sich genommen und dadurch die Ausführung des Bahnbaues ermöglicht haben, für Lebenszeit für sich und für ihre Frauen freie Fahrt auf der Bergbahn gewährt werde. Zufolge dessen wird vom Gemeinderat beschlossen, den um den Bahnbau besonders verdienten Herren l. Baudirektor v. Leibbrand in Stuttgart, 2. Stadtjchnltheiß Bätzner in Wildbad, 3. Fabrikdirektor Schnitzer in Wildbad, 4. sämtlichen Gründeaktionären, d. h. denjenigen Aktionären, die s. Zt. bei der Gründung der Gesellschaft Aktien übernommen haben, sowie deren Ehefrauen (von 1—4) freie Fahrt auf der Bergbahn für das ganze Jahr aus Lebenszeit zu gewähren und ihnen hierüber durch den Stadtvvrstand eine Urkunde, die aber nicht übertragbar ist, ausfertigen zu lassen.
* Herrenalb, l. Febr. Heute sind 25 Jahre verflossen, seit Hofrat Dr. C. Mer magen die Leitung der Kuranstalt Herrenalb übernommen hat. Die bürgerlichen Kollegien der Stadt haben den einmütigen Beschluß gefaßt, Hofrat Dr. Mermagen zum Ehrenbürger zu ernennen.
ff Tübingen, 3l. Jan. Der Achalmturngau hielt gestern eine W i n t e r t u r n f a h r t ab, mit der wieder ein Kriegspiel verbunden war. Vom herrlichen Wetter begünstigt, nahmen über achthundert Turner an der Turnfahrt teil. Die Abteilung B., gebildet von den Turnvereinen von Tübingen und den umliegenden Orten siegte in dem Kriegspiel, das sich bei Pfrondorf auf dem Einsiedel abspielte, über eine A.-Abteilung, gebildet aus den Turnvereinen des Oberamts Reutlingen. Dann zog man nach dem Museum, wo eine gesellige Unterhaltung stattfand. Nach den Begrüßungen durch die Tübinger Verein? folgte die Kritik des Kriegsspiels und dann ein Vortrag von Universitätsprofessor Dr. von Grützner über den Fünfkampf der Griechen, erläutert durch Lichtbilder. Auch kinematographische Aufnahmen vom letzten Deutschen Turnfest in Frankfurt a. M. wurden vorgeführt. Ein Sonderzug entführte dann gegen Abend die Gäste.
st Tübingen, 3l. Jan. Das alte Landgericht wurde um 115 000 Marl an Rechtsanwalt Jäger hier verkauft. Der neue Besitzer wird zugleich Vertreter der Mitteldeutschen Kreditbank am hiesigen Platze.
js Reutlingen, 31. Jan. Die beim Ladendieb- stahl ertappte Frau Walz scheint eine beispiellose Geschicklichkeit und unglaubliche Keckheit zu haben, denn bei der Durchsuchung ihrer Wohnung haben allein zwei hiesige Firmen von den aufgespeicherten Sachen für 1800 Mark reklamiert. Wolle, Leinwand, Seide, Ausputzartikel.
js Stuttgart, 31. Jan. Der Verband württem- belgischer Industrieller teilt in seinem morgen zur Ausgabe gelangenden zweiten Heft seines Landesorgans „Württembergsche Industrie" mit, daß er im Hinblick auf die von badischer Seite neuerdings in der Neckarfrage gemachten Vorschläge am 29. Januar an das K. Württ. Staatsministerium das Ersuchen gerichtet habe, im Bundesrate auf eine Vertagung der Entscheidung über die Einführung von S chiffahrts ab g ab en auf natürlichen Wasserstraßen hinzuwirken, da die an der Frage hauptsächlich interessierten württembergischen Industriellen eine eingehende Prüfung der badischen Vorschläge durch alle maßgebenden Faktoren für unerläßlich halten.
js Stuttgart, 31. Jan. Der Minister des Innern
M L-s-f»ucSt. M
Nicht jeder liebt den Arzt, der mit dem Messer kühn in das kranke Fleisch der Lügen dringt.
Das Vorurteil ist mächtig in der Welt, und wer da rührt an einer alten Satzung, sei auch gefaßt, daß tausend drum ihn hassen.
M. Ring.
Das Enkelkind.
Von G. Struder.
(Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.)
