daritätsgefühl durch, wodurch es unmöglich gewor­den sei, die Mißstände, die schon in den letzten Iah ren Anlaß zu ernsten Klagen gaben, zu beseitigen. Direktor Sander referierte über die Uhrmacherab­teilung der k. württ. Fachschule für Feinmechanik in Schwenningen, deren vornehmste Aufgabe es sei, den Uhrmachern brauchbares Gehilfenmaterial zur Verfügung zu stellen, weshalb jeder Fachgenosse die Schule nach Kräften unterstützen sollte. Handwerks- kammersekretär Freytag sprach über die Fortschritte, die das neue Gesetz über den unlauteren Wettbewerb und über das Ausverkaufswesen gegenüber den bis­herigen Bestimmungen gebracht hat, und empfahl allen gewerblichen Landesverbänden den Eintrag ins Vereinsregister, damit sie die Interessen ihrer Mitglieder auch in dieser Richtung aufs nachdrück­lichste vertreten können. Uhrmacher Eugen Lachen- mann-Reutlingen legte sämtlichen Kollegen den An­schluß an die neugeschasfene Hilfskasse des Zentral­verbandes der deutschen Uhrmacher gegen Einbruch- schaden nahe und A. Wolf-Stuttgart berichtete über den letzten Zentralverbandstag in München.

js Schwenningen. 12. Juli. Bei einem schwe­ren Gewitter wurde gestern in Dauchingen der 35 Jahre alte Landwirt Adolf steril vom Blitz er­schlagen. Er war mit Frau und Kind mit Heu­laden beschäftigt. Es wurden ihm dis Kleider voll­ständig aufgetrennt und ein Schuh vorn Fuß ge- rijssen.

st Stuttgart, 12. Juli. Der Staatsanzeiger schreibt: Während die Berichte über die Wirkung der Wanderarbeitsstätten in Württem­berg von allen Seiten nnr günstig lauten, schei­nen in den Nachbarstaaten die Naturalverpflegungs­stationen dem Untergang entgegenzugehen. Vor eini­ger Zeit hat das badische Bezirksamt Villingen ver­schiedene solcher Stationen seines Bezirks eingehen lassen: laut Bekanntmachung der Oberämter Heil­bronn und Neckarsulm hat nun auch das hessische Kreisamt Heppenheim die Naturalverpflegungssta­tion in Hirschhorn aufgehoben. Bekanntlich haben diese früher auch in Württemberg bestandenen, von den Wanderarbeitsstätten wesentlich verschiedenen Einrichtungen der Wandererfürsorge auch bei uns versagt.

ff Stuttgart, 12. Juli. > Strafkammer. > Wegen Zweikampf mit tätlichen Waffen hatte sich der Student Walter Albrecht vor der Strafkammer zu verantworten. Am 10. Dezember fand auf der Schießbahn Mäderklinge zwischen dem Angeklagten und dem Dragonerleutnant Graf von Schäsberg ein Duell statt. Bedingung war zweimaliger Kugelwech­sel. Das Duell verlief unblutig. Der Grund zur Herausforderung zum Zweikampf war unpassendes Benehmen des Dragonerleutnants gegen die Braut des Angeklagten auf dem Heimweg vom Theater. Das Urteil lautete auf drei Monate Festungshaft.

st Eßlingen, 12. Juli. Die private Samm­lung, die für die künftige M a s ch i n e n b a u s ch u l e in Eßlingen l 00 000 Mark erreichen soll, hat bis jetzt sehr erfreuliche Fortschritte gemacht. Bis heute sind rund 85 000 Mark gezeichnet worden. Die restlichen 15 000 Mark hofft man von der Bürger­schaft vollends zu erhalten.

st Heilbronn, 12. Juli. Die letzte Verhandlung des Schwurgerichts im dritten Quartal richtete sich gegen den 28 Jahre alten ledigen Taglöhner Ehr. Hagner von Waldbach, Oberamt Weinsberg, wegen

Ein bitter Sprüchlein war mir kund In meines Lebens Wandeln:

An Worten reich ist Freundesmund,

Die Feinde schweigen und handeln.

Adolf Bett.

Stanley.

Ein Lebensbild.

