Gestern abend brach hier in der zur oberen Mühle gehörigen Scheuer des Johs. Holder Feuer aus, das trotz sofortigen Einschreitens der rasch her­beigeilten Feuerwehr die Scheuer und das Wohn­haus mit der Mühle bis auf den unteren Teil ein­äscherte. Der Schaden ist bedeutend, da die in der Mühle stehenden Maschinen vernichtet wurden.

st Schramberg, 19. März. Die Wahl des Amt­manns Pa radeis zum Stadtschultheißen in Schramverg ist bestätigt worden.

Ij Rottenburg, 20: März. Der 73 Jahre alte Privatier Geißele ist morgens von seiner Haus­hälterin tot am Boden liegend vorgefunden wor­den. Wie es scheint, hat ihn ein Herzschlag ge­troffen, dem er, ehe ihm Hilfe zuteil werden konnte, erlegen ist.

s Stuttgart, l9. März. Heute wird von der Paketpost, die seither im Hauptbahnhof unterge­bracht war, das Gebäude Krvnenstraße 5 (seitheriges Bahnzeugamt, das eigens dazu eingerichtet und durch die Firma R. Stahl, Maschinenfabrik hier mit zwei elektrischen Aufzügen versehen wurde, bezogen. Die beladenen Galerie-Wagen werden auf die Bahn­steige II oder III gehoben und es ist dann eine große Wohltat, daß endlich die vielen Postwagen aus den Bahnhofvorhallen verschwinden, ebenso die Wagen, die vor dem Bahnhofeingang in der Fried­richsstraße seither anfuhren und den andern Ver­kehr hemmten. Wie verlautet, soll auch die Expreß­gutannahmestelle in der Schlosserstraße nach der Kronenstraße verlegt werden, was sehr zu begrüßen wäre, da die vielen Fuhrwerke und Karren, die täg­lich vor dem Bahnhof ausgestellt sind, den do't ohnedies sehr starken Verkehr erheblich erschweren.

st Stuttgart, l9. März. Der Bauwerkmeister Karl Schmidt von hier, der Geld ausleiht, wurde wegen Wuchers zu zwei Monaten Gefängnis ver­urteilt. Der Staatsanwalt hatte vier Monate be­antragt. - In einer außerordentlichen Sitzung des Schöffengerichts wurde gegen 50 hiesige Wirte, die Glücksspielautomaten in ihren Wirtschaften aufgestellt hatten, verhandelt. Die Angeklagten wur­den zu je drei Mark Geldstrafe verurteilt. Auch erkannte das Gericht auf Einbeziehung der Auto­maten. Das Strafverfahren ist gegen 800 hiesige Wirte eingeleitet. Am Dienstag wird gegen weitere Wirte verhandelt.

!i Stuttgart, 19. März. Das Amtsblatt der Stadt Stuttgart meldet zu dem Urlaubsgesuch des Oberbürgermeisters von Gauß: Nachdem schon im Frühjahr 1907 dem Herrn Oberbürgermeister von Gauß ein mindestens sechsmonatlicher Urlaub zur Wiederherstellung seiner angegriffenen Gesund­heit ärztlicherseits nahegelegt worden war, der Herr Oberbürgermeister aber mit Rücksicht auf die Lage der Geschäft? den Antritt dieses Urlaubs immer wieder verschoben hatte, ist er neuerdings vom Arzte dringend darauf hingewiesen worden, daß bei weiterer Verzögerung die Gefahr einer schweren dauernden Schädigung der Gesundheit für ihn be­stehe. Im Hinblick auf die vorgelegten ärztlichen Gutachten hat der Gemeinderät in seiner gestrigen Sitzung beschlossen, dem Gesuch des Herrn Ober­bürgermeisters um Bewilligung eines sechsmonat­lichen Urlaubs zu entsprechen. Der Herr Oberbür­germeister gedenkt den Urlaub Ende des Monats anzutreten.