7. Kapitel.
Irma hatte geglaubt, daß ihr Weggehen von Niemand bemerkt worden ist, hierin hatte sie sich indessen geirrt. Der Graf hatte sie vvn seinem im ersten Stocke gelegenen Zimmer aus gesehen, und da ihm ihre veränderte Kleidung und auch ihr scheues Wesen ausgefallen waren, so hatte er, von Neugierde und auch vielleicht von noch anderen Gefühlen getrieben, rasch seinen Hut aufgesetzt und war ihr gefolgt.
Noch hatte Irma kaum dreihundert Schritte auf dem Waldwege zmückgelegt, als sich Graf Robert bereits an ihrer Seite befand und ihr mit einer tiefen Verbeugung ihr Taschentuch überreichte, welches sie unterwegs verloren hatte.
„Ich danke Ihnen, Herr Graf." erwiderte Irma verlegen. „Aber wegen einer solchen Kleinigkeit hätten Sie sich nicht zu bemühen brauchen, das Tuch ist ja so gut wie werllos."
„Aber deshalb war es doch nicht weniger meine Pflicht, Ihnen den gefundenen Gegenstand zurückzubringen," versetzte rasch der Graf, „und für die Mühe bin ich bereits mehr wie genügend dadurch belohnt, daß es mir vergönnt ist,
Dr. v. Pischek begibt sich morgen nach Berlin zu den Verhandlungen des Bundesrates über die Schiff- fahrtsabgaben.
js Ehingen, 31. Jan. Der bei Neuhanswirt Daigger bedienstete Joseph Christ von Altbierlingen begab sich am letzten Freitag zum Holzführen ins Oberhau bei Schlechtenfeld. Auf dem Heimwege gerieten an einer abschüssigen Stelle die Schlitten ins Rutschen, der Fuhrmann kam unglücklicherweise unter diese und gingen ihm beide Schlitten über den Oberleib. Bauern von Schlechtenfeld trafen das führerlose Fuhrwerk an, gingen auf die Suche und fanden den verunglückten I. Christ in halberfrorenem Zustande am Wege. In das Krankenhaus nach Ehingen übergeführt, ist der Bedauernswerte seinen schweren inneren Verletzungen erlegen.
st Min, 31. Jan. In Neu-Ulm erschoß sich vorgestern nachmittag im Glacis der bei der Firma Bühler, Getreidehandlung hier, in Stellung gewesene Kaufmann Lorenz. Geschäftliche Differenzen sollen der Grund des Selbstmordes sein.
st Ulm, 31. Jan. Vor etwa vier Wochen äst der Bierbrauereibesitzer Iehle in Neu-Ulm Plötzlich verschwunden. Da er in letzter Zeit Spuren einer tiefen Schwermut gezeigt und Aeußernngen getan hatte, daß er sich das Leben nehmen werde, nahm man an, daß er sich ums Leben gebracht habe. Kürzlich wurde seine Leiche unterhalb Regensburg aus der Donau gezogen und als unerkannt beerdigt. Sie wird nun wieder ausgegraben und nach Neu-Ulm verbracht.
Die Eröffnung der staatlichen Erfindungs- Ausstellung.
* Stuttgart, 1. Febr. Der feiert. Eröffnnngs- akt ging gestern nicht im Ausstellungsgebäude selbst, sondern in der König-Karl-Halle des Landssge- werbemuseums vor sich. Anwesend waren sämtliche Minister mit Ausnahme des Ministerpräsidenten v. Weizsäcker. Auch der Präsident des Kaiserlichen Patentamts Geh. Reg.-Rat Hauß war zugegen. Um 11 Uhr erschien S. M. der König, begleitet von einigen Adjutanten, und wurde vom Minister v. Pischek empfangen, welcher in seiner Eröffnungsansprache hervorhob, daß die Erfindungsausstellung aus den Beobachtungen und Erfahrungen der staatlichen Auskunftsstelle für gewerblichen Rechtsschutz herausgewachjen sei und dazu dienen solle, die Erfinder, namentlich auch die weniger bemittelten, gegen eine Ausbeutung ihrer Unerfahrenheit und Mittellosigkeit zu schützen. Die Vorführung großer bahnbrechender Erfindungen, durch welche die kulturelle oder wirtschaftliche Entwicklung der Menschheit plötzlich mit einem starken Ruck auf neue Wege geleitet wird, dürfe man von der Ausstellung allerdings nicht erwarten; sie gewähre aber einmr interessanten und erfreulichen Einblick in die Art und den Weg des Vorwärtsstrebens und des Vorwärts- schreitens unserer Industrie und Technik, sie lege auch Zeugnis ab von der in zahlreichen geistigen Werkstätten gepflegten Kleinarbeit, in welcher sich namentlich auch der zum zähen Grübeln, Bohren und Probieren im stillen Kämmerlein besonders veranlagte Schwabe rühmlich hervortue. Die Rede des Ministers klang aus in einem Hoch auf den König, in das die Versammlung freudig einstimmte. Der Präsident der Zentralstelle für Gewerbe und
Sie, wenn auch nur vielleicht für eine kurze Weile, unter vier Augen zu sprechen."
