamanten als unechte Steine anzusehen seien. Bekanntlich ist es gelungen, durch außerordentliche Erhitzung von Kohlenwasserstoff künstliche Diamanterl hsr- zustellen. Das Verfahren ist jedoch unsäglich mühselig, jodaß. die echten Diamanten fast noch billiger sind als diese unechten.
* Bei dem Aufstieg eines Freiballons in Berlin machte sich einer der Mitfahrenden, ein, ehemaliger Akrobat, den Spaß, sich kurz vor der Abfahrt auf das Ankers":! zu sehen. In dieser Stellung wurde er mit hoch gerissen. Der Mann war aber geistesgegenwärtig und begann am Seile hochzuklettern. Seine Gefährten haben ihn schließlich in den Korb ausgenommen. Der Empfang, den man ihm bereitete, war allerdings nicht sehr freundlich.
* Durch Brunnengase getötet. In der: Wasserwerken von Pankow bei Berlin wollten ein Maschinenmeister und ein Pumpenwärter einen Brunnen reinigen. Ohne die nötigen Vorsichtsmaßregeln anzuwenden, stiegen sie hinab und wurden 'owr: durch giftige Brunnengase betäubt und erstick:.
* In einer deutschen Zeitung war folgendes Inserat zu lesen: „Hübscher Neger, 29 Jahre alt, angenehme Erscheinung, sucht die Bekanntschaft eines anständigen, gebildeten Mädchens mit etwas Vermögen zwecks Heirat."
* Die deutsch? anthropologische Gesellschaft hielt soeben eine Tagung in Köln ab. Unter anderen sprach dort Schmidt-Tübingen über palüolithische Kultur und Klimaschwankung nach den: Maximum der letzten Eiszeit. Er glaubt aus Grund eingehender Untersuchungen feststellen zu können, daß der Wechsel der Tierwelt und der Kultnr-
M L « s» fr rrt. M
Es ist kein Schnee so kall und graus,
Der nicht ein Keimchen noch trieb aus:
Es ist kein Schmerz so groß und tief.
Daß nicht in ihm noch Friede schlier.
K. Müller.
Die Brillantagraffe.
Erzählung von Reinhold Ort mann.
(Schmutz.) Nachdruck verboten.
Akos Szakftns Ueberraschnng war zu groß, als daß er soglerch ein geeignetes Wort der Erwiderring gefunden hätte. Frau Myra aber rief mit um so größerer Lebhaftigkeit:
„Die Sache hat sich also aufgeklärt? Man hat meine Agraffe gefunden?"
„Ihre Agraffe leider noch nicht, gnädige Frau — wohl aber den Dieb, der sie Ihnen gestohlen hat. Noch am gestrigen Abend ist Wcrldschmidt ans seine Spur geraten, und soeben erhielt mein Oheim die telephonische Meldung, daß er von der Kriminalpolizei verhaftet worden sei. Er ist vollkommen geständig, will aber die Schmuckstücke einem ihm dem Namen und dem Aufenthalt nach unbekannten Komplizen zur Verwertung übergeben haben. Die Hoffnung, daß Sie Ihr Eigentum zurückerhalten werden, erscheint also noch keineswegs ausgeschlossen."
„Ach, was liegt mir jetzt noch an dreier Agraffe, sie rch doch niemals wieder anlegen würde! Also wurde sie mir dennoch geftHblen! Und wer — wer war der Dieb?"
