reicht wurde. Das vor drei Jahren in Mannheim abgehaltene Wettschreiben der verschiedenen deut schen Stenographenschulen zählte nur etwa lOOO Teilnehmer. Um den Diktatschwierigkelten aus den- Wege zu gehen, wurden die Wettschreibenden in sie ben Sprachgruppen eingeteilt. Gemeldet sind für Gruppe 1 /Alemannen 75. Gruppe 2 (Bayern) 29 l, Gruppe 3 (Hessen: 390, Gruppe 4 (Nord- deutsche l56^ Gruppe 5 Pfälzer 394. Gruppe 6 (Sachsens 2l7, Gruppe 7 (Schwaben 5l5 Perso neu. Das Wettschreiben umfaßt Geschwindigkeits- strrfen von l/20360 Silben.

H Scharnhausen, OA. Stuttgart, 4. Juli.. In tiefe Trauer wurde die Familie des Wagners und Gemeinderats Staker hier versetzt. Der 26 Jahre alte Sohn Ernst, der in Berlin als Chauffeur äuge stellt ist, wurde auf einem Ackerfelde erschlagen und beraubt aufgefunden. Er hatte die Rückreise von Kiel nach Berlin allein im Automobil zurückgelegt, während seine Herrschaft mit der Bahn vorausge fahren war. Man fand ihn tot auf dem Auto sit zend, das Steuer noch in der Hand. Die Täter wollten den Anschein erwecken, als wäre er verun­glückt. Staker war ein braver, tüchtiger Mann. Sein trauriges Ende und die tiefbetrübte Familie wird allgemein bedauert.

st Ludwigsburg, 4. Juli. Der in der Schlosserei W. Kallenberg beschäftigte Schlossergehilfe Fr. Berge war am Samstag kurz vor 6 Uhr am Schweiß­apparat tätig. Plötzlich erfolgte eine Explosion. Ein dadurch fortgeschleudertes Stück Eisen durchschlug dem Bedauernswerten die Hälswirbelsäule. Der als­bald erschienene Arzt konnte nur noch den Tod des erst 24 Jahre alten kräftigen Mannes feststellen.

st Ludwigsburg, 4. Juli, lieber den bereits gemeldeten Unglücksfall wird näher berichtet: Irr der Werkstätte einer hiesigen Schlosserei war ein Azetylen-Sauerstofsschweißapparat in Tätigkeit. Aus noch nicht aufgeklärter Ursache explodierte er und ein Blechstück des zertrümmerten Behälters traf mit der scharfen Kante den 24 Jahre alten Schlosser Berge so unglücklich an den Hals, daß dieser zur Hälfte durchschnitten und die Halsschlagader zer­rissen wurde. Berge starb nach wenigen Minuten an Verblutung. In der Werkstätte wurde durch Zer trümmern von Scheiben :c. einiger Schaden ange richtet, während die übrigen dort beschäftigten Per­sonen, die infolge des ausströmenden Gases zum Teil vorübergehend betäubt wurden, mit dem Schrei­ten davonkamen. Der Getötete war schon seit 10 Jahren in seiner Stellung und genoß den Ruf eines fleißigen, tüchtigen und soliden Arbeiters.

st Eßlingen, 4. Juli. Vom heutigen Tage ab ist hier ein Brotabschlag, wie folgt, in Kraft getreten: 3 Pfund Weißbrot kostet jetzt 46 statt bisher 48 Pfg., 3 Pfund Halbweißes 44 statt 46 Pfg., 4 Pfund Hausbrot 50 statt 52 Pfg. Das Ge­wicht der Wecken hat sich von bisher 85 auf 90 bis 100 Gramm erhöht.

I! Hellbraun, 4. Juli. Der zweite Tag des Liederfestes war wiederum vom prächtigsten Wetter begünstigt. Zunächst setzte in der Frühe ein kräf­tiger Regen ein, der aber während d,r Hauptauf­führung in der Bundeshalle nachließ. Nachmittags bewegte sich ein sehr großer Festzug. in dem eine Reihe prächtig geschmückter Festwagen Bewunderung erregte, durch die Stadt nach dem Festplatz, wo so­

fort von dem Vorsitzenden des Preisgerichts. Wörz- Tübingen. die Preisverteilung vorgenommen wurde. Hierauf gab Oberbürgermeister Dr. Gäbet die Bun desfahne^iiit einem ..Auf frohes Wiedersehen in Heil bronn" an den Ausschuß zurück. Damit war das Fest beendet. Abends war großer Heilbronner Herbst.

