Voikspartei, die Mchtvefolgung der Wahlparole durch die Deutschparteiler, sowie die Unterstützung des Bauernbunds durch Zentrum und teilweise auch durch Deutsche Partei.

js Heilbronn, 28. Juli. Au einein Wohnungs­neuban der Chemischen Fabrik stürzte gestern vor­mittag 11 Uhr ein älterer verheirateter Bauhilfs­arbeiter namens Kunz infolge Bruchs eines Quer­holzes vom Gerüst mit einem beladenen Handkarren und den darauf lagernden Mauersteinen ca. 5 Meter rief ab. Er trug schwere Kopfwunden davon, die für sein Leben befürchten lassen und seine sofor­tige Verbringung ins Krankenhaus nötig machten.

jj Heilbronn, 28. Juli. Der Polizeiwachtmeister Franz Geiselhardt befindet sich, laut Neckar-Echo, in unfreiwilligem Urlaub. Unter der Beschuldigung, etwa 200 Mark von ihm ei.ngezogene Allmandzinsen veruntreut und in einer Anzahl von Fällen durch die Schutzleute eingezogene Strafgelder nicht ab­geliefert und die entsprechenden Akten vernichtet zu haben, wurde ein Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet. Die fehlenden Geldbeträge wurden be­reits wieder ersetzt.

st Heidenheim, 28. Juli. Zwischen den Arbeit­gebern für das Baugewerbe und dem Verband der Maurer, Zimmerer und ähnlicher Arbeiter wurde ein Tarifvertrag abgeschlossen, wobei es sich um die Festlegung einer Normalarbeitszeit und eine Lohnerhöhung handelte. Der Arbeitsvertrag soll je nach der Jahreszeit 10, 9 oder 8 Stunden umfas­sen. Die Maurer sollen erhalten pro Stunde 45 bis 51 Pfennig; die Zimmerer 44 bis 51 Pfennig. Die Bauhilfsarbeiter 3541 Pfennig. Die Lohn­zahlung hat alle vierzehn Tage am Freitag zu er­folgen.

st Geislingen a. St., 27. Juli. Von dem auf der Steigmühle ausgebrochenen Brande erzählt man sich ein Kuriosum. Gerade als das Feuer auf der Polizeistation in einem Parterrelokal des Rathauses gemeldet wurde, hatte der Gesamtverwaltungsrat der Freiw. Feuerwehr im ersten Stock des Rathauses eine Ausschußsitzung. Die Weckerlinis hatte tadellos funktioniert und in kurzer Zeit war der Löschzug auf dem Antrittsmarsch versammelt. Im Tempo Marsch-Marsch" ging er mit seinen Geräten der Brandstätte zu. Der Weg führte ihn am Rathause vorbei. Das nichtsahnende Kommando war immer noch mit Beratungen beschäftigt. Durch das Glocken­signal des Gerätewagens aufmerksam gemacht, schaute ein Führer zum Fenster hinaus und war sehr erstaunt, daß eben sein Zug am Rathaus vorbei­defilierte. Nun war zum Schließen der Sitzung keine Zeit mehr. Kommandant und Führer, alles sprang die Treppe hinunter und dem Löfchzug nach. Einem Führer mußte man noch Helm und Rock nach­tragen. Die wachthabende Polizeimannschaft scheint von der Sitzung aus dem Rathaus keine- Kenntnis gehabt zu haben. Jedenfalls unterließ sie es, die Feuermeldung eine Treppe weiter hinauf zu be­fördern.

st Vom Bodenfee, 28. Juli. Am Automobil eines Konstanzen Zahntechnikers versagte auf einer Spazierfahrt zwischen Wollmatingen und Hegne die Steuerung. Das Auto fuhr mit solcher Wucht gegen zwei Bäume, daß ein Baum entwurzelt und der andere in seiner ganzen Länge gespalten wurde. Alle drei Insassen wurden herausgeschleudert. Einer

von ihnen erlitt einen ko > n plizi erteil "A r mV räch" so daß er ins Spital gebracht werden mußte. Die Ver­letzungen der beiden anderen Insassen sind gering- ssüqiger Art.

st Aus Baden, 28. Juli. In Stockach kam ge­stern nachmittag ein Teil des württ. Generalstabs von Stuttgart unter Führung des Oberstleutnant v. Mutius an und 25 Offiziere stiegen im Hotel Adler-Post ab. lieber 40 Mann und ebensoviel Pferde wurden in Quartier gegeben.

