Gegründet

1877.

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Montag, de« 7. Februar

Amtsblatt für Psalzgrafenweiler.

1910.

Lor»twahvend

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Amtliches.

Uebertragen wurde eine Schulstelle in Freudenstadt dem Schullehrer Merkte in Vaihingen a. E.

Tagespolitik.

Ueber die preußische Wahlrechtsvor­lage lauten die vorliegenden Preßanslafsungen überwiegend äußerst abfällig, am schärfsten natür­lich bei der Presse der entschiedenen Linken und der sozialdemokratischen Presse. DerVorwärts" nennt den Entwurf eine Kriegserklärung. DieBos- sische Zeitung" schreibt: Die wenigen winzigen Ver­besserungen der Reform sind kaum der Rede wert. Sie ist eine klägliche kümmerliche Vorlage, und gibt denen, die nach Brot riefen, einen Stein und ist sie Gesetz geworden, so ist die Erlangung eines zeitgemäßen vernünftigen Wahlrechts in Preußen und eine gerechte Einteilung der Wahlkreise unver­ändert eine der wichtigsten Ausgaben der Zukunft. DieFreisinnige Zeitung" sieht voraus, daß ge­rade dieser Versuch einer anderen Gestaltung des Dreiklassenwahlrechts am allermeisten Erbitterung bei den benachteiligten Kreisen der Bevölkerung er­zeugen und den Ruf nach dem gleichen Wahlrecht nur noch verstärken werde. Einzig und allein di­rekte Wahl bedeute einen Schritt weiter zu dem erstrebenswerten Ziel der Einführung des Reichs­tagswahlrechts. DieLiberale Korrespondenz" führt aus: Die stärksten Bedenken müssen die Vorschläge zur anderweitigen Einteilung der Klassen erwecken. Den Schulzeugnissen wird eine fast komisch anmu­tende Ueberschätzung zugemesseu, wenn bestimmt wird, daß Männer mit dem einjährigen Zeugnis und akademisch voll ausgebildete Leute stets in den höheren Klassen wählen sollen. Diese Bestimmung bedeutet eine durch nichts gerechtfertigte Benach­teiligung der Handwerker, der Gewerbe­treibenden, der Bauern, die keine höhere Schule durchgemacht haben, aber vielfach an Le­benserfahrung und politischem Verständnis hoch über den Männern mit dem Einjährigenzeugnis stehen. Die Bestimmung bedeutet ferner und das ist fast noch bedenklicher eine Degradierung der dritten Klasse zur reinen Proletarierklasse, wäh­rend die zweite und die erste Klasse fast ganz den oberen Schichten Vorbehalten bleiben. Dadurch cha­rakterisiert sich das neue Wahlrecht als ein Ge­setz zur möglichsten Beschränkung der Sozialdemo­kratie. Ein Wahlrecht aber, das dieser Partei den Eintritt in das Abgeordnetenhaus aufs höchste zu erschweren strebt, kann nur die größte Erbitterung und Staatsfeindschaft erzeugen. Auch die national­liberalen Blätter sind zum Teil sehr kritisch ge­stimmt.

Abgeordneter Müller-Meiningen formu­liert seine Ansicht über die preußische Wahlrechts­vorlage wie folgt: Wir Süddeutsche sind geradezu erschreckt, daß in einem solchen politischen Moment angesichts des Stimmenzuwachses der Sozialdemo­kratie die preußische Regierung es unternimmt, nun auch die bürgerlichen Wähler mit dieser Farce von einer Wahlreform zu reizen. Von einer Reform kann überhaupt nicht die Rede sein; dem unmög­lichen Mantel werden lediglich einige Lappen von unergründlicher Farbe aufgeflickt. Es ist einfach un­verständlich, daß ein Mann wie Bethmann HM- weg seinen guten Namen dazu hergibt, um eine solche Vorlage damit zu decken. Die Quittung hiefür wird er, wie ich fürchte, im Herbst 1 91l bekommen. Sach­lich ist das Unglaublichste an der Vorlage ihre lä­cherliche Kasuistik. Und was soll man dazu sagen, daß künftig der Staatssekretär des Reichskolonial­

amtes, wenn er nicht eine abgeschlossene Hochschul­bildung besitzt oder aber der preußische Landwirt­schaftsminister, wenn er nicht zufällig Landrat a. D. wäre, geringeres Wahlrecht besitzen wie die Jüng­sten unter ihren Regierungsassessoren. Auch ich halte eine solche Vorlage für unannehmbar.