. SiTIstjjji"»,' I<> anarz. uue Mnanzkomittlssion der Zweiten Kammer erledigte heilte in zweiter Le­sung diejenigen Bestimmungen der Novelle zum Be- amtengesetz, die dadurch nötig werden, daß die auto­matische Erlangung der lebenslänglichen An stellung nach Tjähriger Wartefrist auch auf die weiblichen Beamten ausgedehnt werden soll. Während die Kommission in ihrer ersten Lesung die Pensionsrechtlichen Bestimmungen für Beamtinnen in einem neuen Art. 67a eingeschaltet hatte, be­schloß sie nunmehr im Anschluß an die Darlegun­gen der Regierungsvertreter folgendes: Dem be­stehenden Art. 54 des Beamtengesetzes, der von den Waisenpensionen handelt, wird ein neuer Absatz 3 folgenden Wortlauts angefügt:Die Bestimmungen des Absatz ! (Waisenpension: finden auf weibliche Beamte nur insoweit Allwendung, als die verstorbene Beamtin eheliche Kinder hinterließ, welche mit ihr in häuslicher Gemeinschaft gelebt oder das > 8. Le­bensjahr noch nicht zurückgelegt haben und der Va­ter dieser Kinder zur Zeit des Todes der Mutter nicht mehr am Leben ist." Sodann wurde ein neuer Art. 5.5a beschlossen, der lautet:Wenn eine im aktiven Dienst stehende oder in zeitlichem oder dauerdem Ruhestand befindliche Beamtin, die zur Zeit ihres Todes einen Anspruch auf Pension hatte, eheliche Kinder unter 18 Jahren hinterläßt, so er­halten dieselben aus der Staatskasse vom Ablauf des Sterbsnachgehalts an jährliche Pensionen von je ein Sechstel des Ruhegehalts der Verstorbenen, mag letztere selbst in Pension gestanden sein oder nicht. Solange jedoch der Vater der Kinder lebt, ruht der Anspruch auf Waisenpension. Treffen bei einem Kinde, das nach Art. 55 Anspruch auf eine Waisenpeufion hat, auch die Voraussetzungen für die Gewährung einer Pension nach Absatz 1 und 2 des gegenwärtigen Artikels zu, so erhalten sie von den beiderlei Pensionen nur die höhere. Der Wit­wer hat keinerlei Anspruch ans der Beamtenstellnng der Ehefrau."

* Stuttgart, 20. März. Auch Stuttgart hat seine W ah lr s ch ts d e m o n str ati o n erlebt. Nach L-chluß der sozialdemokratischen März feie rn am Freitag versuchten etwa tausend Personen vor der hiesigen preußischen Gesandtschaft zu demo n st r i e - ren, wurden aber von der Polizei an ihrem Vor­haben verhindert, worauf sie tu Ruhe wieder in die Stadt zurückkehrten.

* Stuttgart, 20. Mürz. Das Reichsgericht hat, wie ein Privattelegramm aus Leipzig meldet, gestern den Bauaufseher B u h l, der wegen fahr­lässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung (beim Einsturz des Neubaus der Rheinischen Kre­ditbank am 15. Oktober 190O vom Landgericht Stuttgart am 2. Juli v. I. zu 2 Monaten Ge­fängnis verurteilt worden war, f r e i g e s p r o ch e n: dagegen ist die Revision des Bauunternehmers Fohr­mann, der zu 4 Monaten Gefängnis verurteilt wor­den war, verworfen worden.

st Stuttgart, 20. Mürz. (Aus sein Walerge- werbe.! Vom 16. 18. März fanden in München

vor dem zum Unparteiischen bestellten Vorsitzenden des Münchener Gewerbegerichts, Gerichtsrat Dr. Geßler, Gautarifvsrhandlungen des Gau 3 vom Hauptverband deutscher Arbeitgeberverbände im Ma- lcrgewerbe statt. Gan 3 umfaßt ganz Süddeutschland mit Elsaß-Lothringen. Bei den Verhandlungen han­delte es sich hauptsächlich um Klarlegung strittiger

Punkte des seit dein 16. Januar in Kraft getre­tenen Reichstarifvertragcs. Man einigte sich in vie­len Punkten. Ueber vier Punkte mußten Schieds­sprüche gefällt werden. Der tarifliche Aufschlag für den Malergehilfen beträgt laut Tarif teilweise 3 und 4 Pfennig für die Stunde. Der Tarifvertrag dauert bis zum 15. Februar 1913. Württemberg wurde von Malermeister Rommelsbacher-Stuttgart vertreten.

st Köngen, OA. Eßlingen, 19. März. Der Preis des Kieses ans dem Neckar, der seither für Aus­wärtige 2,50 Mark betrug, wurde vom Gemeinderat auf 1,60 Mark für den cbm. ermäßigt.

st Lauffen a. N., 20. März. Bei der gestrigen Stadtschultheißenwahl erhielten von den vier aus der bekannten Vorwahl hervorgegangenen Kandi­daten Amtsgerichtssekretär Lamparter-Göppingen 263, Schultheiß Hiltwein aus Gruppenbach 235, Regierungsassessor Speer-Heilbronn 198 und Rats­schreiber Paulus-Feuerbach 43 Stimmen. Lam- parter ist sonach gewählt.