st Pforzheim, 28. Juli. Die Verwaltung un­serer Industriestadt, der bereits ein großes städk. Elektrizitätswerk mit über 3000 angeschlosfenen Mo­toren zur Verfügung steht, plant noch eine weiter­gehende Ausnutzung der Wasserkräfte als seither. Sie hat Sachverständigengutachten erhoben über die Ausbeutung der Enz unter- und oberhalb der Stadt, sowie der Nagold. Wahrscheinlich wird jetzt das Nagoldprojert schleunigst in Angriff genom­men. Der Fluß wird zwischen der Württemberg. Grenze und der Stadt gefaßt und dort mit Stollen durch einen Bergvorsprung geleitet, wodurch rund 2000 Pferdekräfte gewonnen werden. Die Kosten betragen rund eineinhalb Millionen Mark. Der Wert der Kräfte repräsentiert dann aber auch ca. 3 Millionen Mark. Die Kraft kann viel bil­liger abgegeben werden als vom staatlichen Murg­talwerk. Man hofft davon einen weiteren Auf­schwung der hiesigen Industrie.

* Ludwigshafen, 28. Juli. Gestern abend ge­gen halb 11 Uhr brach in der Badischen Anilin- und Sodafabrik Großfeuer aus. In dem Gebäude 270, in dem Anhydrit fabriziert wird, entstand eine Ex­plosion, die binnen kurzem das ganze Gebäude ver­nichtete. Menschenleben sind nicht zu Schaden ge­kommen.

* Bad Ohrthausen, 28. Juli. Bei einen: ge­stern abend 10 Uhr bon der Kurverwaltung im Kurpark veranstalteten Feuerwerk flog ein Feusr- werkskörper in den Behälter, wo die übrigen noch lagerten. Es entstand eine Explosion, durch die die Frau des Werkmeisters Silken getötet und drei wei­tere Personen schwer verletzt wurden.

* Berlin, 28. Juli. Aus Konstantinopel wird gemeldet: Wegen der Ermordung Ungers in Haifa hat der Minister des Innern und des Aenßern dem deutschen Geschäftsträger zugesichert, daß alles zur Bestrafung der Schuldigen getan werde. Inzwischen nehmen in Haifa beide Untersuchungen ihren Ver­lauf, sowohl jene gegen den unbekannten Täter, der den Tirioten tötete, dessen Leiche auf dem Gebiet der deutschen Ansiedler gefunden wurde, als auch die gegen die Mörder Ungers. Der Kutscher des Wagens, in dem der deutsche Konsul und Unger zum Tatort fuhren, hatten zwei der Leute, die auf Un­ger feuerten, erkannt. Diese beiden, übrigens ganz jugendlichen Burschen, sitzen in Einzelhaft: weitere 14 Verdächtige sitzen in gemeinsamer Zelle. Die Haupttäter leugnen zur Zeft noch die Tat, von der man noch nicht weiß, bb n: als eine Art Blutrache, oder als sine demonstrative Tat mit reaktionärer Tendenz gegen die Nichtmohammedaner anfznfassen ist. Für den Schutz der Deutschen scheint genim gend gesorgt zu sein, da der 'Mali von Beirut mit seinem Stationsboot vor Haifa liegt.

Lustschisfahrt.

* Erfurt, 28. Juli. Der LuftkreuzerM. 3", der gestern abend in Tegel aufgestiegen ist, past sierte heute früh 6.15 Uhr die Stadt Erfurt. Um 7 Uhr erreichte er Gotha, führte einige Schleifen! über der Stadt aus und schlug dann die Richtung nach Eisenach ein, wo er um 7.20 Uhr gesichtet! wurde.

* Berlin, 28. Juli. Das LuftschiffM. 3 über­flog mn 9 Uhr die Stadt Meiningen in der Rich­tung nach Koburg. In Eisenach hatte es vor der Abfahrt eine Schleifenfahrt um die Wartburg aus- geführt. Das Luftschiff ist um viertel ein Uhr bei der Ballonhülle glatt gelandet.

* Bitterseld, 28. Juli. Gestern abend 10 Uhr ist der für München bestimmte neue Luftkreuzer P. 6" bei frischem Wind zu einer kurzen Probe­fahrt ausgestiegen. Die Führung hatte wieder Ober­leutnant Stelling. Außerdem befanden sich noch 6 Personen in der Gondel. Nach 20 Minuten jer- folgte eine sehr glatte Landung.