DerVorwärts" berichtet über folgenden Ge­richtsfall: Der jetzt 19jährige Bergmann Ulzer aus Thorudorf im Mansselder Revier wurde am 14. August 1907 wegen Beteiligung an einer Rau­ferei zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt, die er aber auf Grund der Vorschriften über die be­dingte Begnadigung nur dann zu verbüßen brauchte, wenn er sich innerhalb zweier Jahrenicht gut führte". Auf keine Weise war nun der Verurteilte während der zwei Jahre bis 1909 mit der Polizei oder dem Strafgesetz in Konflikt gekommen, so daß er an die Strafe gar nicht mehr dachte. Am 26. Januar erhielt er nun eine Vorladung zum Unter­suchungsrichter, weil er während des Mansselder Streiks, an dem er beteiligt war, Sammelgelder für die Streikenden eingezogen haben soll. Ulzer gab das zu, glaubte aber nicht, daß die Aus­übung eines jedem Staatsbürger gesetzlich gewähr­leisteten Rechtes bei ihm eineschlechte Führung" im Sinne der bedingten Begnadigung sein könne. Er hat sich schwer getäuscht. Am 27. Januar er­ging an ihn die Aufforderung, binnen acht Ta­gen die ihm am 14. August 1907 zuerkannte Strafe von zwei Monaten im Zentralgefängnis zu Bochum anzutreten. Gegen die Verfügung ist Beschwerde eingelegt worden. Der Beschwerde wird, wenn die Darstellung desVorwärts" genau ist, hoffentlich stattgegeben werden.

Auch in Deutschland soll nun zu Gun­sten der in Frankreich vom Hochwasser- Geschädigten gesammelt werden. Das Zen­tral'omitee für eine Annäherung zwischen Deutsch­land und Frankreich hat beschlossen, eine Samm­lung zu Gunsten der durch die Ueberschwemmung der Seine brotlos und obdachlos Gewordenen zu veranstalten und auch dis Frankfurter Zeitung hat schon einen Aufruf erlassen, in dem gesagt wird: Wir glauben nur einem Wunsche zu folgen, der in unserer Stadt laut geworden ist, wenn wir zum Besten der Opfer des verheerenden Naturereignisses eine Sammlung von Gaben eröffnen, deren Spen­der bekunden wollen, daß uns mit dem Nachbar­volke manche geistigen und sozialen Bande ver­knüpfen und daß die Gefühle der Humanität nicht an den Landesgrenzen Halt machen.

Die Prophezeiung, daß die B a l k an sta a te n auch in diesem Jahr das Vorrecht beanspruchen wür­den, in die Ruhe des politischen Alltags Leben und Bewegung zu bringen, hat sich bewahrheitet, mehr, als auch dem ehrgeizigsten politischen Seher lieb sein mag. Denn dasLeben", das heute auf dem Balkan herrscht, droht bald sich für Tausende jäh ins Gegenteil zu verwandeln, wenn nicht stärkere Mächte, als jene Staaten es sind, mit bedeuten­dem Handwinken ein beruhigendes Wort sprechen. Sich selbst überlassen, würden die Balkanstaaten schon längst zum Säbel gegriffen haben, dessen be­drohliches Rasseln man jetzt schon deutlich zu hö­ren vermag, um sich aus Sackgassen einen gewalt­samen Ausweg zu verschaffen, in die sie eigener Unverstand gerannt oder eine ungerechte Landver­teilung gesetzt hat. Aber ohne der Großmächte Ein­willigung darf heute kein Krieg mehr jeden­falls nicht zwischen den kleinen Staaten ge­führt werden, und geschieht es trotzdem, so tragen die europäischen Mächte selbst den größten Teil der Schuld daran.

Deutscher Reichstag.

Berlin, 5. Februar.

