Gegründet
1877.
DK TageSausgabe kostet vierteljährlich is» Bezirk Nagold und Nachbarortsverkehr Mk. 1LK
außerhalb Mk. 1.S8.
di« WochenauSgabe (Schwarzwälder SonmagSblatt) kostet vierteljährlich 50 Pfg.
Amtsblatt für
Mgemeines-KMlge^
non
^ ^ ^ 1 V
AttensteiL.^taöt.
^nöUnlerhaltungzblM
obsi-sn ^/aFe^
Fernsprecher Nr. 11.
Anzeigenpreis bei einmaliger Einrückung 10 Pfg. die einspaltige Zeile; bei Wiederholungen entsprechender Rabatt.
Reklamen 15 Pfg. die Textzeile.
Unparteiische Tageszeitung und Anzeigeblatt, verbreitet in den Oberamtsbezirken Nagold, Hreudenstadt, Lalw u. Neuenbürg.
»r SL.
^ TrrsMbevri Alteustrig-Stab».
Montag, de« 7. Februar
Amtsblatt für Psalzgrafenweiler.
1910.
Lor»twahvend
werden Bestellungen auf unsere Zeitung „Aus den Tannen" entgegengenommen.
Amtliches.
Uebertragen wurde eine Schulstelle in Freudenstadt dem Schullehrer Merkte in Vaihingen a. E.
Tagespolitik.
Ueber die preußische Wahlrechtsvorlage lauten die vorliegenden Preßanslafsungen überwiegend äußerst abfällig, am schärfsten natürlich bei der Presse der entschiedenen Linken und der sozialdemokratischen Presse. Der „Vorwärts" nennt den Entwurf eine Kriegserklärung. Die „Bos- sische Zeitung" schreibt: Die wenigen winzigen Verbesserungen der Reform sind kaum der Rede wert. Sie ist eine klägliche kümmerliche Vorlage, und gibt denen, die nach Brot riefen, einen Stein und ist sie Gesetz geworden, so ist die Erlangung eines zeitgemäßen vernünftigen Wahlrechts in Preußen und eine gerechte Einteilung der Wahlkreise unverändert eine der wichtigsten Ausgaben der Zukunft. Die „Freisinnige Zeitung" sieht voraus, daß gerade dieser Versuch einer anderen Gestaltung des Dreiklassenwahlrechts am allermeisten Erbitterung bei den benachteiligten Kreisen der Bevölkerung erzeugen und den Ruf nach dem gleichen Wahlrecht nur noch verstärken werde. Einzig und allein direkte Wahl bedeute einen Schritt weiter zu dem erstrebenswerten Ziel der Einführung des Reichstagswahlrechts. Die „Liberale Korrespondenz" führt aus: Die stärksten Bedenken müssen die Vorschläge zur anderweitigen Einteilung der Klassen erwecken. Den Schulzeugnissen wird eine fast komisch anmutende Ueberschätzung zugemesseu, wenn bestimmt wird, daß Männer mit dem einjährigen Zeugnis und akademisch voll ausgebildete Leute stets in den höheren Klassen wählen sollen. Diese Bestimmung bedeutet eine durch nichts gerechtfertigte Benachteiligung der Handwerker, der Gewerbetreibenden, der Bauern, die keine höhere Schule durchgemacht haben, aber vielfach an Lebenserfahrung und politischem Verständnis hoch über den Männern mit dem Einjährigenzeugnis stehen. Die Bestimmung bedeutet ferner — und das ist fast noch bedenklicher — eine Degradierung der dritten Klasse zur reinen Proletarierklasse, während die zweite und die erste Klasse fast ganz den oberen Schichten Vorbehalten bleiben. Dadurch charakterisiert sich das neue Wahlrecht als ein Gesetz zur möglichsten Beschränkung der Sozialdemokratie. Ein Wahlrecht aber, das dieser Partei den Eintritt in das Abgeordnetenhaus aufs höchste zu erschweren strebt, kann nur die größte Erbitterung und Staatsfeindschaft erzeugen. Auch die nationalliberalen Blätter sind zum Teil sehr kritisch gestimmt.