n Heilbronn, 4. Juli. Auf der Fahrt vom Hauptbahnhof zum Sülmertor brachte gestern mittag ein Fremder seine rechte Hand in die Türspalte eines Eisenbahnwagens. Ein Schaffner schlug aus Versehen die Türe zu, so daß dem Fremden zwei Fingergipfel der rechten Hand abgequetscht wur­den. Der Verletzte mußte sich ins Spital begeben, um sich verbinden zu lassen.

st Hochdorf, OA. Kirchheim. 4. Juli. Als hier 4 Batterien des Feldartillerieregiments No. 65 nebst Abteilungs und Regimentsstab Quartier bezogen hatten, wurde ein Pferd von einein arideren gebis sen. Ersteres schlug aus und traf den Fahrer Not­durft so unglücklich an den Kopf, daß er bewußtlos umsank. Der Stabsarzt stellte eine schwere Ge­hirnerschütterung fest und ordnete die sofortige Ueberführung ins Spiral nach Plochingen an. Der Zustand des Verletzteil ist sehr bedenklich.

* Geislingen, 3. Juli. Die Amtsversammlung hat am Samstag beschlossen, dem Alb-Eletrrizitäts- werk ein Anlehen von 200 000 Mark zu bewilligen. Da die Kollegien von Altenstadt unter der Beding­ung. daß die Amtskorporation und die Ltadtge meinde Geislingen für je 200 000 Mark garan­tieren. eine Haftverbindlichkeit für 100 000 Mark übernehmen, dürfte die Finanzierung des Werks ge­sichert sein, auch nachdem die Lckadt Geislingen ihre Beteiligung abgelehnt hat.

st Urach, 4. Juli. In Dettingen ist das vierjährige Kind des Wilhelm Kley im Fabrikkanal gefunden worden- Wiederbelebungsversuche blieben ohne Erfolg. Das Kind scheint mit anderen Kin­dern anr Kanal gespielt zu haben und dabei ins Wasser ^gefallen zu sein.

st Friedrichs Hafen, 4. Juli. Der König und die Königin sind heute nachmittag hmr einge- troffen.

Der Landwirtschastskamincr-Gefetzentwurs.

Stuttgart, 4. Juli. Ter Ausschuß für den Landwirrschaftstammergesetzentwurf hielt heute eine Beratung über die ablehnende Resolution der 1. Kammer zum Gesetzentwurf, worin diese die Re­gierung um Erwägung bat. in weläzer Weise durch eine weitere Ausgestaltung des Beirats dem Bedürf­nis einer Neuordnung der landwirtschaftlichen Be- russvertretung Rechnung getragen werden kann, bis die Frage der Errichtung einer Landwirtschaftskam­mer 'pruchreif sein wird. Die Einzelberatung des Gesetzentwurfs war von der l. Kammer abgelehnt worden, weil nach den Beschlüssen der 2. Kammer eine Annahme in einer den grundsätzlichen Forde­rungen der 1. Kammer -Aufbau oder Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Verein- entsprechenden Form aussichtslos sei. Der Referent Strobel be­antragte: 1. der Resolution der 4. Kammer beizutre- ten. 2. die Regierung zu ersuchen, den Ständen und zwar zunächst der 2. Kammer womöglich noch !91l einen neuen Gesetzentwurf vorznlegen. wonach die Mehrzahl der Kammermitgliede» von den Land­