„Ter angebliche Lohndiener, der Ihnen in meines Onkels Bibliothekzimmer eine Limonade servierte. Der Mann darf den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, einen ganz neuen Diebstrick erfunden zrr haben. Er ist ein alter, zünftiger Taschendieb, der den größer» Teil seines Lebens im Gefängnis und im Zuchthause zugebracht hat. Trotzdem gelang es ihm, mit Hilfe gefälschter Legitimationspapiere und Zeugnisse, die seine Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit außer Zweifel setzten, auf die Listen einiger hiesiger Plaziernngs-Jnstitute zu kommen, die sich mit der Vermittlung von zuverlässigen Lohndienern zur Aushilfe bei Festlichkeiten in vornehmen Häusern befassen. Natürlich wollte er sich damit nur die Gelegenheit zu ergiebigen Diebstählen verschaffen. Und der Erfolg beweist die Richtigkeit seiner genialen Berechnung. Da er sich in jedem Fall eines anderen Namens bedient hatte, wurde es trotz der Gleichartigkeit der Delikte nicht so leicht, auf den gemeinsamen Urheber zu raten, und der Mann setzte wohl außerdem mit gutem Grund seine Hoffnung darauf, daß sich nicht so leicht jemand die Mühe gibt, das glattrasierte Dutzendgesicht eines Lohndieners seinem Gedächtnis einzuprägen. Einzig dem Scharfsinn und der Umsicht des Herrn Waldschmidt, der über der zuerst verfolgten falschen Fährte auch die andern Möglichkeiten nicht außer Betracht ließ, sowie seiner in der Polizeipraris erworbenen großen Personalkenntnis nr der Welt der Berufsverbrecher haben wir die rasche und zlückliche Aufklärung zu verdanken."
Jetzt endlich hatte auch Akos Szakäly Sprache und Haltung viedergefunden. Und seine Sprache wie seine Haltung waren Ke eines Mannes, dessen tief beleidigter Stolz sich zu seiner ranzen, hoheitsvollen Größe aufrichtet.
„Ich nehme von Ihrer Erklärung Notiz, Herr Doktor," ägte er mit unnachahmlicher Würde. „Aber ich will damit ticht ausgedrückt haben, daß sie mir genügt. Ich muß mir m Gegenteil alle weiteren Schritte Vorbehalten."
Eine leichte, stumme Verneigung war Doktor Hainroths
-tnzige Antwort. Auch gegen Myra verbeugte er sich kn dS mverkrnnbaren Absicht der Verabschiedung. Aber sie ließ ihn ücht fort.
„Bleiben Sie noch, Herr Doktor!" sagte sie mit aller Herzlichkeit und Wärme, deren der Klang ihrer weichen Stimm« ähig war. „Nachdem dieser Herr dort uns verlassen habe» und ich zweifle nicht, daß es sogleich geschieht d habe ich noch ein paar Worte unter vier Augen mit Jhner zu reden."
Erstaunt blickte Hainroth von einem zum andern. Mol Szakäly aber warf sich noch einmal in die Brust und schickt: sich, allem Anschein nach, eben zu irgendeiner pathetischen Er klärung an, als ihm Frau Myra die Bemühung ersparte.
„Wir haben einander wirklich nichts mehr zu sagen, meir Herr! Denn ich vermute, daß Ihnen ebensowenig daran liegt sich mit mir über die Vorgänge in meines Vaters Hause zr unterhalten, über die ich vorhin durch Herrn Direktor Wall- Hofen aufgeklärt worden bin, als es jetzt noch einer Antwort auf Ihre vorhin geäußerte Bitte bedarf. Oder wünschen Si« vielleicht doch, daß wir über diese Dinge reden?"
Aber der große Geiger wünschte es nicht. Sein beleidigter Mannesstolz knickte vielmehr noch einmal recht kläglich zusammen, und nach einigen hilflosen Worten, auf die er von keiner Seite her Antwort erhielt, war er verschwunden.
„Er behält sich vermutlich alles Weitere vor!" lachte Frau Myra hinter ihm drein. Und wie in jubelndem Uebermut fügte sie hinzu: „O, Doktor — lieber Doktor — was für eine heillose — dumme — dumme Närrin bin ich doch gewesen!"
Er begriff die Ursache ihres seltsamen Froyucykensaus- bruches wohl nicht sogleich. Aber es mußte ihr allem Anschein nach doch gelungen sein, ihn in einer Weise darüber aufzuklären, die auch ihn in hohem Maße befriedigte. Denn als er sie nach Verlauf einer Stunde verließ, strahlte es auch auf seinen: Gesicht wie eitel Sonnenschein, und er lenkte seine