Abgeordneter Müller-Meiningen formuliert seine Ansicht über die preußische Wahlrechtsvorlage wie folgt: Wir Süddeutsche sind geradezu erschreckt, daß in einem solchen politischen Moment angesichts des Stimmenzuwachses der Sozialdemokratie die preußische Regierung es unternimmt, nun auch die bürgerlichen Wähler mit dieser Farce von einer Wahlreform zu reizen. Von einer Reform kann überhaupt nicht die Rede sein; dem unmöglichen Mantel werden lediglich einige Lappen von unergründlicher Farbe aufgeflickt. Es ist einfach unverständlich, daß ein Mann wie Bethmann HM- weg seinen guten Namen dazu hergibt, um eine solche Vorlage damit zu decken. Die Quittung hiefür wird er, wie ich fürchte, im Herbst 1 91l bekommen. Sachlich ist das Unglaublichste an der Vorlage ihre lächerliche Kasuistik. Und was soll man dazu sagen, daß künftig der Staatssekretär des Reichskolonial
amtes, wenn er nicht eine abgeschlossene Hochschulbildung besitzt oder aber der preußische Landwirtschaftsminister, wenn er nicht zufällig Landrat a. D. wäre, geringeres Wahlrecht besitzen wie die Jüngsten unter ihren Regierungsassessoren. Auch ich halte eine solche Vorlage für unannehmbar.
Der „Vorwärts" berichtet über folgenden Gerichtsfall: Der jetzt 19jährige Bergmann Ulzer aus Thorudorf im Mansselder Revier wurde am 14. August 1907 wegen Beteiligung an einer Rauferei zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die er aber auf Grund der Vorschriften über die bedingte Begnadigung nur dann zu verbüßen brauchte, wenn er sich innerhalb zweier Jahre „nicht gut führte". Auf keine Weise war nun der Verurteilte während der zwei Jahre bis 1909 mit der Polizei oder dem Strafgesetz in Konflikt gekommen, so daß er an die Strafe gar nicht mehr dachte. Am 26. Januar erhielt er nun eine Vorladung zum Untersuchungsrichter, weil er während des Mansselder Streiks, an dem er beteiligt war, Sammelgelder für die Streikenden eingezogen haben soll. Ulzer gab das zu, glaubte aber nicht, daß die Ausübung eines jedem Staatsbürger gesetzlich gewährleisteten Rechtes bei ihm eine „schlechte Führung" im Sinne der bedingten Begnadigung sein könne. Er hat sich schwer getäuscht. Am 27. Januar erging an ihn die Aufforderung, binnen acht Tagen die ihm am 14. August 1907 zuerkannte Strafe von zwei Monaten im Zentralgefängnis zu Bochum anzutreten. Gegen die Verfügung ist Beschwerde eingelegt worden. Der Beschwerde wird, wenn die Darstellung des „Vorwärts" genau ist, hoffentlich stattgegeben werden.
Auch in Deutschland soll nun zu Gunsten der in Frankreich vom Hochwasser- Geschädigten gesammelt werden. Das Zentral'omitee für eine Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich hat beschlossen, eine Sammlung zu Gunsten der durch die Ueberschwemmung der Seine brotlos und obdachlos Gewordenen zu veranstalten und auch dis Frankfurter Zeitung hat schon einen Aufruf erlassen, in dem gesagt wird: Wir glauben nur einem Wunsche zu folgen, der in unserer Stadt laut geworden ist, wenn wir zum Besten der Opfer des verheerenden Naturereignisses eine Sammlung von Gaben eröffnen, deren Spender bekunden wollen, daß uns mit dem Nachbarvolke manche geistigen und sozialen Bande verknüpfen und daß die Gefühle der Humanität nicht an den Landesgrenzen Halt machen.
Die Prophezeiung, daß die B a l k an sta a te n auch in diesem Jahr das Vorrecht beanspruchen würden, in die Ruhe des politischen Alltags Leben und Bewegung zu bringen, hat sich bewahrheitet, mehr, als auch dem ehrgeizigsten politischen Seher lieb sein mag. Denn das „Leben", das heute auf dem Balkan herrscht, droht bald sich für Tausende jäh ins Gegenteil zu verwandeln, wenn nicht stärkere Mächte, als jene Staaten es sind, mit bedeutendem Handwinken ein beruhigendes Wort sprechen. Sich selbst überlassen, würden die Balkanstaaten schon längst zum Säbel gegriffen haben, dessen bedrohliches Rasseln man jetzt schon deutlich zu hören vermag, um sich aus Sackgassen einen gewaltsamen Ausweg zu verschaffen, in die sie eigener Unverstand gerannt oder eine ungerechte Landverteilung gesetzt hat. Aber ohne der Großmächte Einwilligung darf heute kein Krieg mehr — jedenfalls nicht zwischen den kleinen Staaten — geführt werden, und geschieht es trotzdem, so tragen die europäischen Mächte selbst den größten Teil der Schuld daran.