Auf der Tagesordnung steht die erste Lesung des Handelsvertrags mit den Vereinigten Staaten von Amerika. Staatssekretär Delbrück: Wenn das handelspolitische Abkommen mit Amerika vom Jahre 1907 auch kein Meistbegünstigungsvertrag war, jo hat es uns doch verschiedene Vorteile gebracht. Amerika gestand den Minimaltarif und Erleichte­rungen in Bezug auf die Zollabfertigung zu, wäh­rend wir Amerika den Konventionaltarif einräum­ten. Dieses Abkommen wurde damals geschlossen in der Erwartung, daß wir bald zu einem lang­fristigen Handelsabkommen gelangen würden. Das ist uns jetzt gelungen. Die langdauernden Ver­handlungen haben sich bis in die letzte Zeit hin­gezogen, so daß dieses Abkommen erst jetzt vor­gelegt werden kann. Amerika hat dabei eine große Reihe von Forderungen gestellt, die einen starken Eingriff in unsere gesetzgeberische und namentlich veterinärpolizeiliche Autonomie nötig machen. Es gelang aber doch, einen in dieser Beziehung aus­reichenden Tarif zu erreichen, nachdem wir vor­her alle beteiligten Ressorts gehört hatten. Wir möchten den 7. Februar nicht vorübergehen lassen, ohne vorher zu einem festen Abkommen mit Amerika gelangt zu sein, weil sonst der Maximaltaris in Kraft treten würde. In dem vorliegenden Abkom­men bietet uns Amerika nicht nur seinen Mini- maltarif, d. h. die Meistbegünstigung, sondern hat sich auch bereit erklärt, die Handhabung des Ver­trages entgegenkommender zu gestalten. Ich bitte keine Kommission einzüsetzen und hoffe, daß der vorliegende Entwurf die Zustimmung des Hauses finden und den Beziehungen Amerikas zum befreun­deten Deutschen Reich entsprechen wird. Unsere Schiffahrt wird besondere Vorteile genießen und eine Störung in unseren Beziehungen wird nicht eintreten, sobald der kritische Tag, nämlich der 7. Februar, überstanden sein wird. (Beifall.) Damit schließt die erste Beratung, da Wortmeldungen nicht vorliegen. Die zweite Lesung schließt ohne De­batte. Die Vorlage wird gegen einige Stimmen der Rechten angenommen. Vizepräsident Dr. Spahn schlägt vor, die nächste Sitzung eine Viertelstunde später abzuhalten, um die dritte Beratung der Vor­lage zu erledigen. Abg. Bassermann (natl.) emp­fiehlt, die dritte Lesung sofort vorzunehmen. Es erhebt sich kein Widerspruch. Die Vorlage wird darauf in dritter Lesung ohne Debatte erledigt und sodann endgültig angenommen. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. Schluß der heutigen Sitz­ung dreiviertel ein Uhr. Nächste Sitzung Donners­tag nachmittag l Uhr. Tagesordnung: Militäretat.

*

* Berlin, 5. Febr. Nachdem der Reichstag das Gesetz betr. die Handelsbeziehungen zu den Bereinigten Staaten angenommen hat, hat der Bundesrat über die Ausübung des Gesetzes zu beschließen.^ Wie wir hören, wird im Reichsgesetz- blatt am 7. ds. eine Bekanntmachung erscheinen, wonach auf die Erzeugnisse der Vereinigten Staaten vom 8. ds. ab die in den geltenden Handelsver­trägen zugestandenen Zollsätze anzuwenden sind. Die Erzeugnisse der Vereinigten Staaten werden dem­nach wie die Erzeugnisse der meistbegünstigten Län­der behandelt werden.

Landesnachrichtrn.

AtkerEeisf, 7. Februar.

(Egs.) Gestern abend sprach im evang. Ar­beiter-Verein Herr Stadtpfarrer Hang über das Thema:Was ist es mit dem Glauben der Wissenschaft an eine natürliche Ent­stehung der Welt?" Der Redner wußte seine Zuhörer vom Anfang bis zum Ende mit seinem packenden, schlicht-populären Vortrag zu fesseln. Wenn man heute von Wissenschaft spricht, sagte