„Für eins solche Unterredung ist indessen der Augenblick sehr schlecht gewählt," bemerkte Irina ernst, „denn ich habe noch einen tüchtigen Weg zurückzulegen und möchte daher nicht aufgehalten sein."
„Und darf ich fragen, wohin die Reise geht?"
„Gewiß, Herr Graf. Ich gehe nach Rübenheim."
„Und wann werden Sie zurückkehren, Fräulein Winter?"
„Ich komme überhaupt nicht mehr zurück, denn ich stehe im Begriff, die Villa für immer zu verlassen."
„Aber das wird doch Ihr Ernst nicht sein!" rief der Graf betroffen aus, „und was hat denn so plötzlich einen solchen Entschluß in Ihnen hervorgerufen?"
„Das unerträgliche Benehmen des Herrn Thomas mir gegenüber hat mich hierzu gezwungen. Der Abschied von der Villa ward mir nicht leicht, aber mein Ehrgefühl erlaubte es mir nicht, noch länger auf derselben zu bleiben, und daher bin ich gegangen, ohne Wissen und selbst gegen den Willen Ihrer Kousine. Sie können es der Letzteren Mitteilen, daß ich nicht mehr zurückkehre, und nun Herr Graf, erübrigt mir nur noch, Ihnen zum Abschiede meinen Dank dafür auszusprechen, daß Sie stets so freundlich gegen mich gewesen sind, und daß Sie mir noch vorhin so ritterlich gegen jenen Menschen beigestanden Huben."
Die Stimme Irmas hatte bei den letzten Worten einen eigentümlich bewegten, vibrierenden Klang, der seinen Eindruck auf das weiche Gemüt des Grasen nicht verfehlte. Unwillkürlich erfaßte er ihre Hand und sagte:
„Jetzt danken Sie mir für mein freundliches Benehmen, früher dagegen nahmen Sie meine Freundlichkeit stets so auf, als beleidigte Sie dieselbe, so daß ich mich mitunter schmerzlich fragte, ob Sie vielleicht eine geheime Abneigung gegen mich hätten. Insofern eine solche Abneigung etwa in meiner Persönlichkeit begründet ist, so kann ich ja Nichts
Handel v. Mosthaf gab in kurzen Umrissen ein Bild vvn der Vorgeschichte der Ausstellung und legte in eingehenden Ausführungen die Zwecke derselben dar. Nach der Rede des Präsidenten p. Mosthaf trat der König unter Führung des Patentanwalts Schwäbsch, des technischen Leiters der Ausstellung, einen Rundgang durch die Ausstellung an und ließ sich verschiedene der Sachen vorsühren.
j! Pforzheim, 31. Jan. Heute früh nach 5 Uhr explodierte ein Taxameterautomobil des Taxameterlutschers Eisenmann, als er einige Personen vom Maskenball nach Hause führte, in der Kaiser-Wil- Helms-Straße. Das Automobil, das einen Wert von mehreren tausend Mark hatte, ist vollständig vernichtet. Die Insassen kamen ohne Schaden davon.
ff Karlsruhe, 31. Jan. In der gestrigen Sitzung des engeren Ausschusses der nationalliberalen Partei lwurde konstatiert, daß die Verhandlungen der badischen und württembergischen Landtagsabgeordneten zwecks Herbeiführung einer Verständigung bezüglich der Neckarkanalisation unter Ablehnung der Schiffahrtsabgaben als gescheitert anzusehen sind.