Die Lebensgeschichte von Henry Morton Stanley, genannt Bula Matari, der Felsenbrecher, von ihm selbst er­zählt, ist kürzlich von Lady Stanley, seiner Witwe, heraus­gegeben worden und hat in England und Amerika das größte Aufseksn erregt.Ich möchte den jungen Männern aller Länder mit diesem Buche helfen", schreibt Lady Stanley darüber.Ich habe darüber nachgedacht, wie es von Hunderttausenden von Menschen gelesen werden könnte: es enthält die Grundzüge dafür, wie man die größte Tatkraft erlangen kann", schreibt der Herausgeber von Mc. Clures Magazine in New Dort. Die Lese, die in München erschei­nende neue Literarische Zeitung für das deutsche Volk, die ihren Stoff aus der Literatur aller Völker und Zeiten wählt, um dem Volk statt Schundliteratur die Originalwerke großer Dichter und Volksbildner zu bieten, und die eine Organisation ihrer Leser anstrebt, hat das Werk für die deutsche Ausgabe erworben und wird es in ihrem ersten Jahrgang zum Abdruck bringen. Wir bringen aus Nr. 2 der Lese von Siel Vara in London folgenden Bericht über das Werk:

Ein Buch der Abenteuer. Vollgepfropft mit seltsamen Ereignissen, wunderbaren Reisen, gefährlichen Erlebnissen und Fahrten, mit Chroniken von Hunger, Prügeln, Kämpfen,

I Körperverletzung mit nachgefolgtem Tode. Der An- j geklagte ist ein Opfer unguter Familienverhältnisse. Vater und Nkutter hatten, da ersterer dem Trünke ergeben, vielfach Streit, wobei der Sohn zur Mut­ter hielt, so auch am Abend des 12. Juni: als der Vater in angetrunkenem Zustande mit der Mut­ter Händel anfing und sie bedrohte, sprang der Angeklagte dieser zu Hilfe und versetzte dem Va­ter einige Backenstreiche, sodaß er die Treppe hinunterfiel und an den erlittenen Verletzungen bald darauf starb. Der Angeklagte wurde unter Zubil­ligung mildernder Umstände zu einem Jahr neun Atonalen Gefängnis verurteilt. Hoffentlich wird er bald begnadigt.

st Löwenstein, OA. Weinsberg, l 2. Juli. Auch auf unserer Höhe hat der andauernde Regen viel Schaden angerichtet. Auf der Staatsstraße von hier nach Mainhardt kam vor Hirrweiler die Stra­ßenböschung, die dort eine ziemliche Höhe hat, ins Rutschen. Der Verkehr kann aufrecht erhalten wer­den, doch ist der schaden groß. Weitere Rutschun­gen sind kaum aufzuhalten.

st Iggingen, OA. Gmünd, 12. Juli. Unsere Gemeinde besitzt jetzt den zweifelhaften Ruhm, einen l 3einhalbjährigen Vater in ihrer Mitte zu haben. Der Fall wird noch zu einem Nachspiel vor Ge­richt /führen.

st Münsingen, 12. Juli. Zum ersten Mal hat hier ein militärisches Leichenbegängnis stattgefun­den. Ein hiesiger Bürgerssohn, Christof Schwenk, Fahrer bei der 2. Batterie des Feldartillerieregi- ments No. 20 in Ludwigsburg, erkrankte auf dem Uebungsplatz, wo er sich mit dem Regiment seit einigen Wochen befand, an Gesichtsrose, und starb im Barackenlazarett an Herzschwäche infolge des hchhen Fiebers. Auf Wunsch der Angehörigen wurde die Leiche hierher geführt. Im Lazaretthof sam­melten sich vor 1 Uhr Offiziere und Mannschaften aller zur Zeit im Lager liegenden Truppenteile, um dem Verstorbenen das letzte Geleite zu geben, an der Spitze der Kommandant General v. Renner. Vor dem Abgang des Sarges hielt nach dem be­stehenden Brauch der evangelische Lager-geistliche, Stadtpfarrer Leube, eine Ansprache an die in lan­gen Reihen aufmarschierten Kameraden des Toten, worauf der Zug sich in Bewegung .setzte, von den Trauermärschen der an der Spitze marschierenden Regimentsmusik begleitet. In Auingen läuteten die Glocken, solange der Kondukt durchzog. In Münsin­gen wurde am Elternhaus des Entschlafenen Halt gemacht. Da Vater und Mutter durch Krankheit am Gang zum Grabe verhindert waren, spielte die Musik vor dem Hause einen Choral, woraus die Beerdigungsfeier auf dem Kirchhof nach hiesigem Brauch gehalten wurde. Dekan Häcker hielt die Lei­chenrede. An Stelle des Grabgesangs umrahmten die Choräle des Musikkorps die Feier, an der sich außer der gesammelten militärischen Begleitung auch ein großer Teil der Bürgerschaft beteiligte.