wirten direkt, der übrige Teil vom landwirtschaft­lichen Verein gewählt wird. Dr. Kiene beantragte eine Resolution dahin, l. die 2. Kammer lehnt den Beitritt zur Resolution der l. Kammer ab und 2. bedauert sie, daß der Landwirtschaft eine gesetzlich organisierte Berufsbertretnng auf weitere Jahre vorenthalten bleibt. 3. sie hält nach wie vor den Aufbau einer solchen Berufsvertretung, sei es aus­schließlich oder zum größten Teil auf dem land­wirtschaftlichen Verein, für verfehlt und unannehm­bar. 4. sie behält sich die aveitere Verfolgung der Frage vor. Der Vorsitzende Dr. Eifele beantragte eine Resolution, worin die 2. Kammer den Beitritt zum Beschluß der l. Kammer betr. weitere Ausge­staltung des Beirats der Zentralstelle für die Land- ivirtschaft unter dem Bedauern darüber ablehnt, daß durch den Beschluß der l. Kammer eine organisierte Berufsbertretnng der Landwirtschaft vorenthalteu wird. In der Debatte sprach sich auch der Staats­minister des Innern dahin aus, daß sich ein Flick­werk in der Erweiterung des Beirats auf beschränkte Zeit nicht empfehle, wenn man endlich eine Land­wirtschaftskammer wolle, ja daß letzterer eher ein Hindernis dadurch geschaffen würde. Der im Regie- rungseutwurf gelegene Kompromiß bilde die ein­zige Möglichkeit für eine Verständigung, die nur darin liege, daß der größere Teil z. B. 32 Mft-< glieder im Proporz frei gewählt würden und l2 weitere Mitglieder etwa von den Ausschüssen der landwirtschaftlichen Bezirtsvereine berufen würden. Gegen die Ziff. 3 des Antrags Kiene wurde von einer Seite eingewendet, daß in ihm schon ein Nachgeben gegenüber der l. Kammer liege durch das indirekte Zugeständnis, daß jedenfalls zu einem kleinen Teil der landwirtschaftliche Verein für die Besetzung der Kammer herangezogen werde. Von anderer Seite wurde betont, man sollte jetzt über­haupt keine positive Stellung in 'der Sache neh­men. auch nicht gegenüber der grundsätzlichen Forde­rung der I. Kammer bezüglich einer Verbindung mit dem landwirtschaftlichen Verein. Bei der Ab­stimmung wurde der Antrag ^tröbel zurückgezogen, der Antrag Eisele mit 9 gegen 6 Stimmen an­genommen. womit der Antrag Dr. v. Kiene in Zif­fer 1 und 2 sich erledigte. Die Ziffer 3 des An­trags Dr. v. Kiene wurde abgelehnt mit 10 gei­gen 5 Stimmen und die Ziffer 4 angenommen mit gleichem Stimmenverhältnis.

Berlin, 4. Juli. Der lknlsrstaatsfekretär des S kaalsnnnisteriuWs Dr. v. Guenther. ist an Stelle des zum Minister ernannten Herrn v. Dall­witz zum Ober prüf identen von Sch lest eck ernannt worden. Der Staatsanzeiger meldet: Frhr. v. Rheinbaben ist zum Ober-Präsi­denten der Rheinprovinz ernannt worden.

st Berlin, 4. Juli. Der Reichsanzeiger ver­öffentlicht eine Bekanntmachung des Reichskanzlers, worin bestimm: wird: "Nachdem die Cholera auf dem Schwarzen Meer und den angrenzenden russischen Gouve r n enients erheblich an Aus­dehnung zugenommen hat, sind die aus russischen Häsen, aus dem Schwarzen Meer und aus den Mow- schen Meer nach den deutschen Häfen kommenden Schiffe und Insassen im Hinblick auf die Gefahr' einer Choleraeinschleppurig bis auf weiteres vor der Zulassung zum freien Verkehr ärztlich zu unter­suchen.

^ cbt.

Das, worauf die ganze Größe des Menschen zuletzt be-' ruht, wonach der einzelne Mensch ewig ringen muß, ist Eigentümlichkeil der Kran und der Bildung.

W- v. Humboldt.

Dornenwege."

Roman von C. T re s s s l.

(Hortsetzunz.) Nachdruck verboten.

Westerot untervritckte nur schwer einen Seufzer, als ^r jetzt anerkennend jagte:Ein prächtiger kleiner Kerl, der mußte Sie freilich fesseln/

Nun ja. es ist ein frischer munterer Junge. Natürlich auch em schrecklicher Unband. Von der wilden Ausgelassen­heit der amerikanischen männlichen Jugend kann sich der gesittete Europäer schwer einen Begriff machen. Man licht sie aufwachsen wie die Fohlen. Mit dieser Schattenseite der amerikanischen freien Erziehung habe ich mich nie befreunden können. Der da. süß wie er aussteht, gibt mir weidlich zu schaffen, das können Sie glauben, und ich ging jetzt wirklich lieber aufs Land. Auch Sie werden vermutlich dem jetzt keineswegs angenehmen heißen Berlin bald den Rücken wenden, Herr Oberbürgermeister?*

Mit großem Bedauern, gnädige Frau/ nickte er. Ich liebe die schöne interessante Stadt und habe namentlich meinen dieszeitigen "Aufenthalt sehr genossen/

Wieder schweiften seine Augen zu dem frischen mutwilligen Knabengesichte hinüber, uni dann verlangend auf Daisy zu haften, die ihre schwellenden jungen Glieder in einein Schanlelstuhl wippte. Tie Vorstellung eines schwindelnden Glücks durchzuckte sein Hirn.

Solch eilten schönen Kraftjungen würde sie mir schenken/ muhte er denken.

' Während Frida jetzt mit ungeteilter Aufmerksamkeit malte, schritt er jenem durch Palmen und Blumenbüsche lauben­artig abgegrenzten Winkel zu, den Daisy bei ihren gelegent­lichen Atelierbesuchen zum Lieblingsplatze erkoren hatte.

Ans dieser gemütlichen Ecke schwirrte alsbald viel lustiges Geplauder und leises Lachen durch die Stille des großen Raumes.

"Frida kannte das. Oft hatte es sie geärgert, denn sie begünstigte Westerots eifriges Kurmachen ebensowenig, als sie Daisys herausfordernde Koketterien billigte, heute indes hörte sie den heiteren Krieg dahinten mit großer Ruhe an. Ja, ein eigentümlich zufriedenes, zuversichtliches Lächeln zuckte mitunter tim ihren Mund.

Der laute Schlag einer Atelieruhr übertönte jetzt das Schwatzen und Kichern in der Blumenecke, und Daisy ries erschrocken:Auntie ckear, es ist schon elf und Mr. Westread noch immer nicht da. Ich muß jetzt schnell fort.*

.Setz' lieber die Stunde mal aus/

Auf keinen Fall, wir haben gerade eine entzückend« Novelle von Fräulein Hagen vor und dann so interessante Verbs, Ich liebe nimmer, aber ich werde ewig geliebt und gelobt äWorckt but ratsrsstills/ Sie lachte schalkhaft zu Westerot hinüber.

Lerne daneben nur auch das Lied von der Treue/ sagte Frida mit Betonung.

Daisy wM>e glutrot. .Das kenne ich längst," entgegnete sie rasch, es P nicht bloß ein deutsches Lied, es sitzt hier tief m meinem amerikanischen Herzen. Sie stand wie ein Engel der Unschuld da, als sie mit dem rosigen Zeigefinger, an dem ein kostbarer Brillant funkelte der Verlobungsring der Amerikanerinnen lächelnd auf die linke Brustseite ihrer Batistblouse tippte. .Und nun, Herr Westerot wird mich umbringen/

.Hoffentlich geht's gelinder für Dich ab. Du Dentsch- verderberin/ lachte Frida. .Was nur unseren sonst so pünkt­lichen Freund heute zurückhalten mag/

.Er wird lieber auf dem kühlen Rosenbalkon sitzen, als aach der heißen Bülowstraße gehen. Ich laufe jetzt auch, daß ich hinkomme/ meinte Daisy und eilte davon, um sich straßen- lertig zu machen.

stwei Almuten später schritt sie mit Westerot aus den Hause.

Eine sengende Glut schlug ihnen entgegen. Die Spreng­wagen waren an diesem Morgen schon wiederholt in Tätigkeit gewesen, aber der heiße Asphalt hatte die Fluten aufgesogen, als seien es einzelne Tropfen gewesen, und die nie abreißende Kette der Passanten, der Fuhrwerke wirbelten einen Kehle und Lungen irrelierenden Staub ans.

.Abnorm heiß," stöhnte Westerot,da streiken ja selbst die Schulkinder, und Sie wollen Grammatik lernen, gnädiges Fräulein? Unmöglich, Sie kriegen ein Gehirnfieber/

Glauben Sie? Ich brauche aber meinen Verstand soo nötig."

"Außerdem können wir vor zwölf kaum da sein, eine Stunde wäre Ihnen also schon verloren, drum lassen Sie getrost die andere auch noch fahren. Gehen Sie mal hinter die Schule!"

Sie lachte den Versucher an.Vielleicht in die liebe, schöne Tiergarten? Du bist ein böser lockender Bube, mein Herr. Doch Sie mögm mir geben da eine deutschen Stunde, und der Fehler ist gut gemacht/

Mit großem Vergnügen. Ihre interessanten Verben kann ich zur Not auch noch deklimeren, und ich weiß an der Rousseauinsel Plätze, so ruhig wie eine Schulstube/

Er rief eine Droschke heran, die sie in kurzer Zeit nach dem Luisendenkmal brachte, wo sie ausstiegen und zunächst die unvergängliche Schönheit der edlen holdseligen Königin, das große Können des genialen Künstlers bewunderten, vor dem auch die Modernsten noch den Hut abziehen und einem Rest- gefnhl von Anerkennung des großen Könnens, der ernsten wirklichen Arbeit, die Nicht nur nervös, flüchtig skizziert, sondern ein Werk in Mühe und Geduld wirklich fertig macht. Dann schleuderten sie im kühlen Baumschatten gemächlich weiter, bis sie am Rande eines stillen Weihers unter überhängendeu Weidenzwcigen eine leere Bank fanden, die sie sogleich annektierten.

Es saß sich köstlich hier. Sie hatten bis dahin nicht viel geredet. Tie starke Hitze lähmte selbst der redelustigen Daisy die Zunge. In schläfrigen! Behagen blinzelte sie mit halb- offenen Augen über den See. Ans, seinem glitzernden Spiegel.