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1877.

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Unparteiische Tageszeitung und AnzergeblaLL, verbreitet in den Gberamtsbezirken Nagold, Freudenstadt, Lalw Neuen ourg.

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TaSgabeort Rltrnfteig-Stadt.

Montag, d«« 25. April.

Amtsblatt f«r Pfalzgrafenweiler.

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Der Reichs Kolonial minister Dern- bürg hat in Sachen der südwestafrikanischen An­gelegenheit keinen leichten Stand; es heißt, sein Stern sei im Sinken, ja man spricht sogar von seinem unausbleiblichen und baldigen Sturz. Wenn Sein oder Nichtsein deskleinen Bernhard" vom Ausgange des mit größer Heftigkeit geführten Kampfes über den Erzbergerschen Antrag auf die restliche Kriegs-Kostendeckung durch eine besondere Vermögenssteuer in dem südwestafrikanischen Schutz­gebiete abhängt, dann allerdings muß man sich mit dem Gedanken eines baldigen Personen-Wechsels in der Leitung des Reichs-Kolonialamtes vertraut machen.

* *

Das Scheitern der preußischen Wahl­rechtsvorlage wird nach Lage der Dinge von konservativer Seite mit Bestimmtheit erwartet und die Schuld daran den Nationalliberalen zugeschrie­ben. Aus allgemein-politischen Gründen sei das Scheitern des Entwurfs zu bedauern.

Das Disziplinarverfahreu gegen Bre- mer Lehrer, die seinerzeit ein Glückwunschtele­gramm an Bebel schickten, wird mit Strenge weiter- aesührt. Bon den dreißig Unterzeichnern des Tele­gramms sind nur 5 oder 6 dein Untersuchungs­richter bekannt geworden. Diese aber lassen sich über ihre Mitschuldigen nicht aus. Der Richter hat jetzt, nach derVoss. Ztg.", sich von der Telegraphen­verwaltung die Urschrift des Telegramms auslie- sern lassen, um auf diesem Wege wenigstens den Schreiber desselben zu ermitteln.

Die Brüsseler Weltausstellung ist am Samstag durch König Albert von Belgien feierlich eröUnet worden. Die deutsche Abteilung wird am heutigen Montag durch einen Empfang im deutschen Hause eröffnet. Wie immer, so sind auch bei dieser Weltausstellung alle Abteilungen nicht zur offi­ziellen Eröffnung fix und fertig geworden. Einzig die deutsche Abteilung war empfangsbereit, nach ihr die englische und die türkische. Die belgischen Industriellen, die doch ihren Ehrgeiz darin hätten suchen sollen, an erster Stelle fertig zu sein, sind noch weit im Rückstand. In Verhinderung des Staatssekretärs Delbrück wird die deutsche Abtei­lung durch den Reichskommissar Geheimen Kom­merzienrat Albert eröffnet werden.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 22. April.

Der deutsche Reichstag erledigte heute die na- tioualliberale Interpellation über das Mülheimer Eisenbahnunglück. Präsident des Reichseisenbahn­amts Wacker-Zapp maß die Schuld an dem Unglück lediglich dem Lokomotivführer zu, der das Halte­signal überfuhr, obgleich er es auf der l Kilo­meter freien Strecke deutlich erkennen mußte.

Berlin, 23. April.

Aus der Tagesordnung steht zunächst die erste Lesung der Anträge betr. V e t e r a n e n b e i h i l f e. Was die Aufbringung der dazu erforderlichen Mit tel betrifft, so beantragen die Abgg. v. Sonnenberg (Wirtsch. Bgg.) und Bassermann (natl. > die Einfüh­rung einer Wehrsteuer, während ein Antrag Ablaß (Fortschr. Vp.l dazu die Verwendung eines Teiles der Liebesgabe für die Branntweinbrenner vor­schlägt. Abg. v. Liebert (Reformp. l begründet den Entwurf und empfiehlt zur Herbeischaffung der Mittel Einführung einer Wehrsteuer, die in der Schweiz sehr populär geworden sei. Die Steuer würde für eine Zeit von etwa l 2 Jahren zu zahlen

und nach der Höhe des Einkommens zu bemessen sein. Als direkte Steuer müsse sie von den Einzel­staaten erhoben und an das Reich abgeführt werden. Abg. Bindewald .Wirtsch, Vgg.): Die Wehrsteuer wäre als Ergänzung der allgemeinen Wehrpflicht zuzulassen. Prinz Schönaith-Carolath (natl.>: Auch wir wünschen Schaffung einer Wehrsteuer. Den Rit­tern des Eisernen Kreuzes !. und 2. Klasse müßte eine besondere Ehrengabe bewilligt werden. Abg. Wieland (Fortschr. Vp.): Wir halten es für richtig, durch Beseitigung der Liebesgabe bei der Brannt­weinsteuer die erforderlichen Mittel zu beschaffen. Staatssekretär Wermüth: Die Annahme, daß von seiten der Regierung nichts geschehen ist, ist hinfäl­lig. Unter den europäischen Nationen steht Deutsch­land in der Fürsorge für seine Veteranen an der ersten Stelle. Der Jnvalidenfonds ist völlig aui- gebraucht. In Frage kommen 16 bis 22 Millionen. Die Anträge enthalten keinen gangbaren Vorschlag zur Deckung des Bedarfs. Abg. Pauly (Ztr.!: Die Veteranen, die das Reich gegründet haben, haben Anspruch auf unsere Hilfe. Abg. Arnstadt lkons.): Die Wehrsteuer ist ein gangbarer Weg. Abg. Schöpf- lin iSoz.:: Das Reich sollte alle anderen Vorlagen ablshnen, wenn ihm nicht die Veteranenhilfe be­willigt werde. Die Wehrsteuer lehnen wir ab. Abg. Dr. Paasche (natl. : Die Wehrsteuer sollte in geeig­neter Form während der betreffenden Jahre, die der Zurückgestsllte hätte dienen müssen, erhoben werden. Staatssekretär Wermuth: Mittel sind augenblicklich nicht vorhanden. Wenn aus der Wert­zuwachssteuer ein entsprechendes Resultat sich er­geben sollte, dann würde ein wirklich praktisches Vorgehen möglich. Abg. Baumann iZtr.1: Wir wün­schen, daß das Gesetz am l. Mar in Kraft tritt. Mit der Aussicht auf neue Steuern sollte man die Veteranen nicht abspeisen. Abg. Arendt (Rp.): Im Prinzip sind wir mit der Wehrstcuer einverstanden. Die Abgg. Werner Reformsm und Hilpert (Bayer. Bauernbund' sprechen sich für Gewährung der Ve- teranenbeihilfe ans. Abg. Wiemer (Fortschr. Vp. : Die Wehrsteuer scheint nicht durchführbar: dagegen dürste die Regierung bezüglich Aufhebung der Lie­besgaben bald nachgebeu. Andererseits kann die Reichswertzuwachssteuer Erträge abwerfen, welche für diese Zwecke benutzt werden können. Abg. Schöpf- lin (Svz.o Unerfüllbare Forderungen stellen wir nicht. Abg. Prinz Schönaich-Carolath (natlst: Die Regierung möge sich mit dem Vorschlag der Wehr­steuer befassen. Abg. Rösicke (Bund d. Landw.i: Die Beseitigung der Liebesgabe ist am allerwenigsten denkbar. Damit schließt die erst? Lesung. Der An­trag ans Gewährung eines Ehrensoldes an die Rit­ter des Eisernen Kreuzes wird abgelehnt. Die So­zialdemokraten beantragen, die Beihilfen von 120 auf 150 Mark zu erhöhen. Der Antrag wird ab­gelehnt. Ein Zentrumsantrag, die Beihilfen vom 1. Mai ab zu gewähren, wird angenommen. Hier­auf werden die drei gleichlautenden Anträge auf Gewährung von Beihilfen en bloc einstimmig an­genommen. Die Resolution betreffend Deckung durch Liebesgaben und Schaffung einer Wehrsteuer wer­den abgelehnt. Sodann wird das Kolouialbeamten- gesetz und ein Nachtragsetat ohne Debatte an die Budgetkommission verwiesen. Hierauf vertagt sich Haus.

Stuttgart, 23. April.

Die Zweite Kammer trat heute in die Einzelberatung des La n d w i rt s ch a s ts ka m in e r gesetzes ein und knüpfte an Art. 1 eine die ganze Sitzung ausfüllende Debatte über die Frage, ob eine oder mehrere Kammern geschaffen werden sollen. Die Kommission hatte sich entsprechend der Regierungsvorlage für eine Kammer entschieden. Das Haus schloß sich dem Antrag des Ausschusses an, und lehnte einen Antrag des Zentrums auf 4 Kammern mit 53 gegen 24 Stimmen und einen Eventualantrag von Kiene auf zwei Kammern mit 55 gegen 22 Stimmen ab. Fortsetzung Dienstag nachmittag.

LandesnachrichLen.

AiHerrkterg, 25. April.

* Gestern nachmittag halb 3 Uhr fand im Saale der Brauerei z. Schwanen die Hauptversammlung des Landwirtsch. Bezirksvereins Nagold statt. Auf der Tagesordnung stand ein Vortrag des 1. Chemikers der landwirtschaftlich-chemischen Ver­suchsstation Hohenheim, Herrn Dr. Fingerling über Ankauf und Verwendung künstlicher Düngemittel." Herr stellvertretender Vereinsvorstand Link begrüßte die zahlreich Erschienenen, dankte ihnen für ihren Besuch und verwies auf die Wichtigkeit des Themas für jeden Landwirt. Hierauf behandelte Herr Dr. Fingerling in über einstündigem, erschöpfenden Vor­trage die für den Landwirt so wertvolle Frage der Verwendung der künstlichen Düngemittel. Der Herr Redner führte zunächst aus, daß die Grund­lage der Düngung überhaupt auch heute noch der Stallmist bilde. Durch die Steigerung der Preise für Grund und Boden sei aber der Landwirt gegen­wärtig darauf angewiesen, möglichst reiche Ernten zu erzielen. Da lange denn die Stallmistdüngung oft nicht zu, sodaß der Landwirt zur Düngung mit künstlichen Düngemitteln seine Zuflucht nehmen müsse. Die am meisten verwendeten künstl. Dünge­mittel sind in erster Linie Superphosphat und Tho masmehl. Sie enthalten diejenigen Bestandteile, die dem Boden zu seiner produktiven Arbeit am nötig sten sind, nämlich Phosphorsäure, Stickstoff und Kali. Der Vortragende erläuterte die Entstehung der bei­den Düngemittel und empfahl den Landwirten die Anschaffung von Superphosphat, der 13 Prozent wasserlösliche Phosphorsäure enthalte, als am vor­teilhaftesten. Insbesondere warnte er davor, sich nicht etwa durch einen niedrigen Preis verleiten zu lassen. Er führte einen Fall an, wo ein Land­wirt durch Anschaffung von Superphvsphat, der 20 Prozent wirksame Substanz enthalten sollte, in Wirklichkeit aber nur 13 Prozent enthielt, um l25 Mark pro Waggon geschädigt worden sei. Zu­perphosphat sei gegenwärtig sehr billig: es habe sich aber ein Ring größerer Fabriken gebildet, der die kleinen Fabriken zu erdrücken versuche, sodaß wohl für die nächsten Jahre wieder ein Anziehen der Preise zu erwarten sei. Bezüglich der Anwen­dung dieser beiden Kunstdünger äußerte sich der Herr Vortragende dahin, daß bei kalkarmen und leichten Böden Thomasmehl jederzeit am zweckmä­ßigsten sei, während hingegen bei phosphvrsäure- armen Böden und besonders für Hackfrüchte sich Su Perphosphat als vorteilhafter erweise. Suverphos- phat solle prinzipiell nur im Frühjahr gegeben werden. Thomasmehl verwende man am besten im Herbst in einer Menge von etwa 3 4 Zentner

pro württembergischer Morgen, nicht aber etwa im Winter, wenn Schnee liege. Auch sollen beide Düngemittel möglichst immer etwas untergebracht werden. Zwei weitere künstl. Düngemittel, die durch ihren Reichtum an Stickstoff besonders für den württ. Landwirt einen hohen Wert haben, sind Chilisal- peter und schwefelsaures Ammoniak. Jnwlge seines hohen Preises sei aber eine vorsichtige Anwendung des Chilisalpeters hochwichtig. Besonders dürfe man denselben nicht am frühen Morgen anwenden, ha er leicht löslich sei und deshalb seine wirksamen Bestandteile sich leicht verflüchtigen. Sein einziger Nachteil sei sein hoher Preis, und man habe des­halb in den letzten Jabren Versuche mit schwefel- saurem Ammoniak angestellt, die sehr günstig ausge­fallen seien. Doch dürfe dasselbe nicht im Herbst aus- geftreut werden, denn für die Winterdüngung ge­nügen die landwirtschaftlichen Abfälle mit ihrem Gehalt an Stickstoff vollkommen. Erst im Früh­jahr, wenn die Pflanzen schlecht durch den Winter gekommen seien, sei eine kleine Gabe schwefelsau­res Ammoniak, etwa l Zentner pro württ. Morgen, 3 bis 14 Tage vor der Bestellung dem Boden zu­gesetzt und möglichst sofort untergebracht, von Vor­teil. Auch darf schwefelsaures Ammoniak nicht an der Oberfläche des Bodens mit Kalk vermischt wer> den, da dieser das Ammoniak vertreibt. Herr