st Heilbronn, 19. März. Ein Wanderschäfer ließ am letzten Schafmarkt seine 50 Stück Schafe bis abends sechs Uhr eingesperrt ohne Futter ans dem Hammelwasen liegen, sodaß sie krämpfig wurden. Der Schäfer wurde von der Polizei aufgefordert, sich um seine Schafe zu bekümmern. Ein in seiner Begleitung befindlicher anderer Schäfer beleidigte sofort die Schutzleute und leistete ihnen, als sie gegen ihn einschreiten wollten. Widerstand. Ohne jeden Grund versetzte der Tierbesitzer mit seinem Stock einem einschreitenden Schutzmann mehrere wuchtige Hiebe auf den Kopf, so daß der Helm durchlöchert wurde und der Schutzmann am Kops und Arm mehrere nicht unerhebliche Verletzungen erlitt. Erst nachdem der anwesende Wachtmeister, auf den der Tierbesitzer ebenfalls eingeschlagen hatte, von seiner Waffe Gebrauch machte, ließ jener von seiner rohen Handlung ab.

>! Gosbach, OA. Geislingen, 19. Marz. Eine schlimme indirekte Folge hat der diesen Winter in Mühlhausen staltgefuudcrre Brandfall einer hiesigen Familie gebracht. Der feuerwehrpflichtige Bauer Johs. Baumann hier, der mit der Gosbacher Feuer­wehr zu Hilfe geeilt war, wurde nämlich während der Löscharbeiten von einem kalten Wasser­strahl getroffen und erkrankte bald darauf an einer hartnäckigen Eiterung, dis ihm große Schmerzen brachte. Schließlich wurde er in das Krankenhaus nach Göppingen gebracht und trotz sorgsamster Pflege ist der Mann gestern nach ! 7wöchiger Schmerzens- zeit seinem Leiden erlegen.

st Ulm, 19. März. Im Wege der Zwangsvoll­streckung kommt am 3. Mai die Wirtschaft zum Paradies" am Bismarckring 70 zur Versteigerung. Der Gemeinderat schätzt das Anwesen aus 91 200 Mark.

st Pforzheim, 19. März. Der aus Mannheim stammende ledige Buchhalter F. einer hiesigen Gold­warenfabrik entwendete nach und nach 'Gold- und Silberwaren im Betrage von 4000 Mark. Er schnitt sie zusammen und verkaufte sie in einem Geschäft, mit dein seine eigene Firma arbeitete. Der Betrug wurde dieser Tage entdeckt und der Täter verhaftet.

M F«fef»ucpt. M

Wenn beharrliches Streben des Geistes Kräfte beflügelt, Haft du die Ernte zugleich: ständigen Lebensgenuß.

A. Ammann.

Um des Kindes Glück.

Novelle von Fritz Gantzer.

(Nachdruck verboten.)

Um Gottes Willen, Jensen," klagte Hanne, die Rauch­wolken mit der Hand zerschlagend,hört bloß mit dem scheußlichen Rauchen auf. Der Tabak stinkt ja wie Pestilenz! Raucht Euer Kartoffelstroh draußen aus der Heide, wenn Euch der scharfe Ost um die Nase bläst. Benimmt einem ja den Atem! Puh!!"

Nun freilich, Hanne, Rosenöl riecht anders," meinte Jensen beleidigt. Mit dem Rosenöl spielte er auf ihre Vorliebe an, sich mit wohlriechenden Oeleu zu pomadisieren.

Jensen, Ihr bekommt keinen Kaffee, wenn Ihr mich ärgert."

Was heißt ärgern, Hanne! Wie Du mir, so ich Dirl Stinkt mein Tabak, stinkt Euer Pomadenzcng noch vielmehr."

Ihr seid ein Ekel, Jensen! WärS nicht gar zu un­christlich, Euch mit nüchternem Magen gen Lüneburg zu schicken, Ihr müßtet partout ohne Kaffee hinaus. Aber man kauu's eben nicht über's Herz bringen. Eure Niedertracht gebührend zu strafen. Hier!"-

Mit diesem letzten Worte stellte sie die dampfende braune Ikckffeekanne vor Jensen auf den Tisch und schob ihm eine Taffe zu. Jensen ließ sich nicht lange nötigen.

Ihr seid ein Engel, Hanne," meinte er nur noch schummelnd und schlürfte dann bedächtia den beigen Trank.

' 'Nun maßt, daß Ihr fortkonnnt." wirb ür. als 'cn die dreimal grlenir Taste wohlbeir.edtgi zürne! - i über das bartlose Km» fuhr,Ihr laßt sonst, weh; den Herrn Doktor warten."