Deutscher Reichstag.
Berlin, 5. Februar.
Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung des Handelsvertrags mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Staatssekretär Delbrück: Wenn das handelspolitische Abkommen mit Amerika vom Jahre 1907 auch kein Meistbegünstigungsvertrag war, jo hat es uns doch verschiedene Vorteile gebracht. Amerika gestand den Minimaltarif und Erleichterungen in Bezug auf die Zollabfertigung zu, während wir Amerika den Konventionaltarif einräumten. Dieses Abkommen wurde damals geschlossen in der Erwartung, daß wir bald zu einem langfristigen Handelsabkommen gelangen würden. Das ist uns jetzt gelungen. Die langdauernden Verhandlungen haben sich bis in die letzte Zeit hingezogen, so daß dieses Abkommen erst jetzt vorgelegt werden kann. Amerika hat dabei eine große Reihe von Forderungen gestellt, die einen starken Eingriff in unsere gesetzgeberische und namentlich veterinärpolizeiliche Autonomie nötig machen. Es gelang aber doch, einen in dieser Beziehung ausreichenden Tarif zu erreichen, nachdem wir vorher alle beteiligten Ressorts gehört hatten. Wir möchten den 7. Februar nicht vorübergehen lassen, ohne vorher zu einem festen Abkommen mit Amerika gelangt zu sein, weil sonst der Maximaltaris in Kraft treten würde. In dem vorliegenden Abkommen bietet uns Amerika nicht nur seinen Mini- maltarif, d. h. die Meistbegünstigung, sondern hat sich auch bereit erklärt, die Handhabung des Vertrages entgegenkommender zu gestalten. Ich bitte keine Kommission einzüsetzen und hoffe, daß der vorliegende Entwurf die Zustimmung des Hauses finden und den Beziehungen Amerikas zum befreundeten Deutschen Reich entsprechen wird. Unsere Schiffahrt wird besondere Vorteile genießen und eine Störung in unseren Beziehungen wird nicht eintreten, sobald der kritische Tag, nämlich der 7. Februar, überstanden sein wird. (Beifall.) Damit schließt die erste Beratung, da Wortmeldungen nicht vorliegen. Die zweite Lesung schließt ohne Debatte. Die Vorlage wird gegen einige Stimmen der Rechten angenommen. Vizepräsident Dr. Spahn schlägt vor, die nächste Sitzung eine Viertelstunde später abzuhalten, um die dritte Beratung der Vorlage zu erledigen. Abg. Bassermann (natl.) empfiehlt, die dritte Lesung sofort vorzunehmen. Es erhebt sich kein Widerspruch. Die Vorlage wird darauf in dritter Lesung ohne Debatte erledigt und sodann endgültig angenommen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Schluß der heutigen Sitzung dreiviertel ein Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag nachmittag l Uhr. Tagesordnung: Militäretat.
*
* Berlin, 5. Febr. Nachdem der Reichstag das Gesetz betr. die Handelsbeziehungen zu den Bereinigten Staaten angenommen hat, hat der Bundesrat über die Ausübung des Gesetzes zu beschließen.^ Wie wir hören, wird im Reichsgesetz- blatt am 7. ds. eine Bekanntmachung erscheinen, wonach auf die Erzeugnisse der Vereinigten Staaten vom 8. ds. ab die in den geltenden Handelsverträgen zugestandenen Zollsätze anzuwenden sind. Die Erzeugnisse der Vereinigten Staaten werden demnach wie die Erzeugnisse der meistbegünstigten Länder behandelt werden.
Landesnachrichtrn.
AtkerEeisf, 7. Februar.
(Egs.) Gestern abend sprach im evang. Arbeiter-Verein Herr Stadtpfarrer Hang über das Thema: „Was ist es mit dem Glauben der Wissenschaft an eine natürliche Entstehung der Welt?" Der Redner wußte seine Zuhörer vom Anfang bis zum Ende mit seinem packenden, schlicht-populären Vortrag zu fesseln. Wenn man heute von Wissenschaft spricht, sagte