* Metz, 28. Juli. Als gestern abend halb 8 Uhr das Luit schiff M. 2. vor der Ballonhalle landete, geriet der Motor in Brand. Die Hellen, Flammen schlugen ans der Gondel heraus. Das Feuer, das offenbar durch Auslaufen des Oels und Benzin entstanden war, konnte glücklicherweise von den Insassen baldigst gelöscht werden. Das Luftschiff selbst hat keinen Schaden erlitten.

st BreSlau, 28. Juli. Als das Luftschiff P. 5. heute nachmittag in der Umgebung des Flugplatzes von Wilhelmsruh rnanöverierte, riß plötzlich der Ma- nometerfchlanch und fiel auf einen Propeller, wo­bei er einen Flügel verbog. Der Führer sah sich deshalb gezwungen, durch Ventilziehung eine Lan­dung mit dem Schleppseil zu bewerkstelligen, die ihm mit Hilfe herbeieilender Leute auch gelang. Das Luftschiff ist unbeschädigt und wird morgen seine Fahrten wieder anfnehmen.

ff Marienbad, 28. Juli. Staatssekretär v. Ki- derlen-Wächter ist heute abend gegen halb neun Uhr nach Berlin abgereist. Graf Aehrenthal begleitete ihn zum Bahnhof, wo auch Bizebürgermeister Stadt­rat Ruboitius erschien.

* Paris, 28. Juli. Wider Erwarten wurde ge­stern, Mittwoch, im Prozeß gegen Rochette und Ge­nossen schon das Urteil gefällt. Es lautet gegen Rochette auf zwei Jahre Gefängnis und 30 00 Frs. Geldstrafe, gegen Lecacheus auf 4 Monate Gefängnis und 1000 Frs. Geldstrafe, gegen Crevecoeur und Demayer auf 5000 Frs. Geldstrafe und gegen Capdeville auf 2000 Frs. Geldstrafe.

st London, 28. Juli. Das britische Komitee für die Internationale Hygiene-Ausstellung Dresden 1911 gibt bekannt, daß, obgleich fast alle anderen Länder von Bedeutung offiziell vertreten seien, das Auswärtige Amt eine Teilnahme rund abgelehnt habe. Das Komitee werde versuchen, eine britische Beteiligung ohne Unterstützung der Regierung durch- znführen, der Erfolg fei jedoch zweifelhaft.

st Madrid, 28. Juli. Zn der Meldung des Blattes ..Liberal", das den Bruch mit dem Vati­kan als Folge einer einaegangenen, unveftoh'nlichen Note des Papstes als bevorstehend bezeichnet, er-

M A«sef,rrcht. W

Verstehst du, dich kindlich Am kleinen zu wenn,

Wird täglich und stündlich Tein Glück sich ernenn.

KM Gcrok.

Die Brillantagraffe.

Erzählung von Reinhold Orlmann.

(Forisetzunz.) (Nachdruck verboten.)

Zn meinem Glück? O, wenn Sie müßten, Myra, wie unglücklich ich war inmitten all meiner glänzenden Triumphe! Nie nicht für eure einzige Stunde hat mich der Ge­danke mi Sie verlassen. Und wenn nicht in einem Winke! meines Herzens immer die Hoffnung lebendig geblieben wäre, daß ich Sie eines Tags wiederfinden und daß ich Sie mir dennoch erringen müsse, allen feindseligen Gewalten znm Trotz ich würde wahrhaftig nicht die Kraft gefunden haben, das Leben zu ertragen."

Und doch überließen Sie es getrost deni Zufall, dies Wiedersehen herbeizuführen?"

Ich glaubte meine Stunde noch nicht gekommen. Denn noch habe ich ja das Ziel meines Ehrgeizes nicht ganz er­reicht. Aber das Schicksal hat es besser mit mir gemeint als ich selbst, es hat nicht gewollt, daß diese Prüfung noch länger währe. Ach. wenn ich Ihnen sagen könnte, Myra, was in meiner Seele vorging, als ich Sie vorhin bei meinem ver­späteten Eintritt hier inmitten dieses Schwarms gleichgültiger Menschen an der Tafel erblickte! Wie ich an mich halten mußte, um nicht auf Sie zuzustürzen und Ihre geliebten Hände zu küssen! Während der ganzen Dauer des Soupers konnte ich meinen Blick nicht eine Sekunde lang von Ihnen verwenden. Und es bereitete mir wahre Höllenqualen, zu

sehen, wie der unbedeutende, widerwärtige Mensch an Ihre Leite sich herausnehmen durfte. Ihnen den Hof zu machen."

Mit einer raschen, unmutigen Bewegung erhob Frau Myra )en Kopf.

Wenn es Doktor Hainroth sein sollte, den Sie meinen, o muß ich Sie bitten, Ihre Ausdrücke etwas rücksichtsvoller M wählen. Der Herr ist mein Freund und einer der aus- zezeichnetsten Menschen, die ich kenne."

Soll ich ihn etwa lieben, weil er Ihr Freund ist? Aber affen wir ihn! Was kümmert mich jetzt noch dieser armselig« Doktor! Was kümmert mich die ganze Welt, da ich Dich viedergefunden habe Dich, nach der meine kranke Seele ge- eufzt hat bei Tag und bei Nacht!"

Er hatte, ehe sie es hindern konnte, seinen Arm um ihren stacken geschlungen und sie an sich gezogen, um sie zu küssen Db es die Ueberraschung war, die es ihr unmöglich machte, ich zu sträuben, oder ob seine feurige, einschmeichelnde Be- :edsamkeit wirklich wieder die alte Gewalt über sie gewonnen - jedenfalls duldete Frau Myra sekundenlang seine stürmisch« Liebkosung und ließ es widerstandslos geschehen, daß er seinen Rund auf ihre Lippen preßte.

Aber ein schwaches Geräusch hinter ihrem Rücken reicht« nn, den Bann zu lösen. Es war wie ein leises Rascheln ge­nesen und wie das tiefe Aufatmen einer Menfchenbrust.

Um Gottes willen!" stieß sie hervor, indem sie sich mgestümer Bewegung frei machte.Was konimt Ihnen in >en Sinn!"

Mit verstörtem Antlitz wandte sie den Kopf. Und es war hr, als sähe sie noch die Falten der Türvorhänge sich be­legen. Sonst aber zeigte sich nichts Verdächtiges. Von einem Lauscher oder einer Lauscherin war nichts zu bemerken.

Sie haben die Situation auf eine abscheuliche Weis« nißbraucht," fuhr Myra fort, noch ehe SzakÄy auf ihren rschrockenen Ausruf hatte antworten können.Und Sie haben s sich selbst zuzuschreiben, wenn ich nie mehr einwilligen oerde, unter vier Augen mit Ihnen zu sprechen."

Sie ging zur Tür, aber noch einmal vertrat ihr der Geiger ren Weg.

Wollen Sie mich der Verzweiflung preisgeben, Myra? Soll ich glauben, daß es Ihnen Ernst ist mit dem, was sie da sagen?"

Für den heutigen Abend ist es jedenfalls mein voller Lrnst. Und ich werde es nicht früher zurücknehmen, als ich sie Gewißheit erlangt habe, daß Sie ganz vernünftig geworden rnd. Lassen Sie mich jetzt hinaus und folgen Sie mir, bitte, richt auf dem Fuße nach. Denn ich möchte nicht gern zum Jerede der Leute werden."

Ich werde, um es zu verhindern, die Gesellschaft sogleich zerlassen," sagte er demütig.Aber Sie werden mir gestatten, sie in Ihrem Heim aufzusuchen nicht wahr? Ich habe Ahnen ja noch so viel so unendlich viel zu sagen."

Der jungen Witwe war es in diesem Augenblick offenbar sor allem darum zu tun, von ihm loszukommen. Das Gefühl, saß sie möglicherweise von irgend jemand beobachtet worden waren, erfüllte sie mit einer peinigenden Unruhe, die weder Mitleid noch Zärtlichkeit für den Gegenstand ihrer Mädchen- fchwärmerei in ihr aufkommen ließ.

Ich weiß nicht," erklärte sie.Ich kann Ihnen daraus ,etzt nicht antworten. Jedenfalls dürfen Sie mich erst dann rufsuchen, wenn ich Ihnen ausdrücklich die Erlaubnis dazu gegeben habe."

Er aber nahm ihre Worte für eine halbe Zustimmung.

Wohl, so werde ich Ihnen schreiben," sagte er.Und Sie werden mir antworten. Es ist ja unmöglich, daß Sie mich nach solchem Wiederfinden von der Höhe meines Ilückes in den tiefsten Abgrund der Trostlosigkeit zurückstoßen könnten."

Er hatte ihr den Weg frei gegeben, und sie schritt rasch an ihm vorüber, nur mit einem stummen Neigen des Hauptes sen Abschiedsgruß erwidernd, den Akos Szakäly mit dem feurigsten und leidenschaftlichsten Blick seiner ausdrucksvollen Augen begleitet batte.