ff Berlin, 31. Jan. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht heute nachstehenden Erlaß des Kaisers an den Reichskanzler: Auch mein diesjähriger Geburtstag ist durch die herzliche Anteilnahme des deutschen Volkes nnd der im Ausland lebenden deutschen Stammesgenossen für mich zu einem rechten Freudentag geworden. In zahlreichen Telegrammen und Zuschriften sind mir aus allen Schichten der Bevölkerung ohne Unterschied des Bekenntnisses und der Parteistellung freundliche Glück- und Segenswünsche dargebracht worden. Durch diese patriotischen Kundgebungen auf das Freudigste bewegt drängt es mich, städtischen und ländlichen Gemeinden, Vereinen und Korporationen sowie allen, welche mir an diesem Tage ihre Anhänglichkeit und Zuneigung in so mannigfacher Art zum Ausdruck gebracht haben, meinen herzlichen Dank zu sagen. Gott der Herr aber wolle unser teures Vaterland auch ferner in seinen gnädigen Schutz nehmen und das deutsche Volk durch Einmütigkeit und Opferwilligkeit zur Erfüllung der großen sozialen und kulturellen Ausgaben unserer Zeit stark machen. Ich ersuche Sie, diesen Erlaß zur öffentlichen Kenntnis zu bringen.
Der Zwischenfall im Reichstag.
* Berlin, 31. Jan. Im Reichstag haben heute vormittag die Fraktionen der Mehrheitspartei Sitzungen abgehalten, in denen neben der bevorstehenden Abstimmung über den portugiesischen Handelsvertrag auch die Abstimmung über dis Aeußerung des Abgeordneten Oldenburg bei dem Zwischenfall in der Samsjagssjtzung zur Sprache kam. Die Stimmung in Kreisen des Zentrums, der Nationalliberalen und der Freisinnigen läßt sich, wie durch Umfrage sestgestellt wurde, als zwiespältig bezeichnen. Für den Erbprinzen Hohenlohe werden bet der morgigen Abstimmung vor allem die Konservativen, das Zentrum und die Reichspartei geschlossen eintreten. Vermutlich werden sich dieser Mehrheit auch die Nationalliberalen anschließen. Dagegen steht noch nicht fest, wie sich die Freisinnigen verhalten werden. Man meint übrig- gens, daß, wenn das Haus den Ordnungsruf des Abgeordneten Ledebour genehmigen wird, die An-
hierfür uno brauche mir weiter keine Vorwürfe zu machen) trägt an der Ersteren dagegen etwa eine von mir getane Aeußerung die Schuld, so kann ich hier vor Ihnen mit ruhigem Gewissen beteuern, daß es mir niemals in den Sinn gekommen ist, absichtlich das zu sprechen oder auch nur zu denken, was Sie irgendwie hätte verletzen können."
„Ich habe auch durchaus keine Abneigung gegen Sie, Herr Graf," erwiderte Irma verlegen, indem sie ihm ihre Hand entzog. „Ich habe sogar . . . aber es ist Zeil, daß ich meinen Weg weiter fortsetze. Denn es ist noch eine weite Strecke bis Rüdenheim, und ich möchte nicht zu spät dort ankommen."
„So erlauben Sie mir, daß ich Sie noch ein Stückchen begleite, Fräulein Winter," entgegnete er, und als ste abwehrend mit dem Kopfe schüttelte, fuhr er eifrig fort. „Aber ich glaube doch, es liegt sogar in ihrem Interesse, daß Sie wenigstens den Weg durch den Wald nicht allein zurücklegen. Denn dieser Herr Thomas könnte Ihnen heimlich gefolgt sein, und es wäre Ihnen doch gewiß nicht angenehm, wenn Sie für den Fall, daß dieser Herr Ihnen seine Gesellschaft aufdrängen würde, keinen Beschützer zur Seite hätten."
„Daran hatte ich allerdings nicht gedacht," meinte Irma, dis unwillkürlich einen ängstlichen Blick um sich warf. „Aber was würde die Frau Baronin dazu sagen, wenn sie hört, daß Sie einer einfachen Gouvernante, oder, wie die Erstere sich auszudrücken beliebt, einer Kindermagd das Geleit gegeben haben ?"
„Was meine Kousine hierzu sagen wird oder würde, ist mir absolut gleichgiltig," erwiderte Robert, der bereits an der Seite Irmas einherschritt. „Sie sind für mich nur das Fräulein Irma Winter, d. h. eine mit allen äußeren und inneren Vorzügen im höchsten Grade ausgestattete junge Dame, die meine ganze Hochachtung und noch weit mehr als das besitzt, und wenn ich einer solchen Dame das