st Tettnang, 12. Juli. An der Steige der Gie­ßenbrücke fuhr der 30 Jahre alte ledige Wagner Josef Buchmüller von Gießenbrück in raschem Tempo herab und stieß bei der Abzweigung der Ober­dörfer Straße mit einem hiesigen Radfahrer zu­sammen. Während der letztere nur leicht gestreift wurde, stürzte Buchmüller so schwer vom Rade, daß er bewußtlos vom Platze getragen werden mußte. Außer einem Schädelbruch hat der Bedauernswerte

Krankheiten und entsetzlichen Entbehrungen. So vollgepfropft, daß ein Schiffbruch nur nebenbei mit zwei Zeilen abgetan wird." Schiffbruch bei Barcelona, in der Nacht: ganze Mannschaft verloren: schwamm nackt ans Land." Fertig. Ein Buch über den Umgang mit Schwarzen. Also in unseren Tagen neuerlicher Kongomißwirtschaft ein noch immer wert­voller Ratgeber für Kolonisatoren: wie man sich in Afrika verhalten müsse. Ein Lehrbuch der Taktik gegen Kannibalen. Nicht in dozierendem Tone vorgetragen, sondern aus der fortschreitenden, spannenden Handlung, aus den Resultaten der Explorationen zu destillieren. Aber diese Memoiren sind mehr als das. Sie sind ein Evolutionsroman mit dem UntertitelWie wird man hart". Denn Stanley, der Held, dem die Eingeborenen Afrikas den Namen Bula Matari, der Felsenbrecher, gegeben hatten, war von Natur aus ein weiches Gemüt, ein einsamer Mensch, der sich eigent­lich zeit seines Lebens nach Liebe und Zärtlichkeit, nach Güte und Hingebung sehnte. Und in diesem Buche wird nun erzählt, wie das Schicksal den elternlosen Knaben, den es kür eine besondere Aufgabe auserlesen hatte, durch eine grausame, rohe und stählende Schule schickte, bis er am Ende seiner abenteuerlichen Lehrzeit, von allen Schlacken weichlicher Gefühle befreit, wie aus gehämmertem Eisen da­stand, bereit und scharf geschliffen, das große Werk zn ver­richten, wie ein Bohrer quer durch Afrika zu dringen.

Die Memoiren Stanleys sind auch ein Märchen. Sie könnten ruhig mit: Es war einmal . . . beginnen. Denn die Helden solcher Erzählungen starben aus. Sie waren einmal, aber sie können nicht mehr sein. Nicht in der glei­chen Art, weil das Milieu gleicher Arbeit fehlt. Wir wissen, wie es am Nordpol und in der Nähe des Südpols aus­sieht : durch Sibirien geht bereits eine Bahn: wenn man von Tibet, der Domäne Sven Hedins, und einzelnen be­grenzten Punkten der Landkarte absieht, gibt es §auf der ganzen Oberfläche der Erde keine dunklen Strecken mehr,

schwere innere Verletzungen erlitten, denen er be­reits serlegen ist.

st Vom Bodensee, 12. Juli. Dichter Nebel lag heute über dem See, eine Erscheinung, wie sie sonst nur das Spätjahr oder das Frühjahr mit sich bringt, aber nicht der Hochsommer, in dem wir uns jetzt der Zeit nach, aber immer noch nicht der Wit­terung nach, befinden.

st Pforzheim, 12 . Juli. Gestern fiel hier schon wieder ein Kind vom Blechdach 14 Meter hoch auf die Straße herab. Es ist die 7 Jahre alte Toch­ter des Ausläufers Reinhold in der oberen Augasse. Das Kind hatte das auf dem Dach befindliche Ge­länder erklettert, um auf die Straße herabzusehem Es ist tätlich verletzt.

st Berlin, 12. Juli. Die Reichsjustizkom­mission, die heute über das Strafverfah­ren gegen Jugendliche beriet, beschloß, die Geltung des Paragraphen 365, wonach die Staats­anwaltschaft keine Anklage gegen Jugendliche er­heben, sondern die Sache an die Vormundschaftsbe­hörde abgeben soll, wenn Erziehungs- und Besse­rungsmaßnahmen der Bestrafung vorzuziehen seien, ans Jugendliche unter 16 Jahren zu beschränken. Im übrigen werde das Schutzalter auf 18 Jahre festgesetzt.

st Berlin, 12. Juli. Der Gutsbesitzer Otto Kraatz in Lichtenrade bei Berlin wurde heute das OpfereinesseltsamenVerbrechens. Kraatz hatte in letzter Zeit wiederholt Drohbriefe erhal­ten, in denen er aufgefordert wurde, an einer be­stimmten Stelle an der Kleinbeerenstraße 3000 Mk. niederzulegen. In dem letzten Brief dieser Art vom 5. Juli hieß es, 'die Summe müsse bis zum Abend des 10. Juli in einer an der betreffenden Stelle sich befindenden Konservenbüchse niederge­legt werden, sonst würde das Gehöft des Kraatz in die Luft gesprengt und der Besitzer mit seinen' Angehörigen getötet werden. Auf Rat der Kriminal­polizei legte Kraatz in diese Konservenbüchse einen Brief, in dem er um einige Tage Aufschub bat. Die Kriminalbeamten warteten die ganze Nacht hin­durch vergeblich auf den Erpresser. Die Konserven­büchse lag anscheinend noch 'ebenso wie vor einigen Tagen, als der Brief eingesteckt wurde. Als jedoch Kraatz heute vormittag Nachsehen wollte, ob der Brief abgeholt sei und dabei die Konservenbüchse berührte, erfolgte eine furchtbare Explosion, durch die Kraatz schwere Verletzungen, insbesondere auch der Augen erlitt.

st Bremen, 12. Juli. Nach einer bei der Rhe­derei der Bremer Dampferlinie Atlas eingelaufenen telegraphischen Meldung ist der Dampfer At­tila bei den Dardanellen gesunken. Die Mann­schaft ist gerettet.

Ein schweres Ballonunglück. 1

Leichlingen (Reg.-Bez. Düsseldorf), 13. Juli. Tel. Der BallonErbsloh", der heute Mitwochs vorm. 9 Uhr hier aufgestiegen war, ist nach ein­halbstündiger Fahrt aus beträchtlicher Höhe abge­stürzt. Sämtliche Insassen sind tot. Einzelhei­ten fehlen noch.

gibt es nichts mehr zu entdecken, lind die neuen Entdecker denn die Menschen wollen immer wieder Geheimnisse entschleiern müssen in die Lust, werden später tief ins Wasser, tief in die Erde, riet in das Afrika des Lebens dringen, um unbekannte Distrike zu erforschen. Aber das werden andere Helden sein, als Stanley einer war. Schon unsere Flieger uud unsere neuen Entdecker sind Techniker, Elektriker, Chemiker, Gelehrte. Tatkraft uud Organisations­talent, unbeugsamer Wille und Psychologie sind ihnen nicht die richtigen Hilfsapparate. Außerdem reist man heute durch erforschte und unerforschte Regionen mit anderem Ge­päck und in anderer Weise als vor 40 Jahren. Shackletons Ausrüstung umfaßt einen Kinematographen und ein Grammo­phon, während Stanley nicht einmal einen Filtrierapparat befaß, um das Fieberwasser in den Tümpeln Zentralafrikas trinkbar zu machen.

Deshalb können wir ruhig beginnen und in diesen Worten liegt der bleibende Wert dieser Memoiren einge- schlosfen: Es war einmal. Stanley war ein Welshman. Seinen Vater hatte er nie gekannt und seine Mutter ging gleich nach seiner Geburr nach London und ließ ihn in Ob­hut seines Großvaters zurück, der als Bauer in der Nähe von Denbigh Eastle lebte. Der Großvater starb und das Kind kam zu zwei alten Leuten in Pflege. Als er dock zu viel und niemamd das Kostgeld für ihn bezahlen wollte, steckte man ihn in ein großes, düsteres Gebäude mit eisernen Toren und vielen Fenstern, in das Armenhaus von St. Asaph. Dort bekam er seine erste Erziehung. Sie bestand in Ruten­streichen auf den entblößten Körper, bis das Blut aus den Wunden rann, in Ohrfeigen, die ihm die Besinnung raub­ten, in Schlägen ins Gesicht mit dem Handrücken, dann in Rechnen, Schreiben und Bibellesen. Als der Lehrer den kleinen Knaben eines Tages wieder einmal blutig geprügelt hatte und sich eben über das auf dem Boden liegende Häus­chen Elend beugte, um nochmals loszudreschen, da holte der