Werden wir nicht, Hanne, sind immer pünktlich gewesen."

Er zündete seine Pfeife wieder an und bestieg draußen schwerfällig den Wagen.

In der elften stunde stand Tora vor der Gartenpforte und schaute nach dem Vater aus.

Jetzt kommen sie, Hanne," rief sie der eben in die Haustür Tretenden zu und schritt dann dem vom langsam emhertroilenden Schimmel gezogenen Wagen entgegen.

Guten Tag, Väterchen," ries sie dem Vater zu,Gott sei Dank, daß Du wieder da bist."

Jensen hielt an und Tora stieg aus den Wagen. Lieb­kosend legte sie ihren 'Arm um den Hals des Vaters und

^Ja Ktudchen, Gott sei Dank! Ist nicht's mit dem Reisen im Winter. Bin froh, daß ich wieder daheim bin. Da sieht ja auch Hanne" wies er auf die vor der Gartentür Wartende.

Guten Morgen, Hanne," rief er ihr vergnügt zu, als der Schimmel vor dem Hause mit tief gesenktem Kops stehen blieb,noch alles auf dem alte» Fleck?"

Grüß Gott, Herr Doktor, ja, alles vorläufig noch beim Alten, aber hoffentlich nicht mehr tauge."

Karstens blinzelte ihr verstohlen zu und stieg dann vom Wagen.

So Jensen," sagte er dann,nun fahrt heim, und wie ich Euch schon sagte: Am Heiligabend um V-6 Uhr in Lüneburg sein, vergeßt nicht."

I, wo werd' ich denn, Herr Doktor, wird alles besorgt."

Damit knallte er ein paar mal mit der Peitsche und das war für den Schimmel das Signal, den letzten Teil de- Weges in Angriff zu nehmen.

Er witterte den Stall und fiel in einen leichten Trab. Nach kurzer Zeit schon war das Gefährt hinter der Zaunecke verschwunden.

Als Karstens sich auf dem Flur aus seinem Pelz schälte.

er: 'Ihr werdet Euch wundern, daß Jensen am Hell-.g- bend nach Lüneburg fahren soll. Mein alter Freund Bredom ill mich nämlich zum Fest besuchen, und am Heücgabend nmnt er. Du mußt also das Fremdenzimmer in Stand setzen,

'""Tora ließ diese Mitteilung des Vaters ziemlich gleich- ültig; Hanne dagegen mußte sich schnell abwenden, damit üora ihr fröhliches Lächeln nicht gewahrte. ^ ^ ,

In der geräumigen Halle des BahnhofesFriednch- raße" herrschte um die zehnte Vormittagsstnnde des Weih- nchtsheiligabeuds ein reges, geschäftiges Treiben. Die an- onuneuden Züge brachten Festgäste in Hellen Scharen und ie abgehcnden waren bis auf den letzten Platz besetzt die Hauptstadt sandte auch ihrerseits so manchen Festgast hinaus nZ Reich. Feststimmung und weihnachtliche Vorfreude lagen mi allen Gesichtern.

Ja, du Fest der Liebe und der Gaben, du sendest mrt edem zur Rüste gehenden Jahre immer aufs neue deinen Uanz aus Himmclshöhen in Hütten und Paläste. Du machst >ie 'Augen hell und die Herzen weit. Es ist etwas eigenes rnd weihevolles um den im Kerzenschmuck strahlenden Tannen- >aum, dem Symbol der göttlichen Liebe.

Und ein Helles Aug' und einen fröhlichen, echten, rechten Weihnack.tsstnn hatte auch Fritz Dornberg, als er cm echten Weihnachtdwetter, dem tollsten Schneegestöber, durch tue angen Straßenreihen dem Bahnhof zuschritt.

Nun ging's ja dem Glück entgegen, dem schon auf« zegebenen, begrabenen Glück!

Hei! wie lustig die Flocken tanzten! In tausend Milliarden lelen sie vom winterlichen Himmel herab aus die Weihnachls- )uft atmende Erde.

Auch weit draußen im Lande sanken sie herab, auch dort wohl, wohin sein ganzes Sinnen gerichtet war, draußen auf der Heide. Und dort woben sie ein weites, weites Tuch, jungfräulich, unberührt vom Hasten und Treiben der Großstadt.

' Dort blickte wohl jetzt auch ein liebes Augeupaar in das Flockengewirr hinaus. Ob's fröhlich blicken mochr, oder ob ihm die iveiße Decke vorkam wie ein Leichentuch? Ob Dora von seinem Kommen wußte? Doch wozu